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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
StVO 1960 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des JB in K, vertreten durch Dr. Erhard Mack, Rechtsanwalt in 2100 Korneuburg, Hauptplatz 32, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Landes Niederösterreich (Außenstelle Mistelbach) vom 18. Jänner 2005, Zl. Senat-KO-04-2092, betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 18. Jänner 2005 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 13. Mai 2004 um 1.50 Uhr im Ortsgebiet von Leobendorf als Lenker eines dem polizeilichen Kennzeichen nach bestimmten PKW's versucht, das Fahrzeug durch Starten in Betrieb zu nehmen, obwohl er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe und der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,86 mg/l, somit 0,8 mg/l oder mehr betragen habe. Er habe dadurch § 5 Abs. 1 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. a und § 99 Abs. 5 StVO übertreten, weshalb eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.162,-- (Ersatzfreiheitsstrafe) über ihn verhängt wurde.
Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Der Beschwerdeführer rügt unter anderem die Unterlassung der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung. Er habe auf eine derartige Verhandlung nicht verzichtet. Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht.
§ 51e Abs. 1 bis 5 VStG in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2002 lautet (auszugsweise):
"§ 51e. (1) Der Unabhängige Verwaltungssenat hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung entfällt, wenn
1. der Antrag der Partei oder Berufung zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist;
2. ...
(3) Der Unabhängige Verwaltungssenat kann von einer Berufungsverhandlung absehen, wenn
1. in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder
2.
sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder
3.
im angefochtenen Bescheid eine EUR 500,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder
4. sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet
und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Berufungswerber hat die Durchführung einer Verhandlung in der Berufung zu beantragen. ...
(4) Der Unabhängige Verwaltungssenat kann ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn er einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat, die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und dem nicht Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, entgegensteht.
(5) Der Unabhängige Verwaltungssenat kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Eins solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
..."
Da - entgegen der Ansicht der belangten Behörde in der Gegenschrift - der Sachverhalt bestritten wurde, auch kein Fall des § 51e Abs. 3 Z. 4 VStG vorlag und eine über der Grenze von EUR 500,-- liegende Geldstrafe verhängt wurde, kam keiner der Tatbestände des § 51e Abs. 3 VStG für das Absehen von der Berufungsverhandlung in Betracht. Ein Verzicht auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung lag nicht vor. Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, gemäß § 51e Abs. 1 VStG eine Verhandlung durchzuführen, was sie unterlassen hat.
Da somit Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, ohne dass noch auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre (vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 20. April 2004, Zl. 2003/02/0221).
Wien, am 14. Juni 2005
Schlagworte
"zu einem anderen Bescheid" Verfahrensbestimmungen BerufungsbehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005020051.X00Im RIS seit
08.07.2005