TE OGH 1984/9/4 9Os92/84

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Veröffentlicht am 04.09.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. September 1984 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schiller als Schriftführerin in der Strafsache gegen Maria A wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 29. Februar 1984, GZ 7 Vr 1439/82-47, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die 55jährige Maria Magdalena A des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB schuldig erkannt. Darnach hat sie (1.) am 31. Juli 1979 und am 1. August 1979 in Graz mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, den Anton B durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die fälschliche Behauptung, sie benötige zur Abwendung eines gegen ihre Liegenschaft gerichteten Zwangsversteigerungsverfahrens lediglich vorübergehend einen Kredit, da sie in den nächsten Tagen aus einem fällig gewordenen Bausparvertrag einen Bausparzwischenkredit in beträchtlicher Höhe ausbezahlt erhalte und auch einen Geldbetrag in namhafter Höhe aus der Schweiz erwarte, zu Handlungen, nämlich zur Gewährung von zwei Darlehen in der Gesamthöhe von 230.000 S verleitet, wodurch Anton B einen Schaden in vorbezeichneter Höhe erlitt, und (2.) in Graz in der Zeit vom 11. November 1981 bis Ende Februar 1982 mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten Paula C sich unrechtmäßig zu bereichern, Paula C durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorgabe, eine Liegenschaft in Eggersdorf zu besitzen und diese verkaufen zu wollen sowie größere Geldmengen aus der Schweiz zu bekommen, zu Handlungen, nämlich zur Gewährung von Darlehen in der Gesamthöhe von 1,046.408,38 S verleitet, die Paula C an ihrem Vermögen in dieser Höhe schädigten.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Angeklagten dagegen erhobene, auf die Z 4, 5, 9 lit a und 9

lit b des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde ist berechtigt.

Beim Betrug hat der (zumindest bedingte) Vorsatz des Täters das Bewußtsein zu umfassen, durch Täuschung über Tatsachen einen Irrtum hervorzurufen oder zu bestärken, gerade durch die Erregung oder Bestärkung des Irrtums eine Vermögensverfügung des Getäuschten und dadurch eine unmittelbare Vermögensschädigung zu bewirken - der Täter muß also mit Schädigungsvorsatz handeln, sonach jedenfalls die Möglichkeit des Erfolges in Gestalt eines Schadenseintrittes für einen anderen nicht nur vorhersehen, sondern diesen Erfolg auch willensmäßig hinnehmen, das heißt, sich damit abfinden - und durch das bewirkte Verhalten des Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, was bedeutet, daß der Täter mit dem ('erweiterten') Vorsatz handeln muß, sein faktisches Vermögen oder das eines Dritten unrechtmäßig zu vermehren (vgl Leukauf-Steininger, Kommentar 2 , RN 41 ff). Demnach muß nicht nur zwischen der Täuschungshandlung und dem Irrtum, sondern auch zwischen dem Irrtum und dem Verhalten des Getäuschten sowie zwischen diesem Verhalten und dem Vermögensschaden ein ursächlicher Zusammenhang bestehen (SSt 45/25).

Unterzieht man anhand dieser Grundsätze und der Mängel- und Rechtsrüge der Angeklagten die tatrichterlichen Entscheidungsgründe einer überprüfung, dann erweist sich, daß dem Urteil - abgesehen von den verba legalia im Urteilstenor, welche die Feststellung des wesentlichen Sachverhaltes in den Entscheidungsgründen nicht zu ersetzen vermögen (vgl Mayerhofer/Rieder, Strafprozeßordnung, Nr 95 a zu § 270 und Nr 8 zu § 281 Abs. 1 Z 9 lit a sowie die dort angeführten Entscheidungen) - in beiden Fakten jegliche (begründete) Konstatierungen zum Schädigungs- und zum Bereicherungsvorsatz der Angeklagten mangeln und daß im Betrugsfall B die zum Täuschungsvorsatz dargelegten Feststellungen lückenhaft und undeutlich sind und teilweise einer denkfolgerichtigen Begründung entbehren.

In letzterer Beziehung ist darauf hinzuweisen, daß das Schöffengericht - im Unterschied zum Urteilsspruch, wo der Angeklagten auch vorgeworfen wird, Anton B durch die fälschliche Behauptung, einen Geldbetrag in namhafter Höhe aus der Schweiz zu erwarten getäuscht zu haben (vgl S 339) - in den Urteilsfeststellungen eine Täuschung des Genannten lediglich darin erblickte, daß die Angeklagte ihn durch die fälschliche Behauptung, innerhalb der nächsten 14 Tage ein Darlehen in ausreichender Höhe zu erhalten, in Irrtum führte (vgl S 348), während sich darnach die Angeklagte auf einen aus der Schweiz erwarteten Geldbetrag erst später (zur Vertröstung des andrängenden Gläubigers) berufen hat (S 345, 348). Obschon das Erstgericht die Verantwortung der Angeklagten wiedergibt, 'das Darlehen B' hätte tatsächlich binnen 14 Tagen (gemeint wohl: in der vereinbarten Form, nämlich 110.000 S bar und der Rest durch Erlag auf ein Sparbuch; vgl S 345) zurückbezahlt werden können, wenn 'der Bausparvertrag' (gemeint wohl: der Bausparkredit) ausbezahlt worden wäre (vgl S 347), bleibt völlig im Dunkeln, wie der Stand der diesbezüglichen Verhandlungen im Zeitpunkt der Darlehensaufnahme war, ob die Angeklagte annahm oder annehmen durfte, es werde ein Bauspar(zwischen)darlehen gewährt werden und wann bzw warum es nicht dazu kam. Vielmehr wird im Urteil hiezu lediglich vermerkt, die Bausparkasse habe 'in der Folge' ihre Finanzierungszusage zurückgezogen und 'die Angeklagte ihrerseits den Vertrag gekündigt' (vgl S 346), ohne daß dies zeitlich konkretisiert und mit der Darlehensaufnahme bei B in einen Zusammenhang gebracht wurde, wobei im übrigen auffällt, daß das Urteil an anderer Stelle (S 346/347) von einem Bausparvertrag des Sohnes der Angeklagten, Daniel, spricht, vor dem dieser zurücktrat, ohne daß ersichtlich wäre, ob es sich um ein und denselben oder einen anderen Bausparvertrag handelt. Daß die Angeklagte laut Urteil 'ihren Rechtsvertreter Dr. Klement zur Empfangnahme des Bausparzwischenkredites (also nicht des Bauspardarlehens) seitens der D zur Bezahlung dringender Schulden ermächtigt hatte' läßt andererseits - entgegen der Ansicht des Erstgerichtes - weder einen Schluß darauf, sie habe 'sohin' die Darlehensmittel ihrer Verfügung 'völlig entzogen' (S 349) zu, weil sie ja gegenüber Dr. Klement jederzeit einen geänderten Auftrag erteilen konnte, noch wird damit etwas über den Bausparkredit selbst bzw darüber, ausgesagt, ob und ab wann die Angeklagte nicht mehr mit ihm rechnete oder richtigerweise rechnen durfte.

Daß klare und eindeutige Feststellungen über Wissen und Wollen der Angeklagten im Zusammenhang mit dem erwähnten Bauspar- (Zwischen)kredit im Zeitpunkt der Darlehensaufnahme bei B für den zur Tatbestandsverwirklichung erforderlichen Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz von essentieller Bedeutung sind, ist evident und bedarf keiner detaillierten Erörterung.

Im Faktum C (Punkt 2 des Urteilssatzes) erblickte das Schöffengericht die Täuschung der Genannten im wesentlichen darin, daß die Angeklagte ihr vorspiegelte, in absehbarer Zeit größere Geldmengen aus der Schweiz zu erwarten. Im Unterschied zum Faktum B ist der bezügliche dolus nicht nur mit hinlänglicher Deutlichkeit konstatiert (vgl S 356), sondern auch zureichend begründet (vgl insbesondere S 356 f). Wie bereits oben erwähnt, gebricht es aber diesfalls zur Gänze an Feststellungen zum Schädigungs- und zum Bereicherungsvorsatz, das heißt also darüber, was in der Angeklagten diesbezüglich wissens- und willensmäßig vorging, als sie Paula C um Darlehensgewährung ersuchte.

Da die dem Ersturteil anhaftenden, von der Beschwerde im Ergebnis zutreffend aufgezeigten Mängel vom Obersten Gerichtshof nicht saniert werden könnrn, die Durchführung einer neuen Hauptverhandlung mithin unumgänglich ist, war in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nichtöffentlicher Beratung mit einer Kassierung des gesamten Schuldspruches vorzugehen (§ 285 e StPO), ohne daß es erforderlich gewesen wäre, auf das weitere Beschwerdevorbringen im einzelnen einzugehen.

Im fortgesetzten Rechtsgang wird nicht übersehen werden dürfen, daß bei mit Krediten finanzierten Grundankäufen eine hypothekarische Sicherstellung des Kreditgebers Zug um Zug mit der Gewährung der Darlehensvaluta - allenfalls unter Einschaltung eines Treuhänders - erfolgen kann. Andererseits wird bei der Aufhellung der inneren Tatseite der Angeklagten der Frage Bedeutung zukommen, wie sie die Kredite zur Bezahlung des Liegenschaftskaufpreises und zur Tilgung des bei Paula C aufgenommenen Darlehens rückzuführen gedachte, ohne sich eines strafbaren Verhaltens gegenüber den kreditierenden Personen bzw Instituten schuldig zu machen.

Mit ihrer Berufung war die Angeklagte auf die Aufhebung des Schuld- und damit auch des Strafausspruches zu verweisen.

Anmerkung

E04617

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0090OS00092.84.0904.000

Dokumentnummer

JJT_19840904_OGH0002_0090OS00092_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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