TE OGH 1984/11/21 11Os146/84

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Veröffentlicht am 21.11.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.November 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Lengauer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Helmut A wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahles durch Einbruch nach den § 127 Abs 1, 129 Z 2, 130 (2. Fall) StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten sowie die Berufung des gesetzlichen Vertreters des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems/D. als Jugendschöffengericht vom 25. Juli 1984, GZ 8 Vr 213/84-14, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwaltes Dr. Kodek, des Angeklagten Helmut A und des Verteidigers Dr. Berethalmy zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung des Angeklagten wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß die verhängte Freiheitsstrafe gemäß dem § 43 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wird. Im übrigen wird der Berufung des Angeklagten ebenso wie jener des gesetzlichen Vertreters nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 12.Dezember 1966 geborene (also noch jugendliche), beschäftigungslose Helmut A des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs 1, 129 Z 2, 130 (2. Fall StGB) schuldig erkannt, weil er in Gutenbrunn fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert, nämlich Geldmünzen aus der Geldlade eines (richtig: zweier) Automaten, dem Harald B mit Bereicherungsvorsatz und in gewerbsmäßiger Absicht wegnahm, und zwar 1./ in der Zeit von ungefähr April 1983 bis Oktober 1983 in zahlreichen Angriffen Geldbeträge in der Höhe von jeweils etwa 100 S wöchentlich, indem er ein Behältnis, nämlich die Geldlade eines Spielautomaten aufbrach; 2./ am 19.Oktober 1983 700 S und am 20.Oktober 1983 75 S. Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte in Ansehung der Qualifikation nach den § 129 Z 2 und 130 (höhere Strafstufe) StGB mit einer auf den § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Soweit er sich in der Mängelrüge unter dem Gesichtspunkt unzureichender Begründung, Unvollständigkeit und Undeutlichkeit des Urteils gegen die Annahme der Voraussetzungen des § 129 Z 2 StGB wendet, weil nicht festgestellt sei, ob die Geldlade nicht schon zufolge der Manipulationen der Vortäter in einem Zustand war, in dem sich ein Aufbrechen oder Öffnen erübrigte, führt er der Sache nach eine Subsumtionsrüge nach dem zweitbezogenen Nichtigkeitsgrund aus, ebenso wie auch mit dem weiteren - zutreffend auch ziffernmäßig auf dem § 281 Abs 1 Z 10 StPO gestützten - Vorbringen, das vom Erstgericht festgestellte 'Aufzwängen' der Kassenlade stelle kein Aufbrechen oder Öffnen im Sinn der angewendeten Qualifikationsnorm dar. Gegen die für die rechtliche Beurteilung entscheidende Feststellung, die Geldlade sei 'aufgezwängt' worden (S 157), wendet er sich im Sinn einer Mängelrüge lediglich mit dem Hinweis auf die seiner Meinung nach im Urteil übergangene Verantwortung, nicht er habe den Automaten aufgebrochen, sondern 'die aus Bärenkopf', die mit einem Schraubenzieher die Kassen aufgezwängt hätten. Als er gekommen sei, sei der Automat schon aufgebrochen gewesen. Er selbst habe nichts beschädigt (S 147).

Diesem Vorbringen versagte aber das Erstgericht ersichtlich mit Bezugnahme auf die Sachverhaltsschilderung des Angeklagten im Vorverfahren (S 49 ff), auf die in der Urteilsbegründung ausdrücklich verwiesen wird (S 158), den Glauben.

Dieser Schilderung nach konnte das Erstgericht davon ausgehen, daß der Beschwerdeführer nicht etwa nur aus der bereits früher von anderen geöffneten Geldlade mit Hilfe eines Lineals Münzen herausangelte, sondern die Lade gewaltsam, nämlich durch spaltbreites Wegpressen der Vorderwand öffnete, um Zugang für sein Lineal zu schaffen. Die Feststellung ist daher mängelfrei getroffen und nur insofern, aber in einer keine entscheidende Tatsache betreffenden - und vor allem ungerügt gebliebenen - Weise undeutlich, als das Erstgericht nicht unterscheidet, daß die Diebstähle aus zwei Spielautomaten verübt wurden, und zwar die dem Schuldspruchfaktum 1 zugrundeliegenden Fakten gewaltsam aus dem tischförmigen Apparat, hingegen die beiden Diebstähle laut Faktum 2 aus einem anderen, von einem weiteren Täter - nach dessen Angaben im Vorverfahren (S 45) auf Aufforderung des Angeklagten - bereits aufgebrochenen und daher dem Zugriff offenen (kathederförmigen) Apparat (vgl. ON 2, insbes. S 87).

Entgegen dem Beschwerdevorbringen sind auch die Urteilsfeststellungen zur abschließenden rechtlichen Beurteilung ausreichend: Das Erstgericht brachte mit hinlänglicher Deutlichkeit zum Ausdruck, daß der Beschwerdeführer die Geldlade des Spielautomaten aufzwängte, sie also unter Anwendung von Gewalt ('Zwang') öffnete. Er hat somit nicht etwa bloß mit dem mit Klebeband dafür präparierten Lineal durch eine schon bestehende Lücke Geld aus der verschlossenen Lade 'herausgefischt', was allerdings die Qualifikation nach dem § 129 Z 2 StGB nicht begründen würde (vgl. LSK 1977/294). Er hat vielmehr eine Ecke der versperrten Geldlade mit der Hand so weit weggebogen, daß er durch die derart von ihm - gewaltsam - geschaffene schmale Öffnung das Lineal einführen konnte (vgl. auch die Lichtbilder S 109). Daß dieses Aufzwängen möglicherweise erleichtert war, weil durch vorangegangene Manipulationen anderer Täter mit einem Schraubenzieher die Lade nicht mehr so dicht schloß wie vorher im unbeschädigten Zustand, kann dabei außer Ansatz bleiben: Die allenfalls vorhandene Öffnung reichte jedenfalls nicht aus, um mit dem Lineal auch ohne Anwendung von Zwang (d.i. Gewalt) gegen die Umschließung des Behältnisses Münzen 'herauszufischen'. Demnach mußte der Täter Gewalt gegen die Verriegelung anwenden (vgl. 9 Os 73/79). Eine Beschädigung des Behältnisses ist zur Erfüllung des Tatbildes nicht vorausgesetzt (vgl. LSK 1983/123).

Die rechtliche Beurteilung der Diebstähle aus der versperrten Geldlade des tischförmigen Spielautomaten nach dem § 129 Z 2 StGB war daher zutreffend.

Ebenso nahm das Erstgericht gewerbsmäßigen Diebstahl im Sinn der 2.

Strafstufe des § 131 StGB zu Recht an:

Wenn der Beschwerdeführer in der Mängelrüge gegen die diesbezüglichen Urteilsfeststellungen darauf verweist, daß der seiner Mutter für ihn monatlich zur Verfügung stehende Betrag 2.620 S betragen habe, wovon er ein angemessenes Taschengeld erhalten hätte können, so daß er auf die gestohlenen Beträge nicht angewiesen gewesen wäre, zumal er durch Hilfsarbeiten bei einer Nachbarin monatlich noch rund 1.000 S verdient hätte, so ist ihm zwar entgegenzuhalten, daß gewerbsmäßige Tatbegehung die Verwendung dadurch erzielter Einnahmen zur (teilweisen oder gänzlichen) Deckung lebenswichtiger Bedürfnisse des Täters nicht voraussetzt. Auch ein bloßer Zuschuß zu den sonstigen Einkünften des Täters ist geeignet, die gewerbsmäßige Verübung der Diebstähle anzuzeigen, wenn sie in der Absicht geschahen, durch wiederkehrende Begehung fortlaufende Einnahmen zu erzielen. Dies aber stellte das Erstgericht ausdrücklich fest (S 157 ff).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach der zweiten Strafstufe des § 130 StGB unter Bedachtnahme auf den § 11 JGG eine Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend den raschen Rückfall und die (einschlägige) Vorstrafe, als mildernd das Geständnis und die vernachlässigte Erziehung. Von einer bedingten Strafnachsicht nahm das Erstgericht wegen des Vorlebens, des 'überaus raschen' Rückfalles und der ungünstigen Verhaltensprognose Abstand. Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte die über ihn verhängte Freiheitsstrafe unter Anwendung des § 43 StGB herabzusetzen. Die Berufung seiner Mutter als gesetzlicher Vertreterin wendet sich allein gegen das Strafausmaß.

Nur der Berufung des Angeklagten kommt teilweise Berechtigung zu. Die Strafzumessungsgründe wurden in erster Instanz im wesentlichen richtig und auch vollständig ermittelt. Sie wurden aber auch ihrem Gehalt nach entsprechend gewürdigt. Das gefundene Strafmaß entspricht dem Unrechtsgehalt der Tat und der Schuld des Täters. Zu seiner Herabsetzung besteht daher kein Anlaß.

Allerdings steht auf Grund des Berichtes des für den Angeklagten im Verfahren 8 Vr 269/83 des Kreisgerichtes Krems/D. bestellten Bewährungshelfers fest, daß sich der Angeklagte unter dem Einfluß der Bewährungshilfe positiv zu entwickeln beginnt. Eine ungestörte Fortsetzung dieses Nacherziehungsversuches erscheint durchaus erfolgversprechend.

Daraus ergibt sich aber, daß Grund zur Annahme besteht, der junge Rechtsbrecher werde sich auch bei bloßer Androhung des Strafübels künftig wohlverhalten. Nach den Umständen des Falles ist der (sofortige) Strafvollzug auch nicht geboten, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Deshalb war in teilweiser Stattgebung der Berufung des Angeklagten die über ihn verhängte Freiheitsstrafe gemäß dem § 43 StGB unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachzusehen.

Mithin war insgesamt wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen. Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E04886

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0110OS00146.84.1121.000

Dokumentnummer

JJT_19841121_OGH0002_0110OS00146_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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