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27/04 Sonstige Rechtspflege;Norm
AVG §37;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2002/03/0077 E 8. Juni 2005Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Berger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der B GmbH in W, vertreten durch Dr. Reinhard Armster, Rechtsanwalt in 2344 Maria Enzersdorf, Franz-Josef-Straße 42, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 30. Jänner 2002, Zl. 353.305/1- II/C/151/02, betreffend Sachverständigengebühren in einem eisenbahnrechtlichen Genehmigungsverfahren, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin als Antragstellerin gemäß § 76 AVG aufgetragen, für die Tätigkeit der nichtamtlichen Sachverständigen für elektrotechnische und maschinentechnische Fragen im Rahmen eisenbahnrechtlicher Verfahren, DI L und DI S, im Ausmaß von insgesamt 396 Stunden Mühewaltung a EUR 106,10 (exklusive USt) einen Betrag von EUR 42.015,60 (exklusive USt) sowie für Reisegebühren und Zeitversäumnis einen Betrag von EUR 2.202,24 (exklusive USt), sohin einen Gesamtbetrag von EUR 53.061,41 (inklusive 20 % USt) auf ein näher bezeichnetes Bankkonto, lautend auf A GmbH, binnen vierzehn Tagen ab Zustellung des Bescheides zu überweisen.
Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides sei der belangten Behörde für die eisenbahnfachliche Begutachtung der Projekte "3 Stück modernisierte Diesellokomotiven 1504.01 bis 1504.03 (ehemals Type V100)" (Antrag der Firma D GmbH (nunmehr die Beschwerdeführerin) vom 9. Oktober 2000) sowie "2 Stück modernisierte Ersatz-Diesellokomotiven der Baureihe V100.4 mit den Fabr.-Nummern 14897 und 721350" (Antrag der Firma D GmbH (nunmehr die Beschwerdeführerin) vom 2. März 2001) für die Firma V GmbH im Rahmen des eisenbahnrechtlichen Verfahrens betreffend Erteilung der eisenbahnrechtlichen Genehmigungen und für die Prüfung der vorgelegten Unterlagen aus Kapazitätsgründen kein Amtssachverständiger für elektrotechnische und maschinentechnische Fragen zur Verfügung gestanden, weshalb DI L und DI S als nichtamtliche Sachverständige damit betraut worden seien.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. Gemäß § 52 Abs 1 AVG sind, wenn die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig wird, die der Behörde beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtssachverständige) beizuziehen. Gemäß Abs 2 kann die Behörde, wenn Amtssachverständige nicht zur Verfügung stehen oder es mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten ist, aber ausnahmsweise andere geeignete Personen als Sachverständige (nichtamtliche Sachverständige) heranziehen. Liegen die Voraussetzungen des Abs 2 nicht vor, so kann die Behörde gemäß Abs 3 dennoch nichtamtliche Sachverständige heranziehen, wenn davon eine wesentliche Beschleunigung des Verfahrens zu erwarten ist. Die Heranziehung ist jedoch nur zulässig, wenn sie von demjenigen, über dessen Ansuchen das Verfahren eingeleitet wurde, angeregt wird und die daraus entstehenden Kosten einen von dieser Partei bestimmten Betrag voraussichtlich nicht überschreiten.
Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür gemäß § 76 Abs 1 AVG, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten grundsätzlich auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Im Falle des § 52 Abs 3 AVG hat die Partei für die Gebühren, die den nichtamtlichen Sachverständigen zustehen, nur soweit aufzukommen, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten.
Gemäß § 53a AVG in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung BGBl I Nr 137/2001 haben nichtamtliche Sachverständige für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühr nach den §§ 24 bis 37 und 43 bis 51 des Gebührenanspruchsgesetzes 1975 (GebAG). Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen herangezogen hat. Gemäß § 38 Abs 1 GebAG hat der Sachverständige den Anspruch auf seine Gebühr binnen 14 Tagen nach Abschluss seiner Tätigkeit bei sonstigem Verlust schriftlich oder mündlich, unter Aufgliederung der einzelnen Gebührenbestandteile, geltend zu machen (vgl das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 2004, Zl. 2002/03/0165).
2. Die Beschwerdeführerin bringt zunächst vor, ihr sei keine Gelegenheit gegeben worden, zur Beiziehung der nichtamtlichen Sachverständigen Stellung zu nehmen. Diesem Beschwerdevorbringen ist entgegenzuhalten, dass die Verfahrensgesetze nicht gebieten, einer Partei des Verwaltungsverfahrens zur Frage der Bestellung eines Sachverständigen das Parteiengehör einzuräumen (vgl das Erkenntnis vom 26. Mai 1993, Zl. 92/12/0096). Die Bestellung eines nichtamtlichen Sachverständigen hat dem Sachverständigen gegenüber den Charakter eines verfahrensrechtlichen Bescheides, gegenüber der Partei aber (lediglich) den Charakter einer Verfahrensanordnung (vgl das Erkenntnis vom 7. September 1993, Zl. 93/05/0188). Dass das der Partei in der Frage der konkreten Vorschreibung der Sachverständigengebühren gemäß § 76 AVG zukommende Parteiengehör (vgl dazu etwa das Erkenntnis vom 27. Juni 2002, Zl. 2002/07/0055) verletzt worden wäre, wird in der Beschwerde hingegen nicht behauptet.
3. Die Beschwerdeführerin zeigt jedoch mit dem Vorbringen, der Begründung des angefochtenen Bescheides könne nicht entnommen werden, ob eine die Bestellung eines nichtamtlichen Sachverständigen nach § 52 Abs 2 AVG rechtfertigende Sachlage gegeben gewesen sei, eine Verletzung von Verfahrensvorschriften auf:
Nach ständiger Rechtsprechung darf sich die Behörde so genannter privater Sachverständiger nur in den in § 52 Abs 2 und 3 AVG genannten Ausnahmefällen bedienen (vgl etwa das Erkenntnis vom 14. September 2004, Zl. 2001/10/0089 mwN). Der angefochtene Bescheid nimmt auf die in den zitierten Gesetzesstellen genannten Voraussetzungen nicht hinreichend Bezug. Dass "aus Kapazitätsgründen kein Amtssachverständiger für elektrotechnische und maschinentechnische Fragen zur Verfügung gestanden" sei, stellt für sich allein keine taugliche Begründung für die Heranziehung der beiden nichtamtlichen Sachverständigen dar, und die von der belangten Behörde in der Gegenschrift angeführten Gründe für die Heranziehung der nichtamtlichen Sachverständigen können entsprechende Ausführungen in der Bescheidbegründung nicht ersetzen (vgl. dazu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E 140 ff zu § 60 AVG, zitierte Rechtsprechung).
4. Die Beschwerdeführerin macht weiters geltend, der Ersatz der Sachverständigengebühren durch die Partei setze voraus, dass diese von der Behörde bereits bezahlt worden seien, was nicht der Fall sei, weil die Gebühren laut dem Spruch des angefochtenen Bescheides direkt auf das Konto der Sachverständigen zu überweisen seien. Auch dieses Vorbringen ist berechtigt.
Nach ständiger Rechtsprechung sind unter der Behörde "erwachsenen" Barauslagen nur solche zu verstehen, die gegenüber dem Sachverständigen im Sinne des § 53a AVG festgesetzt und tatsächlich bereits bezahlt wurden, wobei die Festsetzung der Sachverständigengebühren gemäß § 53a Abs. 1 AVG in Form der Erlassung eines - gemäß Abs 3 der genannten Bestimmung vom Sachverständigen "mit Berufung an die im Instanzenzug übergeordnete Behörde" anfechtbaren - Bescheides zu erfolgen hat. Wurde der Antragsteller verpflichtet, den Betrag an Barauslagen unmittelbar an den Sachverständigen zu überweisen, so kann nicht davon gesprochen werden, dass der Behörde schon Barauslagen erwachsen sind, weshalb auch deren Ersatz durch den Antragsteller nicht in Frage kommen kann (vgl das Erkenntnis vom 26. Juni 1990, Zl. 89/05/0004). Die mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Vorschreibung von Sachverständigengebühren, die der belangten Behörde noch nicht "erwachsen" waren, ist daher rechtswidrig.
5. Schließlich ist noch darauf einzugehen, dass die Bescheidbegründung hinsichtlich des Zeitpunktes der Geltendmachung der vorgeschriebenen Sachverständigengebühren mangelhaft ist.
Wenn ein nichtamtlicher Sachverständiger seinen Gebührenanspruch nicht innerhalb der Frist des hier maßgeblichen § 38 Abs 1 GebAG geltend gemacht hat (vgl näher das oben zitierte Erkenntnis vom 18. März 2004, Zl. 2002/03/0165), dann ist sein Anspruch erloschen, auch wenn die Gebühren von der Behörde bescheidmäßig bestimmt und bezahlt worden wären. In einem solchen Fall wäre es auch nicht zulässig, der Beschwerdeführerin gemäß § 76 AVG diese Sachverständigengebühren vorzuschreiben. Im angefochtenen Bescheid wären daher auch Feststellungen über den Zeitpunkt des Abschlusses der Tätigkeit der Sachverständigen und der Geltendmachung ihres Gebührenanspruches zu treffen gewesen, zumal in der in den Verwaltungsakten erliegenden Honorarnote vom 3. Oktober 2001 ein Leistungszeitraum bis 14. August 2001 angegeben wird.
6. Der angefochtene Bescheid war daher - da die Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes einer Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeht - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.
Wien, am 8. Juni 2005
Schlagworte
Abstandnahme vom Parteiengehör Gebühren KostenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2002030076.X00Im RIS seit
07.07.2005