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L61205 Feldschutz Landeskulturwachen Salzburg;Norm
BetriebsO 1994 §6 Abs1 Z3 impl;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des U W in F, vertreten durch Dr. Josef Dengg und Dr. Milan Vavrousek, Rechtsanwälte in 5600 St. Johann im Pongau, Pöllnstraße 2, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 25. März 2002, Zl. 20401-01046/20/3-2002, betreffend Enthebung als Jagdschutzorgan, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug gemäß § 2 Abs 1 Z 1 und Abs 2 sowie § 8 Abs 2 des Salzburger Landes-Wacheorgangesetzes, LGBl Nr 66/1977 idgF (Sbg WOG), sowie § 114 Z 8 des Salzburger Jagdgesetzes, LGBl Nr 100/1993 idgF (Sbg JG), als Jagdschutzorgan für die Jagdgebiete H und G seines Amtes enthoben.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei wegen eines Vorfalles am 18. August 2000 (dem Beschwerdeführer war vorgeworfen worden, durch die unterlassene Aufklärung eines Jagdgastes über die örtlichen Verhältnisse sei es zu einer Erlegung eines Murmeltieres im Nachbarrevier und sohin zu einem Eingriff in fremdes Jagdrecht gekommen) vom Ehrensenat des Ehrengerichtes der Salzburger Jägerschaft wegen Verletzung der Jägerehre zu einer Geldstrafe von ATS 25.000,-- rechtskräftig verurteilt worden. Von der Verfolgung einer strafbaren Handlung sei die Staatsanwaltschaft Salzburg nach Zahlung eines Geldbetrages von ATS 6.000,-- durch den Beschwerdeführer gemäß § 90c Abs 4 StPO zurückgetreten. Gemäß § 114 Z 8 erster Satz Sbg JG sei die Enthebung eines Jagdschutzorganes jederzeit zulässig, wenn eine zur Bestellung des Wacheorgans geforderte Voraussetzung bei diesem weggefallen sei. Die Vertrauenswürdigkeit sei in § 2 Abs 1 Z 1 Sbg WOG als eine Voraussetzung zur Bestellung eines Wacheorganes gefordert. Der Beschwerdeführer sei zwar nicht wegen einer vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die mit sechs Monaten oder höherer Freiheitsstrafe bedroht sei und nicht nur auf Verlangen des Verletzten verfolgt werde, rechtskräftig verurteilt worden. Jedoch sei durch die vielfältigen und schwierigen Aufgaben eines Jagdschutzorgans gefordert, dass diesem eine erhöhte Verlässlichkeit und vor allem auch eine erhöhte Vertrauenswürdigkeit anhafte. Personen, die wegen Verstoßes gegen die Jägerehre zu einer Geldstrafe verurteilt worden seien, besäßen diese Vertrauenswürdigkeit nicht. Im vorliegenden Fall sei die Geldstrafe sehr hoch ausgefallen, was dokumentiere, dass die Verurteilung an der Grenze zu einem zeitlichen Ausschluss aus der Salzburger Jägerschaft gelegen sei und es sich keinesfalls um eine "Bagatellsache" gehandelt habe. Aus diesen Gründen sei die Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers für die Ausübung des Amtes als Jagdschutzorgan nicht mehr gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 114 Z 8 Sbg JG ist die vorzeitige Enthebung des auf Antrag des Jagdinhabers bestellten Jagdschutzorganes nur zulässig, wenn eine zur Bestellung des Wacheorganes geforderte Voraussetzung bei diesem weggefallen ist, das Wacheorgan schwer oder wiederholt gegen eine ordnungsgemäße Ausübung der öffentlichen Aufsicht verstoßen hat, an weiterbildenden Kursen nicht teilnimmt oder die abschließenden Prüfungen nicht besteht (§ 119 leg cit).
Gemäß § 2 Abs 1 Sbg WOG können als öffentliches Wacheorgan nur eigenberechtigte Personen bestellt werden, die unter anderem die für den betreffenden Wachdienst erforderliche geistige, charakterliche und körperliche Eignung sowie Vertrauenswürdigkeit besitzen (Z 1).
Gemäß § 2 Abs 2 Sbg WOG ist die erforderliche Vertrauenswürdigkeit (Abs 1 Z 1) jedenfalls nicht gegeben, wenn die betreffende Person wegen einer vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die mit sechs Monaten oder höherer Freiheitsstrafe bedroht ist und nicht nur auf Verlangen des Verletzten verfolgt wird, rechtskräftig verurteilt worden ist, solange die Strafe nicht getilgt ist. Im Übrigen ist die Vertrauenswürdigkeit auch danach zu beurteilen, ob sonstige und insbesondere mehrere Verurteilungen oder Bestrafungen vor allem wegen Übertretung der in den Aufgabenbereich des Wacheorgans fallenden Vorschriften vorliegen, die nicht getilgt sind bzw noch nicht länger als fünf Jahre zurückliegen.
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf die Auffassung gestützt, Personen, die wegen Verstoßes gegen die Jägerehre zu einer Geldstrafe verurteilt worden seien, besäßen die im Gesetz geforderte Vertrauenswürdigkeit nicht mehr.
Aus dem Wortlaut des § 2 Abs 2 Sbg WOG wird deutlich, dass diese Regelung nicht abschließend ist. So ist die erforderliche Vertrauenswürdigkeit jedenfalls bei Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung in der im ersten Satz dieser Bestimmung bezeichneten Art nicht gegeben. Darüber hinaus (arg "im übrigen") können nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung auch (arg "auch danach") sonstige Verurteilungen und Bestrafungen dazu führen, dass die erforderliche Vertrauenswürdigkeit nicht mehr gegeben ist. Dass dabei auch eine einzige Verurteilung oder Bestrafung ausreichen kann, zeigt auch der Wortlaut des zweiten Satzes ("insbesondere mehrere"). Zum selben Ergebnis kommt auch im vorliegenden Zusammenhang (einer Enthebung eines bestellten Jagdschutzorganes) ein systematischer Rückgriff auf § 114 Z 8 Sbg JG, nach dem die vorzeitige Enthebung eines Jagdschutzorganes auch erfolgen kann, wenn dieses Wacheorgan schwer oder wiederholt gegen die ordnungsgemäße Ausübung der öffentlichen Aufsicht verstoßen hat.
Dem Begriff der Vertrauenswürdigkeit kommt unter Zugrundelegung des allgemeinen Sprachgebrauchs inhaltlich die Bedeutung von "Sich verlassen können" zu. Entscheidend ist, ob das bisherige Verhalten - wobei das Gesamtverhalten zu würdigen ist - auf ein Persönlichkeitsbild schließen lässt, das mit jenen Interessen im Einklang steht, deren Wahrung der Behörde im Hinblick (hier) auf die Bestimmungen des Sbg JG bzw des Sbg WOG obliegt. Entscheidend für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit im Falle der Begehung einer Straftat oder einer Verwaltungsübertretung ist das dem Urteil bzw dem Bescheid, mit welchem über Schuld und Strafe abgesprochen wurde, zu Grunde liegende Verhalten (vgl das zur - in diesem Zusammenhang - vergleichbaren Rechtslage nach der Betriebsordnung 1994 ergangene hg Erkenntnis vom 3. September 2003, Zl 2001/03/0076, mwN). Dabei ist die Behörde an rechtskräftige Bestrafungen insofern gebunden, als damit die Tatsache der Handlungen oder Unterlassungen, derentwegen die Bestrafung erfolgte, feststeht (vgl hiezu das ebenso zur Rechtslage nach der Betriebsordnung 1994 ergangene hg Erkenntnis vom 27. Juni 2000, Zl 98/03/0299, mwN).
Im vorliegenden Fall hat die belange Behörde zunächst die Tatsache der Handlungen oder Unterlassungen, derentwegen die Verurteilung wegen Verletzung der Jägerehre erfolgte, nicht festgestellt und somit nicht konkret umrissen, inwieweit sie an diese rechtskräftige Verurteilung gebunden ist. In der Folge hat sie auch nicht begründet, warum die dem Beschwerdeführer zur Last fallenden Verhaltensweisen auf ein Persönlichkeitsbild schließen ließen, das seine Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 2 Abs 2 Sbg WOG im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides ausschließe. Insbesondere ist die Behörde nicht auf das die näheren Umstände des Vorfalles vom 18. August 2000 betreffende Berufungsvorbringen eingegangen.
Dabei ist ein Vorgehen nach § 90c Abs 4 StPO einer - bindenden - gerichtlichen Verurteilung nicht gleichzuhalten (vgl auch das hg Erkenntnis vom 31. März 2005, Zl 2003/03/0051, mwN, im Zusammenhang mit § 90g StPO).
Aus diesem Grund belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb dieser gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b und c VwGG aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.
Wien, am 8. Juni 2005
Schlagworte
Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4 Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4 Jagdschutz JagdschutzorganEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2002030135.X00Im RIS seit
03.07.2005