Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A Gesellschaft mbH, Kufstein, Unterer Stadtplatz 11, vertreten durch Dr. Ernst Bosin, Rechtsanwalt in Kufstein, wider die beklagte Partei Sebastian B, Elektriker, Leopoldsdorf, Breitstetten 124, vertreten durch Dr. Andreas Zaubzer, Rechtsanwalt in Kufstein, wegen S 81.420,-- samt Nebengebühren, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 27. Februar 1984, GZ. 6 R 18/84-18, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 11. Oktober 1983, GZ. 10 Cg 71/83-12, teilweise bestätigt und abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit S 4.289,40 (darin S 600,-- Barauslagen und S 335,40 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Beklagte erteilte der klagenden Partei am 4. Oktober 1981 einen bis 1. Oktober 1982 befristeten Alleinvermittlungsauftrag des Verkaufes seiner Liegenschaft EZ 371 II Katastralgemeinde Söll (Wohnhaus mit Fremdenzimmern) um mindestens 2,3 Millionen Schilling. Für den Fall des Zustandekommens des zu vermittelnden Rechtsgeschäftes wurde eine vom Beklagten als Verkäufer zu zahlende Provision von 3 % des Verkaufspreises plus 18 % Mehrwertsteuer vereinbart. Weiters vereinbarten die Streitteile, daß vom Käufer die staatlichen Abgaben, Vertragskosten und Provision zuzüglich 18 % Umsatzsteuer zu zahlen seien.
Der namens der klagenden Partei von Ernst C durch Unterfertigung am 4. Oktober 1981 angenommene Alleinvermittlungsauftrag hatte im übrigen folgenden Wortlaut:
'Grundlage der Vermittlung sind, unter Abdingung des Handelsvertretergesetzes, die durch Verordnung BGBl. 323/78 festgelegten Ausübungsregeln für Immobilienmakler. Insbesondere werden die gemäß § 8 (6) bei Grenzwerten und die gemäß § 9 bei sonstigen Abweichungen vorgesehenen Regelungen vereinbart. Diesfalls sind die in der vor Auftragsannahme ausgefolgten, schriftlichen übersicht über die voraussichtlich erwachsenden Kosten angeführten Provisionssätze anzuwenden ....
Dieser Auftrag ist ein D und läuft am 1. Oktober 1982 ab. ....... Die vereinbarte Provision wird auch fällig, wenn die Alleinvermittlung vorzeitig aufgehoben wird oder ein Vertragsabschluß nach Fristenablauf mit einem Partner erfolgt, dem das Objekt innerhalb der Frist nachgewiesen worden war.'
Gleichzeitig wurde dem Beklagten ein 'Merkblatt' übergeben, das unter anderem unter den bei Kaufverträgen voraussichtlich erwachsenden Nebenkosten anführt:
'9. Vermittlungsprovision 3 bis 5 % von jedem Vertragspartner nach den Wertgrenzen des § 10 der Verordnung plus 18 % Umsatzsteuer.' Auf der Rückseite dieses Merkblattes ist Absatz 6 des § 8 sowie der gesamte § 9 der ImmMVO abgedruckt.
Die klagende Partei machte zwei Interessenten ausfindig, die sich jedoch nicht zum Kauf entschlossen. Schließlich fand der Beklagte im März 1982 selbst einen Käufer, dem er die Liegenschaft um 2,3 Millionen Schilling verkaufte.
Die klagende Partei begehrte mit der am 23. Dezember 1982 eingebrachten Klage vom Beklagten S 162.840,-- samt 15 % Zinsen jährlich und 1 %
Verzugszinsen monatlich zuzüglich 18 % Mehrwertsteuer aus den Zinsen seit 15. Juli 1982. Da der Beklagte seine Liegenschaft vor Ablauf der Auftragsfrist anderweitig verwerten habe wollen, hätten die Parteien vereinbart, daß die Klägerin die Käufer- und die Verkäuferprovision von ingesamt 6 % zuzüglich Mehrwertsteuer, insgesamt somit auf der Basis eines Verkaufspreises von S 2,3 Millionen am 15. Juli 1982 S 162.840,-- erhalte und die Verwertung unverzüglich durch den Beklagten selbst durchgeführt werde. Diese Zahlungsverpflichtung habe der Beklagte durch eigenhändige Unterfertigung einer Urkunde vom 2. Mai 1982 anerkannt und sich weiters verpflichtet, für den Fall des Verzuges 15 % Zinsen p.a. und 1 % Verzugszinsen p.m. zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer zu zahlen. Von Oktober bis Dezember 1982 habe der Beklagte die Klagsforderung dreimal anerkannt und die Zahlung in Aussicht gestellt.
Der Beklagte anerkannte in der ersten Tagsatzung S 81.420,-- (ohne Zinsen), worüber ein rechtskräftiges Teilanerkenntnisurteil erging. Im übrigen beantragte der Beklagte die Abweisung des restlichen Klagebegehrens. Er wendete ein, der für die Klägerin auftretende Ernst C habe nach Mitteilung, daß der Beklagte nun selbst einen Käufer gefunden habe, die überbringung der Rechnung angekündigt. über Aufforderung CS und auf Grund dessen Versicherung, es sei nur der Ordnung halber und der Beklagte müsse den dort aufscheinenden Betrag ohnehin auf jeden Fall zahlen, habe der Beklagte, der es eilig gehabt habe, dann die ihm überbrachte 'Rechnung' unterfertigt. Erst als er diese am Abend durchgelesen habe, habe er bemerkt, daß er nicht eine normale Rechnung unterferigt hatte, sondern daß es sich hier um ein abstraktes Anerkenntnis handelte, das der seinerzeitigen Vereinbarung, wonach der Beklagte eine Provision von 3 % zu zahlen habe, nicht entsprochen habe. Der Beklagte habe diese 'Rechnung' nur deshalb unterfertigt, weil er von der Klägerin dadurch in Irrtum geführt worden sei, daß ihm einerseits mit keinem Wort mitgeteilt worden sei, daß es sich dabei um ein abstraktes Schuldanerkenntnis handle, und er andererseits nicht darüber aufgeklärt worden sei, daß es sich nicht nur um die vereinbarte 3 %ige Provision, sondern um eine Provision von 6 % handle. Der in der 'Rechnung' aufscheinende Zinssatz von 15 % jährlich und 1 % monatlich ergebe 27 % Zinsen.
Dies sei um ein Vielfaches überhöht und geradezu wucherisch. Die Zinsenforderung sei daher sittenwidrig und nichtig. Das Erstgericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung von (weiteren) S 81.420,-- samt 4 % Zinsen aus S 162.840,-- seit 15. Juli 1982 und 18 %
Umsatzsteuer aus den Zinsen und wies das Zinsenmehrbegehren von 23 % jährlich ab.
Zusätzlich zum eingangs angeführten Sachverhalt traf es folgende Feststellungen:
Dem Beklagten war klar, daß die Klägerin, wenn das in Aussicht genommene Verkaufsgeschäft über sie abgewickelt würde, berechtigt sei, sowohl vom Verkäufer als auch vom Käufer 3 % Provision zu verlangen. Dem Beklagten war darüber hinaus klar, daß er 'Provision' an die Klägerin zu zahlen haben werde, wenn er selbst mit einem von ihm gefundenen Käufer abschließen werde, ohne daß die Dienste der klagenden Partei in Anspruch genommen würden.
Als der Beklagte dann im März 1982 selbst einen Käufer fand, teilte er dies Ernst C, dem Geschäftsführer der Klägerin, mit. Dieser wies ihn darauf hin, daß er mit dem Käufer abschließen könne, aber Provision zahlen müsse. Es ist möglich, daß er dabei dem Beklagten auch mitteilte, daß dieser 6 % Provision, also die vom Käufer und auch die vom Verkäufer zu zahlende Provision zu leisten haben werde. Da dem Beklagten klar war, daß die Klägerin bei Abwicklung des Verkaufes durch sie auch vom Käufer 3 % Provision verlangen könne, versuchte er vorerst zu erreichen, daß sich der Käufer an die Klägerin wende, was dieser aber ablehnte.
Nach Abschluß des Kaufvertrages, nachdem bereits telefonische Kontakte zwischen den Streitteilen bestanden hatten, fuhr Ernst C nach Söll zum Beklagten. Da dieser Besuch hatte, ging er mit Ernst C zu dessen PKW, wo ihm dieser ein bereits vorgeschriebenes Schriftstück (Beilage F) mit folgendem Wortlaut zur Unterschrift vorlegte:
.....
'Auf Grund unseres Vermittlungsauftrages vom 4. Oktober 1981 und 'unserer später getroffenen Vereinbarung' erlauben wir uns, nach nunmehr erfolgter übereinstimmender Willenserklärung zwischen Ihnen und dem Käufer, betreffend die von Ihnen verkaufte und von ihm gekaufte Liegenschaft, für die wir mit Ihnen den Alleinvermittlungsauftrag, befristet mit 1. Oktober 1982, abgeschlossen hatten, Ihnen folgende Rechnung zu stellen:
E
Käufer- und Verkäuferprovision laut Vereinbarung 6 % des Kaufs- bzw.
Verkaufspreises, also von S 2,3 Millionen, das sind
S 138.000,--
zuzüglich 18 % Mehrwertsteuer S 24.840,--
S 162.840,--
=============
Der Rechnungsbetrag ist am 15. Juli 1982 zur Zahlung fällig, spesenfrei für die Firma A F G, auf deren Konto-Nr. 2236-5 bei der H I AG, Filiale Kufstein.
Herr Sebastian B anerkennt durch seine nachstehende Unterschrift unwiderruflich vorstehende Rechnung, die daraus für ihn entstandene Schuld, sowie deren Fälligkeit. Er erklärt weiters, diese Schuld für den Fall, daß sie bisher nicht bestanden haben sollte, hiermit zu begründen und verpflichtet sich zu deren Bezahlung bis spätestens 15. Juli 1982. Sollte Sebastian B die Schuld bis 15. Juli 1982 nicht oder nicht vollständig bezahlt haben, so verpflichtet er sich, für den noch offenen Teil 15 % Zinsen p.a. und 1 % Verzugszinsen p.m. zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer, derzeit 18 %, zu bezahlen, fällig jeweils am 31. Dezember jeden Jahres. Söll, 1982-05-02.' Der Beklagte las dieses Schriftstück flüchtig durch und sah dabei, daß 6 %
Provision in Höhe von S 162.840,-- verlangt würden. Im Zuge der zwischen den Streitteilen hierüber entstandenen Debatte erklärte Ernst C, daß der Beklagte jedenfalls verpflichtet sei, diese Provision zu zahlen. Ob dabei über Zinsen gesprochen wurde und inwieweit der Beklagte bei Unterschriftsleistung die Zinsenbestimmung dieser Urkunde gelesen hatte, steht nicht fest. Der Beklagte unterfertigte dieses Schreiben jedenfalls in Kenntnis dessen, daß er sich damit zur Zahlung von S 162.840,--, somit der 6 %igen Provision, verpflichtete. Nachdem ihm seine Gattin am Abend Vorwürfe gemacht hatte, daß er diese Urkunde unterschrieben habe, kamen dem Beklagten Bedenken. Er ließ sich daraufhin anwaltlich beraten und erfuhr, daß seine Zahlungsverpflichtung zweifelhaft sei. Es gab im Herbst 1982 noch Telefonate des Beklagten mit der Klägerin, in welchen er die überweisung von Geld auf die gegen ihn geltend gemachten Ansprüche in Aussicht stellte. Daß er dabei ausdrücklich erklärt hätte, den gesamten Rechnungsbetrag zu überweisen, steht nicht fest.
Die Klägerin nimmt selbst keinen Bankkredit in Anspruch. Andere Firmen Ernst CS stellen aber der Klägerin Gelder zur Verfügung. Diese Firmen nahmen im fraglichen Zeitraum Bankkredit in einer S 162.840,--
übersteigenden Höhe in Anspruch, die Verzinsung lag zwischen 10,5 und 14,5 %
jährlich. Ernst C hatte in der 'Rechnung' vom 2. Mai 1982 die dort aufscheinenden Zinsen so 'satt' angesetzt, weil seiner Meinung nach bei Verzug nicht nur der eigentliche Schaden abgedeckt, sondern auch eine Gewinnmarge von 10 bis 20 % vorhanden sein solle. Der Beklagte ist ein in geschäftlicher Hinsicht unerfahrener Mensch, was Ernst C wußte.
In der rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht im wesentlichen aus, die eingeklagte Forderung sei durch die schriftliche Erklärung vom 2. Mai 1982
begründet. Ein rechtlich relevanter Irrtum des Beklagten liege nicht vor. Da die Klägerin nicht verpflichtet gewesen sei, dem direkten Verkauf durch den Beklagten zuzustimmen, habe sie die Entlassung aus dem Alleinvermittlungsauftrag davon abhängig machen können, Käufer- und Verkäuferprovision zu erhalten. Wollte der Beklagte daher eine Zustimmung der Klägerin zur Entlassung aus dem Alleinvermittlungsauftrag in Anspruch nehmen, so unter den Bedingungen, die die Klägerin hiefür gesetzt habe; ansonsten wäre mangels Zustimmung der Klägerin von einem Vertragsbruch des Beklagten auszugehen, der ihn in voller Höhe schadenersatzpflichtig machen würde. In der Hauptsache sei der Beklagte daher an die schriftliche Erklärung vom 2. Mai 1983 gebunden. Hingegen sei das Zinsenbegehren nicht berechtigt, weil es sich dabei um ein wucherisches Geschäft im Sinne des § 879 Abs 2 Z 4 ABGB handle. Dieses Urteil wurde von beiden Parteien mit Berufung angefochten. Die Klägerin bekämpfte die Abweisung des Zinsenmehrbegehrens. Die beklagte Partei bekämpfte den stattgebenden Teil und beantragte in erster Linie die gänzliche Abweisung des Klagebegehrens. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge, bestätigte also die Abweisung des Zinsenmehrbegehrens. Es gab jedoch der Berufung des Beklagten 'teilweise' (faktisch zur Gänze) Folge und änderte das angefochtene Urteil dahin ab, daß es unter Einbeziehung des bestätigten Teiles lautet:
'Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen 4 % Zinsen aus S 81.420,-- seit 15. Juli 1982 und 18 % Umsatzsteuer aus diesen Zinsen zu zahlen.
Das Mehrbegehren auf Zahlung von S 81.420,-- samt 27 % Zinsen aus S 81.420,-- und 23 % Zinsen aus weiteren S 81.420,-- ab 15. Juli 1982 sowie 18 % Umsatzsteuer aus diesen Zinsen wird abgewiesen. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit S 13.340,48 .... bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz zu ersetzen.' Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes mit Ausnahme der als nicht entscheidungswesentlich beurteilten, vom Beklagten bekämpften Feststellung, ihm sei bei Abschluß des Alleinvermittlungsauftrages klargewesen, daß (bei Verkaufsvermittlung durch die Klägerin) sowohl er als auch ein eventueller Käufer 3 % Provision an die Klägerin zu zahlen habe. Nach Beweisergänzung traf das Berufungsgericht folgende weitere Feststellungen:
Als der Beklagte bei flüchtigem Durchlesen des ihm von Ernst C zur Unterfertigung vorgelegten, als Rechnung bezeichneten und mit 2. Mai 1983
(richtig 1982) datierten Schriftstückes sah, daß darin von ihm 6 % Provision in Höhe von S 162.840,-- verlangt würden, erklärte er zunächst, daß er das nicht unterschreibe. Darauf erklärte ihm Ernst C des langen und breiten, daß er diese Provision auf jeden Fall zahlen müsse und daß er da keine Chance hätte auszukommen. Dadurch ließ sich der Beklagte schließlich von Ernst C überzeugen, daß er auf jeden Fall zur Zahlung dieser 6 %igen Provision verpflichtet sei und mit einer Bestreitung dieser Forderung keine Chance haben würde. Aus diesem Grunde unterfertigte er die ihm von Ernst C vorgelegte, als Rechnung bezeichnete Urkunde (Beilage F). Hätte der Beklagte gewußt, daß er auf Grund der bisherigen Vereinbarungen zu einer die 3 %ige Verkäuferprovision übersteigenden Provisionszahlung gar nicht verpflichtet war und daher erst durch die Unterfertigung der 'Rechnung' vom 2. Mai 1983 (richtig 1982) eine solche Verbindlichkeit neu begründet werden konnte, so hätte er die Urkunde nicht unterfertigt.
Zur Rechtsfrage führte das Berufungsgericht aus, daß der Beklagte zum direkten Verkauf seiner Liegenschaft nicht der Zustimmung der Klägerin bedurft hätte, weshalb es nicht in deren Belieben gelegen sei, ihm für die Entlassung aus dem Alleinvermittlungsauftrag über die bis dahin getroffene Vereinbarung hinausgehende Bedingungen zu stellen. Beim Alleinvermittlungsauftrag verpflichte sich der Auftraggeber, die vereinbarte Vermittlungsprovision auch dann zu zahlen, wenn er den Auftrag widerruft oder den Abschluß allein oder mit Hilfe eines anderen Maklers tätigt. Eine solche Verpflichtung müsse allerdings im Auftrag ausdrücklich vereinbart sein. Bei den §§ 8 f. ImmMVO handle es sich um Konsumentenschutzbestimmungen, durch die die Vertragsfreiheit zum Schutz der Kunden beschränkt würden. Nach § 8 Abs 1
der zitierten Verordnung dürften Immobilienmakler für Vermittlungen Provisionen nur für den hier nicht zutreffenden Fall verlangen, daß diese Vermittlungen erfolgreich sind oder in den Fällen des § 9. Nach dem hier in Betracht kommenden § 9 Abs 1 Z 1 dürfe der Immobilienmakler für den Fall, daß die Vermittlung trotz seiner zweckentsprechenden, auf eine Vermittlung gerichteten Tätigkeit nicht als erforderlich im Sinn des § 8 Abs 2
anzusehen sei, mit dem Auftraggeber eine dem § 8 Abs 1 entsprechende Provision oder sonstige Vergütung nur dann vorsehen, wenn der Auftraggeber innerhalb der vereinbarten Frist den Alleinvermittlungsauftrag widerruft oder das im Alleinvermittlungsauftrag bezeichnete Rechtsgeschäft allein oder mit Hilfe eines anderen Immobilienmaklers abschließt. Die im § 9 Abs 1 vorgesehene Beschränkung auf eine 'dem § 8 Abs 1 entsprechende Provision' bedeute, daß auch Provisionen oder sonstige Vergütungen nach § 9 nur bis zu den sich aus § 8 Abs 3 bis 13 und den §§ 10 bis 20 ergebenden Höchstbeträgen vereinbart werden dürften. Für die Vermittlung des Kaufes oder Verkaufes eines Liegenschaftsanteiles dürfe also nach § 10 Abs 1 Z 3
höchstens eine Provision von 3 % des Wertes der Liegenschaft vereinbart werden, und zwar mit jeder der beiden Parteien des Kaufvertrages. Sei eine Partei des zu vermittelnden Rechtsgeschäftes zur Erteilung eines Vermittlungsauftrages nur unter der Bedingung bereit, daß sie die Pflicht zur Zahlung einer Provision oder sonstigen Vergütung nicht treffe, so dürfe der Immobilienmakler nach § 8 Abs 7 mit der anderen Partei eine Provision oder sonstige Vergütung vereinbaren, die den zulässigen Höchstbetrag bis zu 100 % überschreitet. Der der Klägerin vom Beklagten erteilte Vermittlungsauftrag sei nicht unter einer solchen Bedingung geschlossen worden. Eine solche Vereinbarung sei jedenfalls bis 2. Mai 1982 zwischen den Streitteilen nicht geschlossen worden. Nach § 8 Abs 3 dürften Provisionen oder sonstige Vergütungen, soweit sie nicht vereinbart werden dürfen, auch nicht gefordert oder genommen werden. Aus der Vereinbarung vom 4. Oktober 1981 könne die Klägerin daher lediglich eine Provision von 3 % verlangen.
Ob nach dem Eintritt des im § 9 Abs 1 Z 1 vorgesehenen Ereignisses die für diesen Fall vorgesehene Provision durch eine zusätzliche Vereinbarung erhöht werden dürfe, sei nicht ausdrücklich geregelt. Das in der zitierten Bestimmung gebrauchte Wort 'vorsehen' spreche eher dagegen. Dies würde auch für einen nachträglichen Anerkenntnisvertrag gelten. Schon deswegen könne die Unterfertigung der 'Rechnung' vom 2. Mai 1982 keinen Anspruch auf eine die im Teilanerkenntnisurteil bereits zugesprochene 3 %ige Verkaufsprovision übersteigende Provision begründen. Wäre durch die Unterfertigung der erwähnten 'Rechnung' eine neue, bis dahin nicht bestehende Verbindlichkeit begründet worden, dann läge ein wesentlicher Geschäftsirrtum des Beklagten vor, der ihn nach § 871 ABGB zur Vertragsanfechtung berechtigen würde. Er habe nämlich nur unterschrieben, weil er auf Grund der Erklärung des Geschäftsführers der Klägerin der Meinung gewesen sei, die 6 %ige Gesamtprovision jedenfalls zahlen zu müssen.
Im übrigen würde die Provisionsforderung der Klägerin dem richterlichen Mäßigungsrecht nach § 1336 Abs 2 ABGB unterliegen. Die im Alleinvermittlungsauftrag enthaltene Zusicherung einer Provision für den Fall einer nicht erfolgreichen Vermittlung beinhalte eine der Konventionalstrafe angenäherte Vereinbarung, die nichts anderes sei, als die vorweggenommene Pauschalierung des befürchteten Vertrauensschadens. Eine Konventionalstrafe sei zwar nicht von Amts wegen zu mäßigen, doch liege schon in der Bestreitung der Verpflichtung zu ihrer Zahlung ein Mäßigungsbegehren. über den Provisionsanspruch nach § 9 hinausgehende Schadenersatzansprüche seien von der Klägerin nicht geltend gemacht worden und kämen ohnehin nur in Frage, wenn der Beklagte einen Geschäftsabschluß in der Absicht unterlassen hätte, den Vermittler um seine Provision zu bringen. Dazu sei nichts behauptet und auch nichts festgestellt worden.
Seinen Ausspruch, daß die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei, begründete das Berufungsgericht damit, daß die unter anderem entscheidende Rechtsfrage, ob im Hinblick auf die §§ 8 und 9 ImmMVO eine nachträgliche Vereinbarung über die für den Fall der nicht erfolgreichen Vermittlung zu leistende Provision oder sonstige Vergütung oder über eine Erhöhung der damit dafür vorgesehenen Provision überhaupt zulässig sei (vom Berufungsgericht verneint), eine Rechtsprechung fehle.
Nur gegen die Abweisung des (restlichen) Begehrens von S 81.420,-- samt 4 % Zinsen seit 15. Juli 1982 und 18 % Umsatzsteuer aus diesen Zinsen richtet sich die (ordentliche) Revision der Klägerin wegen unrichtiger Lösung von Rechtsfragen des materiellen Rechtes erheblicher Bedeutung mit einem auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von S 81.420,-- samt 4 % Zinsen seit 15. Juli 1982 und 18 % Umsatzsteuer aus diesen Zinsen gerichteten Abänderungsantrag. Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Das Rechtsmittel ist nicht berechtigt.
Auf den dem klagenden Immobilienmakler vom Beklagten am 4. Oktober 1981
erteilten Auftrag zur Vermittlung des Verkaufes seiner Liegenschaft EZ. 371 II Katastralgemeinde Söll um mindestens 2,3 Millionen Schilling ist die Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 16. Juni 1978 über Ausübungsregeln für Immobilienmakler, BGBl. Nr. 323, anzuwenden.
Diese Verordnung enthält nicht nur Standesrecht der Immobilienmakler, sondern auch Konsumentenschutzbestimmungen, auf die sich wegen ihrer allgemeinen Geltung auch Kunden berufen können (SZ 53/117; ImmZ 1982, 116; ÖBl 1983, 127 u.a.).
Nach § 8 Abs 1 Satz 1 der zitierten Verordnung dürfen die Immobilienmakler für Vermittlungen nur für den Fall, daß diese erfolgreich sind (Abs 2), oder in den Fällen des § 9 Provisionen oder sonstige Vergütungen - ausschließlich der Umsatzsteuer - nur bis zu den sich aus den Abs 3 bis 13 und aus den §§ 10 bis 20 ergebenden Höchstbeträgen vereinbaren. Nach § 8 Abs 2 ist die Vermittlung nur dann als erfolgreich im Sinn des Abs 1 anzusehen, wenn das im Vermittlungsauftrag bezeichnete Rechtsgeschäft durch die Tätigkeit des Immobilienmaklers zwischen dem Auftraggeber und dem vom Immobilienmakler namhaft gemachten Interessenten rechtswirksam zustandegekommen ist, oder wenn der Fall des § 13 Abs 2 gegeben ist. Nach § 8 Abs 3 dürfen Provision oder sonstige Vergütungen, soweit sie nicht vereinbart werden dürfen, auch nicht gefordert oder genommen werden.
Da hier eine erfolgreiche Vermittlung im vorerwähnten Sinn nicht vorliegt, durften nur in den Fällen des § 9 Provisionen oder sonstige Vergütungen vereinbart, gefordert oder genommen werden. Von diesen Fällen kommt hier nur der im Abs 1 Z 1 lit. b der letztzitierten Verordnungsstelle geregelte Fall in Frage. Danach darf der Immobilienmakler für den Fall, daß die Vermittlung trotz seiner zweckentsprechenden auf eine Vermittlung gerichteten Tätigkeit nicht als erfolgreich im Sinn des § 8 Abs 2 anzusehen ist, mit dem Auftraggeber eine dem § 8 Abs 1 entsprechende Provision oder sonstige Vergütung nur dann vorsehen, wenn der Auftraggeber innerhalb der vereinbarten Frist a) den Alleinvermittlungsauftrag widerruft oder b) das im Alleinvermittlungsauftrag bezeichnete Rechtsgeschäft allein oder mit Hilfe eines anderen Immobilienmaklers abschließt.
Eine solche Vereinbarung wurde zwischen den Parteien im bis 1. Oktober 1982 befristeten Alleinvermittlungsauftrag vom 4. Oktober 1981 geschlossen.
Nach dieser Vereinbarung war der Beklagte, der innerhalb der vereinbarten Frist den Alleinvermittlungsauftrag widerrufen und das darin bezeichnete Rechtsgeschäft allein abgeschlossen hatte, verpflichtet, der Klägerin bei Bedachtnahme auf die §§ 10 Abs 1 und 12 Abs 1 den Höchstbetrag von 3 %
des im Alleinvermittlungsauftrag festgelegten Kaufpreises von 2,3 Millionen Schilling, also S 69.000,-- plus 18 % Umsatzsteuer, insgesamt also S 81.420,-- - nicht aber mehr - zu zahlen. Davon, daß die Parteien bereits im Alleinvermittlungsauftrag vom 4. Oktober 1981 für die im § 9 Abs 1 der Verordnung genannten Fälle eine vom Beklagten zu leistende Provision von 6 % des im Alleinvermittlungsauftrag festgelegten Kaufpreises samt 18 % Umsatzsteuer vereinbart hätten, kann entgegen der Meinung der Klägerin keine Rede sein.
Ob sich der Beklagte nach dem Widerruf des Alleinvermittlungsauftrages beziehungsweise nach dem Alleinabschluß des im Alleinvermittlungsauftrag bezeichneten Kaufvertrages durch die Vereinbarung vom 2. Mai 1982 wirksam zu einer vorher nicht vereinbarten höheren Provision verpflichten konnte - grundsätzlich besteht ja Vertragsfreiheit - beziehungsweise wirksam verpflichtet hat, kann aus folgenden Gründen dahingestellt bleiben:
Bei der Erklärung des Beklagten vom 2. Mai 1982 (Ablichtung Beilage F) handelt es sich um ein Anerkenntnis (einer laut Beilage F vorher abgeschlossenen Vereinbarung), die jedoch nicht festgestellt wurde. Darin gestand der Beklagte durch einseitiges Nachgeben zu, daß das von ihm bezweifelte Recht der Klägerin auf 6 % Provision plus 18 % Umsatzsteuer im vollen Umfang zusteht, und zwar auch dann, wenn die Schuld 'bisher nicht bestanden haben sollte'.
Da die Provisionsschuld in diesem Umfang bis dahin - wie schon ausgeführt - nicht bestand, handelt es sich bei diesem Anerkenntnis, soweit es sich auf den 3 % plus 18 % Umsatzsteuer übersteigenden Provisionsteil bezog, um ein konstitutives, jedenfalls aber um das Anerkenntnis der einem Immobilienmakler für den bereits eingetretenen Fall des § 9 Abs 1 Z 1
ImmMVO zu leistenden Provision (vgl. EvBl 1974/4; JBl 1975, 206 ua.). Auch wenn man dieses Anerkenntnis als wirksam ansieht, handelte es sich dabei um eine für diesen Fall vorgesehene Provision und damit um keinen Schadenersatzanspruch (7 Ob 549/81 und 1 Ob 732/81), sondern um eine unechte Vertragsstrafe, auf die § 1336 ABGB analog anzuwenden ist (Reischauer in Rummel, ABGB RdZ 21 zu § 1336 und die dort zitierte Literatur und Judikatur, weiters SZ 53/117 u. a.).
Eine solche Provision kann daher nach § 1336 Abs 2 ABGB vom Richter gemäßigt werden, allerdings nicht von Amts wegen, doch genügt schon - wie im vorliegenden Fall - die gänzliche Bestreitung des gegnerischen Anspruches (Reischauer a.a.O. RdZ 18 zu § 1336 und die dort zitierte Judikatur sowie SZ 53/117).
Berücksichtigt man im vorliegenden Fall, daß die Klägerin ihre auf eine Vermittlung gerichtete, bis dahin allerdings noch nicht erfolgreiche Tätigkeit nicht während der gesamten vereinbarten Dauer des Alleinvermittlungsauftrages (Oktober 1981 bis September 1982) verrichten mußte, sondern bereits im März 1982, also nach nicht ganz halber Laufzeit des Alleinvermittlungsauftrages einstellen konnte, dann erscheint es als völlig unwahrscheinlich, daß die Klägerin einen die Höhe der ursprünglich vereinbarten Provision (S 69.000,-- plus 18 % Umsatzsteuer) übersteigenden Schaden erlitten hat. Berücksichtigt man weiters, daß die Provisionshöchstbeträge betreffenden Bestimmungen der Immobilienmaklerverordnung vor allem Bestimmungen zum Schutz der Kunden vor Vermögensschaden (Ausbeutung), also Konsumentenschutzbestimmungen darstellen, daß die die Ausübungsregeln ihres Berufsrechtes kennende Klägerin die diesbezügliche Unerfahrenheit des Beklagten ausgenützt hat und daß es sich noch dazu um eine unechte Vertragsstrafe handelt, dann erscheint im vorliegenden Fall eine Mäßigung der vom Beklagten zu leistenden Provision auf 3 % des im Alleinvermittlungsauftrag festgelegten Preises von 2,3 Millionen Schilling samt 18 % Umsatzsteuer gerechtfertigt.
Der Revision war daher nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E05218European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0030OB00554.84.0227.000Dokumentnummer
JJT_19850227_OGH0002_0030OB00554_8400000_000