TE OGH 1985/2/27 4Ob308/85

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Veröffentlicht am 27.02.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl, Dr.Resch, Dr.Kuderna und Dr.Schobel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Zeitungsverlag A & B Gesellschaft m. b.H. & Co, Wien 19., Muthgasse 2, vertreten durch Dr.Karl Böck, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei N.Z. C D E m.b.H., Graz, Ankerstraße 4, vertreten durch Dr.Hannes Priebsch, Rechtsanwalt in Graz, wegen Unterlassung (Streitwert S 480.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 8.Oktober 1984, GZ 3 R 161/84-25, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Handelsgerichtes vom 18. Mai 1984, GZ 15 Cg 589/82-10, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben; die Entscheidungen der Untergerichte werden aufgehoben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und Fällung einer neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz.

Text

Begründung:

Die klagende Partei begehrt mit der am 24.9.1982 eingebrachten Klage, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, die Ankündigung von Werbegeschenken in Form eines Siemens-Kaffeeautomaten oder eines ITT-Portable-Radios oder ähnlich wertvoller Gegenstände an Personen, die noch nicht Abonnent der (von der beklagten Partei herausgegebenen) Zeitung 'Neue Zeit' sind, für die Werbung eines neuen Jahresabonnenten dieser Zeitung und die Gewährung dieser Werbegeschenke im Falle des Abschlusses eines solchen Jahresabonnements zu unterlassen. Mit diesem Begehren wird ein Urteilsveröffentlichungsbegehren verbunden. Zur Begründung führt die klagende Partei im wesentlichen aus, die Möglichkeit, ein Werbegeschenk zu erhalten, sei mit Ausnahme der Eigenwerbung und der Werbung im gemeinsamen Haushalt des Laienwerbers nicht auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt oder an sonstige Voraussetzungen gebunden gewesen. Da auch eine Person als Werber habe auftreten könne, die nicht bereits Abonnent der 'Neuen Zeit' gewesen sei, liege ein gegen das Zugabengesetz verstoßender Fall einer verbotenen Scheinwerbung vor. Jeder Interessent habe die Möglichkeit erhalten, durch Vorschieben eines Dritten sich selbst ohne jede eigene Leistung und ohne Risiko 'anzuwerben' und sich eine nicht unbeträchtliche Zugabe zu verschaffen. Der Wert dieser Zugabe liege zwischen 45 und 47 % des Wertes des Jahresabonnements, sodaß ein krasses Mißverhältnis zwischen diesen Werten bestehe. Die beklagte Partei beantragte Klagsabweisung. Sie habe noch vor Klagseinbringung von der beabsichtigten Klageführung erfahren. Der Beklagtenvertreter habe sich daraufhin sofort mit dem Klagevertreter in Verbindung gesetzt und habe von diesem ebenfalls noch vor Klagseinbringung erfahren, daß der 'Klagsgrund' ausschließlich darin bestehe, daß der für den Werber bestimmte Gutschein nicht die Einschränkung enthalte, der Werber müsse bereits Abonnent der 'Neuen Zeit' sein. Da der Klagevertreter erklärt habe, der Inseratentext müsse in dieser Form geändert werde, weil sonst eine Klage unvermeidbar sei, habe der Beklagtenvertreter eine - dem Klagevertreter angekündigte - entsprechende önderung des Textes veranlaßt. Am 26.9.1982 sei die Werbeaktion in der geänderten Form fortgesetzt worden. Die beklagte Partei habe auch auf Grund einer zwischen steirischen Tageszeitungen getroffenen allgemeinen Vereinbarung damit rechnen können, daß eine Klage für den Fall einer önderung des beanstandeten Textes von der klagenden Partei nicht erhoben werden würde. Der klagenden Partei fehle für die gegenständliche Klage daher das Rechtsschutzinteresse. 'Für alle Fälle' werde aber der Einwand aufrecht erhalten, daß ein Verstoß gegen das Zugabengesetz nicht vorliege, weil der Werberkreis hinsichtlich Eigenwerbung und Werbung im gemeinsamen Haushalt ohnehin eingeschränkt worden sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Es traf folgende wesentliche Feststellungen:

Am 11. und 17.9.1982 erschien in der Zeitung 'Neue Zeit' ein Eigeninserat unter der überschrift 'NZ-Leser werben Leser'. Neben den Abbildungen eines ITT-PortableRadios sowie eines Siemens-Kaffeeautomaten war folgender Text abgedruckt:

'Dieser Siemens-Kaffeeautomat oder dieses ITT-Portable-Radio gehört Ihnen, wenn Sie einen neuen NZ-Abonnenten bringen. Werben Sie für die große steirische Tageszeitung einen neuen Abonnenten und Sie erhalten für Ihre Tätigkeit einen neuen Siemens-Kaffeeautomaten oder einen ITT-Portable-Radio.

Eigenwerbungen und Werbungen im gemeinsamen Haushalt können nicht angenommen werden.' Unterhalb dieses Textes befinden sich links ein 'Bestellschein' und rechts ein 'Gutschein' abgedruckt. Der 'Bestellschein' hat folgenden Text: 'Ich bin noch nicht Bezieher der Neuen Zeit und bestelle am nächsten 1. die tägliche Ausgabe der Neuen Zeit bis auf Widerruf; mindestens 12 Monate zum Monatsbezugspreis von S 98,--. Im ersten Bezugsmonat kostenlos.'

Unterhalb dieses Textes ist Raum für den Vor- und Zunamen, Anschrift, Telefon und Unterschrift des jeweiligen Bestellers sowie für das Datum. Auf dem daneben befindlichen 'Gutschein' befindet sich folgender Text: 'Ich habe den nebenstehenden Abonnenten geworben. Dafür erhalte ich einen Siemens-Kaffeeautomaten oder einen ITT-Portable-Radio.' Unterhalb dieses Textes ist Raum für den Vor- und Zunamen, Anschrift, Telefon und Unterschrift des Werbers sowie für das Datum. In dem Inserat wird noch darauf hingewiesen, daß Bestell- und Gutschein an die NZ-Werbeleitung zu senden seien; nach Erhalt der ersten Bezugsgebühr werde die gewünschte Prämie zugesandt werden.

Ein Jahresabonnement der 'Neuen Zeit' kostet S 1.078,--; die Zeitung wird im ersten Monat unentgeltlich abgegeben. Der Preis für den erwähnten Kaffeeautomaten ab Werk sowie der Verkaufspreis des genannten Radioapparates im Handel betragen S 615,-- bzw. S 490,--. Bei der von der beklagten Partei behaupteten sogenannten 'Steirerhof-Vereinbarung' hat es sich nur um ein Gespräch gehandelt. Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, die beklagte Partei habe in dem Inserat eine ausreichende Beschränkung auf einen bestimmten Personenkreis nicht vorgenommen, sodaß eine gegen das Zugabengesetz verstoßende Scheinwerbung vorliege. Personen, die nicht Abonnenten der Zeitung 'Neue Zeit' seien, könnten einen Scheinwerber vorschieben und sich damit in den Genuß der Werbeprämie setzen. Dies sei aber eine unerlaubte Zugabe. Durch die önderung des Inseratentextes sei die Wiederholungsgefahr nicht ausgeschlossen worden, zumal die beklagte Partei im Prozeß die Auffassung vertreten habe, sie sei zu den beanstandeten Werbeankündigungen berechtigt gewesen. Eine allfällige Vereinbarung, wonach vor der Einbringung einer wettbewerbsrechtlichen Klage die betreffenden Parteien Kontakt aufzunehmen hätten und eine gerichtliche Klärung erst im Falle der Erfolglosigkeit dieser Kontakte zulässig sein sollte, wäre, selbst wenn sie zustandegekommen sein sollte, rechtlich bedeutungslos. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung in der Hauptsache und änderte sie lediglich im Umfang des Ausspruches über die Urteilsveröffentlichung im klagsabweisenden Sinn ab. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteigt. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes, nahm jedoch noch folgende Ergänzungen vor:

Der Text des in der 'Neuen Zeit' vom 26.9.1982 erschienen Inserates der beklagten Partei wurde insofern geändert, als der Werber im 'Gutschein' die Erklärung abzugeben hatte, bereits Abonnent der genannten Zeitung zu sein.

Das Berufungsgericht billigte im wesentlichen die Rechtsauffassungen des Erstgerichtes.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die aus den Gründen der Aktenwidrigkeit, des Verfahrensmangels und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Die Anfechtungsgründe des Verfahrensmangels und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Dem Berufungsgericht ist zunächst in seiner Auffassung zuzustimmen, daß eine Wiederholungsgefahr schon deshalb nicht ausgeschlossen werden kann, weil die beklagte Partei im Rechtsstreit einen Verstoß gegen das Zugabengesetz ausdrücklich bestritten und die Auffassung vertreten hat, zu der Werbung in der beanstandeten Form berechtigt gewesen zu sein (ÖBl.1984,5; ÖBl.1978,18

uva.). Gegen die Annahme der Wiederholungsgefahr spricht aus dem selben Grund auch nicht das - in einem anderen Zusammenhang noch zu eröternde - Vorbringen der beklagten Partei über das zwischen den Parteienvertretern über eine önderung des Werbetextes in dem von der klagenden Partei gewünschten Sinn und die dann tatsächlich erfolgte önderung.

Entgegen der Meinung der beklagten Partei kann aus der sogenannten 'Steirerhof-Vereinbarung' weder für sich allein noch in Verbindung mit der späteren önderung des Textes ein Verzicht der klagenden Partei auf die Klageführung erblickt werden. Die beklagte Partei übersieht nämlich, daß die Untergerichte in diesem Zusammenhang nur Gespräche, nicht aber eine Vereinbarung als erwiesen angenommen haben. Auf die rechtliche Zulässigkeit und Wirksamkeit einer etwaigen Vereinbarung muß daher nicht mehr eingegangen werden. Schließlich ist auch die Meinung der beklagten Partei verfehlt, die von ihr bezüglich der Eigenwerbung vorgenommene Einschränkung reiche weiter als die von der Klage verlangte Einschränkung auf Personen, welche Abonnenten der 'Neuen Zeit' sind, sodaß ein Verstoß gegen das Zugabengesetz nicht vorliege.

Die von der beklagten Partei in ihrem Inserat zum Ausdruck gebrachte Unzulässigkeit der Eigenwerbung und der Werbung 'im gemeinsamen Haushalt' schließt nicht aus, daß ein Interessent einen Bekannten oder Verwandten als Besteller vorschiebt und sich auf diese Weise selbst, ohne jede eigene Leistung und ohne Risiko, eine verbotene Zugabe in Form eines der beiden als 'Werbegeschenk' versprochenen Geräte verschafft (ÖBl.1978,18, mit weiteren Hinweisen). Eine Beschränkung des als Werber in Betracht kommenden Personenkreises auf Personen, die bereits Abonnenten der 'Neuen Zeit' sind, würde aber für den Besteller die sonst verlockende Möglichkeit, eine dritte Person als Werber vorzuschieben und selbst das Werbegeschenk im Empfang zu nehmen, praktisch wegfallen lassen. Bei der von der beklagten Partei vorgenommenen Einschränkung auf das Verbot der Eigenwerbung und der Werbung 'im gemeinsamen Haushalt' besteht aber zumindest bei einem nicht unbeträchtlichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise diese Verlockung, so daß eine Ankündigung einer verbotenen Zugabe vorliegt.

Die Revisionswerberin rügt aber mit Recht das Vorliegen von Feststellungsmängeln. Ihr Vorbringen, der Klagevertreter habe dem Beklagtenvertreter am 21. oder 22.9.1982 mitgeteilt, der Klagegrund für die in der klagenden Partei damals angedrohten Klage liege ausschließlich darin, daß der Gutschein nicht die Einschränkung enthalte, der Werber müsse bereits Abonnent der 'Neuen Zeit' sein, der Klagevertreter habe dem Beklagtenvertreter ausdrücklich erklärt, der Inseratentext müsse in dieser Form geändert werden, weil sonst eine Klage unvermeidbar sei, der Beklagtenvertreter habe dem Klagevertreter zugesagt, die erforderlichen Veranlassungen zu treffen und der Text sei bereits in der nächsten nach diesem Gespräch erschienenen Ausgabe der 'Neuen Zeit' vom 26.9.1982, in welcher ein solches Inserat enthalten gewesen sei, in der gewünschten Form abgeändert worden, ist nämlich entscheidungswesentlich.

Diesem Vorbringen kann, wie der Revisionswerberin einzuräumen ist, die Behauptung eines Verzichtes der klagenden Partei auf die Geltendmachung dieses Klagegrundes entnommen werden. Da die klagende Partei das gegenständliche Unterlassungsbegehren ausdrücklich auf den erwähnten Klagegrund stützt und die angeblich gewünschte Textänderung innerhalb weniger Tage, an welchen das Inserat überdies nicht veröffentlicht worden sein soll, nach den Behauptungen der beklagten Partei von dieser vorgenommen wurde, könnte in diesen behaupteten Erklärungen des Beklagtenvertreters ein Verzicht auf die Geltendmachung des von ihm genannten Klagegrundes für den Fall erblickt werden, daß die beklagte Partei ohne Verzug die gewünschte Textänderung vornahm. Da die Untergerichte über das behauptete Gespräch keine Feststellungen getroffen haben, dem Inhalt dieses Gespräches aber aus den dargelegten Erwägungen eine entscheidungswesentliche Bedeutung im Sinne einer möglicherweise fehlenden Berechtigung des Klagebegehrens zukommt, erweist sich eine Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen zur Ergänzung des Verfahrens in der angegebenen Richtung und zur Fällung einer neuen Entscheidung als notwendig.

Die Kostenentscheidung ist im § 52 ZPO begründet.

Anmerkung

E05256

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0040OB00308.85.0227.000

Dokumentnummer

JJT_19850227_OGH0002_0040OB00308_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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