Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Warta, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Außerstreitsache der Antragstellerin Anna A, im Haushalt, Brückengasse 6, 1060 Wien, vertreten durch Dkfm. Dr. Josef B, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1.) Christiane C, 2.) Rosa D, 3.) Egon E, 4.) Veronika F, 5.) Gertrude G, 6.) Helga H, 7.) Alice I, 8.) Hilde J, 9.) Paul K, 10.) Alfred L, 11.) Ursula M, 12.) Hildegard N, 13.) Pauline O,
14.) Elfriede P, 15.) Leopoldine Q, 16.) Verlassenschaft nach der am 11. Jänner 1985 verstorbenen Dr. Elisabeth R, 17.) Margarta S; 18.) Eva T, 19.) Rudolf U, 20.) Christa V, 21.) Mathias W, 22.) Mathilde X, 23.) Leopold Y, 24.) Renate Y, 25.) Johann Z, 26.) Hildegard AA,
27.) Rudolf AB, 28.) Anna AC, 29.) Robert AD, 30.) Martha AE, 31.) Johann AF, 32.) Elfriede AG, 33.) Heinrich E, 34.) Susanne E, 35.) Michael AH, 36.) Christine AI, 37.) Helmut AJ, 38.) Emilie AJ, 39.) Walter AK, 40.) Elisabeth AL, 41.) Paul AM, 42.) Josefa AN, 43.) Robert H; 44.) Edith H, 45.) Maria AO, 46.) AP AQ, AR AS AT AU AV GesmbH, 47.) Ilse AW, 48.) Paul AX, 49.) Herta AY, 50.) Mag. Barbara BA, 51.) Karl BA, 52.) Anna BB, 53.) Dr. Karl BC und 54.) Magdalena BC, alle Brückengasse 6, 1060 Wien, infolge Rekurses der durch Dr. Erich Kadlec, Rechtsanwalt in Wien, vertretenen Wohnungseigentümer Rosa D, Gertrude G, Helga H, Alice I, Paul K, Alfred L, Hildegard N, Leopoldine Q, Margarta S, Rudolf U, Christa V, Leopold Y, Renate Y, Johann Z, Hildegard Z, Rudolf AB, Robert AD; Martha AD; Johann AF, Elfriede AF, Heinrich E, Susanne E, Michael AH, Christine AH, Helmut AJ, Emilie AJ, Walter AK, Elisabeth AK, Paul AM, Josefa AM, Robert H und Edith H, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 7. Juli 1983, GZ. 41
R 361/83-30, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 9. März 1983, GZ. 42 Nc 83/80-27, aufgehoben wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der erstgerichtliche Beschluß auf Zurückweisung des Antrages der Wohnungseigentümerin Anna A auf Entscheidung des Gerichtes wieder hergestellt wird.
Text
Begründung:
Der Eigentümer der Liegenschaft EZ 65 in der Katastralgemeinde Mariahilf Dipl.Ing.Dr. Rudolf A verkaufte das Grundstück am 29. Juli 1970 der BD AQ, AR AS AT AU AV Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die es als Organisator übernahm, dort ein Gebäude zur Begründung von Wohnungseigentum zu errichten und in diesem dem Verkäufer Wohnungseigentum an den Wohnungen 26 und 27 und an den im Keller und im Erdgeschoß geplanten Lagerräumen zu verschaffen. Mit der Einverleibung am 29. Jänner 1971 wurde die Wohnbauvereinigung Eigentümerin der Liegenschaft.
Sie errichtete dort das Haus Brückengasse 6, 1060 Wien, mit 41 Wohnungen, einer Garage und einem Lagerraum.
Sie brachte am 25. März 1976 bei der Gemeinde den Antrag auf Festsetzung des Nutzwertes ein. Dem Antrag lag eine 'Mieterliste' bei, in der auf Stiege 1 für das 'Lokal' Dr.Rudolf A und für die Wohnungen 26 und 27 Anna A genannt waren. Die Gemeinde ersuchte am 25. März 1976 ihre Magistratsabteilung 40 um Festsetzung der Nutzwerte nach § 5 BE 1975 und setzte nach Vorliegen dieser Nutzwertberechnung eine mündliche Verhandlung für den 26. Mai 1976 fest. Die Ladung der Liegenschaftseigentümerin und sämtlicher Wohnungseigentumsbewerber (zu Handen des Wohnungseigentumsbewerbers auf Stiege 1 und 2 mit der jeweils niedrigsten Türnummer) wurde verfügt. Die Zustellung von Ladungsausfertigungen erfolgte an die in der Mieterliste für die Stiege 1
und Stiege 2 jeweils für die Wohnung Nr.1 genannten Christine C und Elisabeth BF, die den Aushang der Ladung am schwarzen Brett vornahmen. An der mündlichen Verhandlung am 26. Mai 1976 beteiligten sich die Antragstellerin und mehrere Wohnungseigentumsbewerber, nicht aber Dipl.Ing.Dr.Rudolf A oder Anna A. Am 23. Juni 1976 entschied die Gemeinde. Sie setzte die Nutzwerte für die Räumlichkeiten darunter für die Lagerräume im Erdgeschoß und Keller fest. Der Nutzwert dieser sonstigen Räumlichkeit wurde aus der Erdgeschoßnutzfläche von 474,72 mit dem Faktor 1,5
und der Nutzfläche im Keller von 662,76 mit dem Faktor 1,0 ermittelt und mit 1375, die Summe der Nutzwerte aller Wohnungen und sonstigen Räumlichkeiten der Liegenschaft mit 4280 ausgedrückt. Diese Entscheidung wurde sämtlichen Wohnungseigentumsbewerbern zu Handen der Christine C am 5. Juli 1976
zugestellt. Die Ausfertigung war am schwarzen Brett im Haus ausgehängt worden.
Das Gericht bestätigte am 25. August 1976, daß eine Anrufung des Gerichtes nicht erfolgte. Die Gemeinde bestätigte am 14. September 1976, daß die Entscheidung nach § 5 BE rechtskräftig sei. Den Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag, mit welchem die Wohnungseigentumsorganisatorin (und Eigentümerin der Liegenschaft) an die Bewerber die zum Erwerb des Wohnungseigentums erforderlichen Mindestanteile verkaufte, die zum Erwerb des Wohnungseigentums an den Wohnungen 26 und 27
sowie den Lagerräumen im Erd- und Kellergeschoß des Hauses erforderlichen Mindestanteile in Entsprechung ihrer vertraglichen Leistungsverpflichtung an den ehemaligen Liegenschaftseigentümer Dipl.Ing.Dr.Rudolf A überließ und Wohnungseigentum an allen Wohnungen und sonstigen Räumlichkeiten der Liegenschaft begründet wurde, ist von Dipl.Ing.Dr.Rudolf A und - obwohl am Vertrag nicht beteiligt - von Anna A am 27. Mai 1977 unterschrieben worden. Im Punkt VIII. dieser Vertragsurkunde ist festgehalten, daß die ausgewiesenen Nutzwerte von der Zentralen Schlichtungsstelle des Magistrats der Stadt Wien mit Bescheid vom 23. Juni 1976 rechtskräftig bestimmt wurden und daß die den Erwerbern überlassenen Miteigentumsanteile die zum Erwerb des Wohnungseigentums erforderlichen Mindestanteilen darstellen und dem Verhältnis des Nutzwertes ihrer Wohnung oder sonstigen Räumlichkeit zur Summe der Nutzwerte aller Wohnungen und sonstigen selbständigen Räumlichkeiten entsprechen. In Erfüllung ihrer Verpflichtung, dem Dipl.Ing.Dr.Rudolf A die Wohnungen 26 und 27 und die Lagerräume im Erd- und Kellergeschoß unentgeltlich in Wohnungseigentum zu übertragen, überband die Organisatorin den Käufern die anteilige Haftung zur Zahlung der auf die Wohnungen 26 und 27 entfallenden aushaftenden Darlehensbeträge.
Auf Grund dieses Vertrages erfolgte die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Dipl.Ing.Dr.Rudolf A an 1375/4280 Anteilen der Liegenschaft verbunden mit Wohnungseigentum an Keller und Lager, 83/4280 Anteilen verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung 26 und 37/4280 Anteilen verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung 27 zu TZ 6100/1978 mit 13. Juli 1978. Diese mit Wohnungseigentum verbundenen Liegenschaftsanteile gingen am 9. April 1979 in das Eigentum der am 23. Mai 1913 geborenen Anna A über. Am 27.8.1980 beantragten Dipl.Ing.Dr.Rudolf A und Anna A die Entscheidung des Gerichtes, weil sie sich mit der Entscheidung der Gemeinde nicht zufrieden gAben. Der 'damalige Eigentümer der Räumlichkeiten' Dipl.Ing.Dr.Rudolf A sei dem Verfahren zur Nutzwertfeststellung nicht beigezogen worden. Er habe seine Anteile seiner Ehefrau Anna A geschenkt.
Der Bescheid der Gemeinde vom 23. Juni 1976 sei ihnen erst am 14. August 1980
zugestellt worden und daher die Frist gewahrt. Die Gemeinde habe den Nutzwert der Lagerräumlichkeiten in Keller und Erdgeschoß zu hoch angenommen.
Das Erstgericht, das zunächst ein Gutachten über die Nutzwerte der Wohnungseigentumsobjekte im Haus Brückengasse 6, 1060 Wien, eingeholt hatte und erst dann eine mündliche Verhandlung abführte, in deren Verlauf sich andere Wohnungseigentümer auf die Rechtskraft der Nutzwertfeststellung durch die Schlichtungsstelle beriefen, wies schließlich die Anträge des Dipl.Ing.Dr.Rudolf A und der Anna A 'auf Aufebung der Entscheidung der Gemeinde vom 23. Juni 1976, Zahl MA 50- Schli 1/76 Haus Brückengasse 6, 1060 Wien' mit der Begründung ab, Dipl.Ing.Dr.Rudolf A, der die erworbenen Anteile bereits am 12. Jänner 1978 seiner Ehefrau Anna A geschenkt habe, sei zum Antrag nicht legitimiert, dieser aber sei die Entscheidung der Schlichtungsstelle durch den Wohnungseigentums- und Schenkungsvertrag (am 27. Mai 1977) zur Kenntnis gelangt. Damit sei ein Zustellmangel nach § 31 AVG (§ 108 ZPO aF) geheilt. Ihr Antrag sei verspätet.
Das Rekursgericht wies den Rekurs des Dipl.Ing.Dr.Rudolf A zurück. Er sei seit der Einverleibung des Eigentumsrechtes der Anna A nicht mehr Miteigentümer der Liegenschaft. Die Zurückweisung dieses Rechtsmittels wurde nicht angefochten.
Dem Rekurs der Anna A gab das Gericht zweiter Instanz Folge. Es hob insoweit die angefochtene Entscheidung des Erstgerichtes auf und trug diesem die Verhandlung und Entscheidung über die Nutzwertfeststellung auf. Es setzte einen Rechtskraftvorbehalt und sprach, nachdem der Oberste Gerichtshof die Akten mit dem Beschluß vom 26. Juni 1984, 5 Ob 33/84-41, zur Bewertung zurückgestellt hatte, aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000,-
nicht aber S 300.000,- übersteige. Das Rekursgericht vertrat die Ansicht, der Vorschrift des § 26 Abs. 2 Z 1 BE 1975 in der Fassung vor dem 1. Jänner 1983 = Inkrafttreten des MRG über die Parteistellung der Wohnungseigentumsbewerber, die dem Gericht vom Antragsteller bekannt gegeben wurden oder sonst bekannt geworden seien, habe die Gemeinde nicht entsprochen, wenn sie nur an einzelne Wohnungseigentumsbewerber zugestellt habe und die Entscheidung am schwarzen Brett im Haus ausgehängt war. Die Frist für die Anrufung des Gerichtes sei dadurch nicht in Gang gesetzt worden. Dieses Recht stehe der Anna A als Miteigentümerin der Liegenschaft zu. Die bereits erfolgte Einverleibung von Wohnungseigentum stehe der Anrufung des Gerichtes nicht entgegen. § 12 Abs. 3 BE sehe nach Neufestsetzung der Nutzwerte eine Berichtigung der Mindestanteile der Miteigentümer vor. Dies müsse auch möglich sein, wenn die Mindestanteile auf Grund einer nur scheinbar rechtskräftigen Festsetzung der Nutzwerte bestimmt wurden. Diese Frage sei erheblich im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO.
Der gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Rekurs der Wohnungseigentümer ist zulässig und berechtigt.
Wie der Oberste Gerichtshof in seiner in diesem Rechtsmittelverfahren ergangenen Entscheidung 5 Ob 33/84 dargelegt hat, ist dieses am 25. März 1976
bei der Gemeinde anhängig gewordene Nutzwertfeststellungsverfahren nach § 26 Abs. 1 Z 1 BE nach den vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes BGBl 1981/520 mit 1. Jänner 1982 in Geltung gestandenen Vorschriften zu führen (MietSlg. 34.575 ua), doch kommt, weil die erstrichterliche Antragsabweisung in Wahrheit eine Zurückweisung des Antrages der Anna A auf Entscheidung des Gerichtes (§ 26 Abs. 3 BE idF vor dem 1. Jänner 1982, § 37 Abs.1 MG) bedeutet und eine Ablehnung der Sachentscheidung darstellt, die Spezialregelung für Rechtsmittel gegen Sachbeschlüsse nicht zur Anwendung. Es greift daher die durch die Verweisung des § 26 Abs. 2 Z 3 BE idF vor dem 1. Jänner 1982 maßgebende Neuordnung der Bestimmungen über das Rechtsmittelverfahren nach § 527 und § 528 ZPO durch die Zivilverfahrens-Novelle 1983/135 voll ein. Das bedeutet, daß der Rekurs gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes, den dieses durch seinen Rechtskraftvorbehalt zugelassen hat, nicht nach § 528 Abs. 1 ZPO unstatthaft aber wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO auch zulässsig ist. Zu der Rechtsfrage, von deren Lösung die Entscheidung abhängt, wurde in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes noch nicht Stellung genommen.
Zur Abwehr eines unzulässigen Antrages auf Entscheidung des Gerichtes ist jeder (auch einzelne) Wohnungseigentümer, dessen rechtliche Interessen durch die Neuaufrollung der Nutzwertfeststellung berührt werden könnten, berechtigt. Nach § 26 Abs. 2 Z 1 BE idF vor dem 1. Jänner 1982 hatte in dem kurz nach Inkrafttreten des BE 1975 (1. September 1975) am 25. März 1976 bei der Gemeinde eingeleiteten Verfahren jeder Wohnungseigentumsbewerber, der der Gemeinde bekannt wurde, Parteistellung. In der 'Mieterliste' war für die Lagerräume Dipl.Ing.Dr.Rudolf A, dem nach der vertraglichen Verpflichtung des Organisators die Stellung eines Bewerbers nach § 23 Abs. 1 Satz 1 BE zukam, genannt, für die beiden Wohnungen 26 und 27, für die ihm gleichfalls die Begründung von Wohnungseigentum zugesagt war, schien in der Liste des Organisators Anna A auf. Da § 26 Abs. 3 BE idF vor dem 1. Jänner 1982
verfügte, daß in den auf Grund des § 36 Abs. 1 und Abs. 2 MG durch Kundmachung bestimmten Gemeinden ein Verfahren auf Festsetzung oder Neufestsetzung des Nutzwertes bei Gericht nur eingeleitet werden kann, wenn die Sache vorher bei der Gemeinde anhängig gemacht worden ist, und diesbezüglich § 36 Abs. 3 bis 5 und § 37 MG gelten, durch
§ 36 Abs. 3 MG aber der Gemeinde die sinngemäße Anwendung des § 26 Abs. 1 bis Abs. 3 und Abs. 5 sowie der §§ 27 bis 31 MG aufgetragen war, bedurfte es nicht der Einzelzustellung an jeden Parteistellung genießenden Wohnungseigentumsbewerber. § 26 Abs. 5 MG sah nämlich vor, daß mehreren Mietern, auf die sich derselbe Antrag bezieht, die Entscheidung nur einmal und zwar zu Handen des von ihnen namhaft gemachten Empfängers sonst zu Handen des 'im Antrag zuerst genannten Mieters' zuzustellen ist. § 27 Abs. 3 und § 30 MG ließen für die Verständigung der Mieter des Hauses weitere Lockerungen von den Zustellvorschriften zu (Zingher, MG 18 , 151), weil es genügte, daß sie mit dem Beifügen benachrichtigt werden, daß es ihnen freistehe, sich zum Antrag schriftlich zu äußern oder bei der mündlichen Verhandlung zu erscheinen. Diese Benachrichtigung konnte, sofern kein Zustellungsbevollmächtigter namhaft gemacht war, durch den Hausbesorger oder durch deutlich sichtbaren Anschlag im Haus bewirkt werden.
Die Gemeinde hat in dem Verfahren zur Feststellung der Nutzwerte diese besonderen Zustellvorschriften sinngemäß befolgt. Die Ladung zur Verhandlung am 26. Mai 1976 war im Haus in beiden Stiegenhäusern durch Aushang bekannt gegeben. Bei dieser Verhandlung hatten die Wohnungseigentumsbewerber, sie sich am Verfahren beteiligten, die Wohnungseigentumsbewerberin der Wohunung 1 auf Stiege 1 als Empfänger für alle Wohnungseigentumsbewerber namhaft gemacht, der die Entscheidung am 5. Juli 1976 zugestellt wurde.
Im Antrag der Liegenschaftseigentümerin selbst waren die Wohnungseigentumsbewerber nicht genannt, wohl aber in der beigefügten 'Mieterliste'. Zutreffend sah die Gemeinde die dort erwähnten Personen als im Verfahren zu beteiligende bekanntgegebene Wohnungseigentumsbewerber an. War die Empfängernamhaftmachung nicht wirksam, hätte dem dort zuerst genannten Wohnungseigentumsbewerber Dipl.Ing.Dr. Rudolf A die Entscheidung zugestellt werden müssen (§ 26 Abs. 5 MG). Eine Zustellung an Anna A hatte bei sinngemäßer Anwendung dieser Vorschriften nicht stattzufinden.
Es kommt aber gar nicht darauf an, ob die Zustellung der Entscheidung an alle Wohnungseigentumsbewerber zu Handen der namhaft gemachten Empfängerin Christine C die vierzehntägige Frist des § 37 Abs. 1 MG (in Verbindung mit § 36 Abs. 3 BE idF vor dem 1. Jänner 1982) in Gang setzte, nach deren Ablauf das Gericht nicht mehr angerufen werden konnte.
Rechtliche Beurteilung
Es kann zwar nicht - wie das Erstgericht glaubte - von einer Heilung eines allenfaKls vorliegenden Zustellmangels nach § 31 AVG gesprochen werden, wenn nicht das zuzustellende Schriftstück dem Empfänger z g%kommen ist, sondern ihm zur Kenntnis von der Nutzwertfeststellung durch die Gemeinde verschafft wurde. Das Erstgericht hat aber im Ergebnis zutreffend erkannt, daß sich ein Wohnungseigentümer, der auf der Grundlage eine ihm als rechtskräftig bezeichneten Nutzwertfeststellung den danach ermittelten Mindestanteil nach § 3 Abs. 1 BE zur Begründung von Wohnungseigentum erworben hat, oder der wie Anna A einen mit Wohnungseigentum verbundenen Mindestanteil erwarb, nicht mehr darauf berufen kann, die Frist für die Anrufung des Gerichtes stehe noch offen. Ob daher der Nutzwert der Lagerräume zutreffend oder zu hoch festgesetzt war, kann, weil Dipl.Ing.Dr.Rudolf A in dem Grundlage der Einverleibung seines Eigentums bildenden Vertrag zur Kenntnis nahm, daß die zwingend gebotene Nutzwertfestsetzung am 23. Juni 1976 stattgefunden hat, und zur Begründung des Wohnungseigentums an den Lagerräumen im Keller- und Erdgeschoß, die an die benachbarte Betriebsliegenschaft angeschlossen waren, die nach dieser Nutzwertfeststellung im Sinne des § 3 Abs. 1 BE als Mindestanteil erforderlichen 1375/4280 Anteile an der Liegenschaft erwarb, nicht mehr aufgerollt werden.
Spätestens mit Vertragsabschluß war auf das Recht, durch die Anrufung des Gerichtes die Entscheidung der Gemeinde außer Kraft zu setzen und eine abweichende Nutzwertfeststellung durch das Gericht zu verlangen, verzichtet.
Anna A, die die mit Wohnungseigentum verbundenen Liegenschaftsanteile überhaupt erst abgeleitet von ihrem Ehemann geschenkt erhielt, stand das Recht, die Entscheidung des Gerichtes zu verlangen, nicht zu.
Das Erstgericht hat daher ohne Rechtsirrtum den darauf gerichteten Antrag der Anna A zurückgewiesen.
Der abändernde Beschluß des Rekursgerichtes, das den Antrag als zulässig ansah und dem Erstgericht daher die Sachentschei ung über die Feststellung der Nutzwerte auftrug, ist daher dahin abzuändern, daß es bei der Antragszurückweisung bleib Siceil nach übertragung des Mindestanteiles auf der Grundlage der bekannt gegebenen Entscheidung der Gemeinde ein Verzicht auf eine abweichende Nutzwertfeststellung anzunehmen ist, der auch die Einzelrechtsnachfolgerin des Dipl.Ing.Dr.Rudolf A bindet.
Anmerkung
E05277European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0050OB00005.85.0226.000Dokumentnummer
JJT_19850226_OGH0002_0050OB00005_8500000_000