TE OGH 1985/1/17 8Ob582/84

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Veröffentlicht am 17.01.1985
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ernst J*****, vertreten durch Dr. Peter Grauss, Rechtsanwalt in Schwaz, wider die beklagte Partei Ramona Z*****, vertreten durch Dr. Werner Beck, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 365.720,- s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 27. März 1984, GZ 1 R 53/84-30, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 22. November 1983, GZ 10 Cg 529/83-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 11.798,85 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Barauslagen von S 960,- und Umsatzsteuer von S 985,35) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrte mit seiner am 20. 5. 1981 beim Erstgericht eingebrachten Klage die Verurteilung der Beklagten und des Josef L***** zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 365.720,- s.A. im wesentlichen mit der Begründung, er sei von Josef L***** im Jahr 1978 im eigenen Namen und auch im Namen der Beklagten beauftragt worden, einen Neubau auf dem von Josef L***** gepachteten Campingplatz, der im Eigentum der Beklagten stehe, zu errichten. Der Kläger habe diesen Neubau im Jahr 1978 errichtet und seine Arbeit am 9. 12. 1978 mit insgesamt S 535.720,- in Rechnung gestellt. Josef L***** habe im Jahr 1978 zwei Akontozahlungen geleistet, sodaß noch der Klagsbetrag offenstehe. In der Folge habe der Kläger wiederholt versucht, von der Beklagten und Josef L***** die Zahlung der offenen Restforderung zu erhalten. Diese hätten sich jedoch darüber gestritten, wer dem Kläger seine Leistungen abzugelten habe. Josef L***** behaupte, er habe den Auftrag im Namen der Beklagten erteilt; die Beklagte behaupte, Josef L***** habe seine Vollmacht überschritten. Dem Kläger gegenüber hafteten sowohl Josef L***** als auch die Beklagte, und zwar Josef L***** deshalb, weil er es gewesen sei, der dem Kläger den Auftrag erteilt habe, die Beklagte als Eigentümerin des Grundstückes und aus der Tatsache, daß sie sich den aus dem Geschäft entstandenen Vorteil zugewendet habe. Josef L***** hafte dem Kläger auch dann, wenn er von der Beklagten nicht bevollmächtigt worden sein sollte, als falsus procurator, da er von der mangelnden Vollmacht bzw. von der Überschreitung der Vollmacht Kenntnis gehabt habe oder Kenntnis haben mußte. Sollte die Beklagte tatsächlich auch durch Stellvertreter keinen Auftrag erteilt haben, hafte sie gemäß § 1041 ABGB für die Klagsforderung infolge des Nutzens, der ihr durch den Kläger verschafft worden sei. Die gesetzliche Vertreterin der Beklagten, nämlich deren Mutter Hannelore S*****, habe zumindest schlüssig ihre Zustimmung zu der Beauftragung des Klägers mit der Bauführung erteilt, da sie über dieselbe auf dem laufenden gehalten worden sei. Eine schlüssige Zustimmung zur Beauftragung des Klägers sei auch darin zu sehen, daß sie in Kenntnis der bereits abgeschlossenen Bauarbeiten des Klägers am 22. 12. 1978 einen Pachtvertrag als gesetzliche Vertreterin der Beklagten unterzeichnet habe, in welchem vorgesehen gewesen sei, daß Sanierungsinvestitionen von S 600.000,- getätigt würden.

Die Beklagte wendete im wesentlichen ein, sie sei als Alleinerbin des Campingplatzes „B*****“ durch einen Testamentsvollstrecker vertreten worden. Dieser sei aber nur zur ordentlichen Verwaltung des Nachlaßvermögens berechtigt gewesen. Er habe am 30. 4. 1978 mit Josef L***** einen den Campingplatz betreffenden Pachtvertrag abgeschlossen, wobei vereinbart worden sei, daß bauliche Veränderungen am Bestandgegenstand nur mit vorheriger ausdrücklicher Zustimmung der Verpächterin, also der Beklagten, vorgenommen werden dürften. Der Beklagten könnten Vollmachtsüberschreitungen und vertragswidrige Handlungen des Josef L***** nicht zugerechnet werden, da sie davon ohne ihr Verschulden nichts gewußt habe. Sie habe sich auch keinen Vermögensvorteil durch die Bauführung seitens des Klägers zugewendet.

Das gegen Josef L***** gerichtete Klagebehren wurde rechtskräftig abgewiesen.

Das Erstgericht gab - im zweiten Rechtsgang - dem gegen die Beklagte gerichteten Klagebegehren statt.

Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die Beklagte ist am 26. 11. 1965 geboren. Sie ist ein nach deutschem Recht nicht eheliches Kind des am 1. 8. 1977 verstorbenen Werner Z***** und der Hannelore S*****. Nachdem zunächst das Jugendamt Tempelhof (Berlin) die Amtspflegschaft über die Beklagte geführt hatte, wurde mit Beschluß vom 16. 12. 1974 der Mutter Hannelore S***** die volle elterliche Gewalt übertragen und die Amtspflegschaft aufgehoben.

Der Vater der Beklagten war Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** KG E*****, auf der ein Campingplatz betrieben wird. Die Beklagte wurde von ihm testamentarisch zur Alleinerbin eingesetzt; im Testament bestimmte Werner Z***** das Jugendamt Tempelhof (Berlin) zum Testamentsvollstrecker. Das Testamentsvollstreckerzeugnis, das Wolfgang R***** vom zuständigen Amtsgericht ausgestellt erhielt, enthielt folgenden Beisatz: „Das Testamentsvollstreckerzeugnis gilt nicht für in Österreich gelegene Grundstücke.“ Trotzdem wurde Wolfgang R***** im Verlassenschaftsverfahren, das über das in Österreich gelegene unbewegliche Vermögen des Werner Z***** zu A 362/77 des Bezirksgerichtes Schwaz geführt wurde, als Vertreter der Beklagten tätig und gab am 20. 10. 1977 in deren Namen eine bedingte Erbserklärung zum gesamten Nachlaß ab. Am 18. 12. 1978 gab dann Hannelore S***** für die Beklagte ebenfalls die bedingte Erbserklärung zum in Österreich gelegenen Nachlaß ab. Dem war vorausgegangen, daß Zweifel an der Vertretungsbefugnis des Wolfgang R***** aufgekommen waren.

Am 27. 10. 1977 bevollmächtigte Wolfgang R***** als Testamentsvollstrecker namens der Beklagten Hubert W***** aus M*****, alle wegen der Neuverpachtung des in M***** gelegenen Campingplatzes erforderlich werdenden Verhandlungen mit den Pachtbewerbern zu führen und Gebote entgegenzunehmen. Am gleichen Tag erließ die Gemeinde E***** zu Zl. 153-9/-771 einen Bescheid, mit dem der Beklagten vorgeschrieben wurde, weitere drei Brausen und fünf Aborte am Campingplatz zu errichten, sämtliche Sanitärräume mit Wandfliesen oder mit einem abwaschbaren Belag zu versehen, für die Campingplatzbesucher einen Aufenthaltsraum in ausreichender Größe herzustellen, einen Wäsche- und Bügelraum vorzusehen, einen in Holz ausgeführten Zubau zu entfernen, gewisse feuerpolizeiliche Mängel zu beheben und eine Platzordnung samt Jugendschutzbestimmungen anzubringen. Laut diesem Bescheid wurde eine neuerliche Betriebsgenehmigung von der Erfüllung dieser Auflagen abhängig gemacht.

Die Notwendigkeit von Sanierungsmaßnahmen auf Grund dieses Bescheides wurde Hannelore S***** seitens Wolfgang R***** und seitens W***** bekanntgegeben. Hannelore S***** war auch davon unterrichtet, daß Verhandlungen mit Pachtbewerbern wegen einer Neuverpachtung geführt wurden. Insbesondere war sie davon informiert, daß schließlich Josef L***** als Pachtbewerber konkret in Aussicht genommen wurde. Die Pachtvertragsverhandlungen mit Josef L***** führte W***** mit Zustimmung R*****s und mit Kenntnis von Hannelore S*****. Dabei wurde von Anfang an klargestellt, daß die Generalsanierung des Campingplatzes entsprechend dem erwähnten Bescheid vorgenommen werden müsse, wobei die Investitionen zumindest teilweise vom Pächter im Wege einer Pachtzinsvorauszahlung (bzw. in Verrechnung mit zu zahlenden Pachtzinsen) zu finanzieren sein würden. W***** verfaßte einen Pachtvertragsentwurf vom 30. 4. 1978, der den Beginn des Pachtverhältnisses mit 1. 5. 1978 und eine zehnjährige Dauer sowie einen Nettojahrespachtzins von S 100.000,- versah. Dabei sollte sich im ersten Pachtjahr der Nettopachtzins auf S 50.000,- als Abgeltung für die vom Pächter erbrachten Leistungen für Renovierung und Kundenwerbung reduzieren. Für Instandsetzung und Sanierung des Campingplatzes einschließlich der Gebäude war eine Summe von S 600.000,- vorgesehen. Die Sanierung sollte im Herbst 1978 und Frühjahr 1979 erfolgen. Von diesen Baukosten sollte der Pächter als Pachtvorauszahlung S 300.000,- „teils als Sacharbeitsleistung, welche gesondert nachgewiesen werden muß, und den Rest als Geldleistung übernehmen“. Dies wurde vom Vertragsverfasser so verstanden, daß S 300.000,- von der Verpächterin und weitere S 300.000,- vom Pächter teils als Sach- oder Arbeitsleistung, teils als Geldleistung aufzubringen seien, wobei für den Fall einer Überschreitung des mit S 600.000,- geschätzten Sanierungsaufwandes noch keine Regelung vorgesehenen war. Die Verrechnung der Pachtzinsvorauszahlung sollte dann durch entsprechende Pachtzinsminderung im zweiten bis fünften Pachtjahr erfolgen. Nach Punkt 4 des Entwurfes sollten bauliche Veränderungen im und am Bestandgegenstand nur mit vorheriger Zustimmung der Verpächterin gestattet sein.

Zur Unterzeichnung dieses Vertragsentwurfes kam es nicht. Wohl aber begann tatsächlich im Frühjahr 1978 Josef L***** mit dem Betrieb des Campingplatzes und auch mit Sanierungsarbeiten am alten Campingplatzgebäude. Bis Herbst 1978 veranlaßte bzw. erbrachte er Generalsanierungsarbeiten im Wert von S 77.794,-. Inzwischen wurde auch veranlaßt, daß Pläne für einen Umbau bzw. Neubau verfaßt wurden und ein entsprechender Antrag um Baugenehmigung gestellt wurde. Die Initiative für den für die Sanierungsmaßnahmen erforderlichen Bau ergriff zunächst W*****. Ob er es auch war, der ein erstes Obergeschoß geplant haben wollte, oder ob dies die Mutter der Beklagten selbst war, steht nicht fest. Jedenfalls gab W***** Ing. K***** dann den Auftrag, bei Zeichnung der Baupläne, die schließlich der Baubehörde mit dem Antrag auf Baugenehmigung vorgelegt wurden, auch einen Ausbau des ersten Obergeschoßes zu berücksichtigen. Die zur Baugenehmigung eingereichten Pläne enthielten dann auch dieses erste Obergeschoß. In diesem sind zwei Wohnungen vorgesehen, von denen mittlerweile nur eine ausgebaut wurde und von L***** bewohnt wird. Die gesamte übrige Planung (und der später plangemäße Bau) war zur Erfüllung der Sanierungsauflagen nach dem erwähnten Bescheid notwendig bzw. zumindest angemessen und zweckmäßig. Mit den Bauarbeiten wurde bereits begonnen, bevor der Baubescheid erlassen wurde. So begannen insbesondere die Arbeiten des Klägers bereits am 16. 10. 1978; der Baubescheid stammt vom 7. 11. 1978.

Von der Anhängigkeit des Bauverfahrens wußten sowohl R***** als auch Hannelore S*****. Bei der Bauverhandlung wurde der Bauwerber durch L***** vertreten, der seinerseits von W***** bevollmächtigt war, die Beklagte zu vertreten. R***** hatte zudem bereits vorher gegenüber der Gemeinde E***** erklärt, daß er L***** mit seiner Vertretung im Bauverfahren bevollmächtige. W***** war mittlerweile im Besitz einer mit 16. 5. 1978 datierten Vollmacht seitens des R***** mit welcher er „Generalvollmacht in allen den Campingplatz M***** in EZ ***** KG E***** betreffenden Angelegenheiten hätte, um im Namen R*****s als Testamentsvollstrecker nach Werner Z***** Verträge abzuschließen und rechtsverbindliche Erklärungen gegenüber Behörden usw. abzugeben“. Bereits mit Schreiben vom 28. 2. 1978 hatte R***** W***** auch mitgeteilt, daß die Mutter der Beklagten ihre Zustimmung erteilt habe, alles für einen Vertragsabschluß (gemeint Pachtvertrag und Sanierung) Erforderliche zu veranlassen, unter anderem auch die Aufnahme eines Kredites zur Durchführung der Sanierungsarbeiten an den Baulichkeiten des Campingplatzes. Hannelore S***** sprach sich auch später, nachdem allgemein erkannt wurde, daß die Vollmacht R*****s die Beklagte zu vertreten, sich nicht auf das in Österreich gelegene Vermögen erstreckte, nie gegen Investitionen in der Höhe von S 600.000,- bzw. gegen die Erfüllung der Sanierungsauflagen aus. Sie schloß vielmehr sogar am 22. 12. 1978 als Vertreterin der Beklagten mit L***** einen Pachtvertrag ab, der im wesentlichen mit dem bereits erwähnten Pachtvertragsentwurf vom 30. 4. 1978 übereinstimmt. Insbesondere enthält dieser Vertrag die selben Bestimmungen, die oben wörtlich aus dem Entwurf zitiert sind. Sie tat dies in Kenntnis des bereits teilweise ausgeführten Baues, insbesondere in Kenntnis der Tatsache, daß im Rohbau auch das erste Obergeschoß bereits vorhanden war.

Zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung, die am Campingplatz selbst erfolgte, waren die gesamten Arbeiten, die der Kläger dort erbracht hatte, bereits vollendet. Bedenken hatte die Mutter der Beklagten lediglich bezüglich der zehnjährigen Vertragsdauer; mit der Durchführung von Sanierungsarbeiten, zumindest bis zu einem Aufwand von S 600.000,-, war sie hingegen stets einverstanden. Es ist auch möglich, wenngleich es nicht sicher feststeht, daß Hannelore S***** mit dem gesamten Bau laut Plan, somit auch mit dem Bau des ersten Obergeschoßes, einverstanden war.

L***** hatte von W***** die Ermächtigung bekommen, die entsprechenden Aufträge an Professionisten zur Durchführung der Sanierungsarbeiten zu erteilen. Die Maurerarbeiten gab L***** schließlich dem Kläger in Auftrag, wobei deshalb eine Abrechnung „in Regie“ vereinbart wurde, weil sich L***** an den Maurerarbeiten selbst beteiligte. Am 16. 10. 1978 begann, der Kläger mit den Maurerarbeiten, die nach dem Plan durchgeführt werden sollten, der zur Bauverhandlung eingereicht worden war. Aus diesem ergab sich, daß Bauherr die Beklagte sei. Dies wurde in einem Gespräch spätestens zwei Tage nach Arbeitsbeginn zwischen dem Kläger und Josef L***** auch klargestellt. Dem Kläger war also bewußt, daß er den Auftrag von L***** nur als Vertreter der Beklagten erhalte, wobei er von L***** noch darauf hingewiesen wurde, daß W***** „die Verwaltung“ für die Beklagte und er von diesem die Ermächtigung zur Erteilung des Bauauftrages habe. Der Auftrag wurde einheitlich für die gesamten Maurerarbeiten laut Plan, also nicht etwa gesondert nach Sanierungsmaßnahmen und Ausbau des ersten Obergeschoßes, erteilt und angenommen. Davon, daß allenfalls L***** nur ermächtigt gewesen wäre, Aufträge an Professionisten hinsichtlich der Sanierungsmaßnahmen zu erteilen, wurde dem Kläger von keiner Seite etwas mitgeteilt; davon war ihm daher nichts bekannt. Der Kläger ging davon aus, daß er von L***** namens der Beklagten den Auftrag zu den gesamten Leistungen, die er erbrachte „und die plangemäß waren“, erteilt bekommen habe.

Die Mutter der Beklagten war mit ihrem Ehemann Ende Oktober 1978 an der Baustelle, wo ihr Ehemann auch in die Baupläne Einsicht nahm und an Hand derselben feststellte, daß „oben aufgestockt“, also ein erstes Obergeschoß errichtet werde. L***** bestätigte ihm dies auch auf seine Frage. Zu diesem Zeitpunkt waren die Arbeiten des Klägers bereits im Gange. Der Mann der Mutter der Beklagten fotografierte die Baupläne sogar. Trotz Kenntnis dieser Pläne und somit auch der Absicht, daß das erste Obergeschoß ausgebaut werde und trotz der Tatsache, daß dies zum Zeitpunkt der Besichtigung im Oktober 1978 noch nicht baulich in Angriff genommen worden war, sprach die Mutter der Beklagten nur mit R***** darüber, daß sie damit nicht einverstanden sei; sie unternahm aber nichts weiter, um dies L*****, W***** oder den bauausführenden Professionisten, insbesondere dem Kläger, bekanntzugeben und sie darauf hinzuweisen, daß der Bauauftrag Arbeiten über die Sanierung hinaus nicht umfasse.

Der Kläger beendete am 4. 12. 1978 seine Arbeiten und stellte sie am 9. 12. 1978 mit S 535.720,- in Rechnung. Die Rechnung weist ortsübliche Preise für das erbrachte Werk auf. Ein Teilbetrag von S 30.576,- aus dieser Rechnung betrifft detailliert zuordenbar die Erfüllung von Sanierungsauflagen, ein weiterer Teilbetrag von S 4.555,- ebenso detailliert zuordenbar den sonstigen Ausbau des Gebäudes. Im übrigen sind 68,7 % des Restes der Rechnung den im Bescheid vorgeschriebenen Sanierungsarbeiten und 31,3 % dem sonstigen Aufwand zuzuordnen. Im Ergebnis bedeutet dies, daß ein Teilbetrag von S 374.480,64 aus der Rechnung des Klägers sich nur auf Arbeiten bezieht, die für die Erfüllung der Sanierungsmaßnahmen erforderlich waren.

Die Beklagte weigerte sich bis heute, zum Sanierungsaufwand, wie im Pachtvertrag vorgesehen, eine Zahlung von S 300.000,- zu leisten. Hingegen bezahlte L***** am 9. 11. 1978 S 100.000,- und am 5. 12. 1978 weitere S 70.000,- Akonto der Forderung des Klägers. Dabei wurde zwischen dem Kläger und L***** nichts darüber gesprochen, ob diese Teilzahlungen speziell die Arbeiten im Rahmen der Sanierungsmaßnahmen oder die gesamten Leistungen des Klägers betreffen sollten. Beide faßten die Teilzahlungen nicht als speziell den Arbeiten im Rahmen der Sanierungsmaßnahmen zugeordnet auf; sie gingen vielmehr davon aus, daß es sich eben um Teilzahlungen auf die Gesamtforderung des Klägers handle.

L***** zahlte bis heute erst S 20.000,- an Pachtzins an die Beklagte.

Hannelore S***** hatte für die Beklagte vorerst einen Kredit von S 700.000,- aufnehmen wollen, mit welchem Betrag sie die Kosten der Sanierungsarbeiten zur Gänze selbst tragen wollte, sodaß also in Abänderung des Pachtvertrages dann L***** den vollen Pachtzins zu bezahlen gehabt hätte. Dem Pachtvertrag vom 22. 12. 1978 wurde, nachdem die Beklagte erst am 28. 9. 1982 um die Genehmigung desselben beim Amtsgericht Tempelhof/Kreuzberg in Berlin angesucht hatte, mit Beschluß dieses Gerichtes vom 14. 12. 1982 die Genehmigung verweigert.

Daß die Pachtvertragsteile die Beauftragung von Professionisten zur Durchführung der Sanierungsmaßnahmen von der Gültigkeit des Pachtvertrages abhängig machen wollten, kann nicht festgestellt werden.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß für die Beurteilung von Willenserklärungen der Beklagten das Verhalten ihrer Mutter zu prüfen sei. Diese sei damit einverstanden gewesen, daß die behördlich vorgeschriebenen Sanierungsmaßnahmen durchgeführt würden. Sie sei auch weiter damit einverstanden gewesen, daß die hiefür notwendigen Maßnahmen von L***** - durch Eigenleistung oder durch Bauaufträge an Professionisten - getroffen würden. Ganz unzweifelhaft sei dies für Sanierungsarbeiten bis zu einem Aufwand von rund S 600.000,-. Im übrigen habe der Kläger von einer Anscheinsvollmacht des L***** namens der Beklagten für den gesamten Auftrag ausgehen können, sofern nicht überhaupt (was nach den Feststellungen ja offen gelassen sei) eine echte Vollmacht für den gesamten Auftrag vorgelegen habe. Ausgehend davon, daß eine echte Vollmacht des L*****, den Bauauftrag an den Kläger über den Sanierungsaufwand hinaus zu erteilen, nicht vorgelegen habe, läge insoweit eine Vollmachtsüberschreitung des L***** vor. Daß diese Vollmachtsüberschreitung dem Kläger nicht bekannt gewesen sei, sei festgestellt. Das Verfahren habe auch nichts ergeben, was darauf schließen ließe, daß der Kläger bei gehöriger Aufmerksamkeit die Unrichtigkeit des äußeren Tatbestandes, auf den er sich verlassen habe, hätte erkennen können. Eine solche Vollmachtsüberschreitung, die nach den gleichen Grundsätzen wie das Handeln ohne Vollmacht zu beurteilen sei, sei dann dem scheinbar Vertretenen zuzurechnen, wenn der das Vertrauen des Dritten rechtfertigende Tatbestand mit Zutun des scheinbar Vertretenen zustandegekommen sei. Gerade dies liege hier vor. Die Beklagte bzw. deren gesetzliche Vertreterin habe einerseits die Bevollmächtigung des L***** zur Erteilung von Bauaufträgen zumindest im Rahmen des Sanierungsaufwandes gebilligt und indirekt veranlaßt. Sie habe darüber hinaus in Kenntnis des Planes, der den Ausbau des ersten Obergeschoßes vorgesehen habe und der offenkundig den Bauarbeiten zugrundegelegen habe, weiters in Kenntnis, daß die Maurerarbeiten bereits im Gang gewesen seien, die Ausbaustufe des ersten Obergeschoßes aber noch nicht erreicht gewesen sei, dem Kläger weder mittelbar noch unmittelbar bekanntgegeben, daß sie namens der Beklagten mit der Auftragerteilung, soweit sie die Maurerarbeiten im Obergeschoß betreffe, nicht einverstanden sei. Diese Sachlage habe im vorliegenden Fall ein aktives Tun der allenfalls nur scheinbar vertretenen Beklagten erfordert, um den Vertrauenstatbestand, auf welchen sich der Kläger habe stützen können, aufzuheben.

Der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung der Beklagten gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil keine Folge.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte rechtlich im wesentlichen aus, es sei nicht einzusehen, warum die nachträgliche Nichtgenehmigung des Pachtvertrages vom 22. 12. 1978 durch das Vormundschaftsgericht den Bauauftrag und damit auch die Zahlungsverpflichtung der Beklagten berühren sollte, zumal die Arbeiten des Klägers bei Abschluß des Pachtvertrages bereits abgeschlossen gewesen seien. Eine gerichtliche Genehmigung für die Erteilung von Bauaufträgen bzw. die Erteilung einer Vollmacht und Ermächtigung, einen solchen Auftrag zu vergeben, sei nach den Bestimmungen der §§ 1643, 1821 und 1822 BGB nicht erforderlich gewesen. Es könne daher nicht behauptet werden, daß die Auftragserteilung an den Kläger auf dem Pachtvertrag aufbaue.

Es sei auch nicht richtig, daß dem Kläger eine Vollmachtsüberschreitung des L***** (Auftragserteilung über den reinen Sanierungsaufwand am Campingplatz hinaus) zuzurechnen sei. Der Umstand, daß die Beklagte zur Zeit der Auftragserteilung minderjährig gewesen sei, sei kein Indiz dafür, daß der Kläger leichtgläubig und oberflächlich vorgegangen sei. Nach den getroffenen Feststellungen habe der Kläger von L***** erfahren, daß W***** die „Verwaltung“ für die Beklagte führe und L***** von W***** die Ermächtigung zur Erteilung des Bauauftrages habe. Daß der Kläger gewußt habe, daß die Beklagte minderjährig war, sei nicht festgestellt worden. Es sei auch nicht einzusehen, inwiefern der Kläger anläßlich der Erteilung des Bauauftrages an ihn grob fahrlässig vorgegangen sein sollte. Im Bauplan sei die Beklagte als Bauherrin aufgeschienen; dem Kläger sei nach einem klärenden Gespräch mit L***** bewußt gewesen, daß er den Auftrag von L***** nur als Vertreter der Beklagten erhalte, wobei L***** seinerseits von W***** die Ermächtigung zur Erteilung des Bauauftrages habe.

Es sei daher den Rechtsausführungen des Erstgerichtes über die „Anscheinsvollmacht“ des L***** namens der Beklagten für den gesamten Bauauftrag an den Kläger zu folgen, die den Schutz des Bevollmächtigten im Vertrauen auf den äußeren Tatbestand im Auge habe. Der Kläger habe sich auf diesen äußeren Tatbestand verlassen dürfen, zumal ihm die Anwendung gehöriger Aufmerksamkeit zugute komme. Die der Mutter der Beklagten bekannt gewordenen Verhältnisse im Zusammenhang mit dem Ausbau des Campingplatzes, insbesondere des ersten Obergeschoßes, hätten eine entsprechende Erklärung verlangt, wenn schon, wie behauptet, gegen ihren Willen oder über ihren Willen hinaus gehandelt worden sein sollte. In Anbetracht des Umstandes, daß Pläne für den Ausbau (Aufbau) des Obergeschoßes vorgelegen seien und Ende Oktober 1978 eingesehen worden seien, wäre nach Treu und Glauben und nach der Verkehrssitte nicht Stillschweigen am Platz gewesen; es hätte vielmehr geredet werden müssen. Eine solche Ablehnung sei jedoch weder gegenüber dem Kläger noch gegenüber L***** erfolgt.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten. Sie bekämpft sie aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern.

Der Kläger beantragt, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Vorwegzunehmen ist, daß hinsichtlich eines vor Inkrafttreten des IPR-Gesetzes verwirklichten Sachverhaltes (erst für später verwirklichte Sachverhalte gilt die nunmehrige gesetzliche Regelung des § 49 IPR-Gesetz) die Beurteilung von Form und Wirksamkeit einer Vollmacht nach jenen Rechtsvorschriften zu erfolgen hat, die für den Abschlußort des auf Grund der Vollmacht abgeschlossenen Geschäftes gelten (Schwind, Handbuch des Österreichischen Internationalen Privatrechtes 313; vgl. auch SZ 42/103; 1 Ob 688/83). Die Rechtsfrage, inwieweit die Beklagte durch einen in ihrem Namen dem Kläger in Österreich erteilten Bauauftrag verpflichtet wird, ist daher nach österreichischem Recht zu beurteilen.

Die Beklagte versucht in ihrer Rechtsrüge darzutun, daß durch die Nichtgenehmigung des zwischen ihr und L***** abgeschlossenen Pachtvertrages „dem Bauauftrag die rechtliche Grundlage entzogen worden sei“ und daß sich der Kläger insbesondere im Hinblick auf seine Leichtgläubigkeit, die er im geschäftlichen Verkehr mit L***** an den Tag gelegt habe. nicht auf einen von der Beklagten gesetzten äußeren Tatbestand hinsichtlich der Berechtigung L*****s zur Erteilung eines derart umfangreichen Auftrages berufen könne.

Dem ist folgendes zu entgegnen:

Aus den Feststellungen der Vorinstanzen läßt sich eine ausdrückliche oder schlüssige Vollmachtserteilung durch die Beklagte (bzw. ihre gesetzliche Vertreterin) an L***** zum Abschluß des hier in Frage stehenden Werkvertrages mit dem Kläger im Namen der Beklagten nicht ableiten.

Zu prüfen bleibt daher zunächst, ob die Beklagte im Sinne der Vorschrift des § 1016 ABGB, die nicht nur im Fall der Vollmachtsüberschreitung, sondern auch bei Vollmachtsmangel anzuwenden ist (Strasser in Rummel, ABGB, Rdz. 6 zu §§ 1016, 1017; EvBl. 1962/90 ua.), aus dem von L***** in ihrem Namen mit dem Kläger abgeschlossenen Rechtsgeschäft verbunden ist. Dies ist, geht man von den Feststellungen der Vorinstanzen aus, deshalb zu bejahen, weil die gesetzliche Vertreterin der Beklagten im Sinne dieser Gesetzesstelle das Geschäft genehmigt hat.

Bei der Genehmigung des Geschäftes im Sinne des § 1016 ABGB handelt es sich um die Abgabe einer Willenserklärung, die als einseitiges empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft zu qualifizieren ist und die ausdrücklich oder konkludent vom Scheingeschäftsherrn gegenüber dem Scheinvertreter oder dem Dritten abgegeben werden kann (Strasser in Rummel, ABGB, Rdz. 12 und 13 zu §§ 1016, 1017 und die dort zitierte Rechtsprechung).

Im vorliegenden Fall erscheint entscheidend, daß nach den Feststellungen der Vorinstanzen der für die Beklagte handelnden gesetzlichen Vertreterin, nämlich ihrer Mutter Hannelore S***** bei Abschluß des Pachtvertrages vom 22. 12. 1978 durchaus bekannt war, daß an den Baulichkeiten des Campingplatzes über Veranlassung des in Aussicht genommenen Pächters umfangreiche Arbeiten vorgenommen worden waren, wie etwa die Aufstockung des dort befindlichen Gebäudes, die letztlich, soweit sie die Substanz des Bestandgegenstandes betrafen, wirtschaftlich der Eigentümerin zugutekommen mußten. Wenn nun unter diesen Umständen die gesetzliche Vertreterin der Beklagten mit keinem Wort darauf verwies, daß sie eine derartige bauliche Veränderung des Bestandgegenstandes nicht billige, sondern namens der Beklagten mit L***** einen Pachtvertrag schloß, in dem eine ausdrückliche Regelung darüber getroffen wurde, in welchem Umfang L***** zu den Kosten der Instandsetzung und Sanierung des Campingplatzes beizutragen habe, läßt dieses Verhalten nach den Grundsätzen von Treu und Glauben und unter Bedachtnahme auf die Umstände des vorliegenden Einzelfalles im Sinne des § 863 ABGB den Schluß zu, daß damit die gesetzliche Vertreterin der Beklagten bis zu diesem Zeitpunkt namens der Beklagten erteilte Bauaufträge des L*****, soweit sie die Ausgestaltung des Campingplatzes betrafen, genehmigte. Gewiß ist bloßes Stillschweigen nach Lehre und ständiger Rechtsprechung nicht schlechthin als Zustimmung zu werten, wohl aber dann, wenn der Stillschweigende nach Treu und Glauben, nach der Verkehrssitte oder nach dem Gesetz hätte reden müssen (SZ 37/59; SZ 37/119; EvBl 1969/97; JBl. 1970, 258 uva.). Im vorliegenden Fall konnte nach den hier gegebenen Umständen L***** aus dem oben wiedergegebenen Verhalten der gesetzlichen Vertreterin der Beklagten bei Abschluß des Pachtvertrages vom 22. 12. 1978 nach Treu und Glauben durchaus den Schluß ziehen, daß sie damit seinen im Namen der Beklagten dem Kläger erteilten die Ausgestaltung des Campingplatzes betreffenden Bauauftrag genehmigte. Unter diesen Umständen ist im dargestellten Verhalten der gesetzlichen Vertreterin der Beklagten eine konkludente Genehmigung des von L***** im Namen der Beklagten mit dem Kläger geschlossenen Rechtsgeschäftes im Sinne des § 1016 ABGB zu erblicken, die zur Folge hat, daß die Beklagte aus diesem Rechtsgeschäft verbunden ist.

Einer Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes bedurfte die gesetzliche Vertreterin der Beklagten nach den Vorschriften des deutschen Rechtes weder für die Erteilung des hier in Frage stehenden Bauauftrages an den Kläger noch für die Erteilung einer Vollmacht bzw. die nachträgliche Genehmigung vom Nichtbevollmächtigten gesetzter Vertretungshandlungen in diesem Zusammenhang. Daß der mit L***** geschlossene Pachtvertrag im Sinne des § 1822 Z 5 BGB genehmigungspflichtig war und daß, diesem Vertrag in der Folge seitens des deutschen Vormundschaftsgerichtes die Genehmigung versagt wurde, ändert nichts an der dargestellten Beurteilung des Verhaltens der gesetzlichen Vertreterin der Beklagten bei Abschluß dieses Pachtvertrages im Sinne der §§ 863 und 1016 ABGB.

Unter diesen Umständen haben die Vorinstanzen mit Recht dem gegen die Beklagte gerichteten Klagebegehren stattgegeben, sodaß der Revision der Beklagten ein Erfolg versagt bleiben muß.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Textnummer

E08944

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00582.840.0117.000

Im RIS seit

10.01.1995

Zuletzt aktualisiert am

30.10.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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