TE Vwgh Erkenntnis 2005/6/7 2002/14/0004

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Veröffentlicht am 07.06.2005
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §23 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des AP in I und der SP in W, beide vertreten durch Dr. Bernhard Heitzmann, Rechtsanwalt in 6010 Innsbruck, Müllerstraße 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom 21. November 2001, RV749/1-T7/01, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 1996 bis 1998, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten Bescheid sprach die belangte Behörde aus, dass eine einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die streitgegenständlichen Jahre zu unterbleiben habe.

Zur Begründung führte sie aus: Auf Grund der letztwilligen Verfügung vom 26. Dezember 1995 "ging" der Kommanditanteil der am 1. April 1996 verstorbenen Waltraud B an einer näher genannten KG nach der Amtsbestätigung vom 1. Juli 1997 des Bezirksgerichtes Josefstadt "im Legatsweg" zur Hälfte auf die beschwerdeführenden Geschwister "über". Mit Schreiben vom 20. März 1997 habe die KG den Vertreter der Verlassenschaft ersucht mitzuteilen, ob und an wen die Kommanditbeteiligung umzuschreiben sei. Der Vertreter der Verlassenschaft habe mitgeteilt, dass der KG-Anteil an den Erstbeschwerdeführer "übergehe". Am 24. September 1998 habe der steuerliche Vertreter des Erstbeschwerdeführers beim Finanzamt angefragt, welche Vorgangsweise einzuschlagen sei, damit die Beschwerdeführer jeweils die Hälfte des Gewinnanteiles als Einkommenszufluss zu versteuern haben, weil auf Grund des Gesellschaftsvertrages der KG dieser KG-Anteil nicht geteilt werden dürfe und daher die steuerliche Zurechnung der Gewinnanteile nur bei einer Person erfolge. Eine schriftliche Antwort ist den Verwaltungsakten nicht zu entnehmen.

Für die Jahre 1996 und 1997 seien Einkünfteerklärungen mit einer Ertragsanteilszuweisung von je 50 % an die Beschwerdeführer eingereicht worden.

Namens des Erstbeschwerdeführers sei in dessen Einkommensteuerverfahren mit Schreiben vom 12. Februar 1999 mitgeteilt worden, dass ein Eigentumsübergang von der Zweitbeschwerdeführerin auf den Erstbeschwerdeführer nicht erfolgt wäre und die Zweitbeschwerdeführerin nach wie vor "am Betriebsvermögen, insbesondere an den stillen Reserven, am Firmenwert und am Betriebsbestehenswert" beteiligt wäre. Der Erstbeschwerdeführer wäre verpflichtet, Gewinnanteile zur Hälfte an die Zweitbeschwerdeführerin herauszugeben.

In der Folge sprach das Finanzamt mit Bescheid vom 9. November 1999 aus, dass für die streitgegenständlichen Jahre kein Verfahren zur Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb hinsichtlich der Beteiligung an der KG gemäß § 188 BAO durchgeführt werde. Es begründete die Verweigerung eines Feststellungsverfahrens damit, dass der Erstbeschwerdeführer sowohl im Gesellschaftsvertrag als auch im Firmenbuch als Alleininhaber des Kommanditanteiles ausgewiesen sei und zwischen "den Erben" keine nach außen hin sichtbaren Vereinbarungen getroffen worden seien.

Im Berufungsverfahren legten die Beschwerdeführer eine undatierte Vereinbarung folgenden Inhalts vor: Nach dem Inhalt des Gesellschaftsvertrages der KG könne ein Kommanditanteil nur mit Zustimmung der Gesellschaft geteilt werden. Deshalb halte der Erstbeschwerdeführer auf Grund einer bereits erfolgten mündlichen Vereinbarung die Hälfte des Kommanditanteiles für die Zweitbeschwerdeführerin als Treuhänder, die zweite Hälfte hingegen im eigenen Namen. Er verpflichte sich, sämtliche Gewinnanteile zu 50 % an die Zweitbeschwerdeführerin weiterzuleiten.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Zur rechtlichen Beurteilung führte sie aus, eine Mitunternehmerschaft des Unterbeteiligten werde angenommen, wenn die Stellung des Unterbeteiligten zumindestens der eines Kommanditisten gleichkomme oder ihr angenähert sei. Liege ein Treuhandverhältnis vor, so sei der Treugeber Mitunternehmer. Treuhand und Unterbeteiligung schlössen einander vom steuerlichen Blickwinkel aus. Ein Hauptgesellschafter, der seine Rechte vollständig nach dem Willen des Unterbeteiligten ausübe, hätte lediglich die Stellung eines Treuhänders. Bei der Gründung einer Mitunternehmerschaft zwischen nahen Angehörigen müssten die Rechtsverhältnisse nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und zu den gleichen Bedingungen wie zwischen Familienfremden abgeschlossen werden. Erst im Nachhinein gemachte Ausführungen naher Angehöriger reichten als Beweis nicht aus.

Nach § 8 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages der KG könne ein Kommanditanteil von Todes wegen - von Ausnahmen abgesehen - nur an einen Erben oder Legatar übertragen werden. In der Folge sei der Erstbeschwerdeführer als gesellschaftsrechtlicher Eigentümer des unteilbaren Kommanditanteiles im Firmenbuch eingetragen worden. Obwohl den Geschwistern die Unteilbarkeit des vermachten Geschäftsanteiles bekannt gewesen sein dürfte, sei eine der Abgabenbehörde gegenüber in Erscheinung tretende Regelung über die Rechte und Pflichten des Erstbeschwerdeführers gegenüber seiner Schwester nicht bekannt gegeben worden. Es dürfte auch im Folgejahr 1998 noch keine entsprechende Vereinbarung zwischen den Geschwistern getroffen worden sein. Erstmals in der Berufung sei das Bestehen eines Treuhandverhältnisses behauptet worden. Da Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen pro futuro bekanntgegeben werden müssten und im maßgebenden Beurteilungszeitraum der Abgabenbehörde keine Regelung über den Kommanditanteil bekannt gewesen sei, sehe die belangte Behörde keine Veranlassung, vom Bescheidspruch des Finanzamtes abzugehen. Der Inhalt der Steuererklärungen bilde für sich allein keinen Beweis für ein behauptetes Gesellschaftsverhältnis. Dem Berufungsvorbringen, die Voraussetzungen für ein Feststellungsverfahren nach § 188 BAO seien bereits auf Grund des "Erbanfalles" erfüllt, könne der Senat nicht folgen, weil im gegenständlichen Fall nicht mehrere "Erben" in Rechtsgemeinschaft stünden, sondern über den KG-Anteil testamentarisch in Form eines Vermächtnisses bestimmt worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof sprach - Erben betreffend, die ein Erbübereinkommen abgeschlossen hatten - im Erkenntnis vom 15. Jänner 1991, 87/14/0053, aus, dass eine Unterbeteiligung mit den Merkmalen der Beteiligung an den stillen Reserven, somit am Betriebsvermögen, sowie am Gewinn und Verlust zu einer Mitunternehmerschaft führt. (Vgl. zur Mitunternehmerschaft in Form einer Unterbeteiligung auch Stoll, Kommentar zur BAO, 1.987ff; Tumpel in ecolex 1991, 811;

Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 23 Tz. 27).

Die Beschwerdeführer behaupten das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft in Form einer Unterbeteiligung im Wesentlichen damit, dass zum einen die genannten allgemeinen Voraussetzungen für eine Mitunternehmerschaft vorlägen und zum anderen nur wegen der einschränkenden Vertragsbestimmung bloß der Erstbeschwerdeführer als Inhaber des KG-Anteils aufscheine und gegenüber der KG (für sich und als Treuhänder für seine Schwester) auftrete.

Die belangte Behörde ließ offen (arg.: "dürfte"), welche Vereinbarung zwischen den Beschwerdeführern getroffen worden sei, zog sich darauf zurück, dass ihr erstmals am 10. Dezember 1999 eine "Vereinbarung über eine Treuhandschaft" vorgelegt worden sei und ließ den Beweis über eine frühere mündliche Vereinbarung nicht zu. Damit lässt sie jedoch den Inhalt der genannten Amtsbestätigung unberücksichtigt, die im Zusammenhang mit der nachfolgenden Eintragung nur des Erstbeschwerdeführers als Kommanditisten zweifellos ein Indiz für die Existenz einer bereits damals erfolgten Absprache irgendwelcher Art zwischen den Beschwerdeführern bildet. Den Inhalt dieser Vereinbarung wird die belangte Behörde festzustellen haben, um eine Beurteilung zu ermöglichen, ob die Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft vorliegen. Sie wird auch festzustellen haben, in welcher Weise die KG in die Absprachen einbezogen worden ist, um beurteilen zu können, ob allenfalls eine Mitunternehmerschaft im Verhältnis zur KG als Hauptgesellschaft gegeben ist.

Weiters wird die belangte Behörde zu klären haben, auf welchem Titel die Übertragung des KG-Anteils an den Erstbeschwerdeführer beruhte. Sie nahm nämlich - inhaltlich eine Gesamtrechtsnachfolge ansprechend - einerseits an, dass der (ganze) Kommanditanteil auf die Beschwerdeführer "übergegangen" sei; andererseits hielt sie aber fest, dass die Kommanditbeteiligung im Legatsweg übertragen worden sei. Im Blick auf die letztgenannte Einzelrechtsnachfolge wurde aber nicht festgestellt, wer als Erbe mit dem Legat belastet war. So ist nicht auszuschließen, dass in Wahrheit ein so genanntes Hineinvermächtnis, also eine Teilungsanordnung des Erblassers (dazu Welser in Rummel, ABGB I3, § 648/Rz. 5) festgelegt wurde.

Die belangte Behörde belastete somit den angefochtenen Bescheid mit einem relevanten Verfahrensmangel, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b VwGG aufzuheben war.

Bei diesem Ergebnis braucht die Rüge, die belangte Behörde habe nicht die zum hier maßgeblichen Zeitpunkt in Geltung stehende Fassung des Gesellschaftsvertrages herangezogen, nicht behandelt zu werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 7. Juni 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002140004.X00

Im RIS seit

13.09.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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