Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dkfm. Mag. Dr. Michael B*****, vertreten durch Dr. Gernot Schreckeneder, Rechtsanwalt in Zell am See, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, wegen 33.116,70 S und Feststellung (Streitwert 40.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 20. Juli 1984, GZ 3a R 65/84-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 7. Februar 1984, GZ 8 Cg 47/83-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.685 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger unterrichtet seit mehreren Jahren an der Bundeshandelsakademie und Bundeshandelsschule Z***** kaufmännische Fächer der Gruppen A und B die Rechnungswesen, Betriebswirtschaftslehre, volkswirtschaftliches Rechnen, Staatsbürgerkunde, Rechtslehre, Volkswirtschaftslehre und Soziologie umfassen. Am 5. Februar 1981 meldete der Kläger schriftlich seine Wünsche für die Lehrfächerverteilung des kommenden Schuljahres 1981/1982, einen freien Tag und sechs Überstunden, an. Der Direktor der Anstalt (Dienststellenleiter), Dkfm. Herbert G*****, verteilte die dauernden Mehrdienstleistungen so, dass auf den Kläger nur 3,78 Überstunden wöchentlich entfielen, während den übrigen Lehrkräften für die kaufmännischen Fächer zwischen 8,09 und 5,06 Überstunden zugewiesen wurden. Weniger Überstunden als der Kläger erhielt - allerdings über eigenen Wunsch - nur eine Lehrerin zugewiesen. Nachdem der Kläger von dieser Aufteilung der Mehrdienstleistungen erfahren hatte, wandte er sich an den Obmann des Dienststellenausschusses der Bundeshandelsakademie und Bundeshandelsschule Z***** (im Folgenden: Dienststellenausschuss) mit dem Wunsch, mehr Überstunden zu erhalten. Dies wäre möglich gewesen, wenn andere Lehrkräfte Überstunden abgegeben hätten. Der Dienststellenausschuss stimmte in der Sitzung vom 6. 10. 1981 der Verteilung der Mehrdienstleistungen durch den Dienststellenleiter zu, weil dieser zugesagt hatte, über mehrere Jahre hinweg die ungleiche Überstundenzuweisung wieder auszugleichen.
Gegen diese Zustimmung erhob der Kläger Beschwerde an die Personalvertretungsaufsichtskommission beim Bundeskanzleramt, die am 27. 4. 1982 mit Bescheid A 21-PVAK/81-23 wie folgt entschied: „Gemäß § 41 Abs 1 und 2 PVG wird festgestellt, dass die Geschäftsführung des Dienststellenausschusses insoweit gesetzwidrig war, als er bei Aufteilung der Mehrdienstleistungen aufgrund der Lehrfächerverteilung für das Schuljahr 1981/82 nicht dafür eingetreten ist, dass der Erlass des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst vom 12. 12. 1980, GZ 715/8-18/80, wonach Mehrdienstleistungen auf alle in Frage kommenden Lehrer etwa gleichmäßig aufzuteilen sind, eingehalten wird. Insoweit wird der Beschluss des Dienststellenausschusses vom 6. 10. 1981, Tagesordnungspunkt 4, als gesetzwidrig aufgehoben."
Im Laufe des Schuljahres 1981/82 kam es dazu, dass der Kläger durch Förderstunden, Karenzvertretungen und Supplierstunden weitere (allerdings vorübergehende) Mehrdienstleistungen zugeteilt erhielt, so dass er schließlich in diesem Schuljahr durchschnittlich 6,596 Stunden Mehrdienstleistungen wöchentlich erbrachte, während der Durchschnitt der Lehrkräfte für die kaufmännischen Fächer 6,671 Stunden betrug.
Der Kläger behauptet, er habe durch die gesetzwidrige Vorgangsweise des Dienststellenausschusses und die erlasswidrige Verteilung der Überstunden durch den Dienststellenleiter Mehrdienstleistungen im Umfang von drei Stunden wöchentlich verloren, wodurch sich ein Minderverdienst von 33.116,70 S ergäbe. Dieser könne sich auch auf seine künftigen Pensionsansprüche auswirken. Die Organe des Dienststellenausschusses und der Dienststellenleiter seien funktionell für den Bund tätig. Dieser hafte daher für den rechtswidrig verursachten Schaden des Klägers nach dem Amtshaftungsgesetz. Der Kläger begehrte daher zuletzt (AS 56) von der beklagten Republik Österreich Zahlung von 33.116,70 S sA und die Feststellung, dass die beklagte Partei für alle (künftigen) Nachteile aus dem Diensteinkommen hafte, die dem Kläger durch den gesetzwidrigen Beschluss des Dienststellenausschusses der Bundeshandelsakademie und Bundeshandelsschule Z***** vom 6. 10. 1981 entstehen werden.
Die beklagte Partei beantragte Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, dass sie passiv nicht legitimiert sei. Der Schaden sei durch ein Organ der Personalvertretung zugefügt worden, so dass nur dieses als Selbstverwaltungskörper mit eigener Rechtspersönlichkeit in Anspruch genommen werden könne. Ein Rechtsanspruch auf Überstunden bestehe nicht. Abgesehen davon habe der Kläger keine Einkommensminderung erlitten, da er im Schuljahr 1981/82 während 129 Unterrichtstagen in einem den Vorjahren entsprechenden Beschäftigungsausmaß eingesetzt worden sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Personalvertretung sei ein Selbstverwaltungskörper zur weisungsfreien Besorgung bestimmter Agenden mit nachprüfender Aufsicht der staatlichen Verwaltung. Gemäß § 10 Abs 7 PVG entscheide mangels Einigung im Zentralausschluss der Leiter der Zentralstelle, also regelmäßig der zuständige Ressortminister. Dies bedeute, dass die Personalvertretung ungeachtet ihrer Selbständigkeit, Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit ein Organ sei, das funktionell in den Bereich der Unterrichtsverwaltung falle, die in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache sei. Die Organe der zuständigen Personalvertretung seien daher für den Bund tätig geworden, so dass die beklagte Partei passiv legitimiert sei. Der Beklagte habe aber im Schuljahr 1981/82 fast genau so viele Mehrdienstleistungen wie die übrigen Lehrkräfte der kaufmännischen Fächer erbracht, so dass ihm kein Schaden erwachsen sei. Aus dem Erlass des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst vom 12. 12. 1980, GZ 715/8-18/80, könne er nur das Recht ableiten, gleichmäßig mit Mehrdienstleistungen beteilt zu werden. Anspruch auf überdurchschnittliche Mehrdienstleistungen habe der Kläger nicht. Wegen Fehlens eines Schadens sei auch das Feststellungsbegehren abzuweisen.
Das Berufungsgericht wies die Klage, soweit sie auch auf ein gesetzwidriges Verhalten des Dienststellenleiters gestützt wurde, rechtskräftig zurück und bestätigte im Übrigen das Ersturteil. Die zweite Instanz sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstands 60.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt und die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei. Das Erstgericht habe zwar nicht geprüft, ob der Kläger bei gleichmäßiger Zuteilung von dauernden Mehrdienstleistungen ebensoviele Supplierstunden, Förderkurse und Karenzvertretungen erhalten hätte, doch komme es darauf nicht an, weil das Verhalten der Organe des Dienststellenausschusses dem Bund nicht zuzurechnen sei. Die funktionelle Stellung der Organe der Personalvertretung als Einrichtung der beruflichen Selbstverwaltung sei nicht eindeutig bestimmt. Die Personalvertretung habe naturgemäß die Interessen der Bundesbediensteten gegen den Dienststellenleiter als Vertreter des Dienstgebers zu wahren. Sie sei somit in erster Linie Interessen-Vertretung. Gemäß § 3 Abs 5 PVG besitze die Gesamtheit der von einem Zentralausschuss vertretenen Bediensteten Rechtspersönlichkeit. Wenn auch das Personalvertretungsgesetz - anders als das Betriebsrätegesetz und das Arbeitsverfassungsgesetz - keine Bestimmungen über die Einhebung einer Umlage oder die Bildung eines Fonds enthalte, bleibe die schadenersatzrechtliche Deliktsfähigkeit der juristischen Person an sich bestehen. Nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 3 Abs 5 PVG seien die in § 3 Abs 1 lit a bis e PVG genannten Organe, sohin auch der belangte Dienststellenausschuss, nicht Organe des Bundes, sondern des im § 3 Abs 5 PVG umschriebenen Rechtsträgers. Dem Einwand, nach § 10 Abs 7 PVG entscheide letztlich doch der Leiter der Zentralstelle, stehe entgegen, dass dann eben kein Beschluss der Personalvertretung mehr vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das Urteil des Berufungsgerichts wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision des Klägers ist nicht berechtigt.
Da die Klage, soweit sie sich auf ein gesetzwidriges (erlasswidriges) Verhalten des Dienststellenleiters Dkfm. Mag. Herbert G***** stützt, als unzulässig zurückgewiesen wurde und dieser Beschluss in Rechtskraft erwachsen ist, ist im Revisionsverfahren nur mehr zu beurteilen, ob der Bund wegen der von der PVAK mit Bescheid vom 27. 4. 1982, A 21-PVAK/81-23, festgestellten rechtswidrigen Geschäftsführung des Dienststellenausschusses nach dem Amtshaftungsgesetz haftet.
Die mit Bundesgesetz vom 10. 3. 1967, BGBl Nr 133 (Bundes-Personalvertretungsgesetz-PVG), eingerichteten Personalvertretungen stellen nach der Definition durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH Slg 1936/1950) Institutionen dar, die dem Schutz und der Förderung der Bediensteten zu dienen und darüber zu wachen haben, dass die aus dem Dienstverhältnis entspringenden Rechte der Bediensteten und ihre berechtigten Interessen gewahrt werden (vgl dazu insbesondere § 2 Abs 1 und 2 PVG); die Personalvertretung ist dazu berufen, in Dienstrechtsangelegenheiten mitzuwirken, sie ist aber selbst keine Einrichtung des Dienstrechts, sondern der beruflichen Vertretung im Sinne des Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG. Die Organe der Personalvertretung (§ 3 Abs 1 PVG) sind Selbstverwaltungskörper. Von solchen spricht man, wenn nach den Vorschriften der Gesetzgebung ein bestimmter Ausschnitt der öffentlichen Verwaltung besonderen öffentlich-rechtlichen Verbänden zur weisungsfreien Besorgung nach der eigenen Willensbildung und der lediglich nachprüfenden Aufsicht der staatlichen Verwaltung übertragen ist (Adamovich, Handbuch des österr Verfassungsrechts6 312; Barfuß, Die Weisung 82; Antoniolli, Verwaltungsrecht 155). Diese Voraussetzungen treffen für die Personalvertretungsorgane als berufliche Selbstverwaltungskörper zu (Heinl-Kirschner, Personalvertretung 45; Walter, österr Bundesverfassungsrecht 612; PVAK 16. 9. 1979, A 3/79, Köckeis-Panni, Bundes-Personalvertretungsgesetz, Entsch Nr 132; 24. 2. 1976, A 18/75, Köckeis-Panni aaO Nr 71; 11. 6. 1974, A 7/74, Köckeis-Panni aaO Nr 48). Die Organe der Personalvertretung haben zwar eine strukturelle Ähnlichkeit mit der betrieblichen Interessenvertretung nach dem Arbeitsverfassungsgesetz (Adamovich-Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht2 339), sind aber nicht Betriebsräte. Es ist ständige, mit der Rechtslehre (Walter-Mayer, Grundriss des Bundesverfassungsrechts4 339; Novak in ÖJZ 1979, 1 ff, insbesondere 6; Walter, österr Bundesverfassungsrecht 819; Loebenstein-Kaniak, Komm z AHG 44 f) übereinstimmende Rechtsprechung (SZ 55/173; SZ 53/12; SZ 51/184; SZ 45/134 uva), dass ein Organ eines Rechtsträgers nur dann in Vollziehung der Gesetze im Sinne des § 1 AHG handelt, wenn es im Bereich der Hoheitsverwaltung des Rechtsträgers tätig ist. Ein Rechtsträger wird auf dem Gebiete der Hoheitsverwaltung tätig, wenn er zur Erreichung der Verwaltungsziele Hoheitsakte setzt, auf dem Gebiete der Privatwirtschaftsverwaltung hingegen dann, wenn er sich zur Erreichung dieser Ziele der gleichen Mittel bedient, die die Rechtsordnung jedermann, also auch Privaten, zur Verfügung stellt (SZ 55/173; SZ 45/134). Hoheitsverwaltung ist anzunehmen, wenn ein Rechtsträger dem Staatsbürger mit Befehls- und Zwangsgewalt ausgestattet gegenüber tritt. Entscheidend ist somit, welche rechtstechnischen Mittel der Gesetzgeber zur Verwirklichung der zu erfüllenden Aufgaben bereit hält (VfGH Slg 3262/1957; SZ 55/173; SZ 51/184; SZ 45/134). Hat der Gesetzgeber den Verwaltungsträger mit keinen Zwangsbefugnissen ausgestattet, so liegt nicht Hoheitsverwaltung, sondern Privatwirtschaftsverwaltung vor (VfGH Slg 3262/1957). Beim schadensstiftenden Verhalten in Vollziehung der Gesetze muss es sich nur nicht unmittelbar um Setzen oder Unterlassen von Befehls- oder Zwangsgewalt handeln. Erforderlich ist nur, dass das in Betracht kommende Organverhalten in einen Tätigkeitsbereich fällt, der an sich mit Befehls- und Zwangsgewalt ausgestattet ist (SZ 55/173; SZ 51/184; SZ 45/134; SZ 43/167).
Die Aufgaben, die berufliche Interessenvertretungen zu erfüllen haben, gehören nicht zur Vollziehung der Gesetze im Sinne des Bundes-Verfassungsgesetzes, sondern sind dem Bereich der „gesellschaftlichen Selbstverwaltung" zuzuordnen, die nicht zur Hoheitsverwaltung gehört. Nur neben der eigentlichen Aufgabe der Interessenvertretung werden berufliche Interessenvertretungen auch mit Aufgaben der Vollziehung betraut, die zum Teil dem selbständigen und zum Teil dem übertragenen Wirkungsbereich zugewiesen sind (Adamovich-Funk aaO 323). Auch den Organen der Personalvertretung (§ 3 Abs 1 PVG) sind so Aufgaben der Vollziehung übertragen; im § 4 Abs 2 PVG sind den Zentralausschüssen Verordnungsermächtigungen eingeräumt, nach den §§ 20 Abs 13, 21 Abs 6 und 26 Abs 4 PVG haben die Zentralwahlausschüsse Verfahren nach dem AVG 1950 durchzuführen und mit Bescheiden zu erkennen, die beim Verwaltungsgerichtshof und beim Verfassungsgerichtshof bekämpft werden können, wogegen für diese Verfahren die Zuständigkeit der Personalvertretungs-Aufsichtskommission als Aufsichtsbehörde entfällt (§ 41 Abs 3 PVG).
Bei der Mitwirkung an der Vollziehung der im § 9 PVG genannten dienstrechtlichen Angelegenheiten durch hoheitliche Organe des Dienstgebers steht aber den Organen der Personalvertretung keine Befehls- und Zwangsgewalt zu. Die Mitwirkung der Organe der Personalvertretung (des Dienststellenausschusses) in den in § 9 PVG erwähnten Angelegenheiten beschränkt sich vielmehr auf die Wahrung der Interessen der Bediensteten gegenüber dem Bund als Dienstgeber, der allein Hoheitsakte setzen kann. Die Personalvertretung hat hiebei, wie sich aus den Regelungen der §§ 9, 10 PVG ergibt, letztlich keine andere Stellung als die einer Verfahrenspartei, wenn auch in einem gesonderten Verfahren.
§ 9 PVG spricht davon, dass der Dienststellenausschuss in dienstrechtlichen Angelegenheiten „mitzuwirken" hat. Die stärkste Form der Mitwirkung ist die in § 9 Abs 2 PVG für bestimmte Angelegenheiten vorgesehene Herstellung des Einvernehmens mit dem Dienststellenausschuss. Eine solche Form der Mitwirkung war auch für das dem vorliegenden Fall zugrundeliegende Vorgehen des Dienststellenleiters im Gesetz vorgesehen. Gemäß § 9 Abs 2 lit b PVG ist das Einvernehmen mit dem Dienststellenausschuss bei der Erstellung und Änderung des Dienstplans und der Diensteinteilung, soweit sich diese über einen längeren Zeitraum bzw auf mehrere Bedienstete bezieht, herzustellen. Die gemäß § 9 Abs 3 Schulunterrichtsgesetz (SchUG) vom Schulleiter vorzunehmende Lehrfächerverteilung ist eine Diensteinteilung im Sinne dieser Vorschrift (PVAK 27. 4. 1982, A 21/81, Köckeis-Panni aaO Nr 195; 16. 9. 1980, A 23/80, Köckeis-Panni aaO Nr 158; 20. 2. 1980, A 9/79, Köckeis-Panni aaO Nr 35; Heller-Zeizinger, SchUG 51, FN 8). Verwaltungsrechtlich versteht man unter Einvernehmen, dass Entscheidungen nur im Einverständnis mit einem anderen Entscheidungsträger, das heißt nur mit dessen Zustimmung oder Genehmigung getroffen werden dürfen; zum Unterschied von der kollegialen Willensbildung und dem Vertragsabschluss wird die Maßnahme nach außen hin jedoch nur durch einen Entscheidungsträger gesetzt; es besteht also nur eine Bindung im Innenverhältnis unter den Entscheidungsträgern. Eine solche ist nur unter den obersten Organen der Vollziehung zulässig, wogegen es mit der Rechtsstellung von obersten Organen der Vollziehung unvereinbar wäre, wenn deren Entscheidungen an die Zustimmung anderer Stellen oder Personen innerhalb oder außerhalb der Verwaltung gebunden wären (Adamovich-Funk aaO 283 mit Hinweisen auf die Judikatur des VfGH). Eine rechtliche Bindung der Dienststellenleiter an die Wünsche und Vorstellungen der Personalvertretung wäre daher schon aus verfassungsrechtlichen Gründen ausgeschlossen (Adamovich-Funk aaO 340). Tatsächlich ist eine solche Bindung im Bundes-Personalvertretungsgesetz auch für die Fälle, in denen es von einem „Einvernehmen" spricht (§ 9 Abs 2 PVG), nicht vorgesehen, wie sich aus den Verfahrensvorschriften des § 10 PVG deutlich ergibt. Die Dienststellenleiter bzw die Organe der Zentralstelle haben zwar in der in § 10 Abs 2, 5, 6 und 7 PVG bezeichneten Weise zu verfahren und das Einvernehmen mit den zuständigen Organen der Personalvertretung zu suchen, ein Einverständnis mit der Personalvertretung muss aber nicht erzielt werden; die Entscheidung liegt vielmehr letztlich immer auf der Dienstgeberseite. Die Alleinverantwortlichkeit des Leiters der Zentralstelle (§ 10 Abs 7 PVG; vgl RV zur 1. PVG-Novelle 459 BlgNR 12. GP) kann durch das Mitwirkungsrecht der Personalvertretung nicht eingeschränkt werden. Es wird vielmehr durch die Entscheidung des Ressortleiters beendet. Einwendungen der Personalvertretung nach § 10 Abs 2 PVG können damit zwar die Entscheidung des Dienststellenleiters wesentlich verzögern bzw auf die Ebene des Leiters der Zentralstelle verschieben (Adamovich-Funk aaO 340 f), erzeugen aber keine Beteiligung an der Entscheidung der Hoheitsverwaltung des Bundes, die in dienstrechtlichen Angelegenheiten der Beamten nach wie vor allein den durch das Dienstrechtsverfahrensgesetz und die Dienstrechtsverfahrens-Verordnung 1981 bestimmten Dienstbehörden obliegt. Die Nichteinbindung der Personalvertretung in den Bereich der Hoheitsverwaltung in Ausübung der Mitwirkungsrechte mag auch der Grund gewesen sein, warum den Organen der Personalvertretung nicht die Stellung einer Körperschaft öffentlichen Rechts, deren Rechtsträgereigenschaft § 1 Abs 1 AHG vorsieht, und die damit notwendig verbundene finanzielle Eigenständigkeit, die erst die Bildung eines Haftungsfonds ermöglichen würde, eingeräumt wurde. Welchen Sinn die Bestimmung des § 3 Abs 5 PVG, wonach die Gesamtheit der von einem Zentralausschuss vertretenen Bediensteten - und nicht etwa der Zentralauschuss oder gar alle Organe der Personalvertretung - Rechtspersönlichkeit besitzt, haben soll, konnte bisher noch niemand erforschen. Daraus den Schluss ziehen zu wollen, die Organe der Personalvertretung treffe auch bei Ausübung ihrer Mitwirkungsrechte die Amtshaftung, entbehrt jedenfalls jeder Grundlage im Gesetz.
Aus all dem folgt, dass die Personalvertretung in den in § 9 PVG genannten dienstrechtlichen Angelegenheiten letztlich nur die Stellung einer - allerdings mit qualifizierten Mitwirkungsrechten ausgestatteten - Partei hat, aber bei Wahrnehmung dieses Aufgabenbereichs nicht als Trägerin von Hoheitsrechten auftritt. Gesetzwidriges Handeln oder Unterlassen eines Organs der Personalvertretung (§ 3 Abs 1 PVG) in Ausübung dieser Mitwirkungsrechte vermag sohin keinen Amtshaftungsanspruch zu begründen, weil das Organ hiebei nicht in Vollziehung der Gesetze im Sinne des § 1 AHG handelt.
Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.
Anmerkung
E916681Ob35.84European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1984:0010OB00035.84.1212.000Zuletzt aktualisiert am
28.09.2009