Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 24.Jänner 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Miheljak als Schriftführerin in der Strafsache gegen Wilhelm A wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 StGB über die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 28.November 1984, GZ 11 Ns 776/84 nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß gefaßt:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Gegen Wilhelm A ist beim Bezirksgericht Bad Ischl zu AZ 1 U 11/84 ein Strafverfahren wegen § 198 Abs. 1 StGB anhängig. Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Oberlandesgericht Linz diese Strafsache dem Bezirksgericht Bad Ischl abgenommen und dem Bezirksgericht Wels zugewiesen, da der Beschuldigte im kreisgerichtlichen Gefangenenhaus Wels und im Polizeigefangenenhaus Wels Freiheitsstrafen bis Mitte 1985 zu verbüßen haben wird.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen den Delegierungsbeschluß vom Beschuldigten erhobene Beschwerde ist zulässig (§ 63 Abs. 2 StPO), aber nicht berechtigt. Gemäß § 62 StPO kann der Gerichtshof zweiter Instanz unter anderem aus wichtigen Gründen Strafsachen dem zuständigen Gericht abnehmen und einem anderen Gericht derselben Art in seinem Sprengel zuweisen. 'Wichtige Gründe' im Sinne der zitierten Gesetzesstelle sind etwa Beschleunigung des Verfahrens oder Ersparnis von Kosten (siehe Bertel, Grundriß des österreichischen Strafprozeßrechtes, S 35). Nach einer vom Obersten Gerichtshof fernmündlich beim kreisgerichtlichen Gefangenenhaus Wels eingeholten Auskunft ist Wilhelm A nach Gewährung eines Ausganges nach § 99 StVG am 27.12.1984 nicht in das kreisgerichtliche Gefangenenhaus Wels zurückgekehrt. Derzeit wird nach ihm gefahndet. An ihm sind - nach seiner Ergreifung - 10 Tage an restlicher Freiheitsstrafe zu vollziehen, im Anschluß wird er an das Polizeigefangenenhaus Wels zum Vollzug von Verwaltungsstrafen in der Gesamtdauer von ca. 200 Tagen überstellt werden.
Die Durchführung der Hauptverhandlung in Bad Ischl vor dem voraussichtlichen Haftende wäre mit nicht unbeträchtlichen Kosten verbunden, da Wilhelm A zur Hauptverhandlung vorgeführt werden müßte. In Anbetracht der Dauer der am Beschwerdeführer noch zu vollziehenden Freiheitsstrafen wäre die Anberaumung einer Hauptverhandlung erst nach dem Ende des Strafvollzuges mit einer durch nichts zu rechtfertigenden beträchtlichen Verfahrensverzögerung verbunden. So gesehen erweist sich die Zuweisung der Strafsache an das Bezirksgericht Wels als durchaus prozeßökonomisch, ein wichtiger Delegierungsgrund ist daher gegeben. Den eigentlichen Beschwerdeausführungen ist zu erwidern, daß die Ansicht des Beschuldigten, das Bezirksgericht Bad Ischl sei mit seinem Akt 'besser vertraut', unbeachtlich ist, denn jedes mit der Führung eines Strafverfahrens befaßte Gericht hat den für die rechtliche Beurteilung erforderlichen Sachverhalt festzustellen, ungeachtet, ob es mit einem Akt mehr oder weniger vertraut ist. Die Behauptung, der Beschuldigte werde um einen Aufschub des Vollzuges seiner Verwaltungsstrafen ansuchen, besagt nicht, daß dieser Aufschub auch bewilligt werden wird, zumal Wilhelm A - wie aus seinem Nichteinrücken zum weiteren Strafvollzug nach Gewährung einer Haftunterbrechung erhellt - als ausgesprochen fluchtgefährlich anzusehen ist. Jedenfalls aber wurde dem Beschwerdeführer bis jetzt ein derartiger Aufschub des Strafvollzuges nicht gewährt, sodaß dieser Umstand bei der Erledigung dieses Rechtsmittels nicht berücksichtigt werden kann.
Der unbegründeten Beschwerde war daher der Erfolg zu versagen.
Anmerkung
E05016European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0120OS00186.84.0124.000Dokumentnummer
JJT_19850124_OGH0002_0120OS00186_8400000_000