TE OGH 1985/3/5 10Os3/85

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Veröffentlicht am 05.03.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5.März 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch (Berichterstatter) sowie Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Köhl als Schriftführer in der Strafsache gegen Kristof A wegen des Vergehens nach § 1 Abs. 1 lit b PornG über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 21.September 1984, GZ 3a Vr 1572/84-14, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Gehart; des Angeklagten Kristof A und des Verteidigers Dr.Bernd Ambrositsch zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Kristof A von der Anklage, das Vergehen nach § 1 Abs. 1 lit b PornG dadurch begangen zu haben, daß er am 25.4.1984 in Salzburg-Walserberg bzw. Annabichl in gewinnsüchtiger Absicht unzüchtige Schriften und Laufbilder mit Darstellungen intensiver Unzuchtsakte zwischen Personen desselben Geschlechts, teilweise auch mit sado-masochistischen Darstellungen, zum Zwecke der Verbreitung nach Österreich einführte und beförderte, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen hatte Kristof A die inkriminierten Druckwerke, Filme und Videokassetten in der Bundesrepublik Deutschland erworben und nach Österreich eingeführt, um sie in seinem Geschäft in Wolfsberg weiterzuverkaufen. Das Erstgericht beurteilte den Inhalt der Druckwerke 'durchaus als Pornographie' und stellte auch fest, 'daß - aus dem Zusammenhang gerissen - einzelne Darstellungen den Austausch von Zärtlichkeiten und Sexualhandlungen zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern (paarweise oder im Zusammenhang mit einem oder mehreren Partnern anderen Geschlechtes) bildlich und literarisch ausbilden', nahm jedoch an, daß diese Druckwerke nicht als 'absolut unzüchtig' anzusehen seien, da sexuelle Gewalttätigkeiten oder Unzuchtsakte mit Unmündigen oder mit Tieren nicht dargestellt werden und 'die Unzuchtshandlungen mit Personen gleichen Geschlechtes den Hintergrund bzw. den Rahmen für die sonstigen sexuellen Beschreibungen und Darstellungen' abgäben;

ebendies treffe in gleicher Weise auf die (Kino- und Video-)Filme zu, in welchen 'teilweise, gleichsam um die bisexuelle Erregung zu fördern, einleitend und untermalend auch Geschlechtsakte an gleichgeschlechtlichen Partnern flankierend zur das Hauptthema bildenden geschlechtlichen Erregung und Befriedigung von Frauen und Männern in wechselseitiger, aber doch aufeinander ausgerichteter geschlechtlicher Reflexion, Beziehung und Tätigkeit dargestellt' seien (S 95 f).

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft die Staatsanwaltschaft mit einer auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher Berechtigung zukommt. Bei der Beurteilung von Druckwerken und Laufbildern als unzüchtig im Sinne des § 1 Abs. 1 PornG kommt es nämlich (der vom Erstgericht vertretenen Rechtsansicht zuwider) keineswegs auf die qualitative oder quantitative Relation zwischen homosexuellen und heterosexuellen Darstellungen an, sondern - auch bei der Darstellung von 'Gruppensex' (mit geschlechtlichen Beziehungen zwischen Partnern sowohl desselben als auch des anderen Geschlechts) - nur darauf, ob der betreffenden Wiedergabe gleichgeschlechtlicher Unzucht jeweils ein entsprechender Auffälligkeitswert zukommt; ob die gleichgeschlechtlichen Unzuchtshandlungen im Verhältnis zum übrigen Inhalt der Filme und Druckwerke umfänglich nur gering sind, ist demgegenüber für deren Beurteilung als 'absolut unzüchtig' ohne Belang (SSt 5o/44).

Von einer anderen, verfehlten Rechtsansicht ausgehend hat das Erstgericht ausreichende Tatsachenfeststellungen unterlassen, die zu einer verläßlichen Beurteilung erforderlich sind, ob die in der Anklageschrift bezeichneten Druckwerke und Laufbilder (oder allenfalls einzelne von ihnen) solche Darstellungen enthalten, die den (objektiven) Voraussetzungen absoluter Unzüchtigkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 PornG entsprechen. Darunter fallen in Ansehung gleichgeschlechtlicher Unzucht insbesondere beischlafähnliche oder sonstige nicht bloß flüchtige Manipulationen am Geschlechtsteil des Unzuchtspartners. Eine pornographische Darstellung derartiger gleichgeschlechtlicher Unzucht ist generell, ohne Rücksicht auf den angesprochenen Personenkreis unzulässig; eine propagandistische Wirkung im Sinne einer Massenbeeinflussung und deren Eignung, eine zur gleichgeschlechtlichen Unzucht anregende Wirkung zu erzielen, ist nicht erforderlich, wohl aber eine (nach objektiven Kriterien zu beurteilende) Werbekomponente, die jedoch bei Druckwerken und Laufbildern regelmäßig gegeben ist (SSt 51/51). Von einer 'pornographischen' Darstellung kann allerdings auch bei gleichgeschlechtlichen Sexualkontakten nur dann gesprochen werden,wenn es sich um eine exzessiv-aufdringliche, anreißerisch verzerrte und bloß das Obszöne betonende, also den Wertvorstellungen der Gesellschaft in geschlechtlicher Hinsicht gröblich widersprechende Wiedergabe solcher Unzuchtsakte handelt. Da der aufgezeigte Feststellungsmangel in Ansehung des objektiven Tatbestandsmerkmals der Unzüchtigkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 PornG eine abschließende rechtliche Beurteilung des Falles nicht zuläßt, war der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Folge zu geben, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Anmerkung

E05019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0100OS00003.85.0305.000

Dokumentnummer

JJT_19850305_OGH0002_0100OS00003_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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