TE OGH 1984/11/22 8Ob540/84

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Veröffentlicht am 22.11.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** AG, *****, vertreten durch Dr. Christian Prem, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Prof. Dipl. Ing. E***** S*****, vertreten durch Dr. Egbert Schmid, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 20.972,-- s.A. (Rekursinteresse S 20.656,-- s.A.) infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 23. Dezember 1983, GZ 42 R 648/83-14, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 29. April 1983, GZ 34 C 294/82-10, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Rekurs wird betreffend die Klagsteilforderung von 3.524 S s.A. zurückgewiesen.

In Ansehung der Klagsteilforderung von 17.132 S s.A. wird dem Rekurs nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Begründung:

Die Klägerin forderte vom Beklagten die Bezahlung von S 20.972 s.A. als aushaftenden Saldo zweier Girokonten des Beklagten per 31. 5. 1982.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach, beantragte kostenpflichtige Klagsabweisung und wendete ein, daß er der Klägerin nichts schulde, da der aushaftende Saldo lediglich dadurch entstanden sei, daß diese zu Unrecht Schecks eingelöste habe, die dem Beklagten gestohlen worden seien, obwohl die Unterschriften auf den eingelösten Schecks mit denen des Beklagten nicht übereingestimmt hätten.

Das Erstgericht sprach der Klägerin S 20.656,-- s.A. zu und wies das Mehrbegehren von S 316,-- s.A. ab, wobei es im wesentlichen von folgenden Feststellungen ausging:

Der Beklagte hat bei der Klägerin zwei Girokonten. Am 21. 1. 1980 bestätigte er die Übernahme der Scheckkarten und die Kenntnis und Anerkennung der Bedingungen der österreichischen Kreditinstitute für die Ausgabe und Verwendung von Euroscheckkarten in der damals geltenden Fassung aus 1969. Anfang Juni 1981 wurden dem Beklagten vermutlich in der Sauna in ***** Scheckformulare der beiden Konti gestohlen, eine Woche später gingen auch die dazugehörigen Scheckkarten in Verlust. Der Beklagte meldete unverzüglich diesen Vorfall bei seiner kontoführenden Stelle, der Filiale L*****straße. Erst im Dezember 1981 gingen dann die ersten vermutlich verfälschten Schecks ein, wobei der Täter unbekannt blieb. Zu diesem Zeitpunkt war bankintern der wahre Sachverhalt bereits bekannt. Die vorgelegten Schecks wurden nicht vor dem Schalterbeamten direkt ausgefüllt, sondern vom vermutlichen Täter als Zahlungsmittel bei verschiedenen Firmen verwendet. Sie lauteten im Großteil der Fälle auf den Garantiebetrag von S 2.500,--. Dieser gegenüber den Bedingungen aus 1969 erhöhte Garantiebetrag ergab sich durch eine Neufassung der Bedingungen mit November 1981. Die Klägerin löste die Schecks bis zu einem Betrag von je S 2.500,-- ein; auf einen Scheck zahlte sie S 2.816,-- aus. Der Beklagte erstattete am 23. 12. 1981 bei der Polizei die Anzeige über den Diebstahl. Von der Klägerin wurden ihm zu seinen beiden Pensionskonten neue Scheckformulare und Scheckkarten übergeben. Wiederum besuchte der Beklagte die Sauna *****straße am 23. 3. 1982, wobei ihm neuerlich eine große Anzahl von Scheckformularen beider Konten samt den beiden dazugehörigen Scheckkarten gestohlen wurden. Darüber erstattete er am 24. 3. 1982 die Anzeige beim Polizeiwachzimmer J*****gasse und meldete den neuerlichen Verlust auch der Klägerin. Diese hat bei der W***** Versicherung eine Scheckkartenversicherung mit dem Höchstbetrag von S 75.000,-- abgeschlossen. Die Versicherung bezahlte am 10. 3. 1982 auf eines der Konten S 75.000,-- und auf das andere S 44.669,--. Damit war auch der Fehlbetrag bis auf einen verbleibenden Restbetrag von S 13.580,--, welcher außer Streit steht, gedeckt. Durch Nebengebühren vergrößerte sich dieser Betrag, bis er zum 31. 5. 1982 in voller Höhe des Klagsbetrages unberichtigt aushaftete. Die Zinsen betragen bei einem Konto 15 % p.a., beim anderen 17,5 % p.a.. Bankintern werden Schecks, welche im Verrechnungswege und mit gefälschter Unterschrift präsentiert werden, vorläufig gebucht und zusammen mit den Buchhaltungsunterlagen an die Zweiganstalt der Klägerin weitergeleitet, wo solche Schecks, die eine Summe über S 5.000,-- aufweisen, nochmals händisch überprüft werden. Dieser Vorgang entfällt jedoch bei niedrigeren Beträgen. Als Schecknehmer traten im vorliegenden Fall fast 40 verschiedene Firmen auf.

Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, daß die Klägerin auf Grund der vom Beklagten akzeptierten Bedingungen für den Scheckverkehr zur Einlösung der vorgelegten Schecks bis zur Höhe der Garantiesumme von S 2.500,-- verpflichtet gewesen sei. Eine Prüfung der Unterschriften bei Präsentation von Schecks im Verrechnungswege sei nicht Sache der Klägerin gewesen, sondern die des ersten Schecknehmers. Der Beklagte sei daher verpflichtet, für die Abdeckung seines Kontos Sorge zu tragen und es treffe ihn auch die Haftung für Verlust und Mißbrauch sowohl von Scheckformularen als auch von Scheckkarten. Mit dem Hinweis auf ein besonders fahrlässiges Verhalten des Beklagten sowohl hinsichtlich der Aufbewahrung der Scheckformulare als auch der Scheckkarte schloß das Erstgericht die Möglichkeit des Mitverschuldens der Klägerin aus.

Infolge Berufung des Beklagten hob das Gericht zweiter Instanz die im klagsabweisenden Teil unbekämpfte Entscheidung des Erstgerichtes im klagsstattgebenden Teil unter Beisetzung eines Rechtskraftvorbehaltes auf. Dem Erstgericht sei betreffend seiner Auslegung der Bedingungen für den Scheckverkehr beizupflichten, daß der Kontoinhaber alle Folgen und Nachteile des Abhandenkommens, der mißbräuchlichen Verwendung, der Fälschung und Verfälschung von Schecks, Scheckvordrucken sowie der Euroscheckkarte zu tragen habe, selbst wenn er deren Abhandenkommen dem Kreditinstitut zur Kenntnis gebracht habe. Das Kreditinstitut habe daher vorgelegte Schecks bis zur Höhe der Garantiesumme jedenfalls einzulösen, jedoch entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichtes nur unter den Voraussetzungen, die in Punkt 2 der Bedingungen der österreichischen Kreditinstitute für die Ausgabe und Verwendung von Euroscheckkarten (Fassung November 1981) definiert seien, und zwar, wenn der Name des Kreditinstitutes, die Unterschrift sowie die Konto- und Kartennummer auf dem Euroscheck und der Euroscheckkarte übereinstimmten, d.h. für den vorliegenden Fall, daß die Bank einen Scheck nur dann habe einlösen dürfen, wenn die Unterschrift des Kontoinhabers auf der Euroscheckkarte mit der Unterschrift auf dem Scheck übereinstimmte. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes würden bankintern Schecks, welche im Verrechnungsweg mit gefälschter Unterschrift präsentiert werden, vorläufig gebucht und sodann mit den Buchhaltungsunterlagen an die Zweiganstalt der Klägerin weitergeleitet, wo solche Schecks, die eine Summe über S 5.000,-- aufwiesen, noch einmal händisch überprüft würden. Dieser Vorgang entfalle jedoch bei niedrigeren Beträgen. Daraus ergebe sich, was von der Klägerin auch nicht bestritten werde, daß diese im vorliegenden Fall die Übereinstimmung der Unterschrift des Kontoinhabers mit denen auf den Schecks nicht überprüft habe. Zu einer derartigen Prüfung sei die Klägerin jedoch entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichtes nach den Bedingungen des Scheckvertrages verpflichtet gewesen. Diese Überprüfung habe nach dem äußeren Gesamtbild zu erfolgen, da die Bank nur dann zahlungspflichtig sei, wenn der Schecknehmer nach dem Gesamtbild der Unterschriften eine Übereinstimmung als gegeben annehmen durfte. Im vorliegenden Fall habe nun das Erstgericht keine Feststellungen getroffen, ob die Unterschriften auf den Schecks mit der Musterunterschrift des Beklagten, die bei der Bank aufliege, übereinstimmten. Im fortgesetzten Verfahren werde daher das Erstgericht zu prüfen haben, ob die Unterschriften auf den einzelnen von der Bank eingelösten Schecks mit der Musterunterschrift des Beklagten in ihrem äußeren Gesamtbild übereinstimmten. Erst nach dieser Prüfung und Vorliegen der entsprechenden Feststellungen werde die Frage zu lösen sein, inwieweit die Bank ein Verschulden an der Entstehung des Schadens treffe. Wenn die Unterschriften nicht übereinstimmten, hätte die Bank den Scheck nicht honorieren dürfen. Es begründe ein Verschulden des Bezogenen, wenn er einen Scheck honoriere, der eine von der Musterzeichnung abweichende Unterschrift aufweise, wobei die Bank jedoch lediglich überprüfen müsse, ob auf Grund einer äußerlichen Prüfung nach dem Gesamtbild der Unterschriften sich eine Übereinstimmung ergebe. Für den Fall jedoch, daß das Erstgericht eine Übereinstimmung der Unterschriften als gegeben erachte, werde noch zu prüfen sein, inwieweit der Dienstnehmer der Klägerin mit der Sorgfalt eines erfahrenen Sachbearbeiters gehandelt habe, als er trotz Kenntnis von dem Verlust der Schecks den Beklagten nicht darauf hingewiesen habe, etwa durch Änderung seines Kontos und - damit verbunden - der Scheckkarte, die mißbräuchliche Verwendung der Schecks zu verhindern. In diesem Zusammenhang werde das Erstgericht auch noch genaue Feststellungen zu treffen haben, ob, wie der Beklagte behaupte, dieser sowohl den Verlust der Schecks als auch der Scheckkarte unverzüglich der Bank meldete, da dies aus den Feststellungen des Erstgerichtes nicht mit der notwendigen Deutlichkeit zu entnehmen sei. Das Erstgericht habe lediglich festgestellt, daß der Beklagte unverzüglich diesen Verlust der kontoführenden Stelle meldete, es sei jedoch nicht klar erkennbar, ob es sich dabei um den Verlust der Scheckkarte oder jeweils um den Verlust der Scheckformulare und der Scheckkarte gehandelt habe. Sollte das Erstgericht jedoch zu dem Ergebnis gelangen, daß die Unterschriften auf den vorgelegten Schecks mit der Musterunterschrift des Beklagten nicht übereinstimmten und daher die Klägerin zur Einlösung der Schecks nicht berechtigt gewesen sei, werde der Einwand der Klägerin, daß den Beklagten ein Mitverschulden durch seine sorglose Aufbewahrung treffe, zu prüfen sein. Hiezu müsse das Erstgericht jedoch Feststellungen treffen, wo der Beklagte die Schecks aufbewahrt habe. Das Erstgericht habe zwar in seinen Rechtsausführungen vermeint, daß dem Beklagten eine gewisse Fahrlässigkeit nicht abzusprechen sei, da er Schecks und Scheckkarte gemeinsam in einem verschlossenen Spind der P*****-Sauna verwahrt habe, jedoch keine Feststellungen darüber getroffen, wie der Beklagte im Juni 1981 die Scheckformulare bzw. die Scheckkarte verwahrt habe. Keinesfalls könne jedoch das Erstgericht dem Beklagten vorwerfen, daß bei dem neuerlichen Diebstahl in der P*****-Sauna ein Jahr später Scheckformulare und Scheckkarte gemeinsam gestohlen wurden und er diese gemeinsam aufbewahrt habe, da der genannte Diebstahl der Schecks nicht Gegenstand dieses Verfahrens sei. Aus den bisherigen Feststellungen des Erstgerichtes ergebe sich zumindest eindeutig, daß im streitgegenständlichen Fall dem Beklagten Scheckformulare und Scheckkarte zu verschiedenen Zeiten gestohlen wurden und diese daher nicht unbedingt gemeinsam aufbewahrt wurden. Wenn daher das Erstgericht vermeine, daß dem Beklagten bei gemeinsamer Aufbewahrung von Scheck und Scheckkarte in einem verschlossenen Spind dies als Fahrlässigkeit anzurechnen sei, so gelte dies noch nicht bei getrennter Verwahrung von Schecks und Scheckkarte. Die Rechtsansicht des Erstgerichtes bezüglich der sorglosen Aufbewahrung sei nicht zu teilen, da Ziel und Aufgabe der Instrumente „Scheck und Scheckkarte“ es mit sich brächten, daß der Berechtigte diese wohl zwangsläufig mit sich tragen müsse, wolle er sich ihrer bedienen. Aus der Aufbewahrung von Scheck und Scheckkarte in einem verschlossenen Spind könne daher auf ein fahrlässiges Verhalten nicht ohne weiteres geschlossen werden. Die Aufbewahrung derartiger Papiere in einem verschlossenen Behältnis, das nur unter besonderen Schwierigkeiten geöffnet werden könne, erscheine vielmehr im Hinblick auf die Gegebenheiten des modernen Geschäftsverkehrs ausreichend. In diesem Zusammenhang sei auch darauf hinzuweisen, daß für die Klägerin bei Annahme eines geringen Verschuldens des Kontoinhabers nichts zu gewinnen sei, da ein solches leichtes Verschulden angesichts eines grob fahrlässigen Verhaltens, wie es etwa die mangelnde Überprüfung der Unterschrift darstelle, vernachlässigt werden könne. Für den Fall jedoch, daß das Erstgericht das Verschulden des Beklagten bejahe, werde es noch Feststellungen darüber zu treffen haben, ob die Klägerin ihrer Aufklärungspflicht bezüglich der Höhe der Kreditzinsen gegenüber dem Beklagten nachgekommen sei bzw. ob ihr Angestellter ihn angeleitet habe, welche Variante der Kontoüberziehung für ihn am günstigsten sei, um den Schaden möglichst gering zu halten. Auch wenn Rat und Auskunft nur als Nebenleistung im Verhältnis zwischen den Streitteilen, das primär auf andere Ziele gerichtet sei, anzusehen seien, so sei analog den Bestimmungen des § 1300 Satz 1 ABGB im vorliegenden Fall die Klägerin für einen mangelnden oder nachteiligen Rat ihres Angestellten verantwortlich.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wendet sich der Rekurs der Klägerin aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Aufhebung bzw. Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des Ersturteiles.

Der Beklagte beantragt in seiner Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben,

Der Rekurs ist nur teilweise zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Mit der vorliegenden Klage werden Ansprüche aus zwei verschiedenen Girokonten geltend gemacht, nämlich S 3.840,-- s.A. aus dem Konto Nr. ***** und S 17.132,-- s.A. aus dem Konto Nr. *****, insgesamt daher, wie bereits ausgeführt wurde, S 20.972,-- s.A.. Hievon wurden der klagenden Partei S 20.656,-- s.A. vom Erstgericht zugesprochen. In Ansehung des Betrages von S 316,-- s.A. wurde das Klagebegehren - rechtskräftig - abgewiesen. Eine nachträgliche Erhebung des Obersten Gerichtshofs zum Zweck der Prüfung der Zulässigkeit des vorliegenden Rekurses ergab, daß sich diese Teilabweisung auf die Klagsteilforderung von S 3.840,-- s.A. (Anspruch aus dem Konto Nr. *****) bezieht; in Ansehung dieses Teilanspruches wurden sohin der klagenden Partei vom Erstgericht S 3.524,-- s.A. zugesprochen. Hinsichtlich der Ansprüche aus den zwei verschiedenen Girokonten besteht weder ein tatsächlicher noch ein rechtlicher Zusammenhang. Beide Ansprüche sind demnach bei der Beurteilung der Zulässigkeit des Rekurses im Sinne des § 528 Abs. 1 Z 5 ZPO (§ 519 Abs. 2 ZPO) nicht zusammenzurechnen (SZ 43/185 ua.); es sind vielmehr beide Ansprüche diesbezüglich getrennt zu beurteilen. Dies ergibt, daß der vorliegende Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes betreffend den Klagsteilanspruch von S 3.524,-- s.A. nach den oben zitierten Bestimmungen unzulässig und in diesem Belang zurückzuweisen ist.

In Ansehung des zweiten Klagsteilanspruches von S 17.132,-- s.A. ist der Rekurs zwar zulässig, aber nicht gerechtfertigt.

Die Klägerin führt in ihrem Rechtsmittel aus, nach den Bedingungen über den Scheckverkehr und über die Ausgabe und Verwendung von Scheckkarten, die zwischen den Streitteilen Vertragsgrundlage geworden seien, hafte allein der Kontoinhaber für alle Folgen und Nachteile des Abhandenkommens, der mißbräuchlichen Verwendung oder der Verfälschung der Scheckkarte. Auch eine Sperre oder Kraftloserklärung von in Verlust geratenen Scheckkarten sei nicht möglich. Zur Überprüfung der Übereinstimmung der Unterschriften des Beklagten auf den Schecks und auf dem Unterschriftenblatt der Klägerin sei die Klägerin nicht verpflichtet gewesen, es müßten nur die Unterschriften auf dem Scheck und auf der Scheckkarte übereinstimmen; die Unterschrift auf der gestohlenen Scheckkarte des Beklagten hätte auch verfälscht sein können. Den Beklagten treffe ein Mitverschulden durch grob fahrlässige Vernachlässigung seiner Verpflichtung zur sorgfältigen Aufbewahrung der Scheckformulare und der Scheckkarte. Hingegen treffe den Sachbearbeiter der Klägerin kein Verschulden durch Unterlassung der Aufklärung des Beklagten über eine allfällige Änderung seines Kontos sowie bezüglich der Höhe der Kreditzinsen bei Überziehung der Konten, zumal der Beklagte ja nicht um einen Kredit angesucht habe.

Diesen Ausführungen ist folgendes zu erwidern: Was die Prüfungspflicht der Klägerin bezüglich der ab Dezember 1981 bei ihrer Filiale L*****straße eingereichten, dem Beklagten im Juni 1981 gestohlenen Schecks anlangt, waren hiefür die Bedingungen der österreichischen Kreditinstitute für die Ausgabe und Verwendung von Euroscheckkarten, Fassung November 1981, maßgebend.

Punkt 2. dieser Bedingungen lautet:

Das auf der eurocheque-Karte genannte Kreditinstitut garantiert die Zahlung des Scheckbetrages jedem Schecknehmer unter folgenden Voraussetzungen: Garantie je eurocheque bis ÖS 2.500,-- (Inlandscheck) oder Gegenwert in ausländischer Währung (Auslandscheck), wenn

- Name des Kreditinstitutes, Unterschrift, Konto- und Kartennummer übereinstimmen,

- Ausstellungsdatum des eurocheques innerhalb der Gültigkeitsdauer der eurocheque-Karte liegt,

- ein Inlandscheck innerhalb von 8 Tagen, ein Auslandscheck innerhalb von 20 Tagen ab Ausstellungsdatum beim bezogenen Kreditinstitut vorgelegt wird. Geht ein Auslandscheck der Österreichischen eurocheque-Verrechnungszentrale zu, so gilt als Vorlegungstag jener Tag, an dem der Scheck bei dieser einlangt. Im Rahmen des Garantiebetrages ist ein Widerruf bzw. eine Sperre solcher Schecks innerhalb der Vorlegungsfrist von 8 bzw. 20 Tagen ausgeschlossen.

Punkt 3. lautet:

Der Inhaber einer eurocheque-Karte darf Verfügungen nur dann treffen, wenn für eine genügende Deckung des Kontos Sorge getragen wurde. Der Kontoinhaber hat dem Kreditinstitut alle Aufwendungen zu ersetzen, die diesem auf Grund der mit der eurocheque-Karte übernommenen Garantie erwachsen.

Punkt 4. lautet:

Trägt ein beim bezogenen Kreditinstitut zur Zahlung vorgelegter, im Sinne des Punktes 2 ordnungsgemäß ausgefertigter eurocheque auf der Rückseite die Nummer der an den Kontoinhaber bzw. an einen über das Konto einzeln Zeichnungsberechtigten ausgegebenen eurocheque-Karte, so ist das bezogene Kreditinstitut auf Grund der eurocheque-Kartengarantie berechtigt, an den Schecknehmer Zahlung zu leisten.

Punkt 7. lautet:

eurocheque-Karte und eurocheque-Vordrucke sollen getrennt voneinander aufbewahrt werden. Der Kontoinhaber trägt alle Folgen und Nachteile des Abhandenkommens, der mißbräuchlichen Verwendung oder der Verfälschung der eurocheque-Karte, und zwar auch dann, wenn dem Kreditinstitut der Verlust angezeigt worden ist oder wenn eine Zeichnungsberechtigung dem Kreditinstitut gegenüber widerrufen wurde. Das Kreditinstitut haftet im Rahmen des von ihm zu vertretenden Verschuldens nur in dem Maße, als es im Verhältnis zu anderen Ursachen an der Entstehung des Schadens mitgewirkt hat. Eine Sperre oder Kraftloserklärung von in Verlust geratenen eurocheque-Karten ist nicht möglich.

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes hatte der Beklagte bei der Filiale L*****straße zwei Girokonten eröffnet. Hiebei hatte er gemäß Punkt 5. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen bei der kontoführenden Filiale der Klägerin seine Unterschrift zu hinterlegen (Schinnerer-Avancini, Bankverträge3 I 63 f.). Der Scheckkarteninhaber hat die Scheckkarte in der Form zu unterschreiben, in welcher seine Unterschrift für das bezügliche Konto bei dem Kreditinstitut hinterlegt ist. Auf die Konformität der Unterschriften ist zu achten, weil Schecks nur honoriert werden, wenn die Ausstellerunterschrift sich mit der hinterlegten Unterschrift deckt, der Schecknehmer aber wiederum prüfen muß, ob die Unterschriften auf Scheck und Scheckkarte übereinstimmen (vgl. Avancini in ÖBA 1970, 56). Die Klägerin hatte damit jederzeit die Möglichkeit, Unterschriften auf eingereichten Schecks mit der Musterunterschrift des Beklagten zu vergleichen, zumal diese Schecks ja ab Dezember 1981 in der kontoführenden Filiale eingereicht wurden. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch nach den Feststellungen „bankintern“, also jedenfalls auch in der kontoführenden Filiale der Klägerin, durch die Meldung des Beklagten der „wahre Sachverhalt“ (Diebstahl) bekannt. Unter diesen Umständen muß aber mit dem Berufungsgericht eine Verpflichtung der Klägerin zur Überprüfung der Ausstellerunterschriften auf den eingereichten Schecks mit der Musterunterschrift des Beklagten bejaht werden; die Klägerin hatte mangels Vorlage der Scheckkarte zusammen mit den eingereichten Schecks lediglich die Möglichkeit, an Hand der Musterunterschrift des Beklagten, die, wie oben dargestellt, mit der Unterschrift auf der Scheckkarte übereinstimmen mußte, die Übereinstimmung der Unterschriften nach dem Gesamtbild (3 Ob 595/81) festzustellen, um auf diese Weise die in Punkt 2. der Bedingungen für die Ausgabe und Verwendung von Euroscheckkarten geforderte Voraussetzung für die Zahlungsgarantie, nämlich Übereinstimmung der Unterschrift auf den Schecks und der Scheckkarte, zu erfüllen. Ergab diese äußerliche Überprüfung nicht die erforderliche Übereinstimmung der Unterschriften, war der Scheck wie jeder andere „nicht garantierte“ Scheck zu behandeln (Avancini aaO 57), d.h. die Klägerin durfte die Verfügung über das Konto in Form der Honorierung des Schecks nicht durchführen, wobei ihre Dienstnehmer mit der Sorgfalt erfahrener Sachbearbeiter vorzugehen hatten (vgl. Schinnerer-Avancini, Bankverträge3 I 64 f.). Da somit die Überprüfungspflicht der Klägerin hinsichtlich der Übereinstimmung der Ausstellerunterschriften auf den Schecks mit der Musterunterschrift des Beklagten vom Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum bejaht wurde, bedarf es der in dieser Richtung von der zweiten Instanz angeordneten ergänzenden Erhebungen, um die Frage eines allfälligen Verschuldens der Klägerin an der Entstehung des Schadens (Punkt 7.) der Bedingungen für die Ausgabe der Verwendung von Scheckkarten) durch Verletzung der Überprüfungspflicht beurteilen können. Festzuhalten ist, daß die in Punkt 7 der Bedingungen enthaltene Bestimmung, wonach der Kontoinhaber alle Folgen und Nachteile des Abhandenkommens, der mißbräuchlichen Verwendung oder der Verfälschung der eurocheque-Karte trägt, und zwar auch dann, wenn dem Kreditinstitut der Verlust angezeigt worden ist, dahin zu verstehen ist, daß die genannten Folgen und Nachteile den Kontoinhaber dann nicht treffen, wenn das Kreditinstitut einen Scheck einlöst, obwohl die im Punkt 2. der Bedingungen festgesetzten Voraussetzungen für die Zahlungsgarantie nicht vorliegen. Hat in einem solchen Fall das Kreditinstitut dennoch den Scheck eingelöst, hat es die wirtschaftlichen Folgen und Nachteile selbst zu tragen.

Vor Klärung der Frage, ob die Klägerin ein Verschulden durch Verletzung ihrer Überprüfungspflicht trifft, ist auf die Fragen eines allfälligen weiteren Verschuldens der Klägerin durch Verletzung von Aufklärungspflichten gegenüber dem Beklagten bzw. eines Verschuldens des Beklagten in Zusammenhang mit der Verwahrung der Scheckformulare und der Scheckkarten nicht einzugehen, weil derzeit noch nicht beurteilt werden kann, ob diese Fragen überhaupt Bedeutung erlangen werden.

Dem Rekurs war daher - soweit er zulässig ist - ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Textnummer

Z57185

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0080OB00540.840.1122.000

Im RIS seit

10.01.1996

Zuletzt aktualisiert am

14.11.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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