Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 19. März 1985 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter, Dr.Walenta, Dr.Schneider und Dr.Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Kohlegger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Franz A wegen des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach dem § 202 Abs 1 StGB über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 12.November 1984, GZ 8 Vr 3.034/84-30, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr.Hauptmann und des Verteidigers Dr.Steiner, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die verhängte Freiheitsstgrafe auf 1 (ein) Jahr herabgesetzt.
Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die (weiteren) Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 25.Februar 1955 geborene Franz A des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach dem § 202 Abs 1
StGB schuldig erkannt und nach dieser Gesetzesstelle zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten verurteilt. Bei der Strafzumessung wertete das Schöffengericht die Vorstrafe wegen Körperverletzung und die mehrfachen Angriffe gegen das Opfer als erschwerend, als mildernd berücksichtigte es keinen Umstand. Gegen dieses Urteil ergriff der Angeklagte die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Obersten Gerichtshof bereits mit dem in nichtöffentlicher Sitzung gefaßten Beschluß vom 19. Februar 1985, 11 Os 20/85-6, zurückgewiesen. Dieser Entscheidung kann auch der nähere, dem angefochtenen Urteil zugrundeliegende Sachverhalt entnommen werden.
Gegenstand des Gerichtstages bildete sohin (nur mehr) die Berufung, mit welcher der Angeklagte die Herabsetzung und bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe anstrebt.
Der Berufung kommt teilweise Berechtigung zu.
Dem Berufungswerber ist zunächst zu entgegnen, daß sich ein unter Einsetzung des Mittels der Gewalt verübtes Sittlichkeitsdelikt ebenso gegen das Rechtsgut der Unverletzlichkeit der körperlichen Integrität richtet wie eine (vorsätzliche oder fahrlässige) Körperbeschädigung, sodaß seine beiden Vorstrafen (wegen der § 83 und 88 StGB) als einschlägig im Sinn der § 71, 33 Z 2 StGB zu beurteilen sind (EvBl 1977/46;
Leukauf-Steininger 2 , RN 6, 7 zu § 71 StGB).
Auch der Vorwurf, das Erstgericht habe anläßlich der Strafschöpfung unzulässigerweise (vgl. SSt. 50/4) einen ähnlichen, jedoch zu keiner Verurteilung führenden (§ 90 StPO) und im Rahmen der Beweiswürdigung erwähnten Vorfall vom 23.September 1981 in Graz (S 149, 150) als erschwerend herangezogen, kann nicht bestätigt werden: Die Urteilsgründe lassen eine solche Deutung nicht zu.
Allerdings muß bei Bewertung der Schuld doch auch in Betracht gezogen werden, daß der Angeklagte das Tatopfer nicht selbst (mit vorgefaßter Absicht) zum Einsteigen in sein Fahrzeug einlud, sondern von ihm angesprochen wurde, sodaß sich der kriminelle Unwert seiner Tat (nur) darin manifestiert, diese sich zufällig ergebende Situation sofort rücksichtslos zur Begehung eines Sittlichkeitsdelikts ausgenützt zu haben. Der Oberste Gerichtshof vermeint daher, bei Wertung aller Tatumstände mit einer etwas geringeren, immer noch deutlich über der Mindeststrafe von sechs Monaten liegenden (unbedingten) Freiheitsstrafe dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat gerecht zu werden, die Strafe war daher auf das aus dem Spruch ersichtliche Ausmaß zu reduzieren. Dem weiteren Begehren auf bedingte Strafnachsicht stehen die brutale Vorgangsweise des Angeklagten gegenüber einem 16-jährigen Mädchen, die Wiederholung der Angriffe gegen das Opfer und die erwähnten einschlägigen Vorstrafen entgegen, was auf eine bereits ausgeprägte (kriminelle) Neigung, die körperliche Integrität anderer gering zu achten, hindeutet. Dem kann erfolgversprechend nur durch den Vollzug einer längeren Freiheitsstrafe mit dem Ziel der Einwirkung auf die Persönlichkeit des Täters und der Demonstration des Unwertes seines strafbaren Verhaltens entgegengewirkt werden. Gegen die bloße Androhung einer Freiheitsstrafe sprechen hier aber auch generalpräventive Erwägungen, die selbst dann nicht an Gewicht verlieren, wenn die statistisch erfaßten Sittlichkeitsdelikte eine rückläufige Tendenz aufweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Anmerkung
E05362European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0110OS00020.85.0319.000Dokumentnummer
JJT_19850319_OGH0002_0110OS00020_8500000_000