Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 13. November 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bernardini, Dr.Friedrich, Dr.Lachner sowie Hon.Prof.Dr.Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Gurschler als Schriftführer in der Strafsache gegen Dietmar A wegen des Vergehens nach § 14 Abs.1 SuchtgiftG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 31.August 1984, GZ 35 Vr 1395/84-17, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch laut Punkt I. sowie im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs nach § 38 StGB) aufgehoben sowie die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung in diesem Umfang an das Erstgericht zurückverwiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte darauf verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dietmar A der Vergehen (I.) nach § 14 Abs.1 SuchtgiftG und (II.) nach § 16 Abs.1 Z 1 und 2 SuchtgiftG schuldig erkannt.
Das zuerst angeführte Vergehen liegt ihm zur Last, weil er in der Zeit vom Dezember 1983 bis zum Mai 1984 in Zams mit Terje B und einem unbekannten Berliner namens 'Bernd' dadurch, daß er sich wegen eines geplanten Schmuggels verschiedener Suchtgifte in großen Mengen von Spanien nach Norwegen mehrmals mit ihnen besprach, wobei er den Transport und B die Verteilung an einen größeren Personenkreis übernehmen sollte, die Begehung der in § 12 (Abs.1) SuchtgiftG bezeichneten strafbaren Handlung verabredet habe.
Rechtliche Beurteilung
Der lediglich gegen diesen Schuldspruch gerichteten, auf § 281 Abs.1
Z 4, 5 sowie 9 lit.a und b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt Berechtigung zu.
Denn bei der Annahme, der Beschwerdeführer sei auf das Ansinnen des B, Suchtgift nach Norwegen zu schmuggeln, wirklich und nicht bloß zum Schein eingegangen, hat sich das Schöffengericht in der Tat weder mit seiner Verantwortung, daß er den Genannten monatelang immer wieder bloß vertröstet und hingehalten habe, noch mit jenen Verfahrensergebnissen auseinandergesetzt, nach denen er bei einem Telefonat am 12.April 1984 eine eigene Aktivität zur Suchtgiftbeschaffung tatsächlich nur vorgetäuscht zu haben scheint (S 105/107).
Daß es bei Berücksichtigung dieser Verfahrensergebnisse möglicherweise zu anderen, für ihn günstigeren Schlußfolgerungen gelangt wäre, kann umsoweniger ausgeschlossen werden, als die für die Feststellung einer 'Ernsthaftigkeit des vom Angeklagten gefaßten Planes' maßgebend gewesenen Erwägungen im Umfang der lediglich pauschalen Bezugnahme auf das (eher dürftige) Resultat der 'durchgeführten Telefonüberwachung' (vgl.S 5, 17, 41, 107, 109) mangels jeglicher Konkretisierung in keiner Weise überprüfbar sind und auch den Entscheidungsgründen nicht zu entnehmen ist, inwiefern sich daraus, daß B den Beschwerdeführer im März 1984 persönlich in Zams aufsuchte, oder aus der abrupten Beendigung eines von ersterem eingeleiteten Telefonats durch letzteren mit der (auf seine zwischenweilige Verhaftung bezogenen) Mitteilung, er habe jetzt Probleme und werde alles später erklären, ein Hinweis darauf ergeben sollte, daß der Angeklagte dem von B initiierten Plan, Suchtgift nach Norwegen zu schmuggeln, ernstlich und nicht bloß zum Schein zugestimmt habe.
In Ansehung der Frage, ob der damit aufgezeigte Begründungsmangel (Z 5) eine im Sinn des geltendgemachten Nichtigkeitsgrundes 'entscheidende Tatsache' betrifft, bedarf es allerdings noch der Prüfung, ob der angefochtene Schuldspruch nicht allenfalls trotz des aufgezeigten Begründungsmangels in bezug auf die Konstatierung, die Vereinbarung des Beschwerdeführers mit B sei auch von seiner Seite her ernst gemeint gewesen, nichtsdestoweniger darin Deckung findet, daß er den in Rede stehenden Plan eines Suchtgiftschmuggels nach unbekämpft gebliebenen weiteren Feststellungen (im Tenor und in den Gründen der Entscheidung) jedenfalls mit dem sogenannten 'Bernd' (mehrfach, und zwar insoweit zugestandenermaßen) ernstlich telefonisch besprach; dazu reicht indessen die Urteilsbegründung gleichfalls nicht aus.
Eine Beurteilung seiner (in diesem Zusammenhang konstatierten) 'Erkundigung' beim Letztgenannten, 'ob er jemanden wüßte, der Suchtgift nach Norwegen bringen könnte', worauf ihm jener bei einem späteren Telefonat mitteilte, er habe nun jemanden, der die bezeichnete Aufgabe übernehme, als - von einem Zusammenwirken zwischen dem Angeklagten und B unabhängige - Bestimmung (§ 12 zweiter Fall StGB) des 'Bernd' zu dem (durch die versuchte Bestimmung eines Unbekannten begangenen) Verbrechen nach § 12 Abs.1 SuchtgiftG (nach Art einer sogenannten 'Kettenbestimmung') kommt nämlich deswegen nicht in Betracht, weil solcherart die geplant gewesene strafbare Handlung zwar der Art nach, ansonsten aber nicht einmal in groben Umrissen, also keineswegs schon individuell bestimmt war (vgl. SSt. 47/30 u.a.).
Der Annahme einer durch diesen Kontakt hergestellten, auf die Begehung eines (derart) noch nicht individuell bestimmten Verbrechens nach § 12 Abs.1
SuchtgiftG gerichteten (vgl. JBl. 1983, 495, 10 0s 70/83 u.a.) Verbindung im Sinn des § 14 Abs.1 (erster Fall) SuchtgiftG zwischen dem Beschwerdeführer und 'Bernd' allein - sei es dahin, daß sie von den Beziehungen des Erstgenannten zu B überhaupt unabhängig gewesen wäre, oder sei es, daß erst durch sie auch jenes Verhältnis zu einer von beiden Seiten ernst gemeinten Verbindung dieser Art geworden wäre - aber steht der Umstand entgegen, daß das Erstgericht die eine solche Subsumtion ausschließende Verantwortung des Angeklagten, er habe durch die beschriebene Einschaltung des 'Bernd' seine dem B gegenüber (zum Schein) übernommene Verpflichtung zum Suchtgiftschmuggel auf jemand anderen überwälzen, an der geplanten Tat also nicht auch (im Rahmen einer Verbindung in irgendeiner Form) selbst mitwirken wollen, gerade auf Grund der nach dem eingangs Gesagten nur mangelhaft begründeten Feststellung als widerlegt ansah, daß er die Absprache mit 'Bernd' in Realisierung einer (ernst gemeinten und ihn eben deshalb dazu motivierenden) Mitwirkungsvereinbarung (mit B) getroffen habe; wegen jenes Begründungsmangels ist demnach auch die - für eine Beurteilung der Vereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und 'Bernd' als Verbindung gemäß § 14 Abs.1 (erster Fall) SuchtgiftG vorauszusetzende - Konstatierung, daß sich ersterer hiedurch einer eigenen Mitwirkung am Suchtgiftschmuggel nicht entziehen wollte, nicht tragfähig.
Für einen Schuldspruch wegen (versuchter) Bestimmung des 'Bernd' zu einer - auf die Begehung eines (noch nicht individuell bestimmten) Verbrechens nach § 12 Abs.1 SuchtgiftG abzielenden - Verbindung mit B gemäß Par(§ 15,) 12 zweiter Fall StGB, § 14 Abs.1 SuchtgiftG schließlich fehlen im Urteil Feststellungen darüber, ob der Angeklagte eine dahingehende Absprache zwischen den Genannten tatsächlich herbeigeführt (oder zumindest ein darauf gerichtetes ausführungsnahes Tatverhalten gesetzt) hat.
Der in der Beschwerde zutreffend gerügte Begründungsmangel in bezug auf die Konstatierung einer auch von Seiten des Beschwerdeführers vorgelegenen Ernstlichkeit seiner Vereinbarung mit B über die Begehung eines Suchtgiftschmuggels nach Norwegen betrifft daher (unbeschadet der zuvor relevierten weiteren Feststellungen über darauf bezogene, jedenfalls ernst gemeinte Kontakte zwischen ihm und 'Bernd') sehr wohl eine im Sinn des § 281
Abs.1 Z 5 StPO entscheidende Tatsache, sodaß in Ansehung des damit behafteten Schuldspruchs eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz nicht zu umgehen ist; nach Anhörung der Generalprokuratur war dementsprechend schon bei einer nichtöffentlichen Beratung wie im Spruch zu erkennen (§ 285 e StPO), ohne daß es einer Erörterung des übrigen Beschwerdevorbringens bedarf.
Falls im zweiten Rechtsgang eine beiderseits (von Anfang an oder immerhin ab einer späteren Phase) ernstliche Verabredung (§ 14 Abs.1 zweiter Fall SuchtgiftG) des Angeklagten mit B zu einer (bereits individuell bestimmten) Aus- und Einfuhr von zur Verteilung an einen größeren Personenkreis gewidmetem Suchtgift oder eine Verbindung (§ 14 Abs.1 erster Fall SuchtgiftG) zwischen ihnen zur Begehung einer derartigen (noch nicht individuell bestimmten) strafbaren Handlung (durch zumindest fördernde Mitwirkung des Angeklagten) mit mängelfreier Begründung nicht festgestellt werden kann, wird zu prüfen sein, ob der Beschwerdeführer nicht immerhin den sogenannten 'Bernd' zu einer solchen Verbindung mit B bestimmt (§ 12 zweiter Fall StGB, § 14 Abs.1 SuchtgiftG) oder doch ausführungsnah zu bestimmen versucht (§ 15, 12 zweiter Fall StGB, § 14 Abs.1 SuchtgiftG) hat.
Anmerkung
E04853European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1984:0100OS00189.84.1113.000Dokumentnummer
JJT_19841113_OGH0002_0100OS00189_8400000_000