Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 31.Jänner 1985 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kohlegger als Schriftführer in der Strafsache gegen Egon Alois TüRK wegen des Vergehens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 1, Abs. 2 StGB sowie einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 5. September 1984, GZ 4 a Vr 9.823/83-29, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 26.Mai 1950 geborene, derzeit suspendierte Kriminalbeamte Egon Alois A des Vergehens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 1, Abs. 2 StGB (Urteilsfaktum I) und des Verbrechens des Mißbrauches der Amtsgewalt nach dem § 302 Abs. 1 StGB (Urteilsfaktum II) schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, in Ebergassing und anderen Orten Österreichs Mitte September 1980 den gesondert verfolgten Rudolf B dabei unterstützt zu haben, fünf von B gestohlene handgearbeitete Orientteppiche in einem nicht mehr feststellbaren, 5.000 S jedenfalls übersteigenden Wert zu verheimlichen (I des Urteilssatzes) und im September und Oktober 1980 als Gendarmeriebeamter seine Befugnis, als Organ des Bundes Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch wissentlich mißbraucht zu haben, daß er Rudolf B über den Stand der gegen ihn wegen Verdachtes des Diebstahls eingeleiteten Ermittlungen in Kenntnis setzte und überdies seiner vorgesetzten Dienststelle wesentliche Erhebungsergebnisse verschwieg (II des Urteilssatzes). Dieses Urteil wird vom Angeklagten im Schuldspruch mit auf die Z 4 und 5
des § 281 Abs. 1 StPO gestützter Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung bekämpft.
Rechtliche Beurteilung
Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt Berechtigung zu.
In seiner Verfahrensrüge wendet sich der Beschwerdeführer unter anderem gegen die Ablehnung des von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Vernehmung des Zeugen Inspektor C 'zum Beweis dafür, daß er über die Recherchen des Angeklagten in Deutschland informiert war und ihm den Auftrag (dazu) erteilt hat' (Band II S 49 d.A). Das Schöffengericht lehnte diesen Beweisantrag als 'für das Verfahren unerheblich' (Band II S 59 d.A) ab und führte zur Ergänzung im Urteil sinngemäß aus, die Behauptung, deren Richtigkeit damit unter Beweis gestellt werden sollte, stehe mit dem gegenständlichen Verfahren in keinem Zusammenhang und sei außerdem bereits durch die eingeholte Auskunft der Sicherheitsdirektion für Niederösterreich (ON 23 d.A) widerlegt. Zwar trifft zu, daß das bezeichnete Beweisthema an sich keines der beiden Schuldspruchfakten unmittelbar berührt. Dennoch kann ihm hier aus folgender überlegung Relevanz nicht abgesprochen werden:
Das Schöffengericht bringt nämlich unmißverständlich zum Ausdruck, daß es sich in die Erörterung der Frage, ob der Angeklagte in der gegenständlichen Angelegenheit - hiezu berechtigt oder nicht - in der Bundesrepublik Deutschland eine Ermittlungstätigkeit entfaltete, einließ, um sich 'ein Bild des Angeklagten zu machen' (Band II S 63 d. A). In diesem Zusammenhang werden im Urteil auch die darauf Bezug habenden Verfahrensergebnisse kritisch erörtert. Und das erkennende Gericht hält schließlich fest, daß es 'gerade auf Grund des zuletzt Erwähnten' zur zweifelsfreien Ansicht gelangte, der Angeklagte habe mit allen Mitteln, insbesondere durch widersprüchliche und unrichtige Behauptungen, versucht, die Wahrheitsfindung zu erschweren.
Nach dieser Urteilsaussage ist somit anzunehmen, daß die gewonnene überzeugung von der Unrichtigkeit der Darstellung des Angeklagten, er habe in dieser Sache mit Zustimmung bzw. im Auftrag seiner Vorgesetzten in der Bundesrepublik Deutschland recherchiert, für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit seiner Verantwortung insgesamt von ausschlaggebender Bedeutung war. Aus dieser Erkenntnis folgt, daß das Erstgericht, wenn es dem Umstand, ob der Angeklagte mit Wissen und Willen seiner Dienstbehörde eine Ermittlungstätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland entfaltete, für die Würdigung der zum Kern der Sache aufgenommenen Beweise Bedeutung beimaß, den eingangs zitierten Antrag des Verteidigers nicht als unerheblich abweisen hätte dürfen.
Durch den Hinweis aber, die unter Beweis zu stellende Behauptung des Angeklagten sei bereits durch ein anderes Verfahrensergebnis widerlegt, wurde dem angebotenen Beweismittel auf unzulässige Art (vorgreifend - vgl. Mayerhofer-Rieder ENr. 81 zu § 281 Z 4 StPO) die Beweiskraft aberkannt.
Die Verweigerung der begehrten Vernehmung des Insp. C verletzte daher den Angeklagten in seinen Verteidigungsrechten. Da sich sohin zeigt, daß infolge formeller Urteilsnichtigkeit die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, war gemäß dem § 285 e StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen. Auf das übrige Beschwerdevorbringen brauchte demnach nicht mehr eingegangen zu werden.
Mit seiner durch die Urteilsaufhebung gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen. Nur am Rande sei noch erwähnt, daß das Erstgericht im zweiten Rechtsgang bei den zur subjektiven Tatseite zu treffenden Feststellungen zu beachten haben wird, daß der Tatbestand des § 302 Abs. 1 StGB zur Schädigung einfachen (auch bedingten) Vorsatz genügen läßt, dagegen zum Merkmal des Befugnismißbrauches Wissentlichkeit verlangt (vgl. in diesem Zusammenhang Band II S 67 d. A).
Anmerkung
E05037European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0110OS00007.85.0131.000Dokumentnummer
JJT_19850131_OGH0002_0110OS00007_8500000_000