TE OGH 1984/5/23 13Os79/84

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Veröffentlicht am 23.05.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23.Mai 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Starlinger als Schriftführers in der Strafsache gegen Erich A und andere wegen des Verbrechens wider die Volksgesundheit nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG.

über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Erich A, Manuela B und Michael C sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengerichts vom 17.Februar 1984, GZ. 35 Vr 140/83-110, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

über die Berufungen wird in einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Das Schöffengericht erkannte den zuletzt keiner Beschäftigung nachgegangenen Kraftfahrzeugmechaniker Erich A, die Studentin Manuela B und den Geschäftsführer Michael C des Verbrechens wider die Volksgesundheit nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. (C als Gehilfen nach § 12 StGB.) und Erich A außerdem des Vergehens nach § 16 Abs. 1

Z. 1 SuchtgiftG. schuldig. Darnach haben Erich A und Manuela B in Innsbruck von November 1982 bis 11.Jänner 1983 als Mittäter mindestens 20 Gramm Heroin von einem Unbekannten erworben und großteils an mehrere Personen verkauft (I), wobei Michael C den Kontakt zwischen ihnen und dem unbekannten Heroinlieferanten hergestellt hat (II). Erich A hat ferner am 1. und 5.Juli 1982 dem Erich D mindestens zwei Gramm Heroin überlassen.

Die sie betreffenden Schuldsprüche wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. (I und II) bekämpfen die Angeklagten mit Nichtigkeitsbeschwerden, die sie auf § 281 Abs. 1 Z. 5, C auch auf Z. 10, A auch auf Z. 11, StPO. stützen.

Die Mängelrüge der Angeklagten A und B erachtet den Ausspruch des Gerichts über entscheidende Tatsachen als undeutlich und mit sich selbst im Widerspruch, weil das Urteil einerseits vom Kauf und der Veräußerung von Heroin im Wert von 30.000 S bis 35.000 S, andererseits beim Wertersatz (richtig: Verfallsersatz) von 15.000 S ausgehe.

Indes: der erste Wert gibt die Verantwortung des Angeklagten A vor Polizei und Untersuchungsrichter wieder, aus welcher der Schöffensenat nur ableitet, daß das Suchtgift größtenteils veräußert werden mußte, um die Mittel zur Drogenbeschaffung aufzubringen (II/S. 498). Der dem Verfallsersatz zugrunde gelegte Wert hingegen betrifft den Erlös, wie er vom Angeklagten A in der Hauptverhandlung (allerdings als Kaufpreis: II/S. 465; siehe aber auch II/S. 467) angegeben worden war und vom Schöffengericht 'im Zweifel zugunsten der Angeklagten' als erwiesen angenommen wurde (II/S. 510). Das Unterbleiben einer Unterbringung der Angeklagten B in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher (§ 22 StGB.), das angeblich im Widerspruch zum eingeholten Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen stehe, kann von der Angeklagten, weil es ihr nicht zum Nachteil gereicht, mit einem Rechtsmittel nicht bekämpft werden (EvBl. 1977/117).

Rechtliche Beurteilung

Der unter § 281 Abs. 1 Z. 11 StPO. vorgebrachte Einwand des Angeklagten A, angesichts seiner Verurteilung durch das Landesgericht Innsbruck am 19.Jänner 1983 (29 Vr 2538/82-35) unter anderem zu einer vierwöchigen Freiheitsstrafe hätte zufolge § 31 StGB. lediglich eine Zusatzstrafe verhängt werden dürfen, betrifft keine Nichtigkeit und ist nur mit Berufung relevierbar (LSK. 1976/117).

Dem Angeklagten C hat das Schöffengericht - seiner Mängelrüge zuwider mit eingehender Begründung (II/S. 489, 490, 499 bis 508) - angelastet, den Kontakt zwischen den Angeklagten A und B einerseits und dem unbekannten Heroinlieferanten andererseits, und zwar nicht nur objektiv, sondern vorsätzlich hergestellt und gefördert zu haben. Daß C selbst der Heroinlieferant war, wird im Urteil nur als Möglichkeit angedeutet (II/S. 503), aber nicht konstatiert. Mit der von der Beschwerde aufgegriffenen Wendung, 'daß das Heroin sowie das Geld längere Zeit hindurch im Bereich des Hotels Goldene Rose, sozusagen unter der Aufsicht des Geschäftsinhabers Michael C, deponiert wurden' (II/ S. 496), wollte das Schöffengericht ersichtlich nicht zum Ausdruck bringen, daß das Suchtgift unter der gezielten Aufsicht dieses Angeklagten (die Beschwerde spricht von 'Beaufsichtigen einzelner Handlungen': II/S.540) verwahrt wurde, sondern daß dies an einem Ort geschah, der seiner Aufsicht als Geschäftsführer unterstand.

Hat der Gerichtshof doch daraus den Schluß gezogen, daß 'der ganze Suchtgifthandel nur mit Wissen und Bewilligung des Michael C gestartet und abgewickelt wurde' (II/S. 496; dies unter Umständen also, 'daß Michael C, hätte er nicht selbst am gegenständlichen Heroinhandel mitgewirkt, ohne Zweifel in der Lage gewesen wäre, den angeblich in seinem Hotel Goldene Rose aufgetauchten Heroinlieferanten zu eruieren und der Polizei oder dem Gericht bekanntzugeben bzw. ihn mit ihrer Hilfe zur Strecke zu bringen': II/ S. 508). Die Beschwerde räumt ja selbst ein, daß das Hotel Goldene Rose in der Innsbrucker Altstadt zum Treffpunkt von Leuten wurde, die der Drogenszene angehörten und daß der Angeklagte dies geduldet hat (II/S. 539). Daß er damit 'den kleinen Drogenabhängigen helfen wollte' (II/S. 474), bedurfte in diesem Zusammenhang als irrelevant keiner Erörterung.

Die Auffasung, es dürfe nur ersten Angaben von Drogensüchtigen - hier jenen des Angeklagten A, der zuerst C in keiner Weise belastet hatte - gefolgt werden, liefe auf eine mit dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO.) unvereinbare Beweisregel hinaus.

Der Schöffensenat hat auch zu den in der Hauptverhandlung als bloße Vermutungen hingestellten, ursprünglichen Belastungen des Nichtigkeitswerbers durch seine beiden Mitangeklagten ausführlich Stellung genommen und dazu erwogen, daß insbesondere 'Manuela B vor der Polizei niemals davon sprach, daß sich ihre Angaben nur auf Vermutungen stützen würden' (II/S. 502 oben).

Das Vorbringen der Mängelrüge, das die betreffenden Depositionen nur mehr als Vermutungen gelten lassen will, erweist sich mit dem Angriff auf den als taugliche Feststellungsgrundlage bewerteten, den Nichtigkeitswerber belastenden Teil der Aussagen seiner beiden Mitangeklagten als unzulässige Bekämpfung der schöffengerichtlichen Beweiswürdigung. Die eingangs der Mängelrüge aufgegriffene ausländische Vorverurteilung des Beschwerdeführers und ein diesbezüglich nachfolgender inländischer Freispruch betreffen keinen im Nichtigkeitsverfahren beachtlichen Ausspruch des Gerichtshofs über eine entscheidende Tatsache (§ 281 Abs. 1 Z. 5 StPO.). Schließlich wurde auch der Vorsatz auf Herbeiführung einer Gemeingefahr durch die sehr wohl als Tatsachenfeststellungen aufzufassenden, in der Beschwerde wörtlich wiedergegebenen (II/S. 542) Urteilspassagen konstatiert und zureichend begründet (II/S. 507). Die Rechtsrüge (§ 281 Abs. 1 Z. 10 StPO.), die darin nur Rechtsausführungen ohne Tatsachensubstrat erblickt, geht daher ebenso fehl wie die Mängelrüge, die für solche Sachverhaltsfeststellungen jegliche Begründung vermißt. Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 2 StPO., teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach § 285 d Abs. 1 Z. 1 StPO. in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO. schon in einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Für die Verhandlung und Entscheidung über die des weiteren gegen Strafaussprüche ergriffenen Berufungen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten wird ein Gerichtstag angeordnet werden (§ 296 Abs. 3 StPO.).

Anmerkung

E04606

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0130OS00079.84.0523.000

Dokumentnummer

JJT_19840523_OGH0002_0130OS00079_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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