TE OGH 1984/12/20 13Os204/84

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Veröffentlicht am 20.12.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Dezember 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Müller, Dr.Schneider, Dr.Felzmann und Dr.Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Mahn als Schriftführers in der Strafsache gegen Peter A und Karl B wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs.1 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der beiden Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengerichts vom 15.Oktober 1984, GZ. 36 Vr 2235/84-59, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Die Akten werden zur Entscheidung über die Berufungen dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Text

Gründe:

Die zuletzt beschäftigungslos gewesenen Peter A und Karl B wurden schuldig erkannt, und zwar A des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs.1 StGB. (A I), des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs.1, zweiter Fall (richtig:

erster Deliktsfall, aber höherer Strafsatz - EvBl. 1982 Nr. 198, LSK. 1984/129), StGB. (A II), des Vergehens der teils versuchten, teils vollendeten Nötigung nach §§ 105

Abs.1 und 15 StGB., teilweise als Anstifter nach § 12 StGB. (A III), des Vergehens der Zuhälterei nach § 216 StGB. (A IV), des Vergehens nach § 36

Abs.1 lit.b WaffG. (A V), des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht als Anstifter nach §§ 12, 288 Abs.1 StGB. (A VI) und des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs.1 StGB. (A VII); B des Vergehens der Nötigung als Anstifter nach §§ 12, 105 Abs.1 StGB. (B I), des Vergehens nach § 36 Abs.1 lit.b WaffG. (B II) und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs.1 StGB. (B III).

Darnach hat Peter A in Innsbruck am 20.Juni 1984 der Elisabeth C durch einen Messerstich in den Oberbauch eine schwere Körperverletzung absichtlich zugefügt (A I); am 28.Juni 1984 den Erich K*** durch seine Angabe vor Beamten der Bundespolizeidirektion Innsbruck, dieser habe ihm einen grauen Bergfilzhut und ein Messer gestohlen und der Elisabeth C die zu A I angeführte Verletzung zugefügt, verleumdet (A II);

nachgenannte Personen durch Schläge und Androhung von solchen genötigt, und zwar vor dem 2.Mai 1984 Gerlinde und Monika D zur Ablegung der falschen Beweisaussage vor dem Bezirksgericht Innsbruck in dem Verfahren 9 U 311/84, daß sie von den Schlägen mit dem Stock und der Mißhandlung (des Markus D durch Peter A) nichts gesehen hätten (A III 1), zwischen Juni 1983 und Juni 1984 Monika D mehrfach zur Ausübung der Geheimprostitution (A III 2) und im Juni 1984 Erich E dazu, daß dieser die Elisabeth C durch Besprühen mit Tränengas zur Unterlassung der Geheimprostitution in der Brixnerstraße zu nötigen trachtete (A III 3);

zwischen Februar 1983 und Juni 1984 seinen Unterhalt ganz oder zum Teil aus der gewerbsmäßigen Unzucht der Monika D durch deren Ausbeutung zu gewinnen gesucht (A IV), zwischen 18. und 28.Juni 1984 - auch an anderen Orten - wenn auch nur fahrlässig eine Tränengasspraydose (§ 11 WaffG.) unbefugt besessen (A V), vor dem 2. Mai 1984 Gerlinde und Monika D zur falschen Beweisaussage vor dem Bezirksgericht Innsbruck dadurch bestimmt, daß er ihnen Weisungen gab, wie sie in der Hauptverhandlung zu 9 U 311/84 am 2.Mai 1984 auszusagen haben bzw. auszusagen, daß sie von den Schlägen mit dem Stock und den Mißhandlungen (des Markus D durch Peter A) nichts gesehen hätten (A VI), schließlich vom 23.Juli 1982 bis September 1982 und von März 1983 bis 27.Juni 1984 - auch an anderen Orten - seine Unterhaltspflicht gegenüber seiner ehelichen Tochter Lydia A gröblich verletzt (A VII).

Karl B hat darnach in Innsbruck im Juni 1984 Peter A und Erich E wiederholt dazu angestiftet, Elisabeth C 'wegzuputzen' und mit Tränengas zu besprühen und solcherart zur Abstandnahme von der Ausübung der Geheimprostitution in der Brixnerstraße zu nötigen (B I), im Juni 1984 - auch an anderen Orten - eine Tränengasspraydose (§ 11 WaffG.) unbefugt besessen (B II) und am 19.Juni 1984 Erich E durch Schläge vorsätzlich am Körper verletzt (Abschürfungen an den Händen und im Gesicht; B III).

Die Angeklagten A und B haben Nichtigkeitsbeschwerden ergriffen, die sie auf § 281 Abs.1 Z.5 StPO. stützen.

Rechtliche Beurteilung

Die Mängelrüge des Angeklagten A übergeht, daß im Urteil (zu A I) ohnehin festgestellt und beweiswürdigend erörtert wird, daß Elisabeth C am 31.Juli 1984 bei ihrer Wahlkonfrontation vor Gericht (nicht vor der Polizei) einen anderen als A als Täter bezeichnet hatte (S. 167, 169, 350). Die Zeugin D hat ihre Aussage, 'vorher nicht der Prostitution nachgegangen' zu sein (S. 314), über Vorhalt durch Schilderung ihrer Lebensumstände näher präzisiert (S. 315). Daß sie bereits vor der Bekanntschaft mit A gelegentlich der Prostitution nachgegangen war, wurde vom Gericht ohnedies angenommen (S. 352); auch das übersieht der Beschwerdeführer. Daß D zur Zeit der Ablegung ihrer Zeugenaussage (nur oder auch) Hausfrau war (S. 314), ist ebenso wie alle anderen, von der Beschwerde relevierten Umstände für den Sachausgang irrelevant und läuft das gesamte Vorbringen bloß auf einen unzulässigen Angriff auf die Glaubwürdigkeit der Zeugin D hinaus. Diese hat auch deponiert, daß A zwei bis drei Messer habe, die noch in der Wohnung seien (S. 316). Eine Feststellung, daß sie 'gleich aussahen wie die Tatwaffe' (S. 376), findet in der Zeugenaussage keine Deckung und wäre schon deshalb aktenwidrig, weil die Tatwaffe (zu A I) nicht zustandegebracht wurde und deren Beschaffenheit daher unbekannt ist. Ebenso wird in schlichter Anfechtung der Beweiswürdigung gerügt, daß der Aussage des Zeugen (richtig: Mitangeklagten) E 'uneingeschränkt Glauben' geschenkt, die Aussage des Zeugen (richtig: Mitangeklagten) B hingegen durchwegs für falsch befunden worden sei (S. 376, 377); desgleichen, wenn mit der Behauptung, das Urteil enthalte keine Gründe für die Feststellung, daß A der Zeugin D den Schandlohn fast zur Gänze abgenommen hat, die darauf bezüglichen Konstatierungen (S. 341, 342, 356) und die im Urteil angeführten Grundlagen der überzeugungsbildung des Gerichts (S. 339, 340, 348, 354), insbesondere die positive Bewertung der Zeugin D, glatt ignoriert werden.

Die Mängelrüge des Angeklagten B gibt selbst Verfahrensergebnisse wieder (S. 380), wonach die Prostituierte Elisabeth C von ihrem Standort vertrieben werden sollte, um für Monika D Platz zu machen. Die Spekulationen der Beschwerde, daß ein solcher Wechsel nur zum Vorteil des Angeklagten A, nicht aber des Angeklagten B ausschlagen konnte, sind ohne Grundlage in den Verfahrensergebnissen, weil die Hintergründe dieses Prostituiertenmilieus mit den undurchsichtigen Abhängigkeiten der darin verwickelten Personen nicht geklärt wurden, abgesehen davon, daß sie als mögliche Motive für die Anstiftung zur Nötigung (B I) gar nicht entscheidend sind. Von einer Aktenwidrigkeit kann insoweit keine Rede sein.

Die Verletzung des Erich E wurde zwar auch deshalb angenommen, weil es naheliegend sei und der täglichen Lebenserfahrung entspreche, daß jemand, der mit einem Faustschlag zu Boden gestreckt werde, auch Verletzungen erleide (S. 353). Daß 'ansonsten keine weitere Begründung dazu im Urteil angeführt' werde (S. 382), ist unrichtig:

Hat doch das Schöffengericht ausdrücklich auf die glaubwürdige Aussage des Drittangeklagten E verwiesen (S. 353), der bekundet hatte, durch die Gewalttätigkeit des B Abschürfungen erlitten zu haben (S. 313, 314). Das wird vom Beschwerdeführer schlechthin übergangen.

Dessen Mängelrüge erschöpft sich demnach gleichfalls in einer Anfechtung der schöffengerichtlichen Beweiswürdigung. Da sohin keiner der Nichtigkeitswerber den angerufenen oder einen anderen, im § 281 Abs.1 Z. 1 bis 11 StPO. angeführten Nichtigkeitsgrund zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung bringt, waren die Beschwerden gemäß § 285 d Abs.1 Z. 1 StPO. in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO. schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Die Zuleitung der Akten zur Entscheidung über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten an das Oberlandesgericht Innsbruck beruht darauf, daß eine die ausnahmsweise Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs für die Erledigung der Berufungen (§ 296 StPO.) begründende Sachentscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerden entfällt (RZ 1970 S 17, 18; 1973 S. 70 u.v.a., zuletzt 13 0s 176/84).

Anmerkung

E04972

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0130OS00204.84.1220.000

Dokumentnummer

JJT_19841220_OGH0002_0130OS00204_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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