TE OGH 1984/10/23 4Ob118/84

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Veröffentlicht am 23.10.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl und Dr. Gamerith und die Beisitzer Herbert Bauer und Dr. Gerald Mezriczky als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elisabeth S*****, vertreten durch Dr. Egon Duschek, Rechtsanwalt in Knittelfeld, wider die beklagte Partei Kurt K*****, vertreten durch Dr. Manfred Thorineg, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 43.000,-- sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Berufungsgerichtes vom 14. Mai 1984, GZ 1 Cg 10/84-31, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Leoben vom 7. Februar 1984, GZ Cr 78/82-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

1.)

Die wegen Nichtigkeit erhobene Revision wird verworfen;

2.)

im Übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben. Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 2.700,15 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 223,65 USt und S 240 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war seit 7. Jänner 1981 im Betrieb des Beklagten als Angestellte beschäftigt. Die Streitteile vereinbarten im Dienstvertrag eine Kündigungsfrist von 30 Tagen. Mit Schreiben vom 9. 3. 1982 kündigte der Beklagte durch seinen Rechtsanwalt Dr. Fritz Gindlhuber das Dienstverhältnis der Klägerin zum 30. 6. 1982 auf. Am 6. 4. 1982 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass er sie "mit 16. 3. 1982 fristlos entlasse".

Die Klägerin begehrt Zahlung einer Kündigungsentschädigung für die Zeit vom 1. 4. bis 30. 6. 1982 einschließlich anteiligen Urlaubs- und Weihnachtsgeldes von S 34.800,-- sowie des restlichen Gehalts für März 1982 von S 8.200,-- zusammen sohin den Betrag von S 43.000,-- der der Höhe nach unbestritten ist.

Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, er sei zur vorzeitigen Entlassung der Klägerin berechtigt gewesen, weil sie Mitte März eigenmächtig einen Tag Urlaub genommen habe. Die Klägerin erwiderte, der Beklagte habe zugestimmt, dass sie einen Tag Urlaub nehme.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Es war der Ansicht, dass der geltend gemachte Entlassungsgrund nicht zu Recht bestehe, weil der Beklagte vom beabsichtigten Fernbleiben der Klägerin vorher erfahren und dagegen keine Einwendungen erhoben habe.

Das Berufungsgericht verhandelte die Rechtssache gemäß § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG von neuem und stellte im Wesentlichen folgenden, die Feststellungen des Erstgerichtes zum Teil ergänzenden Sachverhalt fest:

Der Beklagte wurde am 19. 2. 1982 wegen Verdachts strafbarer Handlungen festgenommen und über ihn bis 5. 3. 1982 Untersuchungshaft verhängt. Von der Verhaftung des Beklagten an hatte die Klägerin in seinem Büro keine Arbeit mehr. Ende Februar 1982 wurde der Betrieb überhaupt geschlossen. Nach seiner Enthaftung machte der Beklagte der Klägerin den Vorschlag, das Dienstverhältnis wegen der im Vertrag vereinbarten 30-tägigen Kündigungsfrist einvernehmlich zum 31. 3. 1982 aufzulösen. Die Klägerin stimmte dem unter der Bedingung zu, dass sie bis Ende März 1982 ihr ausständiges Entgelt erhalte. Der Beklagte hielt diese Bedingung nicht ein.

Nach der Kündigung vereinbarten die Streitteile, dass die Klägerin dem Beklagten auf Abruf weiterhin zur Verfügung stehe. Es kam dann auch tatsächlich vor, dass der Beklagte die Klägerin telefonisch herbeirief und sie im Büro Briefe zu verfassen und beim Ausräumen des Büros helfen musste. Mitte März 1982 trafen sich die Streitteile im Kaffeehaus der Roswitha L*****. Roswitha L***** fragte die Klägerin, ob sie morgen zu Hause sei. Die Klägerin erwiderte, dass sie morgen nach L***** fahren wolle. Dies muss auch der neben der Klägerin stehende Beklagte gehört haben. Außerdem sagte aber die Klägerin bei dieser Gelegenheit zum Beklagten ausdrücklich, dass sie morgen einen Tag lang nach L***** fahren wolle, worauf der Beklagte mit "ja" antwortete. Die Klägerin fuhr am 15. oder 16. März 1982 nach Dienstschluss nach L***** und blieb dort den folgenden Tag. Am nächsten Tag war sie wieder in K***** und stand dem Beklagten auf Abruf zur Verfügung. Auf Grund einer Mitteilung der Roswitha L*****, die Klägerin habe eine Schönheitsfarm besucht, verfasste der Beklagte das eingangs erwähnte Entlassungsschreiben vom 6. 4. 1982. Das Berufungsgericht war der Ansicht, dass zwischen den Streitteilen ausdrücklich oder zumindest schlüssig eine Urlaubsvereinbarung getroffen worden sei, sodass der geltend gemachte Entlassungsgrund nicht vorliege.

Es bestätigte daher das Ersturteil mit der Maßgabe, dass es der Klägerin S 43.000 brutto sA zusprach.

Der Beklagte erhebt gegen das Urteil des Berufungsgerichtes Revision wegen Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidung der zweiten Instanz im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin beantragt, der Revision des Beklagten nicht Folge zu geben.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Nichtig soll das Urteil der zweiten Instanz nach Ansicht des Revisionswerbers sein, weil er die Ladung zur Berufungsverhandlung erst am 14. 5. 1984 um 10,30 Uhr erhalten habe und daher am rechtzeitigen Erscheinen bei der Berufungsverhandlung gehindert worden sei. Dadurch sei seine ergänzende Parteienvernehmung unterblieben. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund liegt nicht vor. Der Beklagte war bei der Berufungsverhandlung anwaltlich vertreten. In seiner Nichtvernehmung als Partei zu Beweiszwecken kann schon begrifflich keine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 477 Abs 1 Z 4 ZPO) gelegen sein (5 Ob 778/82 ua).

Nach Ansicht des erkennenden Senates liegt auch die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nicht vor (§§ 510 Abs 3 ZPO, 23 ArbGG).

Auch die Rechtsrüge des Beklagten ist nicht begründet. Ob der Tag, den sich die Klägerin mit vorheriger Genehmigung des Beklagten zu einer Fahrt nach L***** freinahm, als Urlaubstag zu gelten hatte und damit auf ihren offenen Urlaubsanspruch anzurechnen war und ob es sich um eine sonstige Dienstfreistellung handelte, ist für die Frage der Berechtigung der Entlassung ohne Belang, weil nach dem festgestellten Sachverhalt jedenfalls kein unberechtigtes Fernbleiben der Klägerin von einer Dienstleistung vorliegt. Ansprüche aus der Abgeltung nicht verbrauchten Urlaubs sind nicht Gegenstand des Verfahrens.

Die übrigen Ausführungen des Revisionswerbers gehen nicht von dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt aus. Die Klägerin stimmte zwar nach der Aufkündigung ihres Dienstverhältnisses zum 30. 6. 1982 einer einvernehmlichen früheren Auflösung zum 31. 3. 1982 zu, jedoch nur unter der (aufschiebenden) Bedingung, dass bis dahin ihre Gehaltsrückstände beglichen würden. Da der Beklagte diese Bedingung nicht erfüllte, ist diese Auflösungsvereinbarung nicht wirksam geworden.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E74463 4Ob118.84

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0040OB00118.84.1023.000

Dokumentnummer

JJT_19841023_OGH0002_0040OB00118_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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