TE OGH 1984/6/5 9Os49/84

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Veröffentlicht am 05.06.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. Juni 1984 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak (Berichterstatter), Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Lurz als Schriftführer in der Strafsache gegen Simon Josef A wegen des Vergehens der Hehlerei nach Par 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Jugendschöffengericht vom 19. Jänner 1984, GZ 24 Vr 2409/82-20, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Stöger, des Angeklagten Simon Josef A, der gesetzlichen Vertreter Dipl. Ing. August A und Edeltraud A, und des Verteidigers Dr. Bruno Binder zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 17-jährige Schüler Simon Josef A des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 StGB schuldig erkannt. Danach hat er Anfang August 1982 in Linz ein von Klaus B und Thomas C gestohlenes Schlagzeug im Wert von 15.800 S, sohin eine Sache, die ein anderer durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hatte, dadurch an sich gebracht und verheimlicht, daß er es trotz Kenntnis der diebischen Herkunft behielt.

Die vom Angeklagten dagegen erhobene, nominell auf die Z 5, 9 lit a (der Sache nach auch 9 lit b) und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht begründet.

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider betrifft die Frage, ob der Angeklagte das Schlagzeug noch verwendete, nachdem er dessen diebische Herkunft erfahren hatte, keine entscheidende, d h keine solche Tatsache, die für den Schuldspruch oder den anzuwendenden Strafsatz von Bedeutung wäre. Genug daran, daß er es nach dem genannten Zeitpunkt noch in seiner Wohnung aufbewahrte.

Näheres zu diesem Punkt wird unten bei Behandlung der Rechtsrüge ausgeführt werden.

Rechtliche Beurteilung

Es kann aber auch von einer unzureichenden Begründung in bezug auf den strafsatzbestimmenden, d h 5.000 S übersteigenden Wert des Instrumentes, keine Rede sein. Vielmehr findet dieser in den Verfahrensergebnissen (vgl die Angaben der Zeugen D, ON 13 und C, ON 12) volle Deckung. Zudem hat selbst der Angeklagte, der den Neuwert des Schlagzeuges auf etwa 20.000 S schätzte, dem zwischen ihm und B vereinbarten Kaufpreis von 6.500 S als sehr günstig bezeichnet (S 21 und 50) und damit unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß der damalige Wert des Musikinstrumentes auch nach seinem Dafürhalten über der genannten Wertgrenze lag. Angesichts dieser Verfahrensergebnisse bedurfte - entgegen der Beschwerdeauffassung - weder der objektive Wert des Schlagzeuges im Zeitpunkt des Einsetzens des strafbaren Verhaltens des Angeklagten Anfang August 1982, noch die den Wert betreffende subjektive Tatseite einer näheren Erörterung, zumal der Angeklagte einen 5.000 S übersteigenden Wert des Gerätes auch in dem hier in Betracht kommenden Zeitpunkt (Anfang August 1982) niemals in Frage stellte und sich auch nicht darauf berief, den Wert geringer veranschlagt zu haben.

Es erübrigten sich aber auch Erörterungen mit Bezug auf die Behauptung des Angeklagten, B habe nachträglich mit dem bestohlenen Eigentümer des Schlagzeuges D einen Kaufvertrag abgeschlossen; denn ein allfälliges, erst nach dem maßgeblichen Tatzeitpunkt zustandegekommenes Einvernehmen zwischen dem Dieb und dem Bestohlenen vermochte an der bereits eingetretenen Strafbarkeit des Angeklagten wegen Hehlerei nichts mehr zu ändern. Zu der Zeit, als er bösgläubig wurde, lag aber ein Einvernehmen zwischen Dieb und Bestohlenem nach den Akten gewiß noch nicht vor. War doch noch anfangs August 1982 von einer von B herzustellenden Fälschung eines Kaufvertrages die Rede, womit die bedenkliche Herkunft des Schlagzeuges verschleiert werden sollte (vgl S 11 und 17). Der weiteren Behauptung des Angeklagten jedoch, den Angaben des B über einen von diesem getätigten Kauf des Gerätes vertraut zu haben, versagte das Schöffengericht in freier Beweiswürdigung mit zureichender Begründung den Glauben (vgl S 84), in welchem Zusammenhang eine Erörterung der Verantwortung des Angeklagten, er habe gemeint, ihm könne nach der von B gegebenen Zusicherung nichts passieren, weil er (der Angeklagte) mit B einen Kaufvertrag über den Erwerb des Schlagzeuges abgeschlossen habe, sanktionslos unterbleiben konnte; steht doch dieser Umstand der Konstatierung, der Angeklagte habe Anfang August 1982 zumindest mit bedingtem dolus gehandelt, keineswegs entgegen und war er unter den gegebenen Umständen auch nicht geeignet, beim Angeklagten einen (von ihm nunmehr in der Beschwerde behaupteten) Tatbildirrtum zu begründen:

denn daß er bei dem zunächst gutgläubigen Erwerb der Sache mit dem Dieb einen schriftlichen Kaufvertrag abgeschlossen hatte, schließt evidentermaßen seine durch bestimmte Ereignisse bewirkte nachträgliche Schlechtgläubigkeit nicht aus.

Dem Beschwerdeführer ist zwar beizupflichten, daß eine ihm laut Urteilsspruch auch durch Ansichbringen des Schlagzeuges begangene Hehlerei in den Urteilsgründen keine Deckung findet, weil er nach diesem beim gewahrsamsbegründenden Ankauf, also beim Ansichbringen des Schlagzeuges, noch gutgläubig war. Dies kann aber auf sich beruhen; handelt es sich doch bei den im § 164 Abs. 1 Z 2 StGB angeführten Begehungsarten der Hehlerei um gleichwertige Spielarten ein und desselben Deliktes, sodaß die gleichzeitige Annahme mehrerer derartiger Begehungsformen weder eine verstärkte Tatbestandsmäßigkeit noch - im Ergebnis - sonst einen Nachteil für den Angeklagten bedeutet (ÖJZ-LSK 1981/88).

Der Auffassung des Beschwerdeführers zuwider stellt aber auch der Umstand, daß dem angefochtenen Urteil nur der Beginn des deliktischen Verhaltens (ab Anfang August 1982), nicht aber dessen genaue Dauer zu entnehmen ist, weder einen Begründungsmangel im Sinne der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO noch einen Feststellungsmangel in der Bedeutung der Z 9 lit a dieser Gesetzesstelle dar. Denn die Strafbarkeit einer - hier durch Verheimlichen begangenen - Hehlerei ist nicht von der Dauer dieses strafgesetzwidrigen Zustandes abhängig. Die vom Beschwerdeführer vermißte Konstatierung berührt demnach keinen für seinen Schuldspruch wegen Hehlerei entscheidenden Umstand und war daher entbehrlich;

genug daran, daß der Angeklagte auch nach Kenntnis der diebischen Herkunft des Schlagzeuges dieses in seiner Wohnung weiterhin verwahrte und damit den rechtswidrigen Zustand aufrechterhielt (11 Os 97/83).

Soweit schließlich der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Mängelrüge die Nichtberücksichtigung von weiteren (von ihm behaupteten) Milderungsgründen im Ersturteil aufgreift, entbehrt die Rüge einer gesetzmäßigen Ausführung, weil bloße Strafzumessungsgründe (denen für die Lösung der Schuldfrage einschließlich des anzuwendenden Strafsatzes keine entscheidende Bedeutung zukommt) nicht Gegenstand einer Urteilsanfechtung im Nichtigkeitsverfahren sein können. Es versagen aber auch die auf die Gründe der Z 9 lit a und 10, der Sache nach auch auf die Z 9 lit b des § 281 Abs.1 StPO gestützten Rechtsrügen des Angeklagten.

Der von ihm unter Berufung auf Kienapfel (BT II, RN 16, 20, 21, 22, 108

und 109 zu § 164 StGB) vertretenen Auffassung, daß einer in einem Verheimlichen der Sache gelegenen Hehlerei der Charakter eines Dauerdeliktes nicht zukomme und daher eine spätere Bösgläubigkeit in Ansehung einer zunächst gutgläubig an sich gebrachten Sache zufolge des Grundsatzes 'dolus superveniens non nocet' die Strafbarkeit wegen Hehlerei durch weiteres Behalten und Verwahren der Sache nicht begründen könne, kann im Sinne der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes zu dieser Frage nicht gefolgt werden. Darnach stellt nämlich eine durch Verheimlichen begangene Hehlerei ein Dauerdelikt dar, das dadurch gekennzeichnet ist, daß nicht nur die Herbeiführung, sondern auch die Aufrechterhaltung des verpönten Zustandes strafbar ist (EvBl 1976/15; ÖJZ-LSK 1976/216, 1978/317). Ein Täter, der - so wie vorliegend der Angeklagte - eine Sache zunächst gutgläubig an sich gebracht hat, jedoch dann erfährt, daß sie aus einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen stammt und sie trotzdem behält, macht sich daher wegen Hehlerei strafbar (Leukauf-Steininger, StGB 2 , RN 14 zu § 164 StGB).

Dem Beschwerdeführer ist zwar zuzustimmen, daß ein rein passives Verhalten namentlich im Sinne der Duldung eines von einem anderen geschaffenen Zustandes für die Annahme eines 'Verheimlichens' im Sinne des § 164 Abs. 1 Z 2 StGB nicht genügt (vgl ÖJZ-LSK 1975/141, 1977/182 und 1978/122). Dem Angeklagten wird jedoch im vorliegenden Fall ein weite res Verwahren des Schlagzeuges in seiner Wohnung nach erlangter Kenntnis von dessen diebischer Herkunft angelastet. Dies entspricht aber bereits einem aktiven Tun durch Verheimlichen der Sache, hat doch der Angeklagte dadurch ein einem Verbergen der Sache gleichkommendes Verhalten gesetzt, das die Wiedererlangung durch den Berechtigten zumindest erschwerte (ÖJZ-LSK 1976/218; 1977/182). Somit versagt auch das Beschwerdevorbringen des Angeklagten, soweit er in Ausführung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO davon ausgeht, daß ihm bloß ein Unterlassen zum Vorwurf gemacht werden könnte.

Ein vom Angeklagten behaupteter Tatbildirrtum kommt - wie bereits dargelegt - nach den bezüglichen Feststellungen des Erstgerichtes, das ein weiteres Handeln des Angeklagten nach dessen Kenntnis von der Diebstahlsherkunft des Schlagzeuges mit zumindest bedingtem Vorsatz mit mängelfreier Begründung als erwiesen angenommen hat, nicht in Betracht, sodaß der bezügliche Beschwerdeeinwand des Angeklagten ins Leere geht. Es lassen aber auch die weiteren, auf die Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Beschwerdeausführungen eine prozeßordnungsgemäße Darstellung des vorerwähnten Nichtigkeitsgrundes vermissen, mit denen sich der Beschwerdeführer gegen die ihm vom Erstgericht angelastete Wertqualifikation nach § 164 Abs. 2 StGB wendet. Denn nach den hiezu getroffenen Urteilsfeststellungen lag der (objektive) Wert des Schlagzeuges jedenfalls weit über der dem Angeklagten angelasteten Wertgrenze des § 164 Abs. 2 StGB und umfaßte der Vorsatz des Angeklagten zumindest einen den vereinbarten Kaufpreis von 6.500 S entsprechenden Wert der Sache.

Dem Angeklagten kommt schließlich entgegen dem von ihm sachlich in Ausführung des Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit b des § 281 Abs. 1 StPO vorgebrachten Beschwerdeeinwand auch ein schuldausschließender Rechtsirrtum im Sinne des § 9 StGB nicht zustatten: Die Vorschrift des § 9 StGB betrifft der Sache nach einen Verbotsirrtum, also einen Irrtum des Täters darüber, daß ein bestimmtes Verhalten, das er in seiner objektiven Beschaffenheit an sich richtig erkannt hat, rechtlich verboten sei (vgl Leukauf-Steininger, StGB 2 , RN 1 zu § 9 StGB). Einen ihm insoweit unterlaufenen Irrtum hat aber der Angeklagte nach dem Inhalt seiner Verantwortung in Wahrheit gar nicht behauptet (vgl S 21, 74 und 76 d.A), ging doch diese nur dahin, daß er nach seiner ihm von Thomas C vermittelten Kenntnis über die Diebstahlsherkunft des Schlagzeuges nach einer darauffolgenden Aussprache mit Klaus B auf Grund der Tatsache, daß er mit B bei der übernahme des Schlagzeuges einen schriftlichen Kaufvertrag abgeschlossen hatte, sowie daß er auf Grund der Zusicherung des B, ihm könne im Hinblick auf diesen Kaufvertrag nichts passieren, beruhigt und der Meinung gewesen sei, deshalb mit der Polizei nicht in Schwierigkeiten zu geraten (S 74 und 75 d.A). Damit hat der Angeklagte aber der Sache nach nur zum Ausdruck gebracht, daß er trotz des Hinweises durch Thomas C, daß das von ihm erworbene Schlagzeug gestohlen sei, weiterhin der gegenteiligen Zusicherung des B vertraut habe (S 74 d.A). Er hat daher im Ergebnis nur bestritten, daß auch nach der Aussprache mit B bei ihm weiterhin ein die diebische Herkunft des Schlagzeuges umfassender Vorsatz vorgelegen sei. Diese Verantwortung wurde aber vom Erstgericht, wie bereits dargelegt, mit mängelfreier Begründung für widerlegt erachtet. Hingegen hat der Angeklagte nicht behauptet, er habe das weitere Behalten und Verwahren einer Sache, deren Diebstahlsherkunft ihm bekannt geworden sei, deshalb für erlaubt gehalten, weil er über einen diese Sache betreffenden schriftlichen Kaufvertrag verfüge. Auch im Ersturteil wird in diesem Zusammenhang ausdrücklich festgestellt, daß dem Angeklagten das Unrecht der Tat nicht verhüllt war (S 84/85 d.A).

Der zur Gänze unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Simon Josef A war sohin ein Erfolg zu versagen.

Die wohl angemeldete, aber nicht ausgeführte Berufung wurde im Gerichtstag ausdrücklich zurückgezogen.

Die Kostentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E04590

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0090OS00049.84.0605.000

Dokumentnummer

JJT_19840605_OGH0002_0090OS00049_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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