TE OGH 1985/3/12 2Ob527/85

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Veröffentlicht am 12.03.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Huber als Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Gertrude A, Hausfrau, 3485 Sittendorf 45, vertreten durch Dr. Herwig Hammerer, Rechtsanwalt in Krems, wider den Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei Erwin A, Kraftfahrer, 3511 Paudorf 106, vertreten durch Dr. Peter Fiegl, Dr. Frank Riel, Rechtsanwälte in Krems, wegen Ehescheidung und Erlassung einer einstweiligen Verfügung, infolge Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 27.Dezember 1984, GZ 18 R 288/84-11, womit der Beschluß des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 15.Oktober 1984, GZ 4 Cg 213/84-5, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende und gefährdete Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die klagende und gefährdete Partei (im folgenden: Klägerin) begehrt die Ehescheidung aus dem Verschulden des Beklagten und Gegners der gefährdeten Partei (im folgenden: Beklagter). Als Scheidungsgrund machte sie unter anderem eine Unterhaltsverletzung geltend. Außerdem beantragte die Klägerin die Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung ehelichen Gebrauchsvermögens durch ein Verbot an den Beklagten, die ihm gehörige Liegenschaft EZ 103 Grundbuch Paudorf ohne Zustimmung der Klägerin zu belasten oder zu veräußern. Zur Begründung dieses Antrages brachte die Klägerin vor, das auf der genannten Liegenschaft befindliche Einfamilienhaus habe die gemeinsame Ehewohnung dargestellt. Der Beklagte sei bestrebt, sein Vermögen zu veräußern, habe Verkaufsgespräche über die Liegenschaft eingeleitet und eine Anmerkung der Rangordnung erwirkt. Das Haus unterliege als bisherige Ehewohnung der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens nach den §§ 81 ff EheG. Für den Fall des Verkaufes des Hauses sei dessen Wert zwar gemäß § 91 EheG in die Aufteilung einzubeziehen, die Einbringlichmachung einer allfälligen, dem Beklagten auferlegten Ausgleichszahlung sei jedoch gefährdet, da der Beklagte erklärt habe, er wolle sein Vermögen nicht den Zugriffen der Klägerin aussetzen. Außerdem seien die Einkommensverhältnisse des Beklagten schlecht, er beziehe lediglich ein Krankengeld von S 4.000 monatlich.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Es nahm als bescheinigt an, daß das Einfamilienhaus als Ehewohnung gedient habe, der Beklagte einen Rangordnungsbescheid bezüglich einer beabsichtigten Veräußerung erwirkt habe und bestrebt sei, sein Vermögen möglichst rasch zu realisieren, damit Kredite abgedeckt werden könnten.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, gemäß § 382 Z 8 lit c EO seien Verfügungsverbote über Liegenschaften zulässig, wenn die Gefahr bestehe, daß sie durch Veräußerung oder Belastung der Aufteilung entzogen werden. Die Klägerin habe eine Gefährdung des zu sichernden Anspruches glaubhaft gemacht. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Beklagten Folge und änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abgewiesen wird. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000,-, nicht aber S 300.000 übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Das Gericht zweiter Instanz vertrat die Ansicht, bei der Sicherung eines Anspruches auf eine Ausgleichszahlung gemäß § 94 EheG, also einer Geldforderung, sei § 379 EO anzuwenden. Nach Absatz 4 dieser Gesetzesstelle sei das Verbot der Veräußerung, Belastung oder Verpfändung von Liegenschaften unzulässig. Diese Auffassung stehe möglicherweise mit der Entscheidung 1 Ob 562/84 im Widerspruch, weil dort die Ansicht vertreten werde, zur Sicherung eines Anspruches auf Leistung einer Ausgleichszahlung komme auch ein Belastungs- und Veräußerungsverbot in Betracht. Aus dieser Entscheidung gehe allerdings nicht eindeutig hervor, ob das Veräußerungs- und Belastungsverbot Liegenschaften oder bewegliche Sachen betreffe. Prüfe man das Vorbringen der Klägerin in ihrem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, so gehe daraus nur hervor, daß sie einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung behaupte und sichern wolle. Das Vorbringen reiche nicht aus, um daraus abzuleiten, daß durch die einstweilige Verfügung ein Anspruch auf übertragung oder Begründung eines Rechtes an der Liegenschaft gesichert werden solle. Da die übertragung oder Begründung eines Rechtes nur ausnahmsweise in Betracht komme, wäre es notwendig gewesen, die Tatsachen dafür anzuführen, daß der Klägerin ausnahmsweise ein derartiger Anspruch zustehen könnte. Da die Klägerin nicht mehr in der Ehewohnung wohne und der Beklagte die Liegenschaft schon vor der Eheschließung erworben habe - beides hindere allerdings nicht, die Liegenschaft bei der Aufteilung zu berücksichtigen, weil es sich um die Ehewohnung handle - sei es nicht wahrscheinlich, daß bei der Aufteilung ein Recht an der Ehewohnung an die Klägerin übertragen oder für sie daran begründet werde.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß die beantragte einstweilige Verfügung erlassen werde.

Der Beklagte hat keine Beantwortung des Revisionsrekurses erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Die Klägerin führt in ihrem Rechtsmittel im wesentlichen aus, sie habe ihren Antrag nicht auf Sicherung einer Ausgleichszahlung beschränkt, die Sicherung des Aufteilungsanspruches durch ein Belastungs- und Veräußerungsverbot sei zulässig.

Hiezu ist folgendes zu erwägen:

Die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse ist gemäß § 83 EheG nach Billigkeit vorzunehmen. Das Gericht ist an die Parteienanträge nicht gebunden, diese stellen nur einen den Außerstreitrichter nicht bindenden Vorschlag dar (EFSlg.34.118, 36.478, 38.891, 41.407, 41.408; 8 Ob 564/82). Vor der rechtsgestaltenden Billigkeitsentscheidung des Außerstreitrichters kann daher nicht gesagt werden, daß ein geschiedener Ehegatte einen Anspruch auf eine konkrete Art der Aufteilung hat, sondern nur, daß ganz allgemein ein Aufteilungsanspruch im Sinne der §§ 81 ff EheG besteht. Es kann daher bei einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382 Z 8 lit c EO auch nicht verlangt werden, daß ein Anspruch auf eine konkrete Art der Aufteilung behauptet und bescheinigt wird, sondern es genügt die Behauptung und Bescheinigung eines Anspruches auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse und dessen Gefährdung.

Die Klägerin hat die Ehescheidungsklage eingebracht, und aus dem angeschlossen Akt 1 C 17/84 des Erstgerichtes ergibt sich, daß der Beklagte mit rechtskräftigem Versäumungsurteil vom 2.7.1984 zur Zahlung eines Unterhaltsbetrages von S 4.000 monatlich an die Klägerin verurteilt wurde. Es ist daher davon auszugehen, daß das Bestehen eines Ehescheidungsanspruches auf Grund einer Unterhaltsverletzung und damit auch ein Anspruch auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse bescheinigt ist. Daß auch eine Gefährdung vorliegt, kann im Hinblick auf die Absicht des Beklagten, das Einfamilienhaus, das als Ehewohnung diente, vor Abschluß des Ehescheidungsverfahrens und Durchführung des Aufteilungsverfahrens zu veräußern, nicht zweifelhaft sein. Die Voraussetzungen für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382 Z 8 lit c EO sind daher gegeben, zumal im Verfahren über eine derartige einstweilige Verfügung keine Erwägungen darüber anzustellen sind, wie der Außerstreitrichter die Aufteilung wahrscheinlich vornehmen wird.

Daß die Klägerin nur eine Ausgleichszahlung im Sinne des § 94 EheG anstrebt, kann ihrem Antrag nicht entnommen werden. Auf die Frage, ob zur Sicherung einer Ausgleichszahlung ein Belastungs- und Veräußerungsverbot einer Liegenschaft angeordnet werden könnte, braucht daher nicht eingegangen zu werden. Der Anspruch auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse kann aber auch durch ein Veräußerungs- und Belastungsverbot bezüglich einer in die Aufteilung in Ansehung der ehelichen Wohnung einzubeziehenden Liegenschaft gesichert werden (ähnlich 1 Ob 562/84).

Bei den Tatsachenbehauptungen, die der Beklagte in seinem Rekurs gegen die vom Erstgericht erlassene einstweilige Verfügung aufstellte, handelt es sich um Neuerungen, auf die nicht Bedacht genommen werden kann. Hiezu wird bei der Entscheidung über den vom Beklagten erhobenen Widerspruch Stellung zu nehmen sein. Aus diesen Gründen war dem Revisionsrekurs Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 393 EO.

Anmerkung

E05199

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0020OB00527.85.0312.000

Dokumentnummer

JJT_19850312_OGH0002_0020OB00527_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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