TE OGH 1984/11/13 10Os129/84

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Veröffentlicht am 13.11.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.November 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Walenta, Dr. Lachner (Berichterstatter) und Hon.Prof. Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Gurschler als Schriftführer in der Strafsache gegen Erwin A wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs. 3 StGB über die Berufung des Angeklagten sowie die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 24. November 1983, GZ. 11 a Vr 4/82-56, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tschulik, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Marschall zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil - welches im Schuldspruch wegen Verbrechens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs. 3 StGB unberührt bleibt - im Freispruch, jedoch nur insoweit er sich auf Punkt B der Anklageschrift ON. 17 bezieht, sowie demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft werden mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen (auch einen - bereits in Rechtskraft erwachsenen - Schuldspruch enthaltenden) Urteil wurde Erwin A (im zweiten Rechtszug abermals) vom Anklagevorwurf, er habe den Tatbestand des Betruges auch dadurch verwirklicht, daß er im September 1980 in Poysdorf mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, die Mitglieder des Vorstandes der B der Stadt Poysdorf durch Unterschieben eines minderwertigen gebrauchten Diktiergerätes für ein höherwertiges Gerät, sohin durch Täuschung über Tatsachen, zur Annahme dieses Gerätes verleitete, wodurch die bezeichnete B an ihrem Vermögen (um den Betrag von 2.190 S) geschädigt worden sei, gemäß § 259 Z. 3 StPO freigesprochen.

Nach den vom Schöffengericht hiezu getroffenen Feststellungen hatte Werner A, der Sohn des Angeklagten, etwa im Herbst 1979 ein von ihm um den Preis von 3.990 S gekauftes Tonbandgerät dem Angeklagten überlassen, der es in sein Büro mitnahm und für die B der Stadt Poysdorf verwendete. Als der Sohn des Angeklagten dieses Gerät im Herbst 1980 zurückverlangte, sollte für die B ein neues Tonbandgerät angeschafft werden. Da aber der Angeklagte das seinem Sohn gehörige Tonbandgerät wegen der für ihn günstigen Bedienungsmöglichkeiten weiterhin für die B verwenden wollte, kaufte Werner A über Auftrag seines Vaters ein Tonbandgerät zum gleichen Preis und ließ sich den hiefür aufgewendeten Betrag von 3.990 S von der B ausbezahlen. Während Werner A das neu angeschaffte Tonbandgerät behielt, ging sein ursprüngliches Gerät in das Eigentum der B über. Das Erstgericht verneinte im Hinblick darauf, daß der Angeklagte seinen Sohn ausdrücklich beauftragt hatte, zunächst nachzuforschen, wieviel das ihm seinerzeit geborgte Gerät gekostet habe, und sodann eines um denselben Preis anzuschaffen, unter Zubilligung eines Irrtums über den Zeitwert des gebrauchten Tonbandgerätes ein Handeln mit Schädigungsvorsatz.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Freispruch aus den Nichtigkeitsgründen der Z. 5 und 9

lit. a des § 281 Abs. 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des öffentlichen Anklägers kommt Berechtigung zu.

Zu Recht erblickt die Beschwerdeführerin einen Begründungsmangel (in der Bedeutung einer Unvollständigkeit - Z. 5) darin, daß im Urteil gegen die Annahme eines Irrtums über die Wertverhältnisse sprechende Verfahrensergebnisse, insbesondere die Aussage des Zeugen Werner A (S. 363 f./IV), wonach er das Tonbandgerät bereits im Jahr 1978 gekauft und bis zur übergabe an den Angeklagten (im Herbst 1979) selbst verwendet habe, übergangen worden seien. Einer Erörterung dieses Beweisergebnisses hätte es schon deshalb bedurft, weil sich der Angeklagte - ein im Wirtschaftsleben erfahrener Bankangestellter - auf einen Tatsachenirrtum gar nicht ausdrücklich berufen hat. Im übrigen ist aber auch nicht auszuschließen, daß das Gericht einen derartigen Irrtum verneint hätte, wenn es von einer im Zeitpunkt der übernahme des Gerätes durch den Angeklagten im Herbst 1979 bereits bestehenden Wertminderung von ca. 20-30 % ausgegangen wäre (siehe dazu Bd. IV, S. 429

d. A.).

Berechtigt ist aber auch die Rechtsrüge (Z. 9 lit. a), mit der die Staatsanwaltschaft das Fehlen von Konstatierungen zu der vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung vom 12.April 1983, GZ. 10 Os 30/83-6, aufgeworfenen Frage rügt, ob das Verhalten des Angeklagten - nach Maßgabe der Beweisergebnisse - nicht allenfalls als Mißbrauch einer ihm rechtsgeschäftlich eingeräumten Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, zum Schaden seines Machtgebers zu werten und demgemäß nicht dem Tatbestand des Betruges, sondern jenem der Untreue zu unterstellen sei.

Mithin zeigt sich, daß dem angefochtenen Urteil Begründungs- und Feststellungsmängel anhaften, die eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst unmöglich machen. Es war daher in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft das angefochtene Urteil im bezeichneten Umfang aufzuheben und dem Erstgericht insoweit die Erneuerung des Verfahrens aufzutragen, ohne daß es erforderlich ist, auf die weitere Argumentation im Rechtsmittel der Anklagebehörde einzugehen.

Im erneuerten Verfahren wird allerdings bei Beurteilung der subjektiven Tatseite - zu der ein allenfalls schon durch das Bewußtsein der damit bewirkten Tilgung einer (bloß vermeintlichen) Forderung ausschließbarer Bereicherungsvorsatz (ZBl. 1932/20, EvBl. 1975/231; Leukauf-Steininger 2

RN. 38 zu § 127 und RN. 44 zu § 146) gehört - auch die Frage zu prüfen sein, ob dem Angeklagten im Hinblick auf die bis dahin unentgeltliche Benützung des Tonbandgerätes seines Sohnes für Zwecke der B während eines Zeitraumes von ca. einem Jahr, für die er sich bzw. den Sohn nach den Ausführungen seines Verteidigers im Gerichtstag schadlos halten wollte, ein Handeln mit Schädigungsvorsatz überhaupt angelastet werden kann. Es war daher spruchgemäß zu erkennen.

Anmerkung

E04854

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0100OS00129.84.1113.000

Dokumentnummer

JJT_19841113_OGH0002_0100OS00129_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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