TE OGH 1985/2/26 2Ob46/84

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Veröffentlicht am 26.02.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Melber, Dr.Huber und Dr.Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Otto A, Angestellter, 8132 Pernegg, Kirchdorf Nr. 28, vertreten durch Dr.Ursula Schwarz, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, wider die beklagte Partei Baugesellschaft Dipl.Ing. B Ges.m.b.H., 8600 Bruck an der Mur, Friedrichsallee Nr. 2, vertreten durch Dr.Michael Zsizsik, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, wegen 102.500 S s.A. und Feststellung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 8.Mai 1984, GZ 6 R 67/84-64, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 31.Jänner 1984, GZ 7 Cg 514/82- 58, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die unterinstanzlichen Urteile werden dahin abgeändert, daß das erstgerichtliche Urteil zu lauten hat:

'Die beklagte Partei hat dem Kläger den Betrag von 60.000 S samt 4 % Zinsen seit 27.4.1979 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Es wird festgestellt, daß die beklagte Partei dem Kläger für die zukünftigen Folgen aus dem Verkehrsunfall vom 27.4.1979 zu einem Drittel, hinsichtlich zukünftigen Schmerzengeldes jedoch nur zu einem Viertel, ersatzpflichtig ist.

Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger einen Betrag von 42.500 S samt 4 % Zinsen aus 12.500 S vom 27.4.1979 bis 22.4.1982

und aus 42.500 S seit 23.4.1982 zu bezahlen, wird abgewiesen. Die beklagte Partei hat dem Kläger die mit 25.589,85 S bestimmten Prozeßkosten (darin enthalten 1.316,35 S Umsatzsteuer und 7.820 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.'

Die beklagte Partei hat dem Kläger weiters die mit 4.528,80 S bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten 382,60 S Umsatzsteuer und 320 S Barauslagen) sowie die mit 2.548,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 196,80 S Umsatzsteuer und 384 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger stieß am 27. April 1979 um ca. 0,45 Uhr auf der Autostraße S 35

bei Bruck an der Mur mit seinem PKW gegen eine von der beklagten Partei im Bereiche einer von ihr betriebenen Straßenbaustelle errichtete Absperrung und wurde schwer verletzt. Er behauptet, die beklagte Partei habe die Baustelle nicht dem erlassenen Bescheid entsprechend errichtet und auch nicht vorschriftmäßig abgesichert, sodaß sie ein Verschulden am Unfall treffe, welches aus prozeßökonomischen Gründen mit einem Drittel bewertet werde. Da ein Schmerzengeld in der Höhe von (nach Klagsausdehnung) 240.000 S angemessen erscheine und ihm Sachschaden in der Höhe von 67.500 S entstanden sei, fordere er aus dem Titel des Schadenersatzes den anteilsmäßigen Betrag von 102.500 S samt Anhang. Weiters stelle er wegen der zu erwartenden Dauerfolgen ein Feststellungsbegehren, wonach die beklagte Partei die Haftung für die künftigen Unfallsfolgen zu einem Drittel treffe.

Die beklagte Partei beantragte Klagsabweisung mit der Begründung, die Baustelle sei vorschriftmäßig errichtet und gesichert gewesen und der Unfall nur durch die weitaus überhöhte Fahrgeschwindigkeit des Klägers zustandegekommen, sodaß er dessen Folgen allein zu vertreten habe.

Das Erstgericht wies die Klage ab.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 60.000 S, nicht aber 300.000 S übersteige und daß die Revision gemäß § 502 Abs.4 Z 1 ZPO zulässig sei.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wendet sich die auf § 503

Abs.2 und 4 ZPO gestützte Revision des Klägers mit dem Antrage auf Abänderung im Sinne der Klagsstattgebung; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die auch vom Obersten Gerichtshof für zulässig erachtete (§ 508 a Abs.1 ZPO) Revision ist teilweise gerechtfertigt.

Nach den Sachverhaltsfeststellungen verläuft die Autostraße S 35 im Unfallsbereich auf mindestens 250 m Länge geradlinig. Die vom Kläger benützte Richtungsfahrbahn, welche von der Gegenfahrbahn durch einen Grünstreifen getrennt ist, weist eine 7,55 m breite Betondecke auf, an welche rechts ein 2 m breiter, asphaltierter Pannenstreifen anschließt, dem ein nicht befestigtes Bankett und sodann ein Straßengraben folgt. Zum Unfallszeitpunkt war die Fahrbahn im Bereiche der Baustelle bei Straßenkilometer 2,1 in der Anfahrtrichtung des Klägers derart gesperrt, daß von den beiden Fahrstreifen der Richtungsfahrbahn Graz nur ca. 1 m sowie der anschließende, 2 m breite Pannenstreifen frei verblieben und solcherart insgesamt 'eine Durchfahrtsbreite von 3 m, eventuell 3,5 m' vorlag. Der übrige Teil der Fahrbahn Richtung Graz in der Breite von rund 6,5 m war durch Absperrbalken gesperrt, auf welchen sich Springlichter befanden. 150 m vor der Baustelle waren die Verkehrszeichen 'überholverbot' und 'Baustelle', in der Folge jenes für eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 80 km/h, sodann und zwar 40 m vor der Absperrung, das Gefahrenzeichen 'Fahrbahnverengung' und das Zeichen für eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 50 km/h angebracht. Schließlich wies das Gebotszeichen 'Vorgeschriebene Fahrtrichtung' auf die Durchfahrtslücke hin.

Die Absperrung und Absicherung der Baustelle hatte einen gemäß § 90 Abs.1

und 3 StVO 1960 an die beklagte Partei ergangenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur vom 2.April 1979, GZ 11/1 Bu 96/3- 79, zur Grundlage, mittels welchem unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften die straßenpolizeiliche Bewilligung zur Durchführung von Bauarbeiten auf der Schnellstraße bei km 2,1 in der Zeit vom 5.März 1979 bis 15.Juni 1979 unter folgenden Auflagen erteilt worden war:

1. Die Arbeiten sind so voranzutreiben, daß sie spätestens am 6. April 1979

abgeschlossen sind und der Verkehr ab diesem Zeitpunkt unbehindert die Baustelle passieren kann. 2. Der jeweils gesperrte Fahr- bzw. Pannenstreifen ist mittels Leitplanken und Leitblinkanlage (Springlicht) abzusichern. 3. Die Baustelle selbst ist sinngemäß nach der Abbildung 11 der dritten Ausgabe der Richtlinien für die Kennzeichnung von Baustellen, herausgegeben vom Kuratorium für Verkehrssicherheit, zu kennzeichnen und zu sichern. 4. Die Anbringung und zeitgerechte Entfernung der Straßenverkehrszeichen hat im Einvernehmen mit dem Gendarmeriepostenkommando Bruck/Mur zu erfolgen. 5. Die erforderlichen Straßenverkehrszeichen müssen Durchmesser bzw. Seitenlängen von mindestens 96 cm aufweisen und aus rückstrahlendem Material hergestellt sein. 6. Das überholverbot ist jeweils ca. 150 m vor der Baustelle in Verkehrsrichtung zu aktivieren und unmittelbar nach der Baustelle aufzuheben. Mit Rücksicht auf den zu erwartenden starken Verkehr während der Osterzeit war weiters ein Bauplan zu erstellen, bei dem zu berücksichtigen war, daß der Verkehr ab 6.April 1979, das ist Freitag vor Palmsonntag, unbehindert ist.

Außerdem war als straßenpolizeiliche Maßnahme noch eine Geschwindigkeitsbegrenzung mit 80 km/h vorgesehen.

Die Richtlinien für die Kennzeichnung von Baustellen des Kuratoriums für Verkehrssicherheit sehen unter Punkt 5., Baustellen, in der Abbildung 11 vor, daß bei einer ein Viertel der Fahrbahn betreffenden Absperrung die Gefahrentafel 'Baustelle' in einer Entfernung von 150 m und das Beschränkungszeichen Geschwindigkeitsbeschränkung auf 50 km/h in einer Entfernung von 40 m, von der Abschrankung gemessen, in beiden Fahrtrichtungen aufzustellen sind. Des weiteren ist 40 m vor der Absperrung die Fahrbahnverengung anzuzeigen.

Der Kläger näherte sich der Baustelle mit einer - unzulässigen - Geschwindigkeit 'von mehr als 50 km/h'. Er hatte sich auf den 'östlichen' (linken) Fahrstreifen eingeordnet, da er auf Grund seiner vorangegangenen täglichen Erfahrungen der Meinung war, daß sich die Baustelle auf 'der südlichen Hälfte' (offenbar gemeint: auf dem rechten Fahrstreifen) befinde. In weiterer Folge prallte er gegen die Absperrung und erlitt schwere Verletzungen, am Fahrzeug entstand Sachschaden in der Höhe von 67.500 S.

In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, die Absperrung der Baustelle durch die beklagte Partei sei bescheidmäßig erfolgt.

Aus dem Verwaltungsakt ergebe sich insgesamt, daß nur während der Osterzeit auf der Fahrbahn keine Bauarbeiten hätten stattfinden dürfen und daß deren Betrieb und Sicherung im Zusammenwirken mit der Gendarmerie erfolgt sei. Bei Beachtung der, wenngleich nach dem Sachverständigengutachten 'etwas knapp' aufgestellten Geschwindigkeitsbeschränkungszeichen wäre der Kläger in der Lage gewesen, die vorgesehene Durchfahrtslücke kollisionsfrei zu passieren. Zum Unfall sei es nur wegen seiner verfehlten Einordnung auf dem linken Fahrstreifen und der überhöhten Geschwindigkeit gekommen.

Das Berufungsgericht hielt weder die Mängel- und Beweisrüge noch die Rechtsrüge des Klägers für gerechtfertigt. Zu dieser führte es wie folgt aus:

Daß bei Durchführung der Bauarbeiten eine Fahrbahnhälfte zur Gänze freibleiben müsse, sei der beklagten Partei weder im einschlägigen Genehmigungsbescheid auferlegt noch durch eine Bestimmung der Straßenverkehrsordnung zur Pflicht gemacht worden. Dem Bescheid sei lediglich zu entnehmen, daß ein Fahrstreifen frei bleiben müsse, um den Durchzugsverkehr zu gewährleisten. Unter einem Fahrstreifen verstehe man einen Teil der Fahrbahn, dessen Breite für die Fortbewegung einer Reihe mehrspuriger Fahrzeuge ausreiche. Für den Durchzugsverkehr sei ein solcher Fahrstreifen tatsächlich zur Verfügung gestanden. Da sich der Verkehrsunfall auf einer Autostraße im Sinne des § 47

StVO 1960 ereignet habe, seien die im § 46 Abs.4 StVO 1960 enthaltenen Bestimmungen über den Verkehr auf Autobahnen sinngemäß anzuwenden. Nach diesen sei es auf der Autobahn zwar verboten, den Pannenstreifen zu befahren, dies jedoch nur dann, wenn sich aus Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen nichts anderes ergebe. Im vorliegenden Fall sei der Straßenverkehr aber durch Richtungspfeile auf den Pannenstreifen gewiesen worden, sodaß ein Verstoß der beklagten Partei gegen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung nicht nachzuweisen sei. Ein allfälliges Versehen ihrerseits infolge zu knapper Aufstellung der Geschwindigkeitsbeschränkungstafel trete gegenüber dem schwerwiegenden Verstoß des Klägers gegen den Grundsatz des Fahrens auf Sicht derart in den Hintergrund, daß es vernachlässigt werden könne.

Der Revisionswerber vertritt in seiner Mängel- und Rechtsrüge den Standpunkt, nach dem Inhalt des zugrundeliegenden Bescheides hätte ein Fahrstreifen bzw. eine Fahrbahnhälfte stets zur Gänze freibleiben müssen.

Allein aus den angebrachten Richtungspfeilen sei im übrigen die Notwendigkeit des Befahrens des Pannenstreifens auch nicht erkennbar gewesen. Schließlich trete ein zu knappes Aufstellen des Geschwindigkeitsbeschränkungszeichens gegenüber dem Verschulden des Klägers am Unfall keinesfalls völlig in den Hintergrund. Diesen Ausführungen ist im Ergebnis beizupflichten. Hinzuweisen ist zunächst darauf, daß entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes im Hinblick auf den Unfallszeitpunkt (26.April 1979) die durch die 10. StVO-Novelle BGBl. 1983/174 eingeführte, das Befahren des Pannenstreifens betreffende Bestimmung des § 46 Abs.4 lit.d StVO 1960

vorliegendenfalls noch nicht zur Anwendung kommt. Auszugehen ist vielmehr von der damals in Geltung stehenden, durch die 8. StVO-Novelle BGBl. 1977/616

bestimmten Fassung der StVO 1960. Nach dieser war der Begriff des Pannenstreifens noch nicht definiert, dieser Begriff wurde erst durch die 10. StVO-Novelle (§ 2 Abs.1 Z 6 a StVO) eingeführt. Schon damals war der Pannenstreifen zwar Teil der Straße (§ 2 Abs.1 Z 1 StVO), aber jedenfalls dann nicht Teil der Fahrbahn, wenn er durch Begrenzungslinien im Sinne des § 55 Abs.3 StVO 1960 iVm § 7 b BodenmarkierungsVO von dieser abgetrennt erschien (vgl. hiezu Messiner in ZVR 1979, 327; 2 Ob 224/82).

Vorliegendenfalls ist aus den im Akt erliegenden Lichtbildern eindeutig ersichtlich, daß der Pannenstreifen, auf welchen der fließende Verkehr von der beklagten Partei teilweise umgeleitet worden war, von der Betonfahrbahn durch Begrenzungslinien im Sinne des § 55 Abs.3 StVO 1960 getrennt war. Somit stellte er grundsätzlich keinen Teil der Fahrbahn, d.h. keinen Fahrstreifen im Sinne des § 2 Abs.1 Z 5 StVO 1960 dar.

Damit scheidet aber die von den Unterinstanzen zugrundegelegte Annahme aus, im Sinne des Punktes 2 des an die beklagte Partei ergangenen Bescheides der Straßenverwaltungsbehörde sei ohnehin ein Fahrstreifen der Fahrbahn dem fließenden Verkehr zur Verfügung gestanden. Aus dem klaren Wortlaut des Punktes 2 des Bescheides 'Der jeweils gesperrte Fahr- bzw. Pannenstreifen ist abzusichern' ergibt sich zweifelsfrei, daß nach dem Willen der bescheiderlassenden Verwaltungsbehörde nicht mehr als einer der auf jeder Richtungsfahrbahn eingezeichneten, beiden Fahrstreifen gesperrt werden durfte.

Diese Auslegung steht auch voll im Einklang mit dem Inhalt der im Akt erliegenden Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur vom 20.März 1979, 11/1 Bu 96/2, wonach gemäß dem Sachverständigengutachten die Bauarbeiten 'zwecks Aufrechterhaltung des Verkehrs' in drei Etappen durchgeführt werden sollten, wobei die erste Etappe einen Pannenstreifen und den rechten Fahrstreifen, die zweite Etappe den linken Fahrstreifen und den Grünstreifen sowie den linken Fahrstreifen der Gegenrichtung und der letzte Bauabschnitt den rechten Fahrstreifen und Pannenstreifen der Gegenrichtung umfassen sollte.

Somit hat die beklagte Partei aber jedenfalls gegen eine ausdrückliche Anordnung des von der Straßenverwaltungsbehörde gemäß § 90 Abs.1 und 3

StVO 1960 erlassenen Bescheides verstoßen. Die vorgenannten Vorschriften des § 90 StVO 1960 stellen Schutzvorschriften im Sinne des § 1311 ABGB dar (2 Ob 250/69, 8 Ob 216/78, 2 Ob 136/78). Dies ergibt sich eindeutig aus den in den Absätzen 1 und 3 leg. cit. enthaltenen Hinweisen auf die Sicherheit des Verkehrs. Im Hinblick auf die bei Schutzgesetzesverletzungen gemäß § 1298 ABGB eintretende Umkehr der Beweislast hätte die beklagte Partei den Beweis führen müssen, daß ihre Gesetzesübertretung auf den Unfall ohne Einfluß geblieben sei, dieser also auch im Falle ihres gesetzmäßigen Verhaltens in gleicher Weise eingetreten wäre. Einen solchen Beweis hat sie nicht erbracht und daher den gegenständlichen Unfall mit zu verantworten.

Bei der Verschuldensaufteilung ist ihr in der vorschriftswidrigen, nahezu gänzlichen Absperrung auch des rund 3,75 m breiten rechten Fahrstreifens der Richtungsfahrbahn gelegenes Fehlverhalten jenem des Klägers gegenüberzustellen, welches darin liegt, daß er trotz der angezeigten Geschwindigkeitsbeschränkung von 50 km/h 'mit mehr als 50 km/h' fuhr. Wegen dieser überhöhten Geschwindigkeit war der Kläger nicht mehr in der Lage, sein Fahrzeug an der Absperrung vorbei auf den Pannenstreifen zu lenken, obwohl ihm dies sonst trotz dem nach dem Inhalt des Sachverständigengutachtens 'etwas knapp' aufgestellten Geschwindigkeitsbeschränkungszeichen '50 km/h' möglich gewesen wäre. Die Abwägung dieser jeweils gesetzwidrigen Verhaltensweisen läßt die der Klage zugrundegelegte Verschuldensaufteilung von 2 : 1 zu Lasten des Klägers als gerechtfertigt erscheinen.

Die Höhe des vom Erstgericht festgestellten Sachschadens des Klägers sowie die Feststellung der mit seinen Unfallsverletzungen verbundenen gesundheitlichen Dauerfolgen wurden von der beklagten Partei nicht bekämpft.

Es steht dem Kläger daher ein Anspruch auf Ersatz des eingeklagten anteiligen Sachschadens von 22.500 S zu. Auch seinem Feststellungsbegehren war grundsätzlich stattzugeben. Unbekämpft geblieben sind weiters die erstgerichtlichen Feststellungen über die vom Kläger 'beim Unfall erlittenen' folgenden Verletzungen und Schmerzen: Kopfprellung mit Gehirnerschütterung und Rißquetschwunden im Gesicht; Kompressionsbruch des 5. Halswirbels mit Verrenkung, Abbruch des linken Querfortsatzes des zweiten Lendenwirbels; diverse allgemeine Körperprellungen. Der Zustand nach dem Kompressionsbruch mit Verrenkung stellt eine unfallsbedingte Dauerfolge dar, da die damit verbundene Deformierung des Wirbelkörpers sowie die Verrenkungsstellung und die Bandscheibenschädigung immer wieder Anlaß zu osteochondritischen Reizerscheinungen geben und andererseits spondylogene Umbauvorgänge zu einer zunehmenden Funktionseinschränkung führen. Die derzeitige Minderung der Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist mit 15 % zu beurteilen. Die Möglichkeit einer Verschlechterung in Zukunft und damit auch eine Erhöhung der Minderung der Erwerbsfähigkeit ist gegeben. Die unfallsbedingten Schmerzen sind, ausgenommen eine allfällige Verschlechterung der Dauerfolgen, wie folgt zusammenzufassen: 14 Tage starke Schmerzen, 22 Tage mittelstarke Schmerzen, 100 Tage leichte Schmerzen.

Der Kläger war beim Unfall festgestelltermaßen nicht angegurtet. Die unfallsbedingte Schmerzhaftigkeit würde sich nach den Feststellungen annähernd um 25 % vermindern, wenn man die bei einem ordnungsgemäßen Angurten unterbliebenen Schmerzen von den festgestellten Schmerzen in Abzug brächte.

Auf der Grundlage dieser Feststellungen erscheint im Hinblick auf die beim vergleichbaren Fall der Entscheidung 8 Ob 53/83 vorgenommene Bemessung ein Schmerzengeld von rechnungsmäßig 150.000 S und anteilsmäßig somit von 50.000 S gerechtfertigt. Der Kläger muß jedoch wegen seiner von der beklagten Partei eingewendeten Verletzung der Gurtenanlegungspflicht, welche nach den von ihm unbekämpft gebliebenen Feststellungen auf die Unfallsfolgen von Einfluß war - nach dem Inhalt der Gendarmerieanzeige (siehe auch AS 37, 183 und 191) stieg er nach dem Anprall an der Absperrung aus seinem Fahrzeug aus und stürzte sodann in der Finsternis in eine 3 m tiefe Baugrube, wo er bewußtlos liegen blieb; eine überprüfung, ob erst hiedurch seine Verletzungen zustandekamen, fand nicht statt -, eine Kürzung dieses Schmerzengeldbetrages hinnehmen, welche im Sinne der Judikatur (vgl. JBl. 1979/599; ZVR 1982/26, ZVR 1983/1 u.a.) einer weiteren Mitverschuldensquote von 25 % entspricht. Der Betrag von 50.000 S vermindert sich somit um 12.500 S auf 37.500 S. Das Leistungsmehrbegehren sowie das das Schmerzengeld betreffende Feststellungsmehrbegehren waren abzuweisen. Der Ausspruch über die Verpflichtung der beklagten Partei zum Ersatz der Prozeßkosten gründet sich auf § 43 Abs.1 ZPO, jener hinsichtlich der Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens auf die §§ 43 Abs.1 und 50 ZPO.

Anmerkung

E05206

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0020OB00046.84.0226.000

Dokumentnummer

JJT_19850226_OGH0002_0020OB00046_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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