TE OGH 1984/5/23 13Os60/84

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Veröffentlicht am 23.05.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Mai 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Starlinger als Schriftführers in der Strafsache gegen Ahmed A wegen des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 StGB. über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 22. Dezember 1983, GZ. 5 d Vr 7800/83-66, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Der am 12. August 1948 geborene jugoslawische Staatsangehörige Ahmed A wurde mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1, zweiter Fall (richtig: höherer Strafsatz - siehe EvBl. 1982

Nr. 198, ferner 13 0s 48/84), StGB. schuldig erkannt und zu einer - bedingt nachgesehenen - Freiheitsstrafe verurteilt. Ihm liegt zur Last, am 17. Jänner 1980 in Wien im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit der bereits rechtskräftig verurteilten (siehe ON. 18 des erstgerichtlichen Akts) Kata B dadurch, daß sie gemäß ihrer getroffenen Vereinbarung, wobei C formell als Anzeigerin auftrat und A als Dolmetsch fungierte, beim Bezirkspolizeikommissariat Donaustadt der Bundespolizeidirektion Wien Anzeige gegen Ivo D erstatteten und hiebei wahrheitswidrig behaupteten, der Angezeigte habe (1) Anfang November 1979 Kata B durch Vorhalten einer Pistole mindestens 35.000 S abgenötigt; (2) im Zusammenhang damit B mit dem Umbringen bedroht, falls sie von dem Vorfall irgendjemandem erzähle und (3) einige Tage nachher unter Vorhalt einer Pistole neuerlich Geld von Kata B verlangt und diese gezwungen, von ihrem Sparbuch 50.000 S abzuheben und ihm auszufolgen, Ivo D der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt zu haben, indem sie ihn von Amts wegen zu verfolgender und mit Strafe bedrohter Handlungen, nämlich der Verbrechen des schweren Raubs nach §§ 142 Abs. 1, 143, zweiter Fall, StGB. (1), der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z. 1 StGB. (2) und der Erpressung nach § 144 Abs. 1 StGB. falsch verdächtigten, obwohl sie wußten, daß die Verdächtigungen falsch waren.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 5 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Berechtigung zukommt.

Ahmed A bekannte sich (in keinem Verfahrensstadium) schuldig und verantwortete sich im wesentlichen damit, aus Gefälligkeit zu seiner Landsmännin Kata B, mit der er über seine Familie bekannt sei und die er 'Tante' nenne (S. 49), anläßlich der von ihr gewünschten polizeilichen Anzeigeerstattung am 17. Jänner 1980 als (privater) Dolmetsch fungiert und nur das wiedergegeben zu haben, was ihm B vorher über Ivo D, ihren früheren Lebensgefährten, mit dem sie nunmehr wieder zusammenlebt, mitgeteilt habe (S. 255 f.). Wie der Beschwerdeführer zutreffend rügt, blieb die Begründung des Erstgerichts, warum es den belastenden Angaben der Zeugin B, die im Verfahren über ihre persönlichen Beziehungen zu D divergierende Angaben gemacht hatte (siehe dazu S. 35, 45, 57, 140, 256 f.), Glauben schenkte, hingegen seiner (leugnenden) Verantwortung nicht folgte, unzureichend und daher mangelhaft in der Bedeutung des geltendgemachten Nichtigkeitsgrunds. Trotz des Gebots der Urteilsbegründung in gedrängter Form (§ 270 Abs. 2 Z. 5 StPO.) ist im gegebenen Fall der bloße Hinweis darauf, daß B ihre Aussage ohne Zögern ablegte, was vom Angeklagten nicht behauptet werden könne (S. 268/269), nicht ausreichend, um - allein - darauf einen Schuldspruch gründen zu können. Das Erstgericht hätte sich nicht nur mit dem (äußerlichen) sicheren Auftreten der - wie erwähnt, wegen des Verbrechens der Verleumdung bereits rechtskräftig verurteilten - Zeugin B begnügen dürfen, sondern auch auf den Inhalt ihrer - was die Beziehungen zu D anlangt, vorstehend zitierten widersprechenden - Aussagen und auf die Verantwortung des Angeklagten eingehen und begründen müssen, warum es den Angaben der genannten Zeugin gegenüber jenen des Angeklagten vom Standpunkt der Glaubwürdigkeit aus den Vorzug gab.

Ohne jedwede substantielle Begründung blieb die Wertung der Aussage der Zeugin Radmila E (S. 258/259), die angab, B hätte ihr einmal von den zur Anzeige gebrachten Taten D` erzählt, als 'unglaubwürdig' (S. 269). Der bloße Hinweis des Schöffengerichts, die Aussage der Zeugin E war nicht geeignet, die dezidierte Aussage der Zeugin B zu widerlegen, ist nämlich mangels näheren Eingehens auf die Gründe, welche nach Meinung des Erstgerichts gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugin E sprechen, derart formuliert, daß auch in diesem Punkt der im § 270 Abs. 2 Z. 5 StPO. vorgeschriebenen Begründungspflicht nicht entsprochen wurde. Ohne Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen war mithin der Nichtigkeitsbeschwerde Folge zu geben und, da sich zeigte, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in der Sache selbst aber noch nicht einzutreten hat, das erstgerichtliche Urteil schon bei einer nichtöffentlichen Beratung aufzuheben und die Verfahrenserneuerung anzuordnen (§ 285 e StPO.).

Mit seiner dadurch gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen. Im erneuerten Verfahren wird das Schöffengericht mit einer inhalts- und sachbezogenen, der Vorschrift des § 270 Abs. 2 Z. 5 StPO. entsprechenden Begründung seine Erwägungen zum Beweiswert der Angaben der Zeugen und des Angeklagten darzulegen haben. Im Falle eines neuerlichen Schuldspruchs werden nicht nur die schon im ersten Rechtsgang angeführten Vorhaftzeiten gemäß Par 38 StGB. zu berücksichtigen sein, sondern auch die Vorhaft am 25. Jänner 1980, 17 Uhr 15 bis 20 Uhr (S. 85 und 89), sowie der Umstand, daß die Verhaftung bereits am 16. Oktober 1983 (S. 235) und die Enthaftung am 22. Dezember 1983

erst um 11 Uhr 15 (S. 275) erfolgt ist.

Anmerkung

E04658

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0130OS00060.84.0523.000

Dokumentnummer

JJT_19840523_OGH0002_0130OS00060_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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