Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei R***** reg. Genossenschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Walter Boss, Rechtsanwalt in Neusiedl am See, und beigetretener Gläubiger, wider die verpflichteten Parteien 1. L*****, 2. I*****, wegen 130.124 S sNg und anderer Forderungen infolge Revisionsrekurses der beigetretenen betreibenden Partei und Pfandgläubigerin B*****gesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Karl Burka, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt als Rekursgericht vom 2. Februar 1984, GZ R 323/83-50, womit der Meistbotsverteilungsbeschluss des Bezirksgerichts Neusiedl am See vom 26. September 1983, GZ E 81/82-44, teilweise abgeändert wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die B*****gesellschaft hat die Kosten des Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Im Lastenblatt der am 17. 5. 1983 um 475.000 S zugeschlagenen Liegenschaft EZ ***** KG ***** sind folgende im Zusammenhang mit diesem Rechtsmittel wichtige Pfandrechte einverleibt:
Unter OZ 1 für die in der Folge als R***** bezeichnete erstbetreibende Partei R*****) registrierte Genossenschaft m.b.H.
für einen Höchstbetrag von 300.000 S;
unter OZ 2 für die in der Folge als B***** KG bezeichnete beigetretene betreibende Partei B*****gesellschaft
für einen Höchstbetrag von 195.000 S
unter Anmerkung der Löschungsverpflichtung des Pfandrechts COZ 1;
unter OZ 4 für das Land Burgenland
für 250.000 S
samt 0,5 % Zinsen, 6 % Verzugs-, rücksichtlich Zinseszinsen und eine Nebengebührenkaution
von 25.000 S
unter Anmerkung der Löschungsverpflichtung der Pfandrechte COZ 1 und 2.
Unter OZ 7 ist aufgrund der Vorrangsabtretungserklärung vom 17. 1. und 14. 2. 1980 der Vorrang des Pfandrechts OZ 4 ... vor dem Pfandrecht OZ 1 einverleibt.
Das Land Burgenland meldete einen Darlehensrest von 185.000 S, die B***** KG eine am 20. 9. 1983 aushaftende Forderung von 225.816,51 S, die R***** an Kapital 130.124 S, 17,5 % Zinsen vom 21. 4. 1982 bis 17. 5. 1983, das sind 24.393,84 S sowie Kosten von 10.492,06 S, insgesamt daher 165.009,90 S, jeweils zur Berichtigung durch Barzahlung an.
Das Erstgericht wies unter I B aus dem Kapitalbetrag
1. dem Land Burgenland 16.009,90 S;
2. der B***** KG 195.000 S und
3. dem Land Burgenland weitere 19.990,10 S
jeweils zur vollständigen Berichtigung durch Barzahlung,
4. der R***** Zinsen von 24.393,84 S,
Kosten von 10.492,06 S,
sowie Kapital von 59.843,26 S,
insgesamt daher 94.729,16 S
zur vollständigen Berichtigung der Zinsen und Kosten sowie zur teilweisen Berichtigung des Kapitals durch Barzahlung zu.
Den Zinsenzuwachs wies das Erstgericht unter II den zu I A und B 1 bis 4 genannten Gläubigern nach dem Verhältnis der ihnen aus dem Meistbot an Kapital und Nebengebühren zur Berichtigung durch Barzahlung zugewiesenen Beträge zu.
In der Begründung des Meistbotsverteilungsbeschlusses führte das Erstgericht aus, dass die Forderung des Landes Burgenland lediglich in der Höhe der von der R***** zur Barzahlung angemeldeten Forderung von insgesamt 165.009,90 S vorrangig zuzuweisen sei. Da die Vorrangseinräumung zwischen nicht unmittelbar aufeinanderfolgenden Rechten ohne Zustimmung der Zwischenberechtigten stattgefunden habe, sei dem vortretenden Recht nach § 30 Abs 3 GBG 1955 nur im Umfang und nach der Beschaffenheit des zurücktretenden dessen Rang erworben worden. Auf das vortretende Recht könne daher, selbst wenn es höher zu bewerten sei, vorrangig nie mehr zugewiesen werden, als auf das zurücktretende Recht entfallen wäre. Die von der B***** KG angemeldete Mehrforderung von 30.816,51 S sei nicht zu berücksichtigen gewesen, weil die versteigerte Liegenschaft nur für den einverleibten Höchstbetrag von 195.000 S hafte.
Dagegen, dass ihr nicht ein weiterer Kapitalbetrag von 20.270,84 S und ein entsprechender weiterer Anteil aus dem Zinsenzuwachs zur Barzahlung zugewiesen wurden, erhob die R***** mit der Begründung Rekurs, dass im ersten Pfandrang nach Abzug der angemeldeten Forderung des Landes Burgenland noch ein ihr zuzuweisender Rest von 115.000 S zur Verfügung stünde. Durch die Vorrangseinräumung sei ihr Pfandrang nur hinsichtlich der mit 185.000 S bestehenden Forderung des Landes Burgenland verlorengegangen, ohne dass die B***** KG vorrücken würde. Der Rekurswerberin und nicht der letztgenannten KG wären daher weitere 20.270,84 S zuzuweisen gewesen.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der R***** Folge und änderte den Meistbotsverteilungsbeschluss dahin ab, dass es unter I B aus dem Kapitalbetrag
1. dem Land Burgenland im Rang COZ 1 185.000 S
zur vollständigen Berichtigung durch Baruzahlung,
2. der R***** im Rang COZ 1
Zinsen von 24.393,84 S
Kosten von 10.492,06 S
sowie Kapital von 80.114,10 S,
insgesamt daher 115.000 S
zur vollständigen Berichtigung der Zinsen und Kosten sowie zur teilweisen Berichtigung des Kapitals durch Barzahlung,
3. der B***** KG den Meistbotsrest von 174.729,16 S
zur teilweisen Berichtigung (durch Barzahlung)
und dass es unter II den Zinsenzuwachs den zu I A, B 1 bis 3 genannten Gläubigern verhältnismäßig zuwies.
Dazu führte das Rekursgericht aus, § 30 Abs 3 GBG 1955 solle nur die Benachteiligung der Zwischenberechtigten verhindern. Deshalb könne ein vortretendes Recht den besseren Rang nicht in einem größeren Umfang erwerben, als es dem eingetragenen Umfang des zurücktretenden Rechts entspreche. Der der Vorrangseinräumung nicht zustimmende Zwischenberechtigte solle insoweit in seinem Vertrauen auf das Grundbuch geschützt werden. Nachträgliche Änderungen im Bestand oder Umfang des zurücktretenden Rechts übten nach § 30 Abs 6 GBG 1955 auf den Rang des vortretenden Rechts keinen Einfluss aus. Das Erstgericht habe daher dem Land Burgenland zu Unrecht vorrangig nur einen Betrag in der Höhe von der R***** angemeldeten Forderung zugewiesen. Der nach Zuweisung von 185.000 S an das Land Burgenland im Rang OZ 1 verbleibende Rest von 115.000 S sei der R***** zuzuweisen. Die Wirkungen des Rangtausches würden in Ansehung der beteiligten Forderungen nur bezüglich der vom Rangtausch umfassten Beträge eintreten. Der Grundsatz der absoluten Wirkung der Vorrangseinräumung werde nur insoweit durchbrochen, als Rang und Umfang der am Rangtausch nicht beteiligten Rechte durch diesen nicht berührt werden dürften. Der Rekurswerberin sei daher trotz des Rangtausches von Anfang an hinsichtlich eines Teilbetrags von 50.000 S ein erstrangiges Befriedigungsrecht verblieben. Es gebe keine gesetzliche Bestimmung, dass nachträgliche Änderungen im Bestand oder Umfang des vortretenden Rechts keinen Einfluss auf den Rang des zurücktretenden Rechts ausüben würden. Deshalb erlange auch bei nachträglicher Löschung des vorgetretenen Rechts das zurückgetretene wieder seinen alten Rang. Dasselbe habe zu gelten, wenn das vortretende Recht im Zuge des Verwertungsverfahrens nicht im vollen Umfang der Vorrangseinräumung geltend gemacht werde. Dadurch würde der Zwischenberechtigte nicht benachteiligt, weil er bei Erwirkung der Eintragung seines Rechts damit habe rechnen müssen, dass das Vorpfandrecht voll zu befriedigen sein werde. Aufgrund des hiergerichtlichen Beschlusses vom 4. 4. 1984, 3 Ob 36/84, berichtigte das Gericht zweiter Instanz seine Entscheidung durch den gemäß § 78 EO und den §§ 526 Abs 3 und 500 Abs 3 ZPO vorgesehenen Ausspruch, dass der Rekurs zulässig sei und begründete diesen Ausspruch richtigerweise mit dem Fehlen einer (höchstgerichtlichen) Rechtsprechung.
Gegen die Abänderung des Meistbotsverteilungsbeschlusses richtet sich der auf Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs der B***** KG.
Rechtliche Beurteilung
Das Rechtsmittel ist nach § 78 und den §§ 528 Abs 2 und 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig, jedoch unbegründet.
Das Land Burgenland meldete nur mehr einen Darlehensrest von 185.000 S an und begehrte daher, nur mehr diesen Anspruch im Verteilungsverfahren zu berücksichtigen (Heller-Berger-Stix II 1437).
Damit ist das vorgehende Pfandrecht des Landes Burgenland hinsichtlich des den angemeldeten Darlehensrest von 185.000 S übersteigenden Betrags weggefallen.
Nach herrschender Meinung (zB Klang in Klang² II 508 f; Ehrenzweig, System² I/2, 465 f; Gschnitzer, Sachenrecht, 43; Petrasch in Rummel, ABGB, Rdz 8 zu § 464) rückt das zurücktretende Recht bei Wegfall des vortretenden wieder in seinen früheren Rang ein. Dies ist im Gesetz zwar nicht ausdrücklich gesagt, kann aber durch Umkehrschluss aus dem § 50 der III. Teilnovelle entsprechenden § 30 Abs 6 GBG 1955 im Zusammenhang mit Abs 1 der zitierten Gesetzesstelle gefolgert werden. Dafür spricht, dass der zurücktretende Gläubiger nur zugunsten des vortretenden, nicht aber auch zugunsten eines Zwischenhypothekars oder des Liegenschaftseigentümers zurückgetreten ist. Für diese relative Wirkung spricht auch die Entstehungsgeschichte des § 50 der III. Teilnovelle. Wie sich aus den Materialien ergibt, wurde der Vorschlag der Regierungsvorlage, dass auch eine nachträgliche Änderung (Löschung) des vortretenden Rechts auf den Stellentausch ohne Einfluss sein solle, vom Herrenhaus nicht aufgegriffen. Trotz des Bedenkens, dass im Falle der Tilgung und deshalb erforderlichen Löschung des vortretenden Rechts durch den Erlös einer Zwangsverwaltung das nun wieder an seine ursprüngliche Stelle zurücktretende früher gewichene Recht an dieser Stelle zur Befriedigung komme, dieselbe Pfandstelle also zweimal für verschiedene Rechte zum Nachteil der Zwischenhypothekare ausgenutzt werden könne, sprach sich der Herrenhausentwurf für das Zurücktreten des gewichenen Rechts an seine frühere Stelle im Falle der Löschung des vorgetretenen Rechts aus. Maßgebend war hiefür die Erwägung, es sei nicht anzunehmen, dass der zurücktretende Berechtigte auf seinen Rang auch für den Fall verzichten wollte, wenn dies für den vorgetretenen Tauschpartner, dessen Recht erlischt, allen Vorteil verloren habe. Eine trotz solchen Erlöschens fortdauernde Rangverschiebung würde nur den an dem Geschäft nicht beteiligten Zwischenberechtigten zugute kommen, trotz des in § 45 der III. Teilnovelle (= § 30 Abs 1 GBG 1955) ausgesprochenen Grundsatzes (vgl Ehmer, Die drei Novellen zum ABGB und die Entmündigungsordnung², 74 f).
Hingegen üben nachträgliche Änderungen im Bestand oder Umfang des zurücktretenden Rechts, wenn nichts anderes vereinbart ist, auf den Rang des vortretenden Rechts keinen Einfluss (§ 30 Abs 6 GBG 1955).
Daher hätte das Erstgericht dem Land Burgenland im ersten Rang nicht nur einen Betrag in der Höhe der von der R***** angemeldeten 165.009,96 S, sondern in der vollen angemeldeten Höhe von 185.000 S zur Berichtigung durch Barzahlung zuweisen sollen. Sodann wären der R***** in diesem Rang von ihrer angemeldeten Forderung von 165.009,90 S insgesamt 115.000 S zur Berichtigung durch Barzahlung zuzuweisen gewesen. Der Meistbotsrest von 174.729,16 S wäre der B***** KG zur (teilweisen) Berichtigung durch Barzahlung zuzuweisen gewesen.
Das Gericht zweiter Instanz hat den Meistbotsverteilungsbeschluss daher mit Recht teilweise abgeändert, weshalb dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 74 und 78 EO und den §§ 40, 41 und 50 ZPO.
Textnummer
E108259European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1984:0030OB00052.84.0613.000Im RIS seit
28.08.2014Zuletzt aktualisiert am
28.08.2014