TE OGH 1984/7/17 10Os101/84

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Veröffentlicht am 17.07.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Juli 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner und Hon. Prof. Dr. Brustbauer (Berichterstatter) als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Wittmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Christa A wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB und anderer Delikte über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Staatsanwaltschaft sowie die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 26. Jänner 1981, GZ 20 Vr 1.797/80- 42, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tschulik, der Angeklagten und des Verteidigers Dr.Wolfgang Wagner zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, die Angeklagte habe durch das dem Schuldspruch zu Punkt I zugrunde liegende Verhalten nur das Verbrechen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB. begangen sowie in der daraus (und aus den Urteilsgründen) ersichtlichen Ablehnung einer rechtlichen Beurteilung des Verhaltens auch als gewerbsmäßigen Betrug nach § 148 StGB, ferner in seinem freisprechenden Teil, im Strafausspruch sowie im Ausspruch gemäß § 38 StGB aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Christa A des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB (Punkt I) und des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und Abs. 2 (zweiter Fall) StGB (Punkt II) schuldig erkannt. Ihr liegt zur Last in Salzburg I. in der Zeit von Anfang 1973 bis Anfang Juni 1980 in zahlreichen Angriffen Fachgewerkschaften des B durch überhöht vorgeschriebene Miet-, Telefon- und Kopienspesen um insgesamt 1,814.988,44 S betrügerisch geschädigt und II. in der Zeit von 1968 bis 31.Dezember 1979 Subventionen der Arbeiterkammer Salzburg im Betrag von 252.656,80 S und in den Jahren 1978 und 1979 Inkassi von Gewerkschaftsmitgliedern für 'R***Reisen' im Betrag von 65.352 S veruntreut zu haben.

Von der weiteren Anklage in der Zeit von Juli 1979 bis Mai 1980 überdies ihr anvertraute Mitgliedsbeiträge von Betriebsräten und Bediensteten des B in der Höhe von 52.452,57 S veruntreut zu haben, wurde sie unter Zubilligung tätiger Reue (§ 167 StGB) gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Mit ihrer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 9 lit. b und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft die Staatsanwaltschaft das Urteil im Schuldspruch der Angeklagten insoweit, als gewerbsmäßige Begehung des Betruges im Sinne des § 148 StGB verneint worden ist, sowie in seinem freisprechenden Teil. Der Einwand der Beschwerde, es seien die Feststellungen hinsichtlich des Werbebüros 'Christa A' unvollständig bzw aktenwidrig, betrifft allerdings keine entscheidungswesentliche Tatsache im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO. Ist es doch für die (rechtliche) Beurteilung des Verhaltens der Angeklagten unter dem Blickwinkel der Gewerbsmäßigkeit belanglos, wie sie mit den sich selbst durch wiederkehrende Begehung der strafbaren Handlung verschaff ten Einnahmen verfahren hat, insbesondere ob sie diese persönlich

verbrauchte, in ihrem Betrieb investierte oder / beispielsweise im Kreditbzw sogar im Schenkungswege (10 Os 57/76) einem Dritten

(ihrem Gatten zur Abdeckung nder Verluste seiner Firma) zugewendet hat (vgl 9 Os 87/82).

Rechtliche Beurteilung

Schließt doch der Wille des Täters, von ihm selbst erlangte Sachen für andere zu verwenden, Gewerbsmäßigkeit keineswegs aus. Wenn daher das Schöffengericht die Annahme gewerbsmäßigen Handelns durch Christa A (vor allem) deshalb verneinte (S 476 f, II. Bd), weil sie hohe (aus Betrügereien sich verschaffte) Beträge (auch) ihrem Gatten zur Abdeckung seiner Verbindlichkeiten zur Verfügung stellte, dann war dies - wie die Nichtigkeitswerberin zutreffend aufzeigt - rechtlich verfehlt.

Es erweisen sich aber auch jene vom Erstgericht zur rechtlichen Annahme eines bloßen Wiederholungsvorsatzes herangezogenen Urteilsfeststellungen, in denen nebeneinander und insoweit widersprüchlich, sowohl die Absicht (§ 5 Abs.2 StGB) als auch der bedingte Vorsatz (§ 5 Abs. 1 StGB) der Angeklagten angenommen wird, ihre Betrügereien und Veruntreuungen zu wiederholen (S 472, II. Bd), für eine abschließende rechtliche Beurteilung nicht tragfähig; denn es hätte die Angeklagte Gewerbsmäßigkeit nach dem Gesagten sogar dann zu verantworten, wenn sie sich auch nur einmal Geld in der Absicht aneignete, sich durch die wiederkehrende Begehung ihrer Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, die sie in der Folge für andere verwenden wollte. Berechtigung kommt der Beschwerde der Staatsanwaltschaft aber auch in bezug auf den Teilfreispruch zu. Denn es ist bei Begehung eines Vermögensdeliktes in mehreren Angriffen unter dem Gesichtspunkt der Gutmachung des ganzen aus der Tat entstandenen Schadens (§ 167 Abs. 2 Z 1 StGB) zu prüfen, ob die einzelnen Angriffe jeweils gesonderten Willensentschlüssen entsprungen sind und demnach jeder dieser Angriffe selbständig zu beurteilen ist, oder ob sie auf einen einheitlichen Willensentschluß zurückgehen. Bei Vorliegen eines Tatzusammenhanges letzterer Art - der im übrigen keineswegs der Konstruktion eines 'fortgesetzten Deliktes' entsprechen muß - könnte der Täter nur dann tätige Reue für sich in Anspruch nehmen, wenn der aus der Gesamtheit aller Angriffe entstandene Schaden gutgemacht wird (vgl SSt 25/93

sowie 50/18 = ÖJZ-LSK 1979/189 uva). Im vorliegenden Fall wurde vom Erstgericht als erwiesen angenommen, daß die Angeklagte die von 1973 bis Juni 1980 verübten Betrugstaten fortgesetzt begangen hat sowie daß sie ihre Betrügereien und Veruntreuungen wiederholen wollte (vgl Bd II, S 467, 472, 476

d. A); es sind jedoch keine hinreichenden Konstatierungen getroffen worden, auf Grund deren sich schon abschließend beurteilen ließe, daß die Angeklagte bei den ihr als Veruntreuung angelasteten Tathandlungen von einem einheitlichen Handlungsentschluß geleitet war, welcher insbesondere ihre den Gegenstand des Teilfreispruchs bildenden Zugriffe auf fremdes Vermögen bloß als Teilakte einer darüber hinausgehenden rechtlich als einzige Tat zu wertenden deliktischen Vorgangsweise kennzeichnen würde. So gesehen erscheint der von der Anklagebehörde bekämpfte Freispruch mit Feststellungsmängeln behaftet, welche eine Aufhebung des Urteils und die Erneuerung des Verfahrens zur Klärung der Frage erforderlich machen, ob die Angeklagte bei den in Rede stehenden Tathandlungen von einem einheitlichen vorgefaßten Handlungsentschluß geleitet war oder nicht (SSt 46/47, 50/18).

Anmerkung

E04572

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0100OS00101.84.0717.000

Dokumentnummer

JJT_19840717_OGH0002_0100OS00101_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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