TE OGH 1985/2/21 7Ob652/84

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Veröffentlicht am 21.02.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Petrasch sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. R*****, vertreten durch Dr. Josef Bock, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Stadt Wien, vertreten durch Dr. Kurt Scheffenegger, Rechtsanwalt in Wien, unter Beitritt der Nebenintervenientinnen 1.) M***** und 2.) C***** und vertreten durch Dr. Walter Schuppich, Dr. Werner Sporn, Dr. Michael Winischhofer und Dr. Martin Schuppich, Rechtsanwälte in Wien, wegen Erteilung eines Architektenauftrags (Streitwert 700.000 S), infolge Revision der beklagten Partei und der auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenientinnen gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 10. Mai 1984, GZ 12 R 23/84-62, womit infolge Berufung der beklagten Partei und der Nebenintervenientinnen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 17. November 1983, GZ 40 c Cg 396/81-55, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Den Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 17.638,05 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.200 S Barauslagen und 1.494,37 S USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt von der beklagten Partei zur Erfüllung einer ihren jetzigen Nebenintervenientinnen gemachten Zusage die Erteilung eines Architektenauftrags für eine städtische Wohnhausanlage.

Im ersten Rechtsgang hob der Oberste Gerichtshof mit dem Beschluss 7 Ob 674/80 vom 14. 5. 1981 die klagsabweisenden Urteile der Vorinstanzen auf. Er überband die Rechtsansicht, dass es sich im vorliegenden Fall bei der von der beklagten Partei gegenüber den Nebenintervenientinnen übernommenen Verpflichtung, an den Kläger einen Architektenauftrag in einer bestimmten Größenordnung zu vergeben, um einen echten Vertrag zugunsten Dritter im Sinne des § 881 Abs 2 ABGB handle, der nicht mehr ohne Zustimmung des Dritten widerrufen werden konnte. Es komme nicht darauf an, ob der Kläger im (Valuta-)Verhältnis seine Zusagen an die Nebenintervenientinnen eingehalten habe. Im (Deckungs-)Verhältnis zwischen den Vertragspartnern sei die Wirksamkeit des unmittelbaren Rechts des Klägers auch nicht zeitlich hinausgeschoben und ein Widerruf ohne Zustimmung des Klägers nicht offengelassen worden. Ein Widerruf der Begünstigung des Klägers sei demnach grundsätzlich nicht mehr wirksam gewesen. Dem Grunde nach sei der nicht verjährte Klagsanspruch nur noch von der Frage abhängig, ob der Parteiwille beim Abschluss eines nachfolgenden „friedensrichterlichen Vergleiches“ zwischen dem Kläger und den Nebenintervenientinnen vor der Ingenieurkammer dahin ging, letzteren im Sinne eines Verzichts des Klägers eine freie Verfügung über die mit der beklagten Partei vereinbarte Verschaffung des Architektenvertrags zu ermöglichen. Dafür treffe die beklagte Partei die volle Beweislast. Die Verfolgung des Rechtsanspruchs des Klägers verstoße nicht gegen Treu und Glauben. Der Höhe nach werde der Klagsanspruch auf den zugesagten Architektenauftrag für eine städtische Wohnhausanlage in der Größenordnung von 50 bis 60 Wohnungseinheiten zu beschränken und die nähere Beschreibung des Auftragsumfangs durch § 34 GOA incl örtlicher Bauleitung zu überprüfen sein.

Im (zweiten Rechtsgang und nach Aufhebung des dort ergangenen Urteils durch das Berufungsgericht auch im) dritten Rechtsgang entschied der Erstrichter im Sinne des (durch eine Detaillierung der vom Architektenauftrag zu umfassenden Leistungen) präzisierten Klagebegehrens. Nach seinen Feststellungen wurde bei den Besprechungen in der Architektenkammer, die zur Einigung vom 31. 5. 1967 zwischen dem Kläger und den Nebenintervenientinnen geführt haben, über den strittigen Architektenauftrag nicht gesprochen. Es war nie die Rede davon, dass der Kläger auf diesen Architektenauftrag verzichten sollte und dass die beiden Nebenintervenientinnen wieder frei über denselben in dem Sinne verfügen könnten, dass sie der beklagten Partei anstelle des Klägers einen anderen Architekten namhaft machen können. Als die beklagte Partei im Jänner 1976 den Ersatzauftrag an den von den Nebenintervenientinnen namhaft gemachten Architekten R***** vergab, hatten alle Architekten, die von der beklagten Partei mit einem Auftrag bedacht wurden, dieselben Teilleistungen im Sinne des § 34 GOA im Gesamtausmaß von 70 % zu erbringen. Heute umfassen Architektenaufträge der beklagten Partei aufgrund einer mit der Ingenieurkammer geschlossenen Vereinbarung ebenfalls Teilleistungen von 70 % mit der einzigen Abweichung, dass früher die künstlerische Oberleitung mit 10 % veranschlagt wurde und heute zu der nur noch mit 5 % honorierten künstlerischen Oberleitung die anteilige technisch-geschäftliche Oberleitung mit ebenfalls 5 % hinzutritt. Zwischen dem Entstehen der Absicht, eine Wohnhausanlage in der Größe von 50 bis 60 Wohneinheiten zu errichten, und der Erteilung eines entsprechenden Architektenauftrags liegt nach der Praxis der beklagten Partei eine Zeitspanne von drei bis fünf Jahren, weil zunächst die erforderlichen politischen Beschlüsse herbeizuführen, dann die Frage der Finanzierung der Wohnhausanlage zu klären, allfällige Grundfreimachungen zu bewirken und Probleme der Infrastruktur zu untersuchen sind, was mindestens drei Jahre erfordert, und Projekte der hier maßgebenden Größenordnung überdies nicht in jedem Jahr, manchmal aber auch mehrmals in einem Jahr vergeben werden.

Nach der Rechtsansicht des Erstrichters ist der Klagsanspruch im Sinne der überbundenen Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofs dem Grunde nach berechtigt, weil die beklagte Partei einen Verzicht des Klägers nicht beweisen konnte. Die Vereinbarung könne nicht (im Sinn der weiteren, im dritten Rechtsgang erhobenen Einwendung der Nebenintervenientinnen) als Vorvertrag gewertet werden, sodass auch die Einrede der Verfristung nach § 936 ABGB fehlschlage. Der Umfang des an den Kläger zu vergebenden Architektenauftrags sei hinreichend deutlich umschrieben, als Leistungsfrist gemäß § 409 ZPO sei ein Zeitraum von zwei Jahren angemessen.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil mit dem Ausspruch, dass der Wert des Streitgegenstands 300.000 S übersteigt. Es vertrat ergänzend die Rechtsansicht, dass es sich im vorliegenden Fall nicht um einen Vorvertrag mit der Jahresfrist des § 936 ABGB handle, sondern um einen sogenannten Vorhand- oder Vorrechtsvertrag zugunsten des Klägers, dem daraus das Recht erwachsen sei, dass ihm die beklagte Partei ein den Vereinbarungen entsprechendes Anbot stellt, und an dem es liege, das Auftragsverhältnis durch seine Annahmeerklärung wirksam zu begründen. Das Klagebegehren sei ausreichend bestimmt und die Leistungsfrist angemessen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen der beklagten Partei und der beiden Nebenintervenientinnen wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung sind nicht berechtigt.

Wie eingangs dargestellt wurde, hat der Oberste Gerichtshof im Aufhebungsbeschluss ON 35 die Berechtigung des Klagsanspruchs dem Grunde nach als nur noch von der Frage abhängig erklärt, ob der Vergleich zwischen dem Kläger und den Nebenintervenientinnen den strittigen Architektenauftrag nach der Parteiabsicht im Sinne eines Verzichts des Klägers gegenstandslos machte. Damit haben sich die im Aufhebungsbeschluss aufgezeigten Feststellungsmängel zum Anspruchsgrund auf diese einzige Frage beschränkt. In Verneinung aller anderen Einwendungen der Revisionswerber zum Anspruchsgrund wurde klargestellt, dass die beklagte Partei zur Einhaltung ihrer zugunsten des Klägers gemachten Zusage verpflichtet ist, sofern nicht später ein Verzicht von seiner Seite erfolgte. Bereits in der Entscheidung SZ 28/96 hat der Oberste Gerichtshof dargelegt, dass trotz der Nichtanführung des § 496 Abs 1 Z 3 ZPO in § 496 Abs 2 ZPO auch in einem wegen Feststellungsmängeln fortzusetzenden Verfahren die Schranke der Bindung an die dem Aufhebungsbeschluss zugrunde liegende rechtliche Beurteilung besteht. Wenngleich es demnach den Parteien nicht verwehrt werden kann, neue Tatsachen oder Beweise vorzubringen oder früher nicht beantwortete Behauptungen nunmehr zu bestreiten, das Klagebegehren zu ergänzen oder abzuändern, so besteht doch eine Beschränkung insoweit, als die aufhebende Instanz eine bestimmte Frage aufgrund des festgestellten Sachverhalts abschließend entschieden hat. Dann darf die Beantwortung dieser Frage auch aufgrund neuer Tatsachen nicht mehr in Zweifel gezogen werden, wenn anders nicht eine unbeschränkte und unabsehbare Erörterung bereits völlig und abschließend erledigter Streitpunkte immer wieder aufgerollt werden soll. An dieser Rechtsansicht hat der Oberste Gerichtshof in der Folge festgehalten (SZ 46/16, JBl 1983, 441 ua). Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass die grundsätzliche Verpflichtung der beklagten Partei aus ihrer mit den Nebenintervenientinnen getroffenen Vereinbarung im fortgesetzten Verfahren auch nicht mehr aus neuen Rechtsgründen in Zweifel gestellt werden durfte. Die Wirksamkeit dieser Verpflichtung war, abgesehen von der Frage eines nachfolgenden Verzichts des Klägers, aufgrund des vorangegangenen Aufhebungsbeschlusses des Obersten Gerichtshofs endgültig und abschließend geklärt. Es kann deshalb nur noch am Rande darauf verwiesen werden, dass die vorliegende Zusage einfach als eine bindende Schuldverpflichtung anzusehen ist, auf deren Erfüllung bei Eintritt der vereinbarten Voraussetzung (hier des Zustandekommens des Kaufvertrags zwischen der beklagten Partei und den Nebenintervenientinnen) geklagt werden konnte (SZ 53/19; vgl auch Rummel in Rummel, ABGB, Rdz 6 zu § 862 und JBl 1966, 88). Auch die Bestimmtheit der seinerzeitigen Zusage ist aus dem gleichen Grund nicht mehr zu prüfen.

Über die schon im Aufhebungsbeschluss abschließend entschiedenen Rechtsfragen geht nur die in der Behauptung der Unbestimmtheit der Vereinbarung enthaltene Frage hinaus, ob nicht auch das Klagebegehren unbestimmt ist. Das ist aber zu verneinen. Die Größe des Objekts, für das der Architektenauftrag erteilt werden soll, wurde umschrieben. Der nähere Inhalt des zu erteilenden Auftrags richtet sich im Sinne des Zugeständnisses des Klägers nach der bei der Vergabe von Architektenaufträgen für ihre Wohnhausbauten üblichen Vorgangsweise der beklagten Partei. Auch das zu leistende Entgelt ist (anders als für einen Kauf- oder Mietvertrag) ungeachtet der strittigen Einordnung des Architektenvertrags unter Bevollmächtigungs- oder Werkvertragsrecht (Strasser in Rummel, ABGB, Rdz 27 zu § 1002 und Krejci aaO, Rdz 14 zu § 1165 mwN) nach Tarif und Verkehrssitte bestimmbar (§ 1152 ABGB; siehe auch Strasser aaO, Rdz 9 zu § 1004).

Den Revisionswerbern kann schließlich auch nicht dahin gefolgt werden, dass die von den Vorinstanzen bestimmte Leistungsfrist zu kurz sei. Die beklagte Partei hat selbst eine dreijährige Leistungsfrist schon am 28. 4. 1982 als angemessen bezeichnet (S 365). Nach der zutreffenden Ansicht des Berufungsgerichts war sie seither in der Lage, für den Fall des Obsiegens des Klägers Vorsorge zu treffen. Sie wird ihm daher ein bereits fortgeschrittenes Projekt anbieten können und müssen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung war nur eine Revisionsbeantwortung notwendig.

Textnummer

E119365

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB00652.840.0221.000

Im RIS seit

29.09.2017

Zuletzt aktualisiert am

29.09.2017
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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