TE OGH 1984/9/27 13Os155/84

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.09.1984
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. September 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Gurschler als Schriftführers in der Strafsache gegen Raimund A wegen des Verbrechens der Notzucht nach § 201 Abs 1 StGB

und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichts Leoben als Schöffengerichts vom 18. Juli 1984, GZ 10 Vr 928/83-33, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten werden zurückgewiesen.

über die Berufung der Staatsanwaltschaft wird in einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Der Tankstellenpächter Raimund A wurde des Verbrechens der Notzucht nach § 201 Abs 1 StGB (1), des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach § 223 Abs 2, 224 StGB (2) und des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1, zweiter (richtig:

erster Deliktsfall, aber höherer Strafsatz - EvBl 1982 Nr. 198, LSK 1984/129) Deliktsfall, StGB (3) schuldig erkannt.

Darnach hat er am 4.Juni 1983 in Gai Isabella B mit Gewalt gegen ihre Person, indem er sie in seinem Personenkraftwagen niederdrückte und ihr die Kleider vom Leib riß, widerstandsunfähig gemacht und in diesem Zustand zum außerehelichen Beischlaf mißbraucht (1), ferner in Trofaiach von 1979 bis 1983 die für den Personenkraftwagen des Ing. Manfred C ausgegebene Kennzeichentafel St 132.218, welche durch eine rote Umrandung als Anhängerkennzeichentafel verfälscht worden war, an seinem PKW-Anhänger angebracht und diesen zu Fahrten auf öffentlichen Straßen benützt bzw. benützen lassen (2) und schließlich am 10.November 1983 durch die vor Beamten des Gendarmeriepostens Trofaiach erhobene Anschuldigung, Harald D und (gemeint: oder) Rudolf E (siehe S. 17, 19, 21 in ON.17) oder beide gemeinsam hätten die verfälschte Nummerntafel an seinem Anhänger ohne sein Wissen angebracht und diesen benützt, die Genannten des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden falsch verdächtigt (3).

Rechtliche Beurteilung

Den Schuldspruch wegen des Verbrechens der Notzucht (1) ficht der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an.

Daß 'der gesamte Vorfall der Vergewaltigung der Zeugin Isabella B nur wenige Minuten in Anspruch genommen hat' stehe, wie die Beschwerde vermeint (S. 170, auch 171), mit den übrigen, vom Erstgericht getroffenen Feststellungen in Widerspruch, weil vom gemeinsamen Verlassen der Diskothek F (vor der Tat um 4,30 Uhr) bis zum Anhalten vor einem gesperrten Bahnübergang (nach der Tat um 5,27 Uhr) unter Berücksichtigung einer nur wenige Minuten beanspruchenden Zufahrt zum Tatort und von dort zum Bahnübergang 'zumindest eine Dreiviertelstunde' verstrichen sei.

Dieses Vorbringen will nicht wahrhaben, daß das Gericht mit diesem

Vorfall nur den nach der Brechung des Widerstands vollzogenen

Geschlechtsverkehr selbst meint (S. 144 '... führte einen

Geschlechtsverkehr durch ...

Dieser Vorfall ......' siehe auch die Aussagen der Zeugin B S. 11,

S.

53), nicht aber das gesamte Geschehen vom Verlassen der Diskothek bis zum Anhalten des Fahrzeugs am gesperrten Bahnschranken. Richtig ist, daß in den Urteilsgründen keine Erwähnung fand, daß die Zeugin B erst am 6.Juni 1983 um 19 Uhr, also etwa 2 1/2 Tage nach der Tat, die Anzeige erstattet hat, nachdem sie trotz einer durch den Geschlechtsverkehr ausgelösten Blutung erst kurz zuvor das Krankenhaus aufgesucht hatte. Das verschlägt aber nichts, weil bei der als durchaus glaubwürdig und verläßlich befundenen Zeugin B (S. 147) diesen Umständen keine erörterungsbedürftige Bedeutung zukommt, zumal die zunächst starke Blutung (S. 54) weitgehend zurückgegangen war (S. 25, 55), ferner B, schon vor Jahren Opfer eines Sittlichkeitsdelikts, die Unannehmlichkeiten eines Verfahrens begreiflicherweise scheute und deshalb mit einer Anzeigeerstattung zögerte (S. 11, 13, 55 oben, 56, 133, 134).

Daß nach der Meinung des Arztes, der bei Isabella B im Landeskrankenhaus Graz eine außerregelmäßige Blutung feststellte, eine solche auch nach einem normalen Geschlechtsverkehr auftreten könne (S. 15), bedurfte keiner Konstatierung im Urteil, weil die einzig denkbaren, entlastenden Alternativen: daß nämlich die Zeugin damals entweder gar keinen Geschlechtsverkehr (1) oder bei einem solchen einen anderen Partner als den Angeklagten (2) hatte, darnach überhaupt entfallen (1) oder beweismäßig nicht tangiert werden (2). Die Konstatierung, daß die Zeugin B eine, wenn auch nur geringfügige Verletzung (eine 2 cm lange Kratzspur oberhalb des Schambeins) davongetragen hat, wurde getroffen (S. 25, 144, 151). Damit ist auch klargestellt, daß sie sonst (von der Blutung abgesehen) nicht verletzt wurde. Feststellungen darüber zu verlangen, welche körperlichen Verletzungen sie nicht erlitten hat, ist verfehlt, weil sie nur irreale und damit irrelevante Spekulationen zum Gegenstand hätten.

Auch zum Fehlen von Beschädigungen und von Spuren am Tatfahrzeug oder von Anzeichen ihrer Beseitigung hat das Gericht Stellung genommen und dazu auf die Untersuchung des Kraftwagens erst 10 Tage nach der Tat und die solcherart eröffnete Möglichkeit einer Spurenbeseitigung durch Reinigung und Reparatur hingewiesen (S. 149, 150).

Das Schöffengericht betonte zur Glaubwürdigkeit der Zeugin B, daß deren Darstellung 'teilweise' (S. 148), und zwar 'in den wesentlichen Punkten' (S. 150) durch die Angaben der Zeugin G, die von B unmittelbar nach der Tat aufgesucht und informiert worden war, eine Bestätigung erfuhr (S. 150, 151). Wenn die Beschwerde einen erheblichen, vom Gerichtshof übergangenen Widerspruch in den Depositionen der beiden Zeuginnen daraus abzuleiten trachtet, daß B bei der Fahrt im Kraftwagen des Angeklagten die Ortsbezeichnung Oberdorf ablesen konnte (S. 53 oben, 142) und dennoch am Morgen nach der Tat die Zeugin G gefragt haben soll, wo sich die Vergewaltigung ereignet haben könnte (S. 60), geht sie deshalb fehl, weil das Auto auf der Fahrt zum Tatort (H) Oberdorf nur passiert hatte, sohin die Frage an G immer noch verständlich bleibt. Zur Differenz in den Zeitangaben hat das Gericht beweiswürdigend Stellung genommen und sie mit einleuchtender Begründung für nicht gravierend gehalten (S. 21, 150). Wie die Beschwerde selbst einräumt, wäre ein Zusammentreffen des Kraftwagens des Angeklagten mit einem die Aufschrift der Bäckerei R*** tragenden Lieferwagen am geschlossenen Bahnschranken (S. 54) nach der Aktenlage durchaus möglich. Richtig ist, daß nach der Darstellung der Zeugin B der Bäckermeister I, dem Ergebnis der Gendarmerieerhebungen zuwider (S. 127), der Zeugin ein solches Zusammentreffen telephonisch bestätigt haben soll (S. 54, 133). Eine Aufklärung dieses mit der Tat selbst in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehenden Geschehens wäre allenfalls von einer zeugenschaftlichen Vernehmung des Bäckermeisters zu erwarten gewesen, auf die der Verteidiger des Angeklagten - offenbar nach einer den Wert einer solchen Beweisaufnahme weitgehend in Frage stellenden Darlegung der Zeugin B (S. 133) - ausdrücklich verzichtet hat (S. 117, jedoch S. 135 oben).

Wenn der Schöffensenat schließlich der Aussage des Zeugen Christian J den Glauben versagte (S. 151 ff.) und dazu unter anderem auf einen krassen Widerspruch seiner Depositionen zu jenen anderer Zeugen betreffend die Frage, ob auf dem Anhänger Kennzeichentafeln montiert gewesen seien oder nicht (2 und 3), hinwies (S. 152), setzte er unter aktengetreuer Wiedergabe der Verfahrensergebnisse (S. 25 bis 36 in ON. 17 in Verbindung mit S. 134) einen Akt freier Beweiswürdigung, der als solcher unbekämpfbar ist.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Der Angeklagte hat zwar rechtzeitig die Berufung angemeldet (S. 163, 164), sie aber in der Folge nicht ausgeführt (siehe S. 169 bis S. 174). Da er bei der Anmeldung dieses Rechtsmittels nicht ausdrücklich erklärt hatte, durch welche Punkte des Erkenntnisses er sich beschwert finde, war auf seine Berufung keine Rücksicht zu nehmen (§ 294 Abs 2 StPO), diese vielmehr gleichfalls in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 296 Abs 2, 294 Abs 4 StPO).

Für die Verhandlung und Entscheidung über die seitens der Staatsanwaltschaft gegen den Strafausspruch ergriffene Berufung wird ein Gerichtstag angeordnet werden (§ 296 Abs 3 StPO).

Anmerkung

E04574

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0130OS00155.84.0927.000

Dokumentnummer

JJT_19840927_OGH0002_0130OS00155_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten