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41/04 Sprengmittel Waffen Munition;Norm
WaffG 1996 §25 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Besein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des Dr. E W in W, vertreten durch Dr. Edmund Röhlich, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Am Heumarkt 9/1/11, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 7. Oktober 2002, Zl SD 645/02, betreffend Entziehung einer Waffenbesitzkarte, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 24. Juni 2002 entzog die Bundespolizeidirektion Wien dem Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs 3 in Verbindung mit § 8 Abs 1 Z 2 des Waffengesetzes 1996, BGBl I Nr 12/1997 (WaffG), die 1973 ausgestellte Waffenbesitzkarte. Dieser Bescheid wurde - im Anschluss an eine Wiedergabe des Inhaltes der im Spruch zitierten Gesetzesstellen - wie folgt begründet:
"Anlässlich einer Verlässlichkeitsprüfung gem. § 25 WaffG 1996 wurde bei Ihnen am 13.4.2002 gem. § 4 der 2 WaffV eine Verwahrungsprüfung Ihrer genehmigungspflichtigen Schusswaffe durchgeführt.
Dabei konnte vom erhebenden Beamten festgestellt werden, dass Sie die Faustfeuerwaffe unterhalb einer nicht versperrbaren Schreibtischlade Ihres Möbelkastens versteckt haben und die Herausnahme der Lade durch keine Sicherung gesperrt war. Dieser Umstand wurde durch die zeugenschaftliche Einvernahme des erhebenden Beamten bestätigt. Faktum ist, dass die Verwahrungsüberprüfung eine Momentaufnahme der Verwahrungssituation ist und zum damaligen Zeitpunkt der Zufallszugriff auf die Faustfeuerwaffe durch Ihre 3 minderjährigen Kinder und Ihrer Gattin als rechtmäßig Anwesende nicht ausgeschlossen war gem. § 3 Abs. 2 Zif. 4 der 2. WaffV.
In Ihrer Stellungnahme vom 9.6.2002 konnten Sie keine ausreichenden Gründe namhaft machen, welche Ihren Mangel an Verlässlichkeit gem. § 8 Abs. 1 Zif. 2 WaffG 1996 entkräften.
...
Dass die Schreibtischlade eine nur Ihnen bekannte Sperre aufweist, konnte vom erhebenden Beamten nicht bestätigt werden, jedoch so eine angeblich filigrane Sperre sehr wohl von Unbefugten leicht überwunden werden kann.
Auch der nunmehr nachträgliche Kauf eines Möbeltresors kann die mangelhafte Verwahrung der Faustfeuerwaffe zum Zeitpunkt der Überprüfung und die daraus resultierende mangelhafte Verlässlichkeit gem. § 8 Abs. 2 Zif. 2 WaffV nicht entkräften."
In seiner Berufung gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, die erstinstanzliche Behörde sei auf die besondere Art der Verwahrung der Waffe (versteckt "im hohlen Fuß eines Schreibtisches unterhalb der untersten Lade"; ein - für den Zugang zum Versteck notwendiges - gänzliches Herausziehen der Lade sei nur durch Entfernen eines "unsichtbar in den Ladenboden eingelassenen Nagels" möglich) nicht konkret eingegangen. Seine Mitbewohner hätten von der Existenz der Waffe nichts gewusst (Söhne) bzw ihren Aufenthalt nicht gekannt (Gattin).
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs 4 AVG mit der Maßgabe, dass sich die Entziehung der Waffenbesitzkarte auf § 25 Abs 3 in Verbindung mit § 8 Abs 6 WaffG in Verbindung mit § 5 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung stütze. In der Begründung führte die belangte Behörde Folgendes aus:
"Am 13.04.2002 wurde der Berufungswerber einer waffenrechtlichen Verlässlichkeitsüberprüfung unterzogen. Hierbei wurde die Verwahrung der von ihm besessenen Waffe an seiner Wohnanschrift überprüft und ihm aufgetragen, eine Rechtfertigung für seinen Waffenbesitz und einen Nachweis für den sachgemäßen Umgang mit seinen Faustfeuerwaffen zu erbringen.
Gemäß § 5 Abs 1 zweiter WG-DVO hat sich die Behörde anlässlich einer Überprüfung der Verlässlichkeit davon zu überzeugen, ob der Betroffene voraussichtlich mit Schusswaffen sachgemäß umgehen wird. Als Beweismittel für die Befähigung zum sachgemäßen Umgang mit Waffen kommt neben dem Nachweis ständigen Gebrauches als Dienst-, Jagd- oder Sportwaffe insbesondere die Bestätigung eines Gewerbebetreibenden in Betracht, der zum Handel mit nicht militärischen Waffen berechtigt ist, wonach der Betroffene auch im - praktischen - Umgang mit (seinen) Waffen innerhalb des letzten halben Jahres geschult wurde (Abs 2).
Als Beilage zum Schreiben vom 31.05.2002 legte der Berufungswerber die Kopie eines Wehrdienstbuches vor, mit dem der Berufungswerber offenbar seinen sachgemäßen Umgang mit der von ihm besessenen Waffe nachzuweisen suchte.
Dieses Wehrdienstbuch wurde am 30.09.1966 ausgestellt. Alleine aus diesem Grund kann das vorgelegte Wehrdienstbuch eine sachgemäße Handhabung des Berufungswerbers mit (seinen) Schusswaffen mangels Aktualität des Bescheinigungsmittels nicht glaubhaft machen. Wer, wie der Berufungswerber, im Rahmen seines Präsenzdienstes vor mehr als 35 Jahren mit der Handhabung einer Waffe vertraut gemacht wurde, ist zum heutigen Zeitpunkt allein deshalb nicht schon als befähigt anzusehen, mit Waffen sachgemäß umzugehen. Dies ist auch aus der Bestimmung des § 5 Abs 2 zweite WG-DVO abzuleiten, wonach auch die Bestätigung eines Waffenhändlers über den sachgemäßen Umgang eines Betroffenen nicht älter als sechs Monate sein darf.
Aus Gründen, die in der Person des Berufungswerbers liegen, war sohin die Feststellung des für die Verlässlichkeit maßgeblichen Sachverhaltes, dass er nämlich mit Waffen sachgemäß umgehen werde, nicht möglich. Auf Grund der zwingenden Bestimmung des § 8 Abs 6 WaffG hat der Berufungswerber sohin als nicht verlässlich zu gelten, ohne dass auf die von der Erstbehörde zur Begründung ihres Bescheides herangezogene mangelhafte Verwahrung der Waffe des Berufungswerbers noch eingegangen werden musste.
Der Berufung war sohin keine Folge zu geben."
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Nach § 25 Abs 3 WaffG hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich ergibt, "dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist". Ob der Betroffene verlässlich ist, bestimmt sich nach § 8 WaffG. Diese Bestimmung lautet, soweit im vorliegenden Fall maßgeblich, wie folgt:
"Verläßlichkeit
§ 8. (1) Ein Mensch ist verläßlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß er
1.
Waffen mißbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird;
2.
mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird;
3. Waffen Menschen überlassen wird, die zum Besitz solcher Waffen nicht berechtigt sind.
...
(6) Schließlich gilt ein Mensch als nicht verläßlich, wenn aus Gründen, die in seiner Person liegen, die Feststellung des für die Verläßlichkeit maßgeblichen Sachverhaltes nicht möglich war. Als solcher Grund gilt jedenfalls, wenn der Betroffene sich anläßlich der Überprüfung seiner Verläßlichkeit weigert, der Behörde
1. Waffen, die er nur auf Grund der nach diesem Bundesgesetz ausgestellten Urkunde besitzen darf, samt den zugehörigen Urkunden vorzuweisen;
2. die sichere Verwahrung der in Z 1 genannten Waffen nachzuweisen, obwohl auf Grund bestimmter Tatsachen Zweifel daran bestehen, daß er die Waffen sicher verwahrt."
§ 5 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung,
BGBl II Nr 313/1998, lautet:
" Sachgemäßer Umgang mit Waffen
§ 5. (1) Im Verfahren zur Ausstellung einer waffenrechtlichen Urkunde hat sich die Behörde davon zu überzeugen, ob der Antragsteller voraussichtlich mit Schußwaffen sachgemäß umgehen wird; dasselbe gilt anläßlich einer Überprüfung der Verläßlichkeit (§ 25 WaffG).
(2) Als Beweismittel für die Befähigung zum sachgemäßen Umgang mit Waffen kommt neben dem Nachweis ständigen Gebrauches als Dienst-, Jagd- oder Sportwaffe insbesondere die Bestätigung eines Gewerbetreibenden in Betracht, der zum Handel mit nichtmilitärischen Waffen berechtigt ist, wonach der Betroffene auch im - praktischen - Umgang mit (seinen) Waffen innerhalb des letzten halben Jahres geschult wurde."
Während die erstinstanzliche Behörde die fehlende Verlässlichkeit des Beschwerdeführers mit der als nicht ausreichend sorgfältig qualifizierten Art der Verwahrung der Waffe (§ 8 Abs 1 Z 2 zweiter Fall WaffG) begründet hat, wurde die fehlende Verlässlichkeit des Beschwerdeführers von der belangten Behörde darauf gestützt, dass aus in seiner Person gelegenen Gründen die Feststellung des für die Verlässlichkeit maßgeblichen Sachverhaltes nicht möglich gewesen sei (§ 8 Abs 6 WaffG), weil er zum Nachweis des sachgemäßen Umgangs mit Schusswaffen lediglich sein am 30. September 1966 ausgestelltes Wehrdienstbuch vorgelegt habe, das - mangels Aktualität - eine sachgemäße Handhabung von Schusswaffen nicht glaubhaft machen könne.
Die Beschwerde macht im Wesentlichen geltend, für die Annahme der belangten Behörde, aus in der Person des Beschwerdeführers liegenden Gründen sei die Feststellung des für die Verlässlichkeit maßgeblichen Sachverhaltes, er werde mit Waffen sachgemäß umgehen, nicht möglich gewesen, fehle eine nachvollziehbare Begründung.
Dieses Vorbringen ist im Ergebnis zielführend:
Der dem Schluss auf die mangelnde Verlässlichkeit im Sinne des § 8 Abs 6 WaffG zugrunde liegende Vorwurf der mangelnden Mitwirkung an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes setzt eine der Rechtslage entsprechende klare Aufforderung zur Erfüllung der Mitwirkungspflicht voraus.
Im Beschwerdefall ist darauf hinzuweisen, dass der konkrete Inhalt des Auftrages, "einen Nachweis für den sachgemäßen Umgang mit ... Faustfeuerwaffen zu erbringen", auf dessen nicht ausreichende Befolgung durch Vorlage bloß des Wehrdienstbuches sich die belangte Behörde stützt, unklar bleibt. Für den Verwaltungsgerichtshof ist auf Grundlage des vorgelegten Verwaltungsaktes auch nicht nachvollziehbar, welchen Inhalt ein im Schreiben vom 8. April 2002 angesprochenes "Formular" (Seite 19 verso des Verwaltungsaktes), das dem Beschwerdeführer anlässlich der Verwahrungsüberprüfung ausgefolgt und mit dem ein Schulungsnachweis betreffend den sachgemäßen Umgang mit Waffen eingefordert worden sei, hatte. Schon deshalb ist der Vorwurf der mangelnden Mitwirkung an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes nicht berechtigt (vgl das hg Erkenntnis vom 12. Juni 2003, Zl 2000/20/0191).
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs 2 Z 1VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl II Nr 333/2003. Wien, am 8. Juni 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005030050.X00Im RIS seit
06.07.2005