TE OGH 1984/10/24 11Os142/84

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Veröffentlicht am 24.10.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.Oktober 1984 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Schneider, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Gurschler als Schriftführer, in der Strafsache gegen Helmuth A wegen des Verbrechens der versuchten Notzucht nach den § 15, 201 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 6.August 1984, GZ 3 b Vr 339/84-40, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Generalanwaltes Dr. Presslauer als Vertreter des Generalprokurators und des Verteidigers Dr. Rudeck, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 20.Mai 1952 geborene Helmuth A des Verbrechens der versuchten Notzucht nach den § 15, 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Es liegt ihm zur Last, am 26.Jänner 1984 in Inzing die Frieda B mit Gewalt gegen ihre Person, indem er sie zu Boden warf, sich auf sie kniete, ihr Fußtritte sowie Schläge versetzte, sie hinter einen Stadel zerrte, dort gegen eine Wand drückte und ihr die Oberkleidung herunterriß, widerstandsunfähig gemacht und danach getrachtet zu haben, die Frau in diesem Zustand zum außerehelichen Beischlaf zu mißbrauchen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach dem § 201 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren und ordnete gemäß dem § 23 Abs 1 StGB die Unterbringung des Genannten in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter an. Helmuth A bekämpft das Urteil mit Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie einem als 'Rechtsbehelf' bezeichneten Vorbringen, welches sich zusätzlich gegen die vorbeugende Maßnahme der Anstaltsunterbringung wendet. Zu den letztgenannten Darlegungen ist darauf zu verweisen, daß die Anordnung dieser vorbeugenden Maßnahme nur mit Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung angefochten werden kann (§ 435 Abs 2 und Abs 3 StPO) und die bezüglichen Einwände - welche übrigens auch mit dem Vorbehalt nachfolgender eingehender Erörterung im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde geäußert werden - ihrer inhaltlichen Zielsetzung nach als Berufungsausführungen zu behandeln sind.

Rechtliche Beurteilung

Mit der Nichtigkeitsbeschwerde behauptet der Angeklagte Nichtigkeitsgründe im Sinne der Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO.

Der in der Mängelrüge erhobene Vorwurf unzureichender und unvollständiger Begründung der Annahme der Täterschaft des Angeklagten trifft nicht zu. Die bekämpfte Feststellung begründete das Erstgericht damit, daß die Zeugin Frieda B den Angeklagten einschließlich seiner Kleidung und einer markanten Beschädigung einer Gesäßtasche seiner Hose einwandfrei beschrieben und bei einer Gegenüberstellung wenige Stunden nach der Tat sogleich als Täter erkannt hatte. Aus diesen von der Aktenlage gedeckten Umständen konnte durchaus denkrichtig und lebensnah auf die Täterschaft des Angeklagten geschlossen werden, ohne daß eine zusätzliche Erörterung der in der Beschwerde reklamierten, der gezogenen Schlußfolgerung nicht zuwiderlaufenden Tatsachen erforderlich war. So bildete die von der Zeugin stammende Beschreibung des Täters als 'mittelgroß' schon deshalb keinesfalls einen gegen die Richtigkeit der Identifizierung des 179 cm großen Angeklagten sprechenden Verfahrenshinweis, weil von einer in der Beschwerde ersichtlich unterstellten wesentlichen Diskrepanz dieser Größenangaben keine Rede sein kann. Ebensowenig vermochte der Umstand, daß die insoweit vom Beschwerdeführer durch Veränderung des Sinngehalts der Aussagen unkorrekt zitierte Zeugin in der Hauptverhandlung die Augenfarbe des Täters nicht angeben konnte und nur eine diesbezügliche Vermutung äußerte (S 241), gegen die Annahme zu sprechen, daß sie auf Grund anderer Merkmale den Angeklagten wiedererkannte. In gleicher Weise versagt der Einwand, daß bei einer Tatverübung durch den Angeklagten dessen Tätowierungen bemerkbar gewesen wären, die Zeugin in der Hauptverhandlung jedoch eine derartige Kennzeichnung des Täters verneint habe. Einerseits erklärte nämlich die abermals aktenwidrig zitierte Zeugin lediglich, eine solche Wahrnehmung sei ihr nicht mehr in Erinnerung, und andererseits zog das Erstgericht diesen Punkt ohnedies in Erwägung, erachtete ihn aber mit denkmöglicher Begründung für bedeutungslos (S 323 f). Soweit der Beschwerdeführer diese überlegungen des Erstgerichtes als 'zu vereinfachend' in Zweifel ziehen will, übt er lediglich eine im Rechtsmittelverfahren gegen Urteile der Schöffengerichte unzulässige und daher unbeachtliche Kritik an der Beweiswürdigung der Tatsacheninstanz. Als Subsumtionsfehler im Sinn der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO macht der Beschwerdeführer zunächst geltend, daß sein festgestelltes Verhalten nur eine versuchte Nötigung zum Beischlaf nach dem § 202 Abs 1 StGB darstelle, weil das Opfer nicht widerstandsunfähig gewesen sei.

Abgesehen davon, daß tatsächlicher Eintritt der Widerstandsunfähigkeit keine maßgebliche Beurteilungsvoraussetzung wäre, weil dem Angeklagten nur ein Notzuchtsversuch zur Last liegt, kann in der gerügten Annahme ein Rechtsirrtum nicht erblickt werden. Das Erstgericht ging davon aus, daß der Angeklagte die ihm weit unterlegene 64-jährige Frau unter Einsatz körperlicher Gewalt massiv attackierte, mehrfach verletzte und trotz heftigen Widerstandes entlang eines Weges hinter ein Gebäude zog, wodurch das Opfer mit Rücksicht auf seine physische Konstitution zu weiterer Abwehr nicht mehr in der Lage war (S 324 f). Dieser Zustand echter Wehrlosigkeit der Frau entspricht aber nach ständiger Judikatur dem Begriff der Widerstandsunfähigkeit im Sinn des § 201 Abs 1 StGB (siehe hiezu Leukauf-Steininger, StGB 2 , RN 8 zu § 201; Mayerhofer-Rieder, StGB 2 , E Nr 3 ff zu § 201). Dabei kommt es dem Standpunkt des Beschwerdeführers zuwider nicht darauf an, ob die Zeugin noch zu aktiven Körperbewegungen oder zur Fortsetzung ihrer vergeblichen Schreie fähig war, weil diese Umstände die umschriebene hilflose Lage des Opfers nicht in Frage stellen könnten. Die weiteren Einwendungen des Angeklagten, welche eine Tatbeurteilung als Nötigung zur Unzucht reklamieren, gehen nicht von allen im Urteil festgestellten Tatsachen aus, sondern bekämpfen in Wahrheit die der Annahme des Nochtzuchtsvorsatzes zugrundeliegende Entscheidung einer Beweisfrage, wobei außerdem noch verkannt wird, daß es rechtlich völlig unerheblich ist, auf Grund welcher Geschehnisse die Zeugin Frieda B dem Angeklagten gegen dessen Willen schließlich entkommen konnte. Dieses Vorbringen stellt ebensowenig die prozeßordnungsmäßige Ausführung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes dar wie die unter Zitierung des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO ohne nähere Darlegung vorgenommene Verweisung auf den Inhalt der Mängelrüge.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht 'das mehrfach einschlägig getrübte Vorleben' des Angeklagten, das durch Vorstrafen wegen verübter 'Delikte gegen Leib und Leben' an sich gegebene Vorliegen der Voraussetzungen für eine Strafschärfung nach dem § 39 StGB und den raschen Rückfall als erschwerend. Als mildernd berücksichtigte es demgegenüber die verminderte Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten und den Umstand, daß die Tat beim Versuch blieb. Mit seinen als Berufung zu wertenden Ausführungen begehrt Helmuth A die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und - wie bereits erwähnt - die Ausschaltung der Maßnahme nach dem § 23 StGB

Was zunächst die Strafhöhe anlangt, so wird die vom Erstgericht ausgemessene Freiheitsstrafe der Schuld des Angeklagten, seiner belasteten Täterpersönlichkeit sowie dem Unrechtsgehalt seiner Tathandlung durchaus gerecht. Insbesondere in Anbetracht der sich aus der Wirkungslosigkeit selbst längerer Freiheitsstrafen und dem Rückfall am Tag einer Haftentlassung ergebenden Ausgeprägtheit seiner verbrecherischen Neigung bestand bei Helmuth A schon aus spezialpräventiven Gründen für eine Korrektur der ausgesprochenen dreijährigen Freiheitsstrafe kein Anlaß.

Aber auch die Berufungsausführungen, mit denen sich der Angeklagte gegen die Anstaltsunterbringung wendet, verfangen nicht. Eine überprüfung der Aktenlage und des Vorlebens des Angeklagten ergibt, daß das Schöffengericht sämtliche für die Maßnahme nach dem § 23 StGB erforderlichen Kriterien richtig beurteilte und daß - insbesonders im Hinblick auf die vom Berufungswerber vernachlässigten Ausführungen des gerichtsmedizinischen Sachverständigen in der Hauptverhandlung vom 6.August 1984 (vgl. S 304 f) - auch der ungünstigen Zukunftsprognose zuzustimmen ist. Die Möglichkeit der Entwöhnung oder einer psychiatrischen Behandlung des Angeklagten während des Strafvollzuges stellt keinen hinreichenden Grund dar, von der bekämpften Maßnahme abzusehen. Die Frage, ob die Anhaltung des Rechtsbrechers in der Anstalt für gefährliche Rückfallstäter nach dem Vollzug der Freiheitsstrafe noch notwendig ist, wird gemäß dem § 24 Abs 2 StGB vor der überstellung in die Anstalt ohnedies von Amts wegen zu prüfen sein.

Der Berufung des Angeklagten war somit in beiden Richtungen der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E04894

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0110OS00142.84.1024.000

Dokumentnummer

JJT_19841024_OGH0002_0110OS00142_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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