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36 WirtschaftstreuhänderNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallLeitsatz
Anlaßfallwirkung der Feststellung der Gesetzwidrigkeit der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom 14.04.00 sowie der BeitragsO für die Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, beschlossen vom Kammertag am 14.04.00 mit E v 19.06.01, V32/01 ua.Spruch
Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung gesetzwidriger Verordnungen in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit S 29.500,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Dem Beschwerdeführer wurde mit dem angefochtenen Bescheid des Beschwerdeausschusses der Kammer der Wirtschaftstreuhänder ein Beitrag zur Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder in bestimmter Höhe unter Anwendung der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder und der Beitragsordnung vorgeschrieben.
2. Aus Anlaß von beim Verfassungsgerichtshof zu Z B1587/00, B1588/00, B1615/00 und B1666/00 protokollierten Beschwerden hatte der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 10.3.2001 Verordnungsprüfungsverfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder sowie der Beitragsordnung eingeleitet.
3. Mit Erkenntnis vom 19. Juni 2001, V32-39/01, hat der Verfassungsgerichtshof gem. Art139 Abs3 lita iVm Abs4 B-VG ausgesprochen, daß die gesamte Satzung und die gesamte Beitragsordnung gesetzwidrig waren, da sie der gesetzlichen Grundlage entbehrten.
4. Gemäß Art139 Abs6 B-VG wirkt der Ausspruch, daß eine Verordnung gesetzwidrig war, auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlaßfalles so vorzugehen, als ob die als gesetzwidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundeliegenden Tatbestands nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.
4.1. Dem in Art139 Abs6 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Verordnungsprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Verordnungsprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (vgl. VfSlg. 10.616/1985, 10.736/1985, 10.954/1986).
4.2. Der Beginn der nichtöffentlichen Beratung im Verordnungsprüfungsverfahren, fand am 19. Juni 2001 statt. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 6.10.2000 eingelangt, war also zum Zeitpunkt des Beginnes der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; der ihr zugrundeliegende Fall ist somit einem Anlaßfall gleichzuhalten.
5. Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als gesetzwidrig erkannten Verordnungen an. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß dadurch die Rechtssphäre des Beschwerdeführers nachteilig beeinflußt wurde. Der Beschwerdeführer wurde somit wegen Anwendung gesetzwidriger Verordnungen in seinen Rechten verletzt.
6. Der Bescheid ist daher aufzuheben.
7. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG abgesehen.
8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 4.500,-- enthalten.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:B1618.2000Dokumentnummer
JFT_09989372_00B01618_00