Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 5.Juni 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich (Berichterstatter), Dr. Lachner sowie Hon.Prof. Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Wittmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Kajetan A wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach § 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 14. Dezember 1983, GZ 11 b Vr 276/80-242, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Knob, und des Verteidigers Dr. Bruckner, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem (auch andere Entscheidungen enthaltenden) angefochtenen Urteil wurde Kajetan A mit Bezug auf den im ersten Rechtsgang gefällten (rechtskräftigen) Schuldspruch (ON. 190) - im zweiten Rechtszug abermals -
schuldig erkannt, die ihm darnach zur Last fallenden Betrugstaten, die er in der Zeit vom 13.Juni 1978 bis gegen Mitte März 1980 in insgesamt zwölf Fällen dadurch verübt hatte, daß er verschiedene Firmen um insgesamt rund 630.000 S schädigte, indem er sie (neben speziellen Vorspiegelungen in einzelnen Fakten) durch das Vortäuschen seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit sowie durch das geflissentliche Verschweigen seiner hohen Schulden und der Anhängigkeit zahlreicher Exekutionen gegen ihn zu Warenlieferungen und Leistungen verleitete, im Sinn des § 148 zweiter Fall StGB gewerbsmäßig begangen zu haben.
Im Hinblick auf seine schlechte wirtschaftliche Lage zur Tatzeit, in der er sich trotz einer großen Schuldenlast und ungeachtet einer Vielzahl gegen ihn anhängiger Exekutionen ohne jegliches Eigenkapital als Zeitungsherausgeber betätigte, Einkünfte nahezu ausschließlich zur teilweisen Abdeckung seiner Schulden verwenden und seiner Gattin nicht einmal Wirtschaftsgeld geben konnte, ferner auf Grund der Faktenvielzahl, der überaus raschen Aufeinanderfolge der einzelnen Tathandlungen, der hohen Schadensumme und seiner zahlreichen einschlägigen Vorstrafen sowie insbesondere unter Bedacht darauf, daß er trotz einer im September 1979 in einem anderen Verfahren erlittenen Verurteilung wegen schweren Betruges zu zweieinviertel Jahren Freiheitsstrafe seine nunmehr abgeurteilten Straftaten bis gegen Mitte März 1980 fortsetzte, gelangte das Erstgericht zur überzeugung, daß der Genannte bei allen diesen Betrugshandlungen die Absicht hatte, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.
Rechtliche Beurteilung
Der auf Z 5, 9 lit a und 10 (inhaltlich indessen nur auf Z 5 und 10) des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen den Ausspruch über die solcherart angenommene Verbrechensqualifikation kommt keine Berechtigung zu. Soweit er bei seinen (zum Teil im Rahmen der Rechtsrüge vorgebrachten) Einwänden gegen die Feststellung seiner in Rede stehenden Absicht von der Annahme ausgeht, das Schöffengericht habe diese schon aus einzelnen der zuvor angeführten Argumente für sich all ab l%;
tet, wie etwa aus seinen Vorstrafen, aus der Ablegung des Offenbarungseides durch ihn oder daraus, daß er seiner Gattin kein Wirtschaftsgeld zur Verfügung stellen konnte, läßt die damit (der Sache nach ausschließlich) erhobene Mängelrüge (Z 5) eine gesetzmäßige Ausführung vermissen; ist doch im Gegensatz dazu dem Urteil ganz unmißverständlich zu entnehmen, daß die bekämpfte Konstatierung auf allen diesen Erwägungen in ihrem inneren Zusammenhang beruht.
Eben deshalb aber war die vom Beschwerdeführer urgierte Erörterung des genauen Inhalts seines Offenbarungseides sowie seiner Angaben über die Gründe für die Nichtbezahlung der betriebenen Forderungen durch ihn, über seine Nebeneinkünfte und darüber, inwieweit die das Wirtschaftsgeld betreffende Darstellung seiner Gattin übertrieben sei, durchaus entbehrlich; genug daran, daß er zufolge seiner prekären wirtschaftlichen Situation zur Tatzeit - in der das Erstgericht, wie schon gesagt, (nur) eines der mehreren Indizien für eine gewerbsmäßige Begehung der Betrügereien durch ihn erblickte - nach seiner im Urteil relevierten eigenen Verantwortung (vgl. insbes. S. 361) jedenfalls nicht in der Lage war, alle seine fälligen Verbindlichkeiten aus redlich erworbenen Einkünften abzudecken.
Ob und gegebenenfalls unter welchen Umständen er bei der Herausgabe der Zeitschrift 'Österreichische Musikrevue' schon in den Jahren 1976 und 1977
Schulden machte, ist dementsprechend völlig ohne Belang; die Feststellung jedoch, daß dieses Druckwerk deshalb gratis verteilt werden mußte, weil es sich als beinahe unverkäuflich erwies, entspricht - dem Beschwerdevorbringen zuwider - sehr wohl vollauf seinen Angaben in der Hauptverhandlung (S. 358).
Lediglich ein im Verfahren über Nichtigkeitsbeschwerden unzulässiger Angriff gegen die schöffengerichtliche Beweiswürdigung schließlich liegt in der vom Angeklagten - formell unter Geltendmachung einer bloßen 'Scheinbegründung', in Wahrheit indessen ohne die Behauptung einer Unvereinbarkeit der betreffenden Konstatierungen mit den Denkgesetzen oder mit allgemeiner Lebenserfahrung - unternommenen Versuch darzutun, daß jene Urteilsannahmen, wonach zwar er selbst bei den ihm zur Last fallenden Betrügereien, nicht aber (auch) seine Gattin bei ihren Tatbeiträgen hiezu gewerbsmäßig handelte, nach den die Beurteilung der gemeinsamen finanziellen Situation durch den jeweiligen Täter betreffenden Verfahrensergebnissen geradezu 'unbegreiflich' seien; seine diesbezüglichen Ausführungen richten sich faktisch im wesentlichen gegen die Nichtannahme der Qualifikation bei seiner Gattin und sind (auch) insofern unzulässig. Die eine Feststellung, daß der Beschwerdeführer nach seiner Eheschließung im Jänner 1978 beabsichtigte, den Lebensunterhalt für sich und seine Familie in Hinkunft nur aus seiner Tätigkeit als selbständiger Zeitungsherausgeber zu bestreiten, steht jedenfalls zu der anderen, daß er später bei allen inkriminierten Betrugsfakten, also spätestens ab dem Juni 1978, die Absicht hatte, sich durch die wiederkehrende Begehung derartiger - sohin auf die Herbeiführung eines 5.000 und zum Teil sogar 100.000 S übersteigenden Schadens gerichteter - Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, keineswegs im Widerspruch.
Indem er bei der Behauptung von Feststellungsmängeln (Z 10) darüber, ab wann er die soeben relevierte Absicht gehabt und ob letztere durchwegs auf Betrügereien mit einem 5.000 oder gar 100.000 S übersteigenden Schaden abgezielt habe, eben jene (zuletzt angeführte) Konstatierung übergeht, bringt er folglich auch die Rechtsrüge nicht zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung. Verfehlt aber ist die Auffassung des Angeklagten, er habe deshalb nicht gewerbsmäßig gehandelt, weil seine Absicht (nach dem Urteilssachverhalt) von vornherein darauf gerichtet gewesen sei, die aus der wiederkehrenden Begehung des Betruges resultierenden Vermögensvorteile jeweils zur Abdeckung alter Schulden zu verwenden und sie solcherart, so vermeint er, nicht sich selbst, sondern Dritten zuzuführen. Denn abgesehen davon, daß die einem Vermögenszuwachs entsprechende Bereicherung auch dann, wenn damit Schulden bezahlt werden, ohnehin beim ehemaligen Schuldner verbleibt, weil dessen Vermögensstand durch diese Zahlungen (infolge der damit bewirkten Verminderung seiner Passiven) lediglich umgeschichtet wird, kommt es für den Begriff 'Einnahme' auf die Art der späteren Verwendung des betreffenden Vermögenswertes durch den Täter gar nicht an (so schon 10 Os 10/84). Demgemäß war die für die bekämpfte Qualifikation maßgebende Absicht des Beschwerdeführers (§ 70, 148 StGB) selbst unter jenem Aspekt sehr wohl darauf gerichtet, sich (und nicht seinen Gläubigern) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagte nach § 28, 148 zweiter Strafsatz StGB sowie unter Bedachtnahme gemäß § 31, 40 StGB auf die Urteile des Bezirksgerichtes Korneuburg vom 18.März 1980, AZ U 1010/79, und vom 13.Oktober 1980, AZ U 194/80, mit denen jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von sechs Tagessätzen, im Fall der Uneinbringlichkeit je drei Tage Ersatzfreiheitsstrafe, über ihn verhängt worden war, zu vier Jahren Zusatz-Freiheitsstrafe. Bei der Strafbemessung wertete es sein Teilgeständnis, die teilweise objektive Schadensgutmachung, den Umstand, daß auch seine Schuldner teilweise nicht bezahlten, und die Tatsache, daß er einen Großteil der ihm nunmehr zur Last fallenden Taten vor weiteren Urteilen des Bezirksgerichtes Korneuburg vom 7.Februar 1980 sowie des Kreisgerichtes Wr. Neustadt vom 28.September 1979
begangen hat, als mildernd, die relativ große Schadenshöhe, die zweifache Verbrechensqualifikation und seine zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, welche die Voraussetzungen des § 39 StGB erfüllen, hingegen als erschwerend.
Weder der Berufung des Angeklagten, der eine Herabsetzung des Strafmaßes anstrebt, noch jener der Staatsanwaltschaft, die dessen Erhöhung beantragt, kommt Berechtigung zu.
Die Einwände des Erstgenannten gegen die vom Schöffengericht angenommenen Strafzumessungsgründe gehen fehl.
Denn der relativ großen Schadenshöhe konnte es im Hinblick darauf, daß sie immerhin nicht weniger als das Sechsfache der strafsatzbestimmenden Wertgrenze übersteigt, doch schon das Gewicht eines eigenständigen Erschwerungsumstands beimessen, und auch die einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten hat es im Hinblick darauf, daß § 39 StGB keine Veränderung der Strafsätze bewirkt, mit Recht allesamt als belastend gewertet, ohne hiedurch gegen das Doppelverwertungsverbot zu verstoßen (vgl. RZ 1983/10, ÖJZ-LSK. 1976/6 u.a.);
für nicht ohnehin schon bei der Berechnung der Höhe des Betrugsschadens berücksichtigte nennenswerte Zahlungen an die Geschädigten aber, die neben der ihm sowieso als mildernd zugute gehaltenen teilweisen objektiven Schadensgutmachung noch zusätzlich von Bedeutung wären, für ein ernstliches Bemühen seinerseits, weitere nachteilige Folgen aus den Betrugstaten abzuwenden, oder für eine auffallende Sorglosigkeit der Betrugsopfer bietet die Aktenlage keinen Anhaltspunkt, und seine sowie seiner Familie bedrängte wirtschaftliche Lage, die er durch strafbare Handlungen selbst herbeigeführt hat, kann er nicht mit Fug als Milderungsgrund für seine weiteren, gewerbsmäßig begangenen Straftaten ins Treffen führen.
Demgegenüber ist die Anklagebehörde mit ihren Argumenten teilweise im Recht.
Denn der Angeklagte ist in der Tat zusätzlich noch dadurch belastet, daß er einen Großteil des ihm hier zur Last fallenden Verhaltens während der Anhängigkeit eines Strafverfahrens gegen ihn wegen gleichartiger Taten begangen hat und auch nach dem verurteilenden Erkenntnis in jenem Verfahren faktisch sofort wieder rückfällig geworden ist. Dagegen ist es müßig, über das konkrete Gewicht seiner (ihm ohnehin als erschwerend angelasteten) einschlägigen Vorstrafen sowie des Umstands im einzelnen abzuhandeln, daß er zwar einerseits, worauf das Erstgericht als mildernd Bedacht nahm, mehr als vier Fünftel des von ihm nunmehr zu verantwortenden Betrugsschadens schon vor dem Urteil im erwähnten Vorverfahren herbeigeführt hatte, anderseits aber - wie die Staatsanwaltschaft besonders hervorhebt - die absolute Höhe des durch seine folgenden Straftaten verschuldeten weiteren Schadens mit mehr als 120.000 S nichtsdestoweniger schon für sich allein immer noch deutlich über der strafsatzbestimmenden Wertgrenze des § 147 Abs 3 StGB lag.
Denn alles in allem darf nicht übersehen werden, daß über den Angeklagten wegen jener strafbarer Handlungen gegen fremdes Vermögen mit einer gesamten Schadenshöhe von rund 900.000 S, die er im Verlauf von knapp 10 Jahren begangen hat, unter Zugrundelegung der in erster Instanz ausgemessenen Strafdauer insgesamt (in drei Strafverfahren) Freiheitsstrafen in der Dauer von 8 1/4 Jahren verhängt wurden: nach seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) kann darnach das vom Schöffengericht festgesetzte Ausmaß von 4 Jahren Freiheitsstrafe bei den gegebenen Strafzumessungsgründen wohl nicht als überhöht, in seiner Gesamtauswirkung aber gewiß auch nicht als zu gering angesehen werden.
Beiden Berufungen mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.
Anmerkung
E04750European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1984:0100OS00069.84.0605.000Dokumentnummer
JJT_19840605_OGH0002_0100OS00069_8400000_000