TE OGH 1985/1/17 7Ob703/84

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Veröffentlicht am 17.01.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrasch sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als weitere Richter in der Vormundschaftssache der mj Ines P*****, infolge Revisionsrekurses des unehelichen Vaters Robert H*****, und der Mutter Christa P*****, und vertreten durch Dr. Ernst Blanke, Rechtsanwalt in Hallein, gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 27. September 1984, GZ 33 R 646/84-50, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Hallein vom 6. Mai 1984, GZ P 247/82-37, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit dem angefochtenen Beschluss bestätigte das Rekursgericht infolge Rekurses der unehelichen Eltern den Beschluss des Erstrichter, wonach ihrer am 16. 8. 1982 geborenen Tochter die gerichtliche Erziehungshilfe nach § 26 JWG gewährt und ihre Unterbringung bei den Pflegeeltern Peter und Marita B***** bewilligt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von den Eltern erhobene Revisionsrekurs ist unzulässig, weil der behauptete Rekursgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit nicht vorliegt.

Eine offenbare Gesetzwidrigkeit im Sinn des § 16 Abs 1 AußStrG liegt nur vor, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, dass kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann, und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wird (SZ 39/103 uva). Im Gesetz ist aber nicht näher bestimmt, welche tatsächlichen Umstände im Einzelfall die Anordnung einer Maßnahme nach § 26 JWG rechtfertigen. In diesem Sinn käme eine offenbare Gesetzwidrigkeit nur in Betracht, wenn das Gericht in Missachtung des Grundprinzips des Wohles des pflegebefohlenen Kindes den Rahmen des vom Gesetz eingeräumten Ermessens überschritten hätte (EFSlg 32.647) oder das Vorliegen einer gesetzlich unmissverständlich formulierten Anordnungsvoraussetzung unrichtig beurteilt worden wäre (SZ 54/192).

Nach § 26 Abs 1 JWG darf das Vormundschaftsgericht die gerichtliche Erziehungshilfe gegen den Willen der Erziehungsberechtigten nur anordnen, wenn sie deshalb geboten ist, weil die Erziehungsberechtigten ihre Erziehungsgewalt missbrauchen oder die damit verbundenen Pflichten nicht erfüllen. Entgegen der Ansicht der Rekurswerber ist in dieser Gesetzesbestimmung nicht davon die Rede, dass das Wohl des Kindes „in extremer Weise“ gefährdet sein muss. Andererseits steht auch die Beurteilung der Vorinstanzen, dass ein Erziehungsnotstand vorliege, weil das Kind den massiven Auseinandersetzungen der Eltern gegeneinander hilflos ausgesetzt war, nicht in einem Widerspruch zu einer klaren gegenteiligen Gesetzesbestimmung. Auch ein solcher Sachverhalt ist vielmehr geeignet, das Wohl des Kindes zu gefährden, und bedeutet eine grob unzulängliche Fürsorge für das Kind. Dass die Rekurswerber grundsätzlich fähig wären, ein Kind zu erziehen, kann dabei nicht den Ausschlag geben, zumal nach den Feststellungen der Vorinstanzen eine Rückführung des Kindes derzeit nach einen über das übliche Maß hinausgehenden Schaden befürchten ließe. Es war auch nicht unzulässig, auf ein Gutachten Bedacht zu nehmen, dessen Grundlage (Befundaufnahme) im Zeitpunkte der gerichtlichen Entscheidung (nur) fünf Monate zurücklag. Eine allfällige Entfremdung des Kindes müssen sich die Rekurswerber durch ihr gegen das Wohl der Pflegebefohlenen gerichtetes Verhalten selbst zuschreiben.

Textnummer

E119362

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB00703.840.0117.000

Im RIS seit

29.09.2017

Zuletzt aktualisiert am

29.09.2017
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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