Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl, Dr. Kuderna, Dr. Gamerith und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A 1981, Hessenplatz 3, 4020 Linz, vertreten durch Dr. Eduard Saxinger und Dr. Peter Baumann, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Christian B, Kaufmann, Blütenstraße 15, 4040 Linz, vertreten durch Dr. Johann Rathbauer, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung und Veröffentlichung (Gesamtstreitwert S 350.000,--) infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 14. November 1984, GZ. 3 a R 135/84-8, womit der Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 9. August 1984, GZ. 5 Cg 260/84-3, abgeändert wurde, folgenden Beschluß gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß er zu lauten hat:
'Zur Sicherung des Unterlassungsanspruches der klagenden Partei wird dem Beklagten verboten, im geschäftlichen Verkehr Wochenendflüge zu vermitteln und diese Vermittlung anzukündigen, ohne im Besitz einer entsprechenden Gewerbeberechtigung zu sein.
Das Mehrbegehren der klagenden Partei wird abgewiesen. Die klagende Partei hat dem Beklagten die mit S 8.925,42 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (davon S 738,67 Umsatzsteuer und S 800,-Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen. Die klagende Partei hat die Hälfte der Kosten des Provisorialverfahrens endgültig, die andere Hälfte vorläufig selbst zu tragen.'
Text
Begründung:
Der Beklagte betreibt in Linz, Blütenstraße 15 unter der Betriebsstättenbezeichnung 'Modellbau Buchgeher' ein Handelsgewerbe. Er bietet verschiedene Modellbausysteme samt Zubehör zum Kauf an und gibt einen Jahreskatalog heraus. Im Jahreskatalog 1984 kündigte der Beklagte mit einem ganzseitigen Hinweis einen Flug zur 'FLUGSCHAU C '84' vom 7. bis 9. September 1984 an. Die Werbung für diese Reise leitete er mit den Worten:
'Der Erfolg hat uns recht gegeben ... auch heuer wieder ... Es ist uns eine Verpflichtung, wegen der oftmals geäußerten Wünsche .....'
ein. Nach der Darstellung des Reiseprogrammes, des Pauschalpreises und der darin enthaltenen Leistungen folgt der Hinweis: 'Anmeldung schriftlich oder telefonisch mit Anzahlung S 500,-- pro Person spätestens bis 30. Juni 1984 an die Firma B, Lentia 2000, 4040 Linz.' Darunter stehen in großen Buchstaben die Worte: 'RRD REISEN'. Der Beklagte hat keine Konzession für das Reisebürogewerbe (§ 208 GewO 1973).
Der klagende Wettbewerbsschutzverband (§ 14 UWG) beantragte zur Sicherung seines im wesentlichen inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens, dem Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr Reisen in Form von Wochenendflügen anzukündigen und/oder zu veranstalten, ohne im Besitz einer entsprechenden Gewerbeberechtigung zu sein.
Die klagende Partei behauptet, der Beklagte habe sich einer unbefugten Ausübung des konzessionierten Reisebürogewerbes schuldig gemacht, weil er eine vorbereitende und vermittelnde Tätigkeit für die Veranstaltung von Gesellschaftsfahrten durchgeführt habe. Unter diese Tätigkeit falle auch das Erteilen individueller Reiseauskünfte und die Entgegennahme von Anmeldungen.
Die Verletzung dieser gewerberechtlichen Vorschriften bilde einen Verstoß gegen § 1 UWG.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Sicherungsantrages und wendete ein, Veranstalter der Flugreise sei das in der beanstandeten Ankündigung deutlich hervorgehobene Reisebüro D, Landesstelle Graz, gewesen. Der Beklagte habe sich über Ersuchen dieses Reisebüros nur bereit erklärt, Anmeldungen und Anzahlungen für diese Sonderfahrt entgegenzunehmen, wozu es aber dann nicht gekommen sei. Die Ankündigung im Katalog habe sich ausschließlich an die Kunden des Beklagten gerichtet. Fremde Interessen seien dadurch nicht berührt worden. Anmeldungen für die Reise beim Beklagten seien im Zeitpunkte der Erhebung der Klage (26. Juli 1984) nicht mehr möglich gewesen, sodaß es an einem Rechtsschutzinteresse für die beantragte Verfügung fehle. Wiederholungsgefahr liege nicht vor.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab.
Es war der Ansicht, daß aus der beanstandeten Ankündigung eindeutig hervorgehe, daß die Firma D E Veranstalter der Reise sei. Es fehle der nach § 1 UWG geforderte Zweck der Förderung des eigenen Wettbewerbes.
Der Beklagte locke niemanden, der sich nur für die Flugschau interessiere, in sein Geschäft. Eine Wiederholungsgefahr wäre nur insofern gegeben, als der Beklagte im künftigen Katalog 1985 eine Flugschau 1985 ankündigen könne. Bis dahin sei jedoch das ordentliche Verfahren über die Klage voraussichtlich beendet. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der klagenden Partei Folge, änderte den angefochtenen Beschluß dahin ab, daß es die beantragte einstweilige Verfügung erließ. Es sprach aus, daß der von der Stattgebung des Rekurses betroffene Wert des Streitgegenstandes S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.
Gerade dadurch, daß der Beklagte mit der beanstandeten Ankündigung
nur seine Kunden angesprochen habe, sei bescheinigt, daß er auch
Anmeldungen zu dieser Reise entgegengenommen habe (' .... der Erfolg
hat uns recht gegeben .... oftmals geäußerte Wünsche .... Anmeldung
schriftlich oder telefonisch').
Die beanstandete Ankündigung enthalte weder die Anschrift, noch die Telefonnummer der Firma D, Landesstelle Graz, sodaß es den Kunden des Beklagten gar nicht möglich gewesen sei, sich ohne weiteres direkt an dieses Reisebüro zu wenden. Daß der Beklagte eine solche Sonderreise nicht das erste Mal in seinen Katalog aufgenommen habe, ergebe sich ebenfalls aus der beanstandeten Ankündigung ('auch heuer wieder ....').
Der Beklagte habe gennahme von Anmeldungen für eine bestimmte Reise zu verstehen (Mache-Kinscher, GewO 5
539 FN 6; ÖBl. 1983, 165; ÖBl. 1968, 109; 4 Ob 388/84). Als solche Tätigkeiten zählen Mache-Kinscher (aaO 539) beispielsweise die Planung solcher Fahrten, die Sammlung der Teilnehmer, die Sorge für deren allfällige Verköstigung und Unterkunft, das Zurverfügungstellen eines Reisebegleiters und die Bereitstellung geeigneter Beförderungsmittel auf. Bei der Beurteilung der Frage, ob jemand eine Gesellschaftsfahrt veranstaltet (vermittelt), kommt es nicht darauf an, daß er alle jene organisatorischen Maßnahmen ergreift, die für die Durchführung einer solchen Fahrt notwendig sind. Es genügt vielmehr, daß er an der Durchführung einer solchen Veranstaltung in der Form maßgeblich mitwirkt, daß er einzelne der hiefür notwendigen organisatorischen Tätigkeiten, wie etwa die bereits erwähnte Entgegennahme von Anmeldungen, vornimmt. Daß die Flugreise zur Flugschau in Farnborough von einem konzessionierten Reisebügennahme von Anmeldungen für eine bestimmte Reise zu verstehen (Mache-Kinscher, GewO 5
539 FN 6; ÖBl. 1983, 165; ÖBl. 1968, 109; 4 Ob 388/84). Als solche Tätigkeiten zählen Mache-Kinscher (aaO 539) beispielsweise die Planung solcher Fahrten, die Sammlung der Teilnehmer, die Sorge für deren allfällige Verköstigung und Unterkunft, das Zurverfügungstellen eines Reisebegleiters und die Bereitstellung geeigneter Beförderungsmittel auf. Bei der Beurteilung der Frage, ob jemand eine Gesellschaftsfahrt veranstaltet (vermittelt), kommt es nicht darauf an, daß er alle jene organisatorischen Maßnahmen ergreift, die für die Durchführung einer solchen Fahrt notwendig sind. Es genügt vielmehr, daß er an der Durchführung einer solchen Veranstaltung in der Form maßgeblich mitwirkt, daß er einzelne der hiefür notwendigen organisatorischen Tätigkeiten, wie etwa die bereits erwähnte Entgegennahme von Anmeldungen, vornimmt. Daß die Flugreise zur Flugschau in Farnborough von einem konzessionierten Reisebüro (Fa. D E, Graz) veranstaltet wurde, vermag den Revisionsrekurswerber nicht zu entlasten, weil der Gesetzgeber auch das bloße Vermitteln solcher Gesellschaftsfahrten der Konzessionspflicht unterstellte, daß auch derjenige, der einzelne, zum Tätigkeitsbereich des Reisebürogewerbes gehörende Tätigkeiten als Vermittler eines konzessionierten Veranstalters gewerbsmäßig ausübt, also insbesondere für das Reisebüro eines anderen, Reiseanmeldungen entgegennimmt und individuelle Reiseauskünfte erteilt, hiezu einer Konzession nach § 208 Abs. 1 GewO 1973 (beziehungsweise der entsprechenden Teilberechtigungen des Reisebürogewerbes nach § 208 Abs. 3
GewO 1973) bedarf. Hat der Vermittler eine solche Gewerbeberechtigung nicht, so verletzt er durch eine gewerbsmäßige Ausübung der Vermittlungstätigkeit (auch für einen berechtigten Reiseveranstalter) gewerberechtliche Vorschriften, die dem Schutz des lauteren Wettbewerbs dienen. Ein derartiger Gesetzesverstoß bildet dann unabhängig davon, ob er fortgesetzt oder planmäßig begangen wurde, einen Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG (4 Ob 349/84). Dieser Verstoß beruht aber nicht, wie das Rekursgericht annahm, auf der Förderung fremden (unlauteren !) Wettbewerbes, weil der Reiseveranstalter, für den der Beklagte als Vermittler tätig wurde, ja die zur Ausübung des Gewerbes erforderliche Konzession besitzt, sondern auf der eigenen konzessionslosen Tätigkeit.
Ein Wettbewerbsverstoß des Vermittlers liegt allerdings nur vor, wenn er diese Vermittlungstätigkeit gewerbsmäßig ausübt (§ 1 Abs. 1 bis 4 GewO 1973). Wenn die Vermittlung von Gesellschaftsfahrten durch einen Gewerberechtigten, der ein anderes Gewerbe ausübt, erfolgt, so ist die Gewerbsmäßigkeit der Vermittlung im Zweifel schon dann anzunehmen, wenn diese Tätigkeit mit dem vom Vermittler ausgeübten Gewerbe im Zusammenhang steht.
Dieser Zusammenhang ist hier gegeben, da der Beklagte die Einladung, Anmeldungen zu dieser Reise in seinem Geschäft vorzunehmen, in dem an seine Kunden gerichteten Jahreskatalog ankündigte, um 'oftmals geäußerten Wünschen' von Kunden zu entsprechen und nach dem von der zweiten Instanz als bescheinigt angenommenen Sachverhalt auch solche Anmeldungen entgegennahm. Ob es im Rahmen solcher Anmeldungen auch zur Entgegennahme von Anzahlungen kam, ist unerheblich. Im Gegensatz zur Ansicht des Revisionsrekurswerbers ist auch die Wiederholungsgefahr gegeben. Diese ist schon bei einer einmaligen wettbewerbswidrigen Handlung anzunehmen, wenn nicht ausreichende Anhaltspunkte für eine önderung der Willensrichtung desjenigen, der gegen eine Wettbewerbsvorschrift verstoßen hat, vorliegen, welche eine neuerliche Verletzung ernstlich nicht mehr erwarten lassen (ÖBl. 1974, 119 ua). Da der Beklagte (sinngemäß behauptete, zu der beanstandeten Vermittlungstätigkeit berechtigt gewesen zu sein, und die Flugschau in Farnborough eine regelmäßig wiederkehrende Veranstaltung ist, nahm das Rekursgericht zutreffend das Vorliegen der Wiederholungsgefahr an.
Rechtliche Beurteilung
Dennoch ist der auf das Verbot der Ankündigung und des Veranstaltens von Wochenendflügen gerichtete Sicherungsantrag nur teilweise berechtigt. Der Beklagte hat nicht Wochenendflüge (im eigenen Namen) veranstaltet, sondern nur (durch Entgegennahme von Anmeldungen für ein konzessioniertes Reisebüro) vermittelt. Da § 208 Abs. 1 GewO 1973 die 'Vermittlung' einer Gesellschaftsfahrt als Unterfall der 'Veranstaltung' einer Gesellschaftsfahrt begreift (vgl. die Worte
..... die Veranstaltung !einschließlich der Vermittlung ), liegt in
dem beantragten Verbot der Veranstaltung von Wochenendflügen kein
aliud, sondern ein Mehrbegehren. Dieses war abzuweisen und dem Beklagten nur die Vermittlung von Wochenendflügen zu verbieten. Zu weit gefaßt ist aber auch das beantragte Verbot der Ankündigung von Wochenendflügen. Ankündigungen sind dem Beklagten nur so weit zu untersagen, als sie mit seiner konzessionslosen Vermittlungstätigkeit im Zusammenhang stehen und damit für diese als vorbereitende Tätigkeit angesehen werden können. Im übrigen bildet es aber keinen Verstoß gegen gewerberechtliche Vorschriften, wenn ein Gewerbetreibender im Rahmen seines Betriebes für (branchenfremde) Veranstaltungen, die ein anderer Gewerbeberechtigter im Rahmen seiner Konzession durchführt, wirbt, ohne an der Organisation dieser Veranstaltungen mitzuwirken. Es kann einem Gewerbetreibenden nicht verwehrt werden, seine eigenen Kunden auf eine von dritter Seite durchgeführte Veranstaltung aufmerksam zu machen.
Dem Revisionsrekurs ist daher teilweise Folge zu geben. Da der Beklagte mit seinem Rechtsmittel teilweise durchgedrungen ist, hat ihm die klagende Partei die Hälfte der Kosten des Provisorialverfahrens - solche wurden nur im Rechtsmittelverfahren verzeichnet - zu ersetzen (§§ 78, 402 EO, 43 Abs. 1, 50 ZPO). Die klagende Partei hat ihre Kosten, unbeschadet eines Ersatzanspruches im Hauptverfahren, selbst zu tragen (§ 393 Abs. 1 EO).
Anmerkung
E05011European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0040OB00301.85.0205.000Dokumentnummer
JJT_19850205_OGH0002_0040OB00301_8500000_000