TE OGH 1984/11/7 11Os143/84

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Veröffentlicht am 07.11.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.November 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schiller als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Eduard und Gerlinde A wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs 1 und Abs 2 (2. Fall) StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der beiden Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 4.Juli 1984, GZ 8 Vr 1.288/83-11, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Presslauer, der Angeklagten Eduard A und Gerlinde A und des Verteidigers Dr. Tobler zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird Folge gegeben und es werden die über die Angeklagten verhängten Freiheitsstrafen, bei Eduard A unter Bedachtnahme gemäß den § 31, 40 StGB auf die Urteile des Bezirksgerichtes Güssing vom 7.April 1982, AZ U 437/81, sowie vom 23. Februar 1983, AZ U 422/82, auf 9

(neun) Monate und bei Gerlinde A auf 6 (sechs) Monate herabgesetzt. Gemäß dem § 390 a StPO fallen beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 25.Dezember 1951 geborene Koch Eduard A und die am 12.Juli 1958 geborene Gastwirtin Gerlinde A des Verbrechens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs 1 und Abs 2 (2. Fall) StGB schuldig erkannt.

Nach den maßgeblichen Feststellungen des Erstgerichtes betrieb der Angeklagte Eduard A unter Mitwirkung seiner Ehefrau, der Angeklagten Gerlinde A, ab September 1980 in Stegersbach ein Gasthaus. In dem Lokal wurden auf Grund eines mit der Karl B und Co. Ges.m.b.H. abgeschlossenen Automaten-Aufstellvertrages zwei Spielapparate dieses Unternehmens in Gebrauch genommen. Es handelte sich um Automaten mit Münzeinwurf, deren Einspielergebnis zufolge der getroffenen Vereinbarung zwischen Lokalinhaber und Automatenaufsteller je zur Hälfte geteilt werden sollte. In den Jahren 1980 und 1981 wurden von Gästen der Angeklagten in diese Automaten Geldmünzen im Gesamtbetrag von mehr als 200.000 S eingeworfen. Die Angeklagten entnahmen dieses Geld den Automatenkassen und verbrauchten es für eigene Zwecke, ohne aus diesen Einnahmen etwas an den Automatenaufsteller abzuführen. Mit ihrer gemeinsam ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpfen die Angeklagten das Urteil unter Anrufung der Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO

Rechtliche Beurteilung

Soweit dem Vorbringen zum letztgenannten Nichtigkeitsgrund eine sachbezogene Auseinandersetzung mit der rechtlichen Beurteilung der Urteilskonstatierungen zu entnehmen ist, erweist sich der Beschwerdestandpunkt als verfehlt:

Um das betreffende Münzgeld als anvertrautes Gut im Sinn des § 133 Abs 1 StGB subsumieren zu können, muß es weder vom Automatenaufsteller den Angeklagten übergeben worden sein, noch müssen die Spieler anläßlich des Münzeinwurfes eine Ablieferungswidmung an den Aufsteller verfügt haben. Eine Sache ist dann anvertraut, wenn die Verfügungsgewalt über sie auf Grund eines Rechtsgeschäfts oder eines vertragsähnlichen Rechtsverhältnisses mit der Verpflichtung erlangt wird, diese Verfügungsgewalt einer vereinbarten Rückstellungs- oder Verwendungspflicht entsprechend nur im Sinn des Gewaltgebers zu gebrauchen (siehe hiezu Leukauf-Steininger, Komm. zum StGB 2 , RN 4 zu § 133). Dazu ist es nicht erforderlich, daß, wie bei einem Realkontrakt, sogleich mit dem Verpflichtungsgeschäft auch der Gewahrsam an der Sache begründet wird, sondern es sind auch die zahlreichen Fälle erfaßt, in denen der Täter erst nach Entstehung der bezeichneten rechtlichen Verbindlichkeit - aus Gesetz, Dienstpflicht oder Vereinbarung - jenen Gegenstand erlangt, an welchem er wirtschaftliche Interessen eines anderen wahrzunehmen hat (Kienapfel, BT II, RN 29 ff zu § 133; siehe auch Bertel im WK, Rz 6 zu § 133). Die Verpflichtung der Angeklagten zur Herausgabe der eingenommenen Münzen ergab sich aber bereits aus dem vom Erstgericht ersichtlich auch als Feststellungsgrundlage herangezogenen Automaten-Aufstellvertrag, wonach überhaupt der gesamte Kasseninhalt dem Aufsteller zustand (Beilage zu ON 6). Der Beurteilung, daß das Geld auf Grund dieser Vereinbarung den über einen Kassenschlüssel verfügenden Angeklagten anvertraut war, haftet somit ein Rechtsirrtum nicht an. Die übrigen Darlegungen der Beschwerdeführer zur Rechtsrüge enthalten ebenso wie die gesamten Einwände der Mängelrüge - mit denen in keinem einzigen Punkt ein dem § 281 Abs 1 Z 5 StPO entsprechender Begründungsfehler deutlich und bestimmt (§ 285 Abs 1, 285 a Z 2 StPO) bezeichnet, sondern statt dessen ein urteilsfremder Sachverhalt vorgebracht wird - keine prozeßordnungsmäßige Ausführung eines Nichtigkeitsgrundes. Von den Beschwerdeführern wird verkannt, daß die Schuldsprüche sich nur auf die Zueignung jenes Teils des als Spieleinsatz in die Automaten eingeworfenen Münzgeldes erstrecken, bei denen das Erstgericht einen auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Vorsatz annahm, keineswegs aber ganz allgemein bloße Nichterfüllung einer Verrechnungsschuld aus dem Automatenbetrieb umfassen. Demgemäß gehen alle Hinweise darauf ins Leere, daß zufolge oftmaliger Gestattung einer Automatenbenützung ohne sofortige Entrichtung eines Einsatzes die vom Automatenaufsteller berechneten Einnahmen nicht im vollen Umfang erzielt worden seien, weil Gegenstand der Schuldsprüche eben nur von den Angeklagten durch Münzeinwurf der Spieler erlangtes Geld war, nicht aber Forderungen des Aufstellers aus anderen Vorgängen.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher zu verwerfen. Das Erstgericht verhängte nach dem höheren Strafsatz des § 133 Abs 2 StGB Freiheitsstrafen, und zwar über Eduard A in der Dauer von einem Jahr, über Gerlinde A unter Anwendung des § 41 StGB im Ausmaß von zehn Monaten. Die Freiheitsstrafen wurden gemäß dem § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von jeweils drei Jahren bedingt nachgesehen.

Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht als erschwerend nichts, als mildernd beim Erstangeklagten das reumütige Geständnis und bei der Zweitangeklagten den bisher ordentlichen Lebenswandel. Mit ihren Berufung streben die Angeklagten eine Strafermäßigung an. Den Berufungen kommt Berechtigung zu.

Die Strafzumessungsgründe der ersten Instanz bedürfen insoweit einer Korrektur bzw. einer Ergänzung, als das Erstgericht beim Angeklagten Eduard A offenbar übersah, daß dieser Angeklagte zur Tatzeit noch gerichtlich unbescholten war. Die beiden der Strafregisterauskunft zu entnehmenden (und im Spruch dieser Entscheidung näher bezeichneten) Straferkenntnisse des Bezirksgerichtes Güssing wurden nämlich erst nach den hier bedeutsamen Verfehlungen des Angeklagten gefällt. Auf sie wäre daher schon bei der Urteilsfällung erster Instanz gemäß den § 31, 40 StGB Bedacht zu nehmen gewesen. Der Angeklagten Gerlinde A hinwieder ist zugute zu halten, daß sie sich nach der Aktenlage doch nur in untergeordneter Weise an den Tathandlungen beteiligte.

Dazu kommt bei beiden Angeklagten, daß der als erwiesen angenommene Schaden die strafsatzbestimmende Wertgrenze (100.000 S) nur um ein Geringes überstieg.

All diese Umstände lassen das Begehren beider Berufungswerber

begründet erscheinen.

Mithin war insgesamt wie im Spruch zu erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E04882

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0110OS00143.84.1107.000

Dokumentnummer

JJT_19841107_OGH0002_0110OS00143_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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