TE OGH 1985/1/9 3Ob116/84

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Veröffentlicht am 09.01.1985
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****-Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Franz Wiesner, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Johann K*****, vertreten durch Dr. Wilfried Stenitzer, Rechtsanwalt in Leibnitz, wegen Unzulässigkeit einer Exekution, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtsssachen Graz als Berufungsgericht vom 24. August 1984, GZ 4 R 322/84-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Stainz vom 21. Mai 1984, GZ C 46/84-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 2.700,15 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 322,65 S Umsatzsteuer und 240 S Barauslagen) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 26. 1. 1984 wurde zu E 2575/83 des Bezirksgerichts Stainz zugunsten der beklagten Partei als betreibender Partei zur Hereinbringung eines Betrags von 44.233,59 S sA ein in der Gewahrsame der beiden verpflichteten Parteien Wilfried und Renate P***** vorgefundener PKW „Oldsmobile Cutlass Cruiser“, Baujahr 1980, mit dem Bleistiftwert von 40.000 S gepfändet (PZ 2 des Pfändungsprotokolls E 2551/83).

Die klagende Partei erhob Widerspruch gegen diese Exekution und behauptete, am 14. 11. 1983 durch Sicherungsübereignungsvertrag und wirkliche Übergabe Eigentum an gepfändeten PKW erworben zu haben.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage und bestritt das behauptete Eigentumsrecht der klagenden Partei. Die Vereinbarung vom 14. 11. 1983 diene der Umgehung des Faustpfandprinzips und sei daher unwirksam.

Das Erstgericht gab der Klage statt.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichts im Sinne einer Klagsabweisung ab und sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstands 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteige und die Revision zulässig sei.

Die beiden Vorinstanzen trafen folgende Tatsachenfeststellungen:

Am 14. 11. 1983 war Wilfried P***** Eigentümer des strittigen PKWs, und vereinbarte mit der klagenden Partei, ihr zur Besicherung eines Darlehens von 20.000 S diesen PKW zu verpfänden bzw ins Sicherungseigentum zu übertragen und andererseits den PKW weiterhin selbst benützen zu können. Zu diesem Zweck schloss die klagende Partei mit Wilfried P***** eine „Benützungsvereinbarung“ ab, in der festgehalten wird, dass die klagende Partei zunächst am strittigen KFZ durch körperliche Übernahme und Inbetriebnahme desselben ein Pfandrecht erworben habe. Da Wilfried P***** das Fahrzeug weiter benötige und die klagende Partei auch bereit sei, das Faustpfand während der Darlehenslaufzeit zur Benützung zu überlassen, wodurch das erworbene Faustpfand unwirksam werde, werde vereinbart, dass Wilfried P***** das Fahrzeug der klagenden Partei sicherungsübereigne, wobei die körperliche Übergabe bereits vollzogen worden sei. Er übergebe gleichzeitig den Typenschein/Einzelgenehmigung und verpflichte sich, am PKW für jedermann leicht erkennbar, ein Schild mit der Aufschrift anzubringen, dass das Fahrzeug Eigentum der klagenden Partei sei. Die klagende Partei solle jederzeit die Anbringung des Eigentumsschildes überwachen dürfen. Hiermit werde der Pfandgegenstand bzw das nunmehr für die Dauer der Überlassung der klagenden Partei zu Sicherheitszwecken in ihr Eigentum überlassene Fahrzeug dem Wilfried P***** zur Benützung bis zum Tage der Fälligkeit des gewährten Darlehens übergeben. Wenn am Fälligkeitstag der Pfandgegenstand nicht ausgelöst oder umgesetzt werde, sei Wilfried P***** verpflichtet, das Fahrzeug an die klagende Partei zurückzustellen. Gleichzeitig habe die klagende Partei die Einzelgenehmigung übernommen.

Vor der Unterfertigung dieser Benützungsvereinbarung brachte Wilfried P***** das Auto auf das Gelände der klagenden Partei, wo es der Geschäftsführer der klagenden Partei wie folgt übernahm: Er öffnete die Motorhaube, stellte an Hand der Papiere die Identität des Fahrzeuges fest, befestigte neben der Fahrgestellnummer eine Plakette der klagenden Partei mit dem Hinweis auf ihr Eigentum. Wilfried P***** händigte ihm daraufhin die PKW-Schlüssel aus und der Geschäftsführer der klagenden Partei setzte das Fahrzeug in Betrieb und erklärte, dass dies die körperliche Übernahme des Fahrzeuges sei. Sodann versperrte er den PKW und wiederholte, dass dies jetzt die körperliche Übernahme gewesen sei. Anschließend übergab der Geschäftsführer der klagenden Partei dem Wilfried P***** ein Paar Fahrzeugschlüssel und teilte ihm mit, dass die klagende Partei jetzt Eigentümerin sei und ihm, wenn er die Benützungsvereinbarung unterfertige, den Wagen leihweise zur Verfügung stelle. Wilfried P***** wurde darauf aufmerksam gemacht, dass er anderen Personen gegenüber, welche Rechte am Wagen geltend machen wollten, den Pfandschein vorweisen und sie auf die Eigentumsplakette der klagenden Partei hinweisen müsse. Eine zweite Plakette, mit dem Hinweis auf das Eigentum der klagenden Partei wurde an einer beim Öffnen der Motorhaube sofort ins Auge springenden Stelle angebracht. Die Plakette war mit einem Kleber befestigt, der durch kein Waschmittel zu entfernen ist.

Bei der gerichtlichen Pfändung wies Wilfried P***** darauf hin, dass der PKW im Eigentum der klagenden Partei stehe und zeigte auf die beiden Plaketten.

Aufgrund dieses Sachverhalts nahm das Erstgericht an, dass der festgestellte Vorgang ausreiche, um ein gültiges Eigentumsrecht der klagenden Partei zu begründen. Das Berufungsgericht war unter Hinweis auf die nicht wirklich stattgefundene Gewahrsamsänderung gegenteiliger Auffassung.

Die Zulassung der Revision begründete das Berufungsgericht mit dem Hinweis auf eine gegenteilige Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (Rspr 1929/66) und gewisse Lehrmeinungen im Schrifttum (Magerstein, JBl 1955, 5 und die in Klang in Klang2 II 437 zitierte ältere Literatur).

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der klagenden Partei wegen Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne einer Wiederherstellung des Urteils des Erstgerichts abzuändern.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig.

Die Voraussetzungen nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO liegen zwar nicht schon deshalb vor, weil der seit Jahrzehnten unveränderten ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Tauglichkeit des Besitzkonstitutes für den Erwerb von Pfandrecht oder Sicherungseigentum eine einzige ältere Entscheidung des Obersten Gerichtshofs gegenübersteht und weil es neben dem weitaus überwiegenden und praktisch einhelligen neueren Schrifttum auch vereinzelte ältere Gegenstimmen gibt. Wohl aber kommt der Entscheidung nach Ansicht des erkennenden Senats im Zusammenhang mit der Abgrenzung zwischen einer wirklichen Übergabe und einer bloßen Scheinübergabe für die Rechtsentwicklung doch eine über den Einzelfall hinausgehende erhebliche Bedeutung zu, geht es doch - wie der Geschäftszweck der klagenden Partei schon in ihrem Namen bekundet - um die Frage, wie man bewegliche Sachen in wirtschaftlich sinnvoller Weise für die Kreditsicherung erschließen kann.

Der Revision kommt aber keine Berechtigung zu.

Die geltend gemachte Aktenwidrigkeit liegt überhaupt nicht vor, denn das Berufungsurteil enthält keine unrichtige Wiedergabe von Aktenstücken. Der gerügte Satz, der PKW sei in der Gewahrsame des Wilfried P***** verblieben, gehört zu den Rechtsausführungen des Berufungsgerichts.

Soweit unter dem Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit statt richtigerweise mit Rechtsrüge Feststellungsmängel geltend gemacht werden, ist zu sagen, dass alle vermissten Feststellungen ohnedies getroffen wurden, wenn auch vielleicht nicht immer mit derselben Deutlichkeit. Ob eine „körperliche“ „Übernahme“ geschah, ist an sich eine Rechtsfrage; welche konkreten Akte der Vertreter der klagenden Partei in diesem Zusammenhang setzte, wurde genau festgestellt. Dies gilt für die Anbringung der beiden Eigentumsplaketten ebenso wie für die vorübergehende Ausfolgung der Wagenpapiere, eine einmalige kurze Inbetriebnahme des Fahrzeuges durch Otto B***** und die Abgabe der ausdrücklichen Erklärung, jetzt sei die Eigentumsübertragung erfolgt und es werde das Fahrzeug nunmehr wieder dem Wilfried P***** zur Benützung überlassen, wobei diesem nicht alle Wagenschlüssel, sondern nur ein Schlüsselpaar und die Zulassungspapiere ausgefolgt wurden (nur so können jedenfalls Feststellungen des Erstgerichts verstanden werden).

Trotz Feststellung aller dieser in Einklang mit der Klagserzählung stehenden Tatumstände kam aber kein wirksames Pfandrecht bzw kein wirksames Sicherungseigentum zustande.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (SZ 41/140, SZ 46/50 uva) und wird praktisch auch von der Revision gar nicht ernsthaft in Zweifel gezogen, dass für den Erwerb des Sicherungseigentums dieselben Grundsätze wie für den Erwerb des Pfandrechts gelten. Der Hinweis von Magerstein (JBl 1955, 5), dass diese Rechtsprechung in positiv-rechtlichen Bestimmungen keine Stütze habe, trifft zwar an sich zu, was sich aber einfach daraus erklärt, dass das Sicherungseigentum im ABGB gar nicht besonders geregelt wird. Da für den Erwerb des Pfandrechts und für den Erwerb von Sicherungseigentum aber die gleiche Interessenlage besteht, kommt nur die analoge Anwendung der Bestimmungen über das Pfandrecht über das Sicherungseigentum in Frage (vgl etwa ausführlich zB Bydlinski in Klang2 IV/2, 460 mit weiteren Literaturhinweisen).

Eine bewegliche Sache kann gemäß § 448 ABGB grundsätzlich nur in der Form des Handpfandes als Pfand dienen. Gemäß § 451 Abs 1 ABGB muss der Pfandnehmer die verpfändete bewegliche Sache in Verwahrung nehmen, um das Pfandrecht wirklich zu erwerben. Gemäß § 452 ABGB kann die körperliche Übergabe nur bei solchen beweglichen Sachen, welche keine körperliche Übergabe von Hand zu Hand zulassen, durch eine symbolische Übergabe, nämlich eine Übergabe durch Zeichen wie bei der Übertragung des Eigentums gemäß § 427 ABGB, nicht aber nur durch eine Übergabe durch Erklärung iSd § 428 ABGB, ersetzt werden.

Nach ständiger Rechtsprechung (HS 7258, 8281, 8282, 9353, vgl bes auch ZVR 1961/311) ist bei einem Kraftfahrzeug eine körperliche Übergabe von Hand zu Hand möglich. Das bedeutet, dass eine Gewahrsamsänderung stattfinden muss (was nicht mit der in der Revision hervorgehobenen Ortsveränderung gleichzusetzen ist) und dem Pfandnehmer die ausschließliche Verfügungsgewalt über das Kraftfahrzeug eingeräumt und diese dem Pfandgeber entzogen werden muss. Die Übergabe der Fahrzeugpapiere ist bedeutungslos. Die Anbringung von Hinweisen auf das Pfandrecht bzw das Sicherungseigentum (Schilder oder dergleichen) kann die allein wichtige Gewahrsamsänderung nicht ersetzen. Es reicht auch nicht aus, wenn der Pfandnehmer nur einen Teil der Wagenschlüssel in Verwahrung nimmt, nicht aber alle, den Wagen selbst aber, sowie einen anderen Teil der Wagenschlüssel dem Pfandgeber zu seiner Verfügung belässt. Wenn sich der Pfandnehmer nur in den verpfändeten Wagen setzt und diesen kurzfristig in Betrieb nimmt, um sodann den PKW sofort wieder dem Pfandgeber zu belassen, liegt keine Übergabe von Hand zu Hand vor. Selbst die im vorliegenden Fall gar nicht erwiesene Vornahme einer kurzen „Pfandfahrt“ würde eine bloße Scheinübernahme darstellen und nicht genügen (Petrasch in Rummel, RZ 2 zu § 452 ABGB, vgl bes auch ZVR 1961/311).

Das sogenannte Besitzkonstitut scheidet, wie schon angedeutet wurde, als Erwerbungsart aus. Es ist zwar richtig, dass Eigentum grundsätzlich, anders als das Pfandrecht, auch bei beweglichen Sachen, die eine körperliche Übergabe zulassen, durch Besitzkonstitut begründet werden kann; zur Begründung von Sicherungseigentum reicht aber das Besitzkonstitut wegen der oben dargestellten Gleichbehandlung mit dem Pfandrechtserwerb nicht aus (siehe auch dazu die oben zitierte Judikatur).

Es trifft zu, dass in der Entscheidung Rspr 1929/66 ein gegenteiliger Standpunkt vertreten wurde. Diese Entscheidung gibt aber keine Begründung für ihre Auffassung an und setzt sich mit der ständig gegenteiligen Rechtsprechung nicht auseinander, worauf schon Wahle in seiner im Anschluss an die Veröffentlichung erschienenen kurzen Besprechung zutreffend hinwies.

Wellspacher (Das Vertrauen auf äußere Tatbestände im bürgerlichen Recht, 163, 164) und offenbar auf ihm fußend, ohne neue Gesichtspunkte beizusteuern, auch Wolff (Grundriss des österreichischen bürgerlichen Rechts, 288) und in sehr abgeschwächter Weise auch Mayr (Lehrbuch des bürgerlichen Rechts, 544), lehren allerdings, dass das Besitzkonstitut als Erwerbungsart für das Pfandrecht akzeptiert werden müsse, auch wenn die Übergabe durch Erklärung in § 452 ABGB nicht erwähnt werde. Wellspacher schließt dies aus der Bestimmung des § 467 ABGB, wonach ein Pfandrecht nicht schon dann erlischt, wenn der Pfandnehmer die Pfandsache dem Pfandgeber unter Vorbehalt des Pfandrechtes zurückstellt. Wenn die Rückstellung des Pfandes das Pfandrecht nicht zum Erlöschen bringe, dann sei nicht einzusehen, warum das Pfandrecht ohne Übergabe in die Gewahrsame des Gläubigers nicht entstehen könne, da eine Augenblicksübergabe und eine Rückstellung mit Vorbehalt zu dem gleichen Resultat führen würde. Ähnlich hatte auch schon Nippel (Erläuterung des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches, III, 463) argumentiert. Es liege sozusagen eine zweifache Übergabe kurzer Hand vor. Und wenn selbst das Eigentum durch Besitzkonstitut übertragen werden könne, müsse dasselbe auch zur Erwerbung des Pfandrechtes hinreichen.

Alle diese Lehrmeinungen (es ist dies das bei Klang in Klang2 , II, 437 zitierte Schrifttum, auf welches das Berufungsgericht zur Begründung der Zulässigkeit der Revision hinwies) vernachlässigen aber das beim Pfandrecht so wichtige Publizitätsprinzip. Ein Hinweis auf die vergleichbare Situation beim Eigentumsvorbehalt ginge fehl, weil dieser in der Regel nicht erst im Zusammenhang mit dem Vermögensverfall des Schuldners relevant wird, wo mit Täuschungsaktionen viel eher zu rechnen ist (vgl Bydlinski, wie schon oben zitiert, oder Frotz an mehreren Stellen seines Gutachtens zum 4. österr. Juristentag über aktuelle Probleme des Kreditsicherungsrechtes, oder Koziol-Welser6 II, 115 ua).

Die Revision vermag hier keine neuen Gesichtspunkte aufzuzeigen, sondern sie geht an sich ohnedies zutreffend selbst davon aus, dass ein Besitzkonstitut zum Erwerb des Pfandrechtes nicht ausreicht, was ebenso für das Sicherungseigentum gelten muss. Dass also seitens der klagenden Partei bei der beabsichtigten Übergabsaktion immer wieder betont wurde, das sei jetzt die körperliche Übergabe des Fahrzeuges, die klagende Partei sei jetzt Eigentümerin und sie stelle jetzt den Wagen leihweise zur Verfügung, war also keine taugliche Übergabsform.

Die Ausführungen der Revision über die Möglichkeit einer Begründung von Sicherungseigentum durch Besitzauflassung (traditio brevi manu) übersehen, dass diese Übergabsform ja nur in Betracht kommt, wenn sich eine Sache schon in der Gewahrsame desjenigen befindet, der dann Besitz bzw Eigentum erwerben soll. Der strittige PKW befand sich aber nicht in der Gewahrsame der klagenden Partei (etwa in ihrer Garage), als der Pfandgeber die strittige Erklärung abgab.

Die klagende Partei scheint hingegen der Ansicht zu sein, der von ihr gewählte Vorgang habe alles in allem doch eine körperliche Übergabe von Hand zu Hand dargestellt und die klagende Partei habe dadurch die nötige ausschließliche Verfügungsmacht über den PKW erlangt. Es geht also darum, wie Gewahrsame begründet werden kann, nicht darum, welche Möglichkeiten sich eröffnen, wenn schon Gewahrsame begründet ist.

Wie schon oben ausgeführt wurde, stellt es keine körperliche Übergabe dar, wenn man den strittigen Gegenstand sozusagen nur berührt, wenn man sich nur einen Teil der Wagenschlüssel ausfolgen lässt, während man einen Teil der Schlüssel wiederum nur kurzfristig berührt und in die Hand nimmt, wenn man nur ein Schild anbringt, sich Wagenpapiere übergeben lässt und am Fahrzeug einmal eine Betriebshandlung vornimmt. Alle Maßnahmen der klagenden Partei stellen sich vielmehr geradezu typisch als eine bloße Scheinübergabe dar.

Da somit der strittige PKW nie in die Gewahrsame der klagenden Partei gelangte, muss auch nicht geprüft werden, ob unter Umständen ein Anwendungsfall des § 467 ABGB vorliegen könnte. Immerhin sei aber doch in Ergänzung zu den oben dargestellten Überlegungen von Wellspacher ua und zur Vermeidung von Missverständnissen gesagt, dass der in § 467 ABGB erwähne „Vorbehalt“ nicht einfach ein bloß verbaler sein könnte, um das Erlöschen des Pfandrechtes - und eben dies gilt für das Sicherungseigentum - zu verhindern. Sondern wenn der Sicherungseigentümer den ihm sicherungsweise übereigneten Gegenstand dem Schuldner zurückstellt, muss er sich die Gewahrsame und die Verfügungsmacht „vorbehalten“, also dafür sorgen, dass der Schuldner nicht wie vor der Sicherungsübereignung über den sicherungsweise übergebenen Gegenstand verfügen kann. Es kommt dabei an sich, nur insoweit kann der Revision beigepflichtet werden, nicht unbedingt auf die Dauer der Zeitspanne an, während der nach stattgefundener wirklicher Übergabe eine echte Verfügungsmacht des Sicherungseigentümers bestand, wenn nur einmal eine wirkliche und nicht bloß eine scheinbare Gewahrsamsänderung stattfand, wohl aber darf dann die Rückstellung nicht wieder im Wesentlichen den früheren Zustand herstellen, also wieder die weitgehende Verfügungsmacht des früheren Eigentümers bewirken. Wie gesagt kämen alle diese Gedanken aber erst zum Tragen, wenn sich das Fahrzeug einmal wirklich in der Hand der klagenden Partei befunden hätte.

Es ist schon richtig, dass dadurch die Bedeutung des Sicherungseigentums in Österreich gering ist. Wenn aber die Regeln des Faustpfandprinzips eingehalten werden, ergibt sich für den Gläubiger doch der Vorteil, dass das Eigentum (auch in der Form des Sicherungseigentums) eine grundsätzlich stärkere Stellung einräumt als ein bloßes Pfandrecht. Wenn die klagende Partei ua auf die Ausführungen von Bydlinski in Klang2, IV/2, 460 verweist, so setzt sich gerade auch dieser Autor entgegen der Intention der Revision gegen jede Umgehungsmöglichkeit der Pfandrechtsvorschriften ein.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 50, 41 ZPO.

Textnummer

E08892

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0030OB00116.84.0109.000

Im RIS seit

01.01.1995

Zuletzt aktualisiert am

08.10.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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