Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 20. November 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bernardini (Berichterstatter), Dr.Friedrich, Dr.Lachner und Hon.Prof.Dr.Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Gurschler als Schriftführer in der Strafsache gegen Erwin A und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs.1 und 2 Z 1, 128 Abs.1 Z 4, 129
Z 1, 130 und 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Erwin A und Bernhard B gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 21.August 1984, GZ 22 a Vr 213/84-58, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Kodek, und der Verteidiger Dr.Gerhild Bauer (für A) sowie Dr.Klemens Dallinger (für B), jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 27.Juni 1954 geborene Erwin A und der am 12.Dezember 1954 geborene Bernhard B zu A/ des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs.1 und 2 Z 1, 128 Abs.1 Z 4, 129 Z 1, 130 sowie § 15 StGB, zu B/ des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs.1, 2 und 3 StGB und zu C/ des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach dem § 229 Abs.1 StGB schuldig erkannt. Dem Inhalt des Schuldspruchs nach liegt ihnen zur Last, in der Zeit vom 11.Jänner bis 19.Jänner 1984 in verschiedenen Orten Vorarlbergs A/ fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S übersteigenden Wert in gewerbsmäßiger Absicht I/ weggenommen zu haben, und zwar 1./ Erwin A und Bernhard B in Gesellschaft als Beteiligte zu a/
bis c/ durch Einbruch in ein Geschäftslokal, Aufbrechen eines PKW und ohne Gewaltanwendung Waren und verschiedene Gebrauchsgegenstände im Gesamtwert von rund 9.800 S;
2./ Erwin A allein am 17.Jänner 1984 in Hohenems nach Aufbrechen eines PKW eine Gulf-Tankkarte unbekannten Wertes;
II/ Erwin A und Bernhard B in Gesellschaft als Beteiligte zu 1./ bis 3./ teils durch Einbruch und Einsteigen Bargeld und sonstige Gebrauchsgegenstände wegzunehmen versucht zu haben;
B/ Erwin A und Bernhard B als Mittäter zu 1./ und 2./ Fahrzeuge, die zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet waren, ohne Einwilligung der Berechtigten in Gebrauch genommen zu haben, indem sie sich die Gewalt über die Fahrzeuge durch im § 129 StGB geschilderte Handlungen verschafften, wobei im zweiten Fall der durch die Tat verursachte Schaden am Fahrzeug ca. 12.500 S betrug; C/ Urkunden, über die sie nicht verfügen durften, mit dem Vorsatz vernichtet bzw. unterdrückt zu haben, zu verhindern, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, und zwar 1./ Erwin A und Bernhard B als Mittäter zu a/ bis d/ Kennzeichentafeln, Zulassungsscheine und andere Dokumente; 2./ Erwin A Kraftfahrzeug- und Personalpapiere.
Diesen Schuldspruch bekämpfen beide Angeklagten mit auf § 281 Abs.1
Z 5
und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Erwin A:
Die Mängelrüge dieses Beschwerdeführers macht eine unvollständige Begründung des Ersturteils geltend, weil es die Feststellung der Täterschaft des Beschwerdeführers auf eine in Wahrheit nicht gegebene geschlossene Indizienkette stütze. Wenn nämlich das Erstgericht (gemeint: bezüglich der Fakten A/I/1./c/, A/II/1./-3./, B/2./) davon ausgehe, daß die am Tatort vorgefundenen Schuhabdrücke des Beschwerdeführers für seine Täterschaft sprächen, so sei dieser Schluß deshalb nicht tragfähig, weil das Anklage-Faktum A/II/1./ (siehe ON 43) zur besseren Aufklärung des Sachverhaltes ausgeschieden worden sei, obwohl die besagten Schuhabdrücke auch in diesem Fall festgestellt worden waren, in diesem Faktum aber dem Gericht zum Nachweis der Täterschaft nicht genügt hätten. Was aber in diesem einen Fall gelte, müsse auch im Faktum A/II/2./ (= Anklagefaktum A/II/3./) berücksichtigt werden, in dem somit der Schuldbeweis durch das Indiz der Schuhabdrücke ebenfalls nicht erbracht worden sei, wodurch bezüglich sämtlicher Fakten 'die gesamte Indizienkette in sich zusammenfalle'.
Rechtliche Beurteilung
Mit diesem Vorbringen wird jedoch keine Nichtigkeit im Sinne der bezogenen Gesetzesstelle dargetan. In ihm wendet nämlich der Beschwerdeführer der Sache nach keinen Begründungsmangel des Urteils ein, sondern behauptet, daß die Beweisführung des Gerichtes im Hinblick auf das Fehlen weiterer Erhebungen, die Gegenstand des ausgeschiedenen Verfahrens seien, nicht überzeugend ist. Damit wird inhaltlich ein nicht weiter konkretisierter Verfahrensmangel releviert, zu dessen Geltendmachung der Angeklagte allerdings mangels entsprechender Antragstellung in der Hauptverhandlung nicht legitimiert ist.
Zum anderen aber wird solcherart die Beweiskraft der vom Erstgericht zur Begründung des Schuldspruchs herangezogenen Argumente (Beweismittel) bekämpft und insoweit unzulässig die Beweiswürdigung (§ 258 Abs.2 StPO) des Schöffengerichtes angefochten, das aus den von ihm im Urteil angeführten Umständen, aber auch aus der Art der Verantwortung der beiden Angeklagten und aus dem abgefangenen, vom Beschwerdeführer an seinen Komplizen gerichteten Kassiber (ON 17 a) denkrichtige Schlüsse auf ihre Täterschaft zog (S 464). Die gegen den Schuldspruch wegen Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 StGB (Urteilsfaktum C/) gerichtete Mängelrüge (Z 5) läßt nicht erkennen, inwieweit die bekämpfte Feststellung (der Wille des A sei auf eine Gebrauchsverhinderung gerichtet gewesen) mit den in der Beschwerde zitierten weiteren Urteilsannahmen in Widerspruch steht. Sie ist daher einer sachbezogenen Erörterung nicht zugänglich.
Nach nunmehr einheitlicher Rechtsprechung (SSt. 51/21 u.a. sowie Kienapfel, im Wiener Kommentar, Rz 31 zu § 229 StGB mit weiteren Literaturzitaten) verlangt das Tatbild des § 229 StGB keinen speziellen Gebrauchsverhinderungsvorsatz. Es genügt vielmehr, daß der Täter mit dem Begleitwissen handelt, die von ihm entfremdeten Urkunden würden vom Berechtigten zum bestimmungsgemäßen Gebrauch benötigt und ihm durch die Tat entzogen. Gerade dies aber hat das Erstgericht ohnedies im Einklang mit der Lebenserfahrung, somit mängelfrei (Z 5), festgestellt (S 459-461).
Der zudem (in eventu) behauptete Feststellungsmangel (Z 10) liegt daher in Wahrheit gar nicht vor.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Bernhard B:
In der Mängelrüge (Z 5) vermißt der Beschwerdeführer zunächst eine Begründung für die erstgerichtliche Feststellung (S 459 f) der Schadenshöhe in den Fakten A/I/1./a/ (Diebstahl zum Nachteil des A & O-Marktes in Rankweil;
Wert der Diebsbeute: 5.428,90 S) und B/2./ (unbefugter Gebrauch des Fahrzeuges des Dr.C mit einem Gesamtschaden von ca. 12.500 S, in welchem Betrag - entgegen der vom Beschwerdeführer in der Mängelrüge vertretenen Ansicht - ersichtlich sowohl der am Fahrzeug direkt zugefügte Schaden von 9.716 S unrichtig in der Mängelrüge: 9.760 S als auch der durch Benzinverbrauch und Fahrzeugabnützung entstandene, nicht näher bezifferte Schaden bereits enthalten sind siehe dazu S 456, 459). Das Gericht bezog sich hiebei jedoch, und zwar im Hinblick auf das Fehlen substantiierter Einwendungen der Angeklagten (vgl. § 99 StPO) in dieser Hinsicht ausreichend (§ 270 Abs.2 Z 5 StPO), auf die in der Hauptverhandlung verlesenen (S 447 oben) - auf die Angaben der Geschädigten gestützten - sicherheitsbehördlichen Erhebungen (siehe S 175, 155 in Verbindung mit Urteil S 462). Der - nach dem Gesagten zum Teil auch auf irrigen Prämissen beruhende Vorwurf eines Begründungsmangels trifft daher nicht zu.
Ferner bringt der Beschwerdeführer im Rahmen der Mängelrüge vor, im Urteil werde mit Stillschweigen übergangen, daß die seinen Schuhen zugeordneten Abdrücke mit diesen zwar in den Ausmaßen übereinstimmten, die feinen Querrillen des Sohlenprofils jedoch nicht kenntlich gewesen seien. Allein aus der Tatsache des Vorhandenseins von Abdrücken gleicher Größe wie der von ihm verwendeten Schuhe könne seine Täterschaft nicht erschlossen werden. Dabei übergeht er jedoch - nicht nur die zahlreichen übrigen gegen ihn sprechenden, im Urteil verwerteten Beweisergebnisse (S 462 ff), sondern insbesondere - den Umstand, daß nach dem Spurenbericht der Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Vorarlberg die feine Querrillenprofilierung seiner Schuhsohle lediglich 'nicht immer genau', also immerhin zum Teil sehr wohl erkennbar war (S 263); auf Grund dieses Berichtes konnte das Erstgericht, ohne sich damit im Detail auseinandersetzen zu müssen, im Rahmen der Beweiswürdigung (§ 258 Abs.2 StPO) durchaus als erwiesen annehmen, daß die relevierten, an den Tatorten vorgefundenen Schuhabdruckspuren vom Beschwerdeführer stammten.
In der Rechtsrüge nach § 281 Abs.1 Z 10 StPO wendet er sich lediglich gegen die (angeblich) irrtümliche Annahme einer 'Verbrechens- gemeint:
Vergehensqualifikation' im Faktum B/1./ (wegen des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 StGB), weil hier ein 5.000 S übersteigender Schaden nicht festgestellt sei. Dabei übersieht er jedoch, daß das Erstgericht im Faktum B/1./ einen Schaden überhaupt nicht anführt, dieser Fall vielmehr zusätzlich nur durch die (qualifizierende) Begehungsweise im Sinne des Abs.2 des § 136 StGB beschwert ist, wogegen der ebenfalls zu einem höheren Strafsatz führende Eintritt der besondern Tatfolge eines Schadens am Fahrzeug von über 5.000 S im Sinne des § 136 Abs.3 StGB nur beim Faktum B/2./ (Fahrzeuggebrauch zum Nachteil des Dr.C; Gesamtschaden ca.
12.500 S) vom Erstgericht angenommen wurde. Die Rechtsrüge geht daher ins Leere.
Beide Nichtigkeitsbeschwerden waren somit zu verwerfen. Das Erstgericht verurteilte beide Angeklagten nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB in Verbindung mit § 28 StGB zu Freiheitsstrafen in der Dauer von je drei Jahren.
Bei der Strafbemessung wurden die Deliktshäufung und die mehrfachen Qualifikationen der Diebstähle und des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen als erschwerend gewertet, als mildernd hingegen nur eine minimale Schadensgutmachung durch Sicherstellung (von Lebensmitteln und Urkunden) und der 'mangelnde Erfolgsunwert der zu A/II/ geschilderten Handlungen' (bei denen es sich um drei Diebstahlsversuche handelt). In Ansehung der weiteren an sich gegebenen Erschwerungsgründe des Vorliegens von jeweils neun einschlägigen Vorstrafen, des sehr raschen Rückfalls beider Angeklagten und der vielfachen Tatwiederholung führte das Erstgericht aus, daß ungeachtet des 'Doppelverwertungsverbotes' diese nicht zu den begrifflichen Voraussetzungen der Gewerbsmäßigkeit gehörenden Umstände bei der Gewichtung der Strafzumessungsgründe innerhalb des aktuellen Strafrahmens angemessen zu bedenken gewesen seien.
Beide Angeklagten streben mit ihren Berufungen eine Herabsetzung des Strafmaßes an. Der Angeklagte A macht als weiteren Milderungsgrund einen verhältnismäßig geringen Schaden geltend, B 'seelische Defekte und schwere Sozialisationsmängel'.
Die Berufungen erweisen sich ebenfalls als unberechtigt. Den Angeklagten liegt in insgesamt 4 Diebstahlsfakten (A/I/1./a/ und b/
sowie A/II/1./ und 2./), A darüber hinaus auch noch im Faktum A/I/2./
jeweils Einbruch zur Last. Der von ihnen dabei (zwangsläufig) verursachte Schaden ist durch die Qualifikation des § 129 Z 1 StGB abgegolten, weshalb er ihnen nicht gesondert als erschwerend angelastet werden kann. Allerdings rechtfertigt demgegenüber auch der Umstand, daß die durch die Versuchshandlungen bewirkten Beschädigungen nur geringfügig geblieben sind, die Annahme eines daraus abgeleiteten Milderungsgrundes; zudem darf hiebei nicht übersehen werden, daß nach der Aktenlage der durch diese Taten herbeigeführte Schaden allein in den von beiden Angeklagten gemeinsam begangenen vorbezeichneten 4 Diebstahlsfakten die bei Eigentumsdelikten an sich relevante Wertgrenze von 5.000 S bei weitem übersteigt, und daß der diesen Milderungsgrund für sich reklamierende Angeklagte A zusätzlich noch ein weiters mit (schadenszufügendem) Einbruch begangenes Faktum zu verantworten hat. Für das Vorliegen eines im Sinne des § 34 Z 1 StGB erheblichen abnormen Geisteszustandes oder einer Verstandesschwäche beim Angeklagten B - der auf bei ihm vorliegende 'seelische Defekte' verweist - ist nach der Aktenlage ebensowenig ein Anhaltspunkt gegeben wie für eine 'schwere Sozialisationsmängel' bewirkende vernachlässigte Erziehung; eine solche könnte im übrigen schon angesichts seines Alters von nahezu 30 Jahren zu den Tatzeiten nicht mehr als mildernd berücksichtigt werden.
Beiden Angeklagten kommt allerdings als weiterer - vom Erstgericht ersichtlich übersehener und auch in den Berufungen nicht relevierter - Milderungsgrund der Umstand zu statten, daß es bei einem Teil der Diebstähle nur beim Versuch geblieben ist (§ 34 Z 13 zweiter Fall StGB).
Dessen ungeachtet ist das Ausmaß der vom Erstgericht verhängten Freiheitsstrafen unter Zugrundelegung der im übrigen zutreffend festgestellten und gewürdigten Strafzumessungsgründe angesichts des nicht unbeträchtlichen Schuld- und Unrechtsgehaltes der Straftaten keineswegs überhöht, weshalb eine Ermäßigung nicht in Betracht gezogen werden konnte.
Es mußte daher auch den unbegründeten Berufungen ein Erfolg versagt bleiben.
Anmerkung
E04857European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1984:0100OS00169.84.1120.000Dokumentnummer
JJT_19841120_OGH0002_0100OS00169_8400000_000