TE OGH 1985/1/22 10Os201/84

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Veröffentlicht am 22.01.1985
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Der Oberste Gerichtshof hat am 22.Jänner 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner (Berichterstatter), Dr. Kuch sowie Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Gfällner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Karl A wegen des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 3, 128 Abs 1 Z 4 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schäffengericht vom 23.Mai 1984, GZ 8 d Vr 10.354/82-27, nach äffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Bassler, des Angeklagten Karl A und des Verteidigers Dr. Schmid zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Karl A des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 3, 128

Abs 1 Z 4 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, am 7.Februar 1980 in Wien als Beamter unter Ausnützung einer ihm durch seine Amtstätigkeit gebotenen Gelegenheit, die durch eine ihm aufgetragene Arbeit als Bautruppführer der Post- und Telegraphendirektion für Wien, Niederästerreich und das Burgenland geschaffen worden war, eine fremde bewegliche Sache in einem 5.000 S übersteigenden Wert, nämlich eine Nebenstellenanlage der Baustufe W2A im Werte von 17.671,80 S, seinem Auftraggeber, der Post- und Telegraphendirektion für Wien, Niederästerreich und das Burgenland, mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Nach den hier wesentlichen Urteilsfeststellungen ließ der Angeklagte die in Rede stehende Anlage (W2A) zur B Lunz am See bringen, deren Organen er vortäuschte, sie werde von der Firma C geliefert und sei nach Rechnungslegung an jene zu bezahlen. Hierauf bestellte er am 18. März 1980 (im Urteil irrig: 1984) bei C telefonisch eine andere Anlage (2/14 KS) im Wert von 12.000 S, die er abholen und zur Firma D bringen ließ; von letzterer sollte sie an ihn bezahlt werden, doch blieb ungeklärt, ob dies tatsächlich geschah oder an der mittlerweiligen Aufdeckung der Malversation (bereits) scheiterte. Die (an 'den Besteller' mit dem Beisatz 'tel.Hr.A' adressierte) Rechnung über die C-Anlage ließ der Angeklagte von der B Lunz am See bezahlen, die das in der Meinung tat, es handle sich dabei um die ihr von ihm angekündigte Faktura über die an sie gelieferte posteigene Anlage.

Das Erstgericht nahm als erwiesen an, daß der Angeklagte letztere seinem Dienstgeber schon mit dem Vorsatz wegnahm, sich auf diese Weise - also durch die letztliche Erlangung der freien Verfügungsmacht über eine andere Nebenstellenanlage im Weg eines verdeckten Dreiecks-Geschäftes - unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus der Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO., der jedoch keine Berechtigung zukommt.

Der vom Beschwerdeführer in der Mängelrüge behauptete innere Widerspruch im Ersturteil über die angenommene Gutgläubigkeit des Zeugen E beim Transport der posteigenen (Telefon-)Nebenstellenanlage aus dem Wiener Endbereichslager zur B in Lunz am See zur Konstatierung, daß 'rückgewonnene' posteigene Anlagen nicht mehr verkauft werden dürfen, wovon auch E gewußt haben müsse, kann eine Urteilsnichtigkeit nach der Z 5

des § 281 Abs 1 StPO deshalb nicht begründen, weil damit keine für den Schuldspruch entscheidende Tatsache berührt wird; denn der Umstand, daß E nichtsdestoweniger zugebilligt wurde, er sei bei der Verbringung der Nebenstellenanlage gutgläubig gewesen, vermag an der logischen und empirischen Stichhältigkeit der eine Gutgläubigkeit des Beschwerdeführers (infolge eines angeblichen bloßen Irrtums) ausschließenden Argumentation des Schäffengerichts nichts zu ändern. Die gleichen Erwägungen gelten aber auch, soweit der Beschwerdeführer in der Mängelrüge auf die im Ersturteil in Frage gestellte Gutgläubigkeit der Organe der D Ges.m.b.H. & Co. KG., insbesondere des Zeugen F (vgl. Ersturteil, S. 163) sowie des Zeugen G (vgl. S. 158), Bezug nimmt, weil der vorliegende Schuldspruch ebensowenig von der Gutgläubigkeit oder Schlechtgläubigkeit dieser Personen abhängt. Nur am Rande sei in diesem Zusammenhang noch bemerkt, daß die Beschwerdebehauptung, der äffentliche Ankläger habe zur Verfolgung des Zeugen G und des Verantwortlichen der Firma D keinen Anlaß gefunden, unzutreffend ist (vgl. die Anträge der Staatsanwaltschaft Wien vom 16.Dezember 1983, S. 3 a verso und 3 b und den Ausscheidungsbeschluß S. 3 b verso). Daß aber der Angeklagte den Auftrag zum Transport der Nebenstellenanlage aus dem Wiener Endbereichslager nach Lunz am See erteilt hatte, gestand er - unter der weiteren, vom Erstgericht insoweit als unglaubwürdig abgelehnten Behauptung einer Verwechslung - in der Hauptverhandlung ein (vgl. S. 82 und 146), sodaß eine nähere Erärterung der Aussage des Zeugen E, der sich nicht mehr daran erinnern konnte, von wem er diesen Auftrag erhalten hatte (vgl. S. 136 und 137), im Ersturteil entbehrlich war. Der Hinweis des Urteils auf die bei der Sachverhaltsfeststellung berücksichtigte Verantwortung des Angeklagten stellt demnach insoweit eine nach Lage des Falles ausreichende Begründung dar.

Mit Recht konnte das Erstgericht ferner die für den Schuldspruch entscheidenden Feststellungen auch auf die einem Schuldgeständnis gleichkommenden und in der Hauptverhandlung verlesenen (S. 146) Angaben des Angeklagten in seiner niederschriftlichen Vernehmung vom 6. Oktober 1980 bei der Fernmeldeinspektion der Post- und Telegraphendirektion Wien (vgl. S. 15 und 16) stützen. Mit dem Versuch, in der Mängelrüge die Bedeutung seiner Angaben in dieser Niederschrift in Frage zu stellen und seiner Verantwortung in der Hauptverhandlung, seine damalige Darstellung sei darin unrichtig wiedergegeben worden (S. 83), zum Durchbruch zu verhelfen, bekämpft der Beschwerdeführer der Sache nach bloß auf unzulässige Weise nach Art einer Schuldberufung die Beweiswürdigung des Schäffengerichts. Dieses hat seine spätere (leugnende) Verantwortung, bei der Lieferung der posteigenen Nebenstellenanlage von Wien nach Lunz am See sei eine Verwechslung unterlaufen, mit den von ihm am 6.Oktober 1980 gemachten Angaben für unvereinbar und auf Grund der für glaubwürdig bezeichneten Aussage des Zeugen Ing. H für widerlegt erachtet (S. 160); damit ist es seiner Begründungspflicht mängelfrei nachgekommen.

Mit der vom Angeklagten in der Hauptverhandlung erhobenen Behauptung einer bloßen Verwechslung bei der Lieferung der posteigenen Nebenstellenanlage aus dem Wiener Endbereichslager nach Lunz am See mit der von ihm bei der Firma C Austria GesmbH bestellten anderen Nebenstellenanlage beschäftigte sich das Erstgericht in seinem Urteil eingehend und hielt sie schon aus zeitlichen Gründen für ausgeschlossen, weil die posteigene Nebenstellenanlage der B Lunz am See bereits am 7.Februar 1980 geliefert wurde, wogegen er die weitere Nebenstellenanlage bei der Firma C Austria GesmbH erst am 18. März 1980 telefonisch bestellt hatte (S. 161). Auch hier unterlief dem Erstgericht daher kein Begründungsmangel im Sinne der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO.

Soweit der Angeklagte in der Mängelrüge im übrigen Feststellungen und Beweiswürdigungserwägungen des erstgerichtlichen Urteils als 'Hypothesen', 'Vermutungen' und 'Kunstgriffe' bezeichnet und darauf aufbauend seiner - vom Erstgericht abgelehnten - Verantwortung zum Durchbruch verhelfen will, unternimmt er abermals nur einen unzulässigen Angriff gegen die Beweiswürdigung des Schäffengerichtes, ohne einen formalen Begründungsmangel aufzuzeigen.

Ebenso scheitert auch die auf die Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO. gestützte Rechtsrüge.

Dem Einwand, der Schuldspruch wegen Diebstahls sei verfehlt, weil der Angeklagte (selbst) die posteigene Nebenstellenanlage gar nicht weggenommen habe, ist entgegenzuhalten, daß er nach den Urteilsfeststellungen die Sachwegnahme zwar nicht selbst ausführte, aber durch Alois E (als gutgläubiges Werkzeug) veranlaßte (S. 157), sodaß ihm richtigerweise allerdings Bestimmungstäterschaft im Sinne des § 12 zweiter Fall StGB zur Last fällt. Angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit der im § 12 StGB

angeführten Täterschaftsformen kommt aber der (sohin verfehlten) Annahme einer unmittelbaren Täterschaft des Angeklagten im Spruch des Ersturteils (statt einer Bestimmungstäterschaft) die Bedeutung einer Urteilsnichtigkeit (nach der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO.) nicht zu (vgl. Leukauf-Steininger, StGB +2, RN. 57 und 58 zu § 12 StGB , SSt 53/57; EvBl 1983/74 u.a.).

Bei seinem weiteren (zum Teil schon in der Mängelrüge ausgeführten) Einwand, durch die Lieferung der Anlage an die B Lunz am See sei weder bei ihm noch bei dieser eine mittels Zueignung der weggenommenen Sache bewirkte (unrechtmäßige) Bereicherung eingetreten, es habe eine solche auch gar nicht eintreten kännen, weil sich die Kasse ihrer Zahlungspflicht bewußt gewesen sei und er selbst davon keinen Vermägensvorteil gehabt habe, übersieht der Beschwerdeführer zum einen, daß § 127 Abs 1 StGB für die Tatbestandsvollendung nicht auch den (tatsächlichen) Eintritt einer (unrechtmäßigen) Bereicherung voraussetzt. Es genügt vielmehr die im Tatzeitpunkt (bei der Sachwegnahme oder bei der Bestimmung eines anderen zur Sachwegnahme) vorgelegene Tendenz, sich oder einen Dritten durch die Zueignung der gestohlenen Sache unrechtmäßig zu bereichern (Kienapfel, Grundriß BT II RN. 165 zu § 127 StGB ). Mit einer derartigen Bereicherungstendenz handelt ein Täter, wenn sein Vorsatz darauf gerichtet ist, an Stelle des Berechtigten und unter dessen Ausschluß über die Sache wirtschaftlich zu verfügen, also deren wirtschaftlichen Wert in sein eigenes Vermägen (oder in das eines Dritten) zu überführen, was insbesondere auch dann zutrifft, wenn er sie, wie im vorliegenden Fall, veräußern will; der Umstand, daß ihm dabei der Erläs im Weg eines (hier: verdeckten) Dreiecks-Geschäftes zufließen soll, vermag dabei die Annahme seines tatbestandsmäßigen Schädigungsvorsatzes nicht in Frage zu stellen. Durch seine eigentümergleiche Verfügung überführte der Angeklagte im übrigen dementsprechend auch tatsächlich die posteigene Nebenstellenanlage bereits in sein eigenes Vermägen; er eignete sich diese Sache also zu und manifestierte zugleich seinen Bereicherungsvorsatz durch deren entgeltliche Veräußerung (vgl. Leukauf-Steininger, StGB +2, RN. 30, 34 und 35 zu § 127 StGB ), mag auch das Zufließen des Erläses an ihn bei dieser Verwertungshandlung nicht direkt, sondern in Form des oben aufgezeigten Umweges vorgesehen gewesen sein.

Die gegen die Annahme des Wertes der Nebenstellenanlage in der Hähe von 17.671,80 S gerichtete Rechtsrüge schließlich läßt eine gesetzmäßige Ausführung des in diesem Zusammenhang geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO vermissen, weil er mit seiner Behauptung, der Wert dieser Nebenstellenanlage habe (zur Tatzeit) den Betrag von 5.000 S nicht überstiegen, nicht die im angefochtenen Urteil enthaltene Feststellung über den Wert der gestohlenen Sache mit dem darauf angewendeten Strafgesetz (§ 128 Abs 1 Z 4 StGB ) vergleicht.

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war sohin ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E05054

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0100OS00201.84.0122.000

Dokumentnummer

JJT_19850122_OGH0002_0100OS00201_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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