TE OGH 1984/5/23 13Os70/84

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Veröffentlicht am 23.05.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23.Mai 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Starlinger als Schriftführers in der Strafsache gegen Erich Franz N*** wegen des Verbrechens des Betrugs nach § 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichts Wels als Schöffengerichts vom 13.September 1983, GZ 14 Vr 1256/78-81, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

über die Berufung wird in einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Der am 17.August 1946 geborene kaufmännische Angestellte Erich Franz A wurde des Verbrechens des schweren Betrugs nach § 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 20.Dezember 1977 in Salzburg mit Bereicherungsvorsatz die (ihm auf Grund seiner Tätigkeit in der Textilbranche bekannten Geschäftsfrauen) Ilse B und Gisela C (verheiratete D) über seinen Zahlungswillen getäuscht und diese hiedurch zum Verkauf und zur Ausfolgung der Geschäftsausstattung und des Warenbestands der Boutique 'PIK DAM' in Bad Ischl zum Preis von 120.000 S unter Hinnahme zweier ungedeckter, richtig: erwartungsgemäß nicht honorierbarer Wechselakzepte zu je 60.000 S verleitet, wodurch sie an ihrem Vermögen mit dem genannten Betrag geschädigt wurden.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Zunächst remonstriert A gegen die Urteilsannahme, er habe den Kaufvertrag mit Ilse B und Gisela C im eigenen Namen abgeschlossen und in der Ausfertigung des Vertrags (S. 527/I) als Käufer die Firma V.I.C., Modegroßhandels Gesellschaft mit beschränkter Haftung, unter Ausnützung der Meinung der beiden Vertragspartnerinnen, er sei (allein) Gesellschafter oder Geschäftsführer dieser Firma, nur zur juristischen Verschleierung seiner Verantwortlichkeit eingesetzt (S. 99, 100, 104/II). Er vermeint, seine diesbezügliche Verantwortung sei nicht ausreichend erörtert und die teilweise widersprüchlichen Aussagen der Zeuginnen C und B seien nicht im erforderlichen Ausmaß gewürdigt worden.

Entgegen dieser Beschwerdebehauptung hat sich das Erstgericht sehr eingehend mit dieser Verantwortung auseinandergesetzt, sie aber als vollkommen unglaubwürdig beurteilt. Dies unter Hinweis auf die Depositonen der beiden Zeuginnen, die den Beschwerdeführer wohl als Inhaber der Firma V.I.C. ansahen, immer aber der Meinung waren und darin auch bestärkt wurden, daß A ihr Geschäftsinventar im eigenen Namen kauft. Die aus diesen Aussagen abgeleiteten Schlüsse sind durchaus denkrichtig, zumal der Beschwerdeführer weder bei der Unterfertigung des Kaufvertrags noch bei der Annahme des Wechsels (als Inhaber einer Handelsagentur - S. 207/I) einen Hinweis auf ein Vertretungsverhältnis zur Firma V.I.C. (z.B. durch Aufsetzen deren Firmenstampiglie) anbrachte (S. 105, 106/II). Der bekämpften Konstatierung stehen somit außer der leugnenden Einlassung des Angeklagten andere Beweisergebnisse gar nicht entgegen. Die Ausführungen der Beschwerde erweisen sich damit ausschließlich als nach der Prozeßordnung unzulässige Angriffe auf die Beweiswürdigung der Tatrichter.

Ebenso verhält es sich mit dem weiteren Einwand, die Zeugin Renate PRüHER habe den zweiten Wechsel über 60.000 S nicht aus Gefälligkeit, sondern deshalb akzeptiert, weil ein Teil der Waren in ihrer Boutique 'ER E SIE' verkauft werden sollte und teilweise auch verkauft wurde.

Diese Feststellung (S. 101/II) findet nämlich nicht nur in der Aussage der Zeugin F volle Deckung, sondern wird auch mittelbar durch die Angaben der Zeugin C bestätigt (S. 108, 109/II). Wenn der Beschwerdeführer aber aus der Tatsache, daß Renate F, als er entgegen seiner Zusicherung bei Fälligkeit die Wechselschuld nicht übernahm, mit der G in Bad Ischl eine Ratenvereinbarung traf und später tatsächlich eine Teilzahlung leistete (S. 211/I, 84/II), die für ihn günstigere Konstatierung abgeleitet haben will, dieser Wechselschuld liege sehr wohl ein gültiges Grundgeschäft zugrunde, bringt er den angezogenen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Das Gericht hat in freier Beweiswürdigung der Aussage der Zeugin F, den Wechsel nur aus Gefälligkeit angenommen zu haben (S. 84/II), vollen Glauben geschenkt, welcher Feststellung die zivilrechtliche Konsequenz, daß dennoch eine rechtsgültige Wechselschuld begründet wurde und die Einwendung der Gefälligkeitsannahme dem gutgläubigen Dritten (Bank) nicht entgegengesetzt werden konnte (Art. 17 WG.), nicht entgegensteht. Es stellen sich schließlich aber auch die Einwände des Nichtigkeitswerber, das Erstgericht habe seine Verantwortung, die Firma V.I.C. hätte den von ihm akzeptierten Wechsel einlösen müssen, die Geschäftsführerin Monika ENG habe auch eine Ratenvereinbarung mit der Bank getroffen, er habe die eingetretene Zahlungsunfähigkeit der Firma V.I.C. zu diesem Zeitpunkt noch nicht gekannt, zumal sie auch die Geschäftsführerin H erst im März 1978 erkannt habe, nicht erörtert, ausschließlich als unzulässige Kritik an der denkrichtigen Beweiswürdigung des Schöffengerichts dar. Die Richter haben nämlich, gedeckt durch die Gutachten der Sachverständigen Dipl.Kfm. Dr. I und Dipl.Volkswirt Walter J (S. 111/II in Verbindung mit ON. 49), aber auch durch die Aussagen der Zeugen Reinhard K, Ilse L und Monika H (S. 105/II in Verbindung mit S. 147 bis 165/I und S. 75/II), ausdrücklich festgestellt, daß der Beschwerdeführer als wahrer Entscheidungsträger der Firma V.I.C. über deren finanzielle Lage bestens informiert war, die Insolvenz aber den jeweiligen Geschäftsführern verborgen zu halten versuchte. Diese Verschleierung konnte bei der letzten Geschäftsführerin Monika H um so eher gelingen, als diese Frau erst am 21.November 1977 (also kurz vor der Tat) als Dienstnehmerin angemeldet (S. 499/I) und als Geschäftsführerin überhaupt erst nach der Tat, nämlich am 11.Jänner 1978, im Handelsregister eingetragen wurde (S. 195/I, 96/II). Aus dem Wissensstand dieser Zeugin kann daher für den Beschwerdeführer nichts gewonnen werden.

Richtig ist lediglich der Einwand, daß das Urteil die unbestrittene Tatsache der von Renate F erbrachten Teilzahlung auf ihre Wechselschuld (S. 77, 211/I, 26, 84/II) ebenso mit Stillschweigen übergeht, wie den Umstand, daß die M Bad Ischl nur eine 40 %-ige Quote im Ausgleichsverfahren gegen Ilse B erhalten hat. Diese Ausführungen betreffen aus nachfolgend angeführten rechtlichen Gründen jedoch keine für die Schuldfrage oder für die Unterstellung der Tat unter einen höheren Strafsatz entscheidenden Umstände (§ 270 Abs 2 Z 4

StPO in Verbindung mit § 260 Abs 1 Z 1 und 2 StPO). Für den Eintritt und die Bewertung des Betrugsschadens ist der Zeitpunkt von wesentlicher Bedeutung, in dem der Getäuschte eine sein Vermögen schädigende Handlung (oder Unterlassung) in der Meinung vornimmt, er werde hiefür die adäquate wirtschaftliche Gegenleistung erhalten. Diese Vermögensverfügung haben die beiden Inhaberinnen der Boutique 'PIK DAM' durch die übergabe der Geschäftsausstattung und des Warenbestands Ende Dezember 1977 gesetzt, wobei sie zu diesem Zeitpunkt über die Bonität der ihnen übergebenen Wechsel vom Beschwerdeführer bewußt getäuscht wurden. Wenngleich die Wechsel zunächst von der M Bad Ischl eskomptiert und dem Konto der Getäuschten gutgeschrieben wurden, trat der Schaden (nämlich die Wirkung der vermögensschädigenden, d.h. schadensursächlichen Sachübergabe Ende Dezember 1977) spätestens zum Fälligkeitszeitpunkt (25.März 1978 bzw. 25.April 1978), als die Wechsel notleidend wurden und das Konto der Ausstellerin zurückbelastet wurde (S. 101, 102/II), im Vermögen der getäuschten Verkäuferinnen ein. Alle nachfolgenden Vorgänge, wie eine Teilzahlung der Renate F am 26. Juli 1978 und die Tatsache, daß ein Teil des Schadens letztlich die Oberösterreichische M, reg.Genossenschaft, Filiale Bad Ischl, traf, weil sie ihre wechselrechtliche Rückgriffsforderung (Art. 9 Abs 1, 43

WG.) gegen Ilse B im Hinblick auf das im Mai 1978 über deren Vermögen eröffnete Ausgleichsverfahren nur mehr mit der Quote von 40 % hereinbringen konnte (S. 75, 77/I), sind somit für die Beurteilung des Verhaltens des Beschwerdeführers als Betrug im Sinn des § 146 StGB zu Lasten seiner beiden Vertragspartnerinnen nicht mehr entscheidungswesentlich (vgl. zu all dem Kienapfel BT II RN. 157, 158, 166, 173 zu § 146 StGB, SSt. 46/36, 48/5, 51/24). Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers kann somit die nachträgliche Teilzahlung durch Renate F den für den Strafsatz des § 147 Abs 3 StGB bestimmenden Schadensbetrag von 120.000 S nicht mehr mindern, weshalb in der Unterlassung der Erörterung dieser der Deliktsvollendung nachfolgenden Vorgänge weder eine unzureichende noch eine unvollständige und schon gar nicht eine widersprüchliche Begründung erblickt werden kann.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO, teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt nach § 285 d Abs 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2

StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen. Für die Verhandlung und Entscheidung über die vom Angeklagten ebenfalls ergriffene Berufung wird ein Gerichtstag anberaumt werden (§ 296 Abs 3 StPO).

Anmerkung

E04794

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0130OS00070.84.0523.000

Dokumentnummer

JJT_19840523_OGH0002_0130OS00070_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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