Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 28. August 1984 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Steininger (Berichterstatter), Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann und Hon. Prof. Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Diexer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Martin A wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2 sowie § 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 11. April 1984, GZ 22 Vr 468/83- 74, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, und des Verteidigers Dr. Ringer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die durch seine Rechtsmittel verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Martin A - nachdem er im ersten Rechtsgang wegen Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2 sowie § 15 StGB rechtskräftig schuldig gesprochen und das Urteil nur im Schuldspruch wegen Vergehens nach § 36 Abs 1 lit b WaffG und im Strafausspruch aufgehoben worden war (Band II/ON 68) - im zweiten Rechtsgang neuerlich des Vergehens nach § 36 Abs 1 lit b WaffG schuldig erkannt, weil er (insoweit vom seinerzeitigen Schuldspruch abweichend) vom Frühjahr 1981 bis zum 21. Juli 1981 eine verbotene Waffe, nämlich ein Springmesser, unbefugt besessen hat. Hiefür und für die ihm auf Grund des bereits im ersten Rechtsgang in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruches zur Last fallende (weitere) strafbare Handlung wurde Martin A nach § 28, 129 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 1/2
(zweieinhalb) Jahren verurteilt; überdies wurde gemäß § 26 StGB auf Einziehung der verbotenen Waffe erkannt.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 3 und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; gegen den Strafausspruch haben sowohl der Angeklagte als auch der öffentliche Ankläger Berufung ergriffen.
Aus dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund rügt der Beschwerdeführer, daß in der (im erneuerten Verfahren durchgeführten) Hauptverhandlung vom 11. April 1984 bloß die den Vorwurf des Vergehens nach dem Waffengesetz betreffende Ausdehnung der Anklage (Band I/S 227), nicht aber die ursprüngliche Anklageschrift selbst (Band I/ON 39) verlesen wurde.
Rechtliche Beurteilung
Ein Nichtigkeit begründender Verstoß gegen die Bestimmung des § 244 StPO über die Verlesung der Anklageschrift liegt indes nicht vor:
über den gegen den Angeklagten inhaltlich der ursprünglichen Anklageschrift erhobenen Schuldvorwurf der Begehung teils vollendeter, teils versuchter schwerer Einbruchsdiebstähle wurde durch das, wie erwähnt, insoweit schon im ersten Rechtsgang in Rechtskraft erwachsene Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 22. September 1983, GZ 28 Vr 468/83-58, teils durch Schuldspruch, teils durch Freispruch nach § 259 Z 3 StPO entschieden.
Zufolge dieses insoweit rechtskräftigen Schuldurteils (§ 260 Abs 1 Z 1 und 2 StPO) war daher dieser Teil der Anklage nicht mehr Gegenstand der Hauptverhandlung im zweiten Rechtsgang (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO, Nr 3 und 4 zu § 289), weshalb dessen Verlesung mit Recht unterblieben ist und zutreffend nur jener Teil der Anklage verlesen wurde, über den im zweiten Rechtsgang urteilsmäßig abzusprechen war. Dem steht nicht entgegen, daß sich der Strafausspruch im erneuerten Verfahren (auch) auf die dem Angeklagten schon im ersten Rechtsgang rechtskräftig schuldspruchmäßig angelastete strafbare Handlung zu beziehen hatte. Die behauptete Nichtigkeit liegt somit nicht vor.
In Ausführung der Rechtsrüge (§ 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO) macht der Beschwerdeführer Verjährung in bezug auf das Vergehen nach § 36 Abs 1 lit b WaffG geltend.
Die Strafbarkeit der in Rede stehenden Tat ist jedoch - wie eine überprüfung der Akten schon anläßlich der Rechtsmittelentscheidung im ersten Rechtsgang ergeben hat - nicht verjährt:
Richtig ist, daß die einjährige Verjährungsfrist (§ 57 Abs 3 letzter Fall StGB) mit der am 21. Juli 1981 anläßlich einer Hausdurchsuchung beim Beschwerdeführer erfolgten Beschlagnahme der verbotenen Waffe (S 9 ff in ON 3 in ON 56) und der dadurch bewirkten Beendigung des Deliktszeitraumes in Lauf gesetzt wurde. In die Verjährungsfrist ist jedoch die Zeit, während der wegen dieser Tat gegen den Beschwerdeführer das Strafverfahren bei Gericht anhängig war, nicht einzurechnen (§ 58 Abs 3 Z 2 StGB). Diese Gerichtsanhängigkeit trat vorliegend aber schon mit dem - nach Einlangen des Antrages des Bezirksanwaltes auf Bestrafung des Beschwerdeführers wegen des Vergehens nach § 36 Abs 1 (lit b) WaffG und auf Einziehung des Springmessers gemäß § 26 StGB gefaßten - richterlichen Beschluß vom 12. Oktober 1981 auf Abtre tung des Aktes 8 U 2191/81 des Bezirksgerichtes Innsbruck an das Landesgericht Innsbruck zur Einbeziehung in das Verfahren 30 Vr 3233/81 nach § 56 StPO (S 2 in ON 3 in ON 56) ein, aus welcher gerichtlichen Verfügung der Verfolgungswille des Bezirksgerichtes unzweideutig hervorging. Somit war bereits seit 12. Oktober 1981 der Fortlauf der Verjährungsfrist gehemmt. Daß die formelle Einbeziehung zunächst offenbar nicht erfolgte und - wie die Beschwerde releviert - die Staatsanwaltschaft schließlich erst geraume Zeit danach, nämlich am 19. September 1983, die Einbeziehung in das (gegenständliche) Verfahren 28 (= 22) Vr 468/83 (= Hv 158/83) desselben Gerichtshofes beantragte (vorletzte und letzte Seite des Antrags- und Verfügungsbogens in ON 56), ist ohne Belang. Die Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich demnach in keinem Punkte als stichhältig, sodaß sie zu verwerfen war.
Aber auch den beiden Berufungen kommt keine Berechtigung zu. Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig festgestellt; daß die Wertgrenze des § 128 Abs 1 Z 4 StGB lediglich geringfügig überschritten wurde, vermag entgegen der Meinung des Angeklagten keinen besonderen Milderungsgrund darzustellen. Geht man aber von den gegebenen Strafzumessungsgründen aus und berücksichtigt man ferner den nicht allzu großen Unwert der verschuldeten Taten, so besteht weder zu der vom Angeklagten angestrebten Herabsetzung der Strafe noch zu der vom öffentlichen Ankläger begehrten Straferhöhung Anlaß, weshalb beiden Berufungen ein Erfolg zu versagen war.
Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Anmerkung
E04578European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1984:0090OS00093.84.0828.000Dokumentnummer
JJT_19840828_OGH0002_0090OS00093_8400000_000