TE OGH 1985/3/7 12Os25/85 (12Os26/85)

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Veröffentlicht am 07.03.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.März 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral (Berichterstatter), Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Loidl als Schriftführer in der Strafsache gegen Josef A wegen des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Beschlüsse des Landesgerichtes Salzburg vom 25. Juli 1983, AZ. 21 E Vr 2245/79 (Seite 76) und 13.September 1983, GZ. 21 E Vr 2245/79-28, und des Oberlandesgerichtes Linz vom 19. Oktober 1983, AZ. 9 Bs 390/83, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Bassler jedoch in Abwesenheit des Verurteilten, zu Recht erkannt:

Spruch

1./ Der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 25.Juli 1983, AZ. 21 E Vr 2245/79, S. 76, mit welchem festgestellt wurde, daß die bedingte Nachsicht der mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 13. Juni 1980, GZ. 21 E Vr 2245/79-20, über Josef A verhängten Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten endgültig geworden ist, 2./ der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 13.September 1983, GZ. 21 E Vr 2245/79-28, womit die bedingte Nachsicht der über Josef A mit Urteil vom 13.Juni 1980 verhängten Freiheitsstrafe widerrufen wurde und 3./ der Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 19.Oktober 1983, AZ. 9 Bs 390/83, mit welchem der Beschwerde des Verurteilten gegen den zu 2./

bezeichneten Widerrufsbeschluß nicht Folge gegeben wurde, verletzen das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 43 Abs. 3, 53 Abs. 1 StGB

Die Gesetzesverletzung laut Punkt 1./ wird festgestellt. Die Beschlüsse des Landesgerichtes Salzburg vom 13.September 1983, GZ. 21 E Vr 2245/79-28, und des Oberlandesgerichtes Linz vom 19. Oktober 1983, AZ. 9 Bs 390/83, werden aufgehoben.

Text

Gründe:

Mit dem Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes Salzburg vom 13. Juni 1980, GZ. 21 E Vr 2245/79-20, wurde der am 27.Mai 1953 geborene Josef A des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB schuldig erkannt und zu einer ihm gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten verurteilt. Josef A hatte am 6.März 1978 als Tankwart der B Tankstelle in Golling den jugoslawischen Staatsangehörigen Petar C mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch Täuschung über Tatsachen zur Durchführung eines Ölwechsels verleitet, wobei er ihm einen Betrag von 539 S für 5,5 l Öl (Preis 98 S pro Liter) verrechnete, obwohl er tatsächlich nur Öl im Werte von 137,50 S (Preis pro Liter 25 S) einfüllte. Zufolge beiderseitigen Rechtsmittelverzichts erwuchs das Urteil am 13.Juni 1980 in Rechtskraft.

Nach Ablauf der Probezeit holte das Gericht eine Strafregisterauskunft ein und übermittelte nach deren Einlangen die Akten am 14.Juli 1983 zur Antragstellung der Staatsanwaltschaft, die daraufhin am 25.Juli 1983 den Widerruf der bedingten Strafnachsicht beantragte (vgl. S. 75 d.A.). Josef A war nämlich inzwischen mit Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 10.Juni 1983, GZ. 27 U 1227/83-41, wegen Vergehens nach § 198 Abs. 1 StGB (Unterhaltspflichtverletzung gegenüber einem außerehelichen Kind in der Zeit vom 1.Jänner 1981 bis 17.Februar 1983) zu einer ihm unter Bestimmung einer Probezeit von zwei Jahren gleichfalls bedingt nachgesehenen viermonatigen Freiheitsstrafe, sowie mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 15.Juni 1983, GZ. 21 E 224/83-39, wegen Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 129 Z. 2 und 15 StGB (Tatzeit: 27.Oktober 1982) und wegen Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB (Tatzeit: 17.Februar 1983) unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das zuvor genannte Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg zusätzlich zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt worden. Dessen ungeachtet wurde vom Landesgericht Salzburg mit Beschluß vom 25.Juli 1983 festgestellt, daß die bedingte Nachsicht der Strafe endgültig geworden sei, und die Zustellung des StPForm BedV. 7 an den Verurteilten sowie des StPForm BedV. 8 an das Strafregisteramt verfügt. Laut Abfertigungsvermerk ist diese Verfügung am 27.Juli 1983 an die Gerichtskanzlei gelangt und von dieser am 1.August 1983

abgefertigt worden (vgl. S. 76 d.A.). Eine inzwischen eingelangte Verständigung gemäß § 7 StRegG. über die neuerliche Verurteilung des Josef A wegen § 198 Abs. 1 StGB durch das Bezirksgericht Salzburg leitete das Gericht am 20.Juli 1983 der Staatsanwaltschaft 'im Nachhang zu dem am 15.Juli 1983 übermittelten Akt' zu. Dieses Aktenstück wurde von der Staatsanwaltschaft am 3.August 1983 mit dem Bemerken zurückgestellt, 'daß eine Antragstellung nach Einlangen des Gerichtsaktes, der sich nicht bei der Staatsanwaltschaft befindet, erfolgt' (S. 77 a d.A.).

Mit Schreiben vom 10.August 1983 ersuchte das Landesgericht Salzburg das Strafregisteramt, 'die am 1.August 1983 für das Strafregisteramt bestimmte Ausfertigung BedV. 8 als gegenstandslos zu betrachten, da diese irrtümlich abgefertigt wurde' (S. 79 d.A.). Hierauf wurde nach Anhörung des Verurteilten mit Beschluß vom 13.September 1983, GZ. 21 E Vr 2245/79-28, die bedingte Nachsicht der über Josef A mit dem Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 13.Juni 1980 verhängte Freiheitsstrafe von drei Monaten widerrufen. Gegen diesen Beschluß, der lediglich dem Verurteilten, nicht aber auch der Staatsanwaltschaft zugestellt worden war, erhob Josef A Beschwerde, welcher vom Oberlandesgericht Linz mit Beschluß vom 19.Oktober 1983, AZ. 9 Bs 390/83, nicht Folge gegeben wurde. Zur Einsichtnahme in letzteren Beschluß wurden die Akten sodann der Staatsanwaltschaft übermittelt (vgl. S. 99 d.A.).

Die Strafe wurde bisher nicht vollzogen, nachdem der Verurteilte zweimaligen Strafaufschub (bis 1.Dezember 1984) erwirkt hatte. Ein mit dem Hinweis auf die gerichtliche Hinterlegung des Schadensbetrages am 9.November 1984 und seinen nunmehrigen ordentlichen Lebenswandel begründeter Antrag auf nachträgliche Strafmilderung gemäß § 410 StPO wurde abgelehnt (vgl. S. 125 d.A.). Weder der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 25.Juli 1983 betreffend die endgültige Strafnachsicht, noch der Widerrufsbeschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 13.September 1983 und die zu letzterem ergangene Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichtes Linz vom 19.Oktober 1983, mit welcher der gegen den Widerruf der bedingten Strafnachsicht erhobenen Beschwerde des Josef A nicht Folge gegeben wurde, stehen mit dem Gesetz im Einklang. Auszugehen ist davon, daß vor der Beschlußfassung über den Widerruf der bedingten Strafnachsicht vom Gericht bereits ausgesprochen worden war, die bedingte Nachsicht der Strafe sei endgültig geworden (§ 497 Abs. 1 StPO).

Rechtliche Beurteilung

Wenngleich der Ausspruch über die endgültige Strafnachsicht irrtümlich ergangen war und nicht dem Gesetz entsprochen hat, weil bereits durch die eingeholte Strafregisterauskunft dem Gericht ein Widerrufsgrund gemäß § 53 Abs. 1 StGB bekanntgeworden ist, war dieses an seine Entscheidung gebunden, sobald es den ergangenen Beschluß der Gerichtskanzlei zur Ausfertigung übergeben hatte (Mayerhofer-Rieder 2 , II/1, ENr. 4 zu § 77 StPO). Eine derartige Entscheidung kann zum Nachteil des Verurteilten weder formlos aufgehoben noch stillschweigend beseitigt werden; deren Abänderung wäre demnach selbst dann nur noch im Beschwerdeweg zulässig gewesen, wenn die späteren, einen Widerrufsgrund bewirkenden Verurteilungen erst nachträglich hervorgekommen wären (vgl. ÖJZ-LSK. 1979/137; Mayerhofer-Rieder 2 , II/2, ENr. 21 zu § 495 StPO).

Wegen der aufgezeigten Gesetzesverletzungen waren aufgrund der von der Generalprokuratur erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes der Widerrufsbeschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 13. September 1983 und die diesen Beschluß bestätigende Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichtes Linz vom 19.Oktober 1983 ersatzlos aufzuheben. Hingegen muß es hinsichtlich des dem Verurteilten zum Vorteil gereichenden gesetzwidrigen Beschlusses vom 25. Juli 1983 über die endgültige Strafnachsicht bei einer Feststellung des Gesetzesverstoßes sein Bewenden haben. Dies unbeschadet des Umstandes, daß eine übermittlung der Strafakten an die Staatsanwaltschaft zum Zweck der Kenntnisnahme vom Beschluß über die endgültige Nachsicht der Strafe offenbar unterblieben ist und die Akten der Staatsanwaltschaft erst nach der rechtskräftigen Erledigung ihres Widerrufsantrags lediglich zur Einsichtnahme in die Beschwerdeentscheidung übermittelt worden sind. Denn obgleich der Staatsanwaltschaft mangels Beschlußzustellung noch das Recht zustünde, gegen den gemäß § 497 Abs. 1 StPO ergangenen Beschluß Beschwerde zu erheben (vgl. SSt. 53/30;

Mayerhofer-Rieder 2 , II/1, ENr. 2 zu § 78 StPO), wäre doch wegen des inzwischen eingetretenen Fristenablaufes (§ 56 StGB) ein neuerlicher Widerruf auch im Falle einer Aufhebung des Ausspruches der endgültigen Strafnachsicht nicht mehr möglich.

Anmerkung

E05386

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0120OS00025.85.0307.000

Dokumentnummer

JJT_19850307_OGH0002_0120OS00025_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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