TE OGH 1985/2/21 7Ob22/84

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Veröffentlicht am 21.02.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Petrasch sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Franz Klaban, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei K*****, vertreten durch Dr. Gerhard Blasche, Rechtsanwalt in Wien, wegen 67.485 S samt Nebengebühren, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 26. Jänner 1984, GZ 2 R 2/84-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Zwischenurteil des Handelsgerichts Wien vom 7. Oktober 1983, GZ 34 Cg 599/82-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 4.153,50 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.200 S Barauslagen und 268,50 S USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei, bei der die U*****gesellschaft mbH (im Folgenden kurz: U*****) einen Transport von tiefgekühlten Erdbeeren aus Jugoslawien nach Wien versichern ließ, begehrt den aufgrund dieser Versicherung an den Empfänger der Ware, die Wiener Firma I***** & Co Gesellschaft mbH (im Folgenden kurz: Fa. I*****) ersetzten Schaden aufgrund Forderungsübergangs nach § 67 VersVG vom beklagten internationalen Frachtführer wegen dessen Verschuldens an der Beschädigung des Transportguts. Die beklagte Partei bestritt den Forderungsübergang, weil nicht die Versicherungsnehmerin, sondern die Firma I***** geschädigt worden sei, weiters ihre eigene Haftung infolge des Ausschlusses nach Art 17 Abs 4 lit c CMR und schließlich die Klagshöhe.

Der Erstrichter erkannte mit Zwischenurteil, dass das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht besteht. Nach seinen Tatsachenfeststellungen enthielt der von der U***** an die beklagte Partei erteilte Transportauftrag unter anderem die Weisung, bei der Übernahme des Ladeguts dessen Temperatur stichprobenweise festzustellen, und die „Temperaturvorschrift: Sie garantieren während der Transportdurchführung eine Kühlwagenraum-Innentemperatur von - 25 °C oder weniger. Die Ware muss im Laderaum so gestaut werden, dass die Luftzirkulation um die Ware herum gesichert ist, um die erforderliche Warentemperatur während des Transports zu gewährleisten“. Die U***** hatte die Ware bei der jugoslawischen Firma V***** im Namen und für Rechnung der Fa. I***** „LKW-verladen, Ausfuhrzoll abgefertigt, ab Werk Jugoslawien“ bestellt. Die Ware sollte nach der Verzollung bei U***** in G***** bei der Firma I***** entladen werden.

Die beklagte Partei gab den Transportauftrag an Franz P***** weiter. Dieser stellte am 23. 7. 1981 beim Absender V***** in Jugoslawien einen LKW-Zug, der von August F***** und Gottfried Albin Z***** gelenkt wurde. Die beiden hatten von ihrem Dienstgeber keine besonderen Anweisungen für den Transport bekommen. August F***** war nicht bekannt, dass bei einem solchen Transport für eine ausreichende Luftzirkulation gesorgt werden muss. Gottfried Z***** wusste das zwar, seiner Ansicht nach war aber eine ausreichende Luftzirkulation schon durch den gerippten Boden des Fahrzeugs gewährleistet. Nach Stichproben am übergebenen Gut zeigte Gottfried Z***** den Lagerarbeitern des Absenders, wie die Beladung erfolgen solle, und legte die ersten beiden Reihen direkt auf den gerillten Boden des Transportfahrzeugs. Die weitere Beladung besorgen die Lagerarbeiter. Wegen eines unvorhergesehenen Aufenthalts an der Grenze konnte der Transport nicht mehr am 24. 7. 1981 bei U***** verzollt werden. Das Fahrzeug wurde über das Wochenende mit laufendem Aggregat im Kühlhaus der Firma P***** abgestellt. Bei der Entladung am 27. 7. 1981 in G***** wurde festgestellt, dass die Ware unpalettiert und ohne Verwendung von Rosten am Boden des Fahrzeugs geschlichtet war und dass zwischen der letzten Kartonreihe und der Türe kein Zwischenraum bestand. Eine Luftzirkulation war deshalb nicht möglich, die Warentemperatur lag trotz der Innenraumtemperatur von - 25 °C nur zwischen - 2 und - 7 °C. Dadurch war die Ware zum Großteil weich geworden, es war Saft ausgetreten und die an sich ordnungsgemäße Verpackung war aufgeweicht. Der beigezogene Sachverständige Dipl.-Ing. Dr. Alfred Schaller wies in einer gutachtlichen Stellungnahme darauf hin, dass die unsachgemäße Verladung weitgehend die erforderliche Luftzirkulation unterbunden und zum Anstieg der Gutstemperatur geführt hat. Das gesamte Kühlgut wies Texturschädigungen auf, die bei einem Teil des Warenpostens besonders stark ausgeprägt waren. Die Ware musste zur Gänze umgepackt werden, weil die Kartons nicht mehr verwendbar waren. Bei dieser Manipulation wurde auch ermittelt, in welchem Umfang die Ware noch freirollend war. In der Schadensmeldung an die klagende Partei wurde der Temperaturschaden mit dem Klagsbetrag beziffert, worin ein Preisabschlag für 1100 kg blockgefrostete Ware von 5.500 S und Gutachtenskosten von 8.000 S enthalten sind. Der Restschaden entfällt auf Kosten für Aussortieren und Umpacken, Ersatzverpackungsmaterial, Transportkosten und Kosten der zusätzlichen Ein- und Auslagerung. Den gesamten gemeldeten Schadensbetrag hat die klagende Partei ihrer Transportversicherungsnehmerin, der U*****, gegen eine Abfindungserklärung liquidiert.

Nach der Rechtsansicht des Erstrichters hafte die beklagte Partei gemäß Art 3 CMR für das Verschulden ihres Erfüllungsgehilfen. Den Frachtführer habe die Verantwortung dafür getroffen, dass das Gut transportsicher verladen wird. Eine gegenteilige Vereinbarung sei weder behauptet noch bewiesen worden. Das schuldhafte Verhalten des Frachtführers bestehe in der Durchführung des Transports ohne sicherzustellen, dass die geforderte Luftzirkulation um die Ware herum gesichert war. Der Schaden sei ein Güterschaden und nicht ein mittelbarer, weil einerseits eine Qualitätsminderung eingetreten sei und andererseits die unbrauchbar gewordene Verpackung erneuert werden musste. Die beklagte Partei sei gegenüber ihrem Auftraggeber U***** ersatzpflichtig. Versicherungsnehmer sei die U***** und nicht der Käufer der Ware. Die Firma I***** stehe zu den Streitteilen in keiner vertraglichen Beziehung. Die Schadenersatzforderung sei gemäß § 67 VersVG zur Geltendmachung an die Klägerin übergegangen.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und erklärte die Revision für zulässig. Es übernahm die Tatsachenfeststellungen des Erstrichters und trat dessen rechtlicher Beurteilung mit folgender Ergänzung bei: Der Forderungsübergang nach § 67 VersVG sei nicht davon abhängig, dass der Versicherer an seinen Versicherungsnehmer direkt geleistet habe. Es genüge, dass der Versicherer seinen Versicherungsnehmer von dessen Haftpflichtschuld an den geschädigten Dritten befreit habe. Der verfügungsberechtigte Empfänger könne die Rechte aus dem Beförderungsvertrag wegen Beschädigung des Guts im eigenen Namen gegen den Frachtführer geltend machen. Auch bei den Kosten des Aussortierens und Umpackens, des Transports und der Ein- und Ausladung sowie den Privatgutachterkosten handle es sich um Kosten der Schadensbehebung, zu deren Aufwendung die Versicherungsnehmerin nach § 1304 ABGB verpflichtet gewesen sei. Die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit dieses Rettungsaufwands habe die beklagte Partei nicht bestritten. Auch diese Kosten seien als unmittelbarer Schaden zu ersetzen. Die zentrale Frage der Haftung der beklagten Partei für die durch die mangelhafte Verstauung des Guts entstandenen Schäden sei zu bejahen, weil der Frachtführer jedenfalls für Schäden infolge mangelhafter Be- oder Entladung verantwortlich gemacht werden könne, wenn er aufgrund einer besonderen Vereinbarung im Frachtvertrag zur Durchführung der Ladearbeiten verpflichtet war. Dem stehe der Haftungsausschluss nach Art 17 Abs 4 lit c CMR nicht entgegen. Die Frage, wer zu verladen hat, sei in der CMR nicht geregelt. Die hier getroffene Vereinbarung, dass der Frachtführer die vom Absender durchzuführende Verladung soweit zu kontrollieren habe, dass die Funktion der Kühleinrichtungen gewährleistet ist, sei zulässig. Gegen diese im Transportauftrag wirksam vereinbarte Verpflichtung habe die beklagte Partei bzw ihre Erfüllungsgehilfen verstoßen. Sie habe daher die im Regressweg auf die klagende Partei übergegangene Forderung des Auftraggebers auf Ersatz des schuldhaft verursachten Schadens an der Ware zu erfüllen.

Die Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zu der von der Revisionswerberin in den Vordergrund gestellten Frage, ob und in welcher Weise dem Frachtführer die Haftung für Schäden aus der besonderen Gefahr das Verladens des Frachtguts nach dem Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) wirksam überbunden werden kann, hat der Oberste Gerichtshof inzwischen in der einen anderen Rechtsstreit derselben Parteien betreffenden Entscheidung 1 Ob 577/84 eingehend Stellung genommen. Da auch die Parteienvertreter identisch sind, genügt eine Zusammenfassung der dort ausgesprochenen Rechtssätze, die der erkennende Senat teilt. Danach steht einer Vereinbarung der Parteien darüber, wer die Ladetätigkeit vorzunehmen hat, mangels einer Regelung der CMR, wer zur Verladung verpflichtet ist, die Bestimmung des Art 41 CMR nicht entgegen (SZ 55/123). Im Zweifel, wenn also nichts anderes vereinbart wurde, ist die Verladung Sache des Absenders (SZ 50/43). Beim Fehlen einer ausdrücklichen Vereinbarung wird aber eine Auslegung des Beförderungsvertrags in der Regel ergeben, dass jene Partei zur Verladung verpflichtet sein soll, der nach den Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit im konkreten Einzelfall die bessere Eignung zuzusprechen ist, je nachdem ob der Absender oder der Frachtführer die größere Erfahrung im Umgang mit den im Einzelfall zu verladenden Gütern hat. Auf eine Verladung durch den Absender ist der Verlust oder die Beschädigung des Frachtguts auch dann zurückzuführen, wenn der Schaden erst nach der Übernahme des Guts als Folge mangelhafter Verladung oder Stauung während der Fahrt eintritt. Die Haftung des Frachtführers für einen während des Transports entstandenen Schaden entfällt demnach, wenn er die Verladung weder übernommen noch ausgeführt hat und das Schadensereignis auf einer durch die Verladung begründeten Gefahr beruht. Entscheidend ist, wer „Herr des Verladevorganges“ ist. War dies der Erfüllungsgehilfe des Frachtführers (wie im Fall der Entscheidung HS 7426/21) oder haben die Parteien eine Vereinbarung dahin getroffen, dass der Frachtführer zur Überprüfung der durch den Absender oder einen Dritten vorgenommenen Verladung oder Verstauung verpflichtet ist, dann hat der Frachtführer einen durch Unterlassung dieser Überprüfung verursachten Schaden zu vertreten. Zu berücksichtigen ist schließlich, wer von den Parteien die für die Entscheidung des Falles relevante Erklärung „in das vertragliche Geschehen des zukünftigen Vertragspartners einführte“, sich ihrer bediente und daher auch die Möglichkeit hatte, ihre Formulierungen deutlich zu wählen; er muss undeutliche Äußerungen nach § 915 ABGB gegen sich gelten lassen.

In der Sache selbst ist, anders als im Fall der Entscheidung 1 Ob 577/84, der Schaden infolge eines solchen Beladungsfehlers aufgetreten, der die vom beklagten Frachtführer garantierte Luftzirkulation betraf. Diese Zusage war nach den obigen Ausführungen zulässig und wirksam. Insofern hat die beklagte Partei die Verladung und Verstauung des Frachtguts oder wenigstens die Überwachung der Verladung und Verstauung durch ihre vertragliche Verpflichtung im Transportauftrag übernommen. Bereits in der Entscheidung 1 Ob 577/84 hat der Oberste Gerichtshof klargestellt, dass es sich insoweit auch (anders als bei dem dort maßgebenden Verladefehler) um eine mit der erforderlichen Deutlichkeit formulierte Verpflichtung des Frachtführers handelt. Im Sinn des Art 17 Abs 4 lit c CMR hat der Erfüllungsgehilfe der beklagten Partei auch tatsächlich die Verladung in dieser Richtung durch die Anweisungen der Kraftfahrer ihres Unterfrachtführers an die Gehilfen des Absenders bestimmt, konkret angeordnet und überwacht. Der dabei unterlaufene Fehler, das Kühlgut ohne Paletten unmittelbar am Boden des Fahrzeugs aufzulegen, ist also ein Fehler, den die beklagte Partei entgegen ihrer Ansicht zu vertreten hat. Die gegen diese Rechtsansicht gerichteten Einwendungen der Revisionswerberin wurden bereits in der zuletzt ergangenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs widerlegt.

Der Revisionswerberin kann auch nicht dahin gefolgt werden, dass ihre Ersatzpflicht sich auf den reinen Warenschaden von 5.500 S zu beschränken habe. Wohl ist nach der Sonderregelung des Art 25 Abs 1 CMR bei Beschädigungen lediglich die Wertminderung zu ersetzen. Anders als beim Verzögerungsschaden nach Art 23 Abs 5 CMR gebührt demnach kein Ersatz mittelbarer Schäden zB für entgangenen Gewinn oder allfällige Folgeschäden (SZ 52/19). Im vorliegenden Fall handelt es sich aber um die Kosten einer von der U***** nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu bewirkenden und auch im Interesse der beklagten Partei vorgenommenen Schadensminderung, weil ohne das Umpacken der Ware aus den unbrauchbar gewordenen Kartons nicht nur eine Beschädigung, sondern der Verlust oder wenigstens eine noch erheblichere Wertminderung der Ware selbst eingetreten wäre. Die Erdbeeren hätten wohl überdies ohne Verpackung nur einen geringen Wert gehabt, wenn nicht überhaupt eine solche Ware nur mit der erforderlichen Verpackung bewertet werden kann. Die nach dem gemeinen Wert zu berechnende Wertminderung im Sinn des Art 25 Abs 1 CMR umfasst deshalb auch die Aufwendungen für die Schadensminderung. Es handelt sich dabei nicht um sonstige, erst durch den Verlust oder die Beschädigung entstandene zusätzliche Kosten, die die internationale Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt (vgl Groth, Übersicht über die internationale Rechtsprechung zur CMR 72 ff und Helm, IPRAX 1981, 46 f zur E aaO 55/10).

Im Ergebnis zu Recht haben die Vorinstanzen auch die Einwendung der beklagten Partei betreffend die mangelnde aktive Klagslegitimation als nicht berechtigt angesehen. Die vom Berufungsgericht angeführten Entscheidungen SZ 51/106 und SZ 52/91 passen allerdings auf den vorliegenden Fall nicht, weil sie die Befriedigung des geschädigten Dritten durch einen Haftpflichtversicherer des Schädigers betrafen. Der Übergang der Forderungsrechte der U***** gegen die beklagte Partei auf die klagende Partei ergibt sich aber daraus, dass erstere wie in der Revision zugestanden wird, als frachtbriefmäßiger Empfänger gemäß Art 13 CMR zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Frachtführer legitimiert, und überdies der Versicherungsnehmer der klagenden Partei war, dem auch bei einer Versicherung für fremde Rechnung gemäß § 75 Abs 1 VersVG die Rechte aus dem Versicherungsvertrag zustanden. Die Auszahlung der Versicherungssumme mit Zustimmung des Versicherungsnehmers unmittelbar an den geschädigten Dritten ändert deshalb nichts daran, dass die klagende Partei den Schaden im Rahmen des bestehenden Transportversicherungsverhältnisses gedeckt hat und damit die Forderung ihres Versicherungsnehmers gegen den Schädiger gemäß § 67 VersVG auf sie übergegangen ist.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Textnummer

E117494

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB00022.840.0221.000

Im RIS seit

23.03.2017

Zuletzt aktualisiert am

23.03.2017
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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