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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
StVO 1960 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des MT in E, vertreten durch Dr. Edmund Kitzler, Rechtsanwalt in 3950 Gmünd, Stadtplatz 43, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Zwettl, vom 6. Dezember 2004, Zl. Senat-ZT-03-3049, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 6. Dezember 2004 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 27. Februar 2003 um ca. 07.10 Uhr ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Fahrzeug vom Parkplatz einer örtlich umschriebenen Diskothek zu seinem Wohnhaus gelenkt, obwohl er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden und der Alkoholgehalt der Atemluft ca. 1,0 mg/l, somit 0,8 mg/l oder mehr, betragen habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 1 iVm § 99 Abs. 1 lit. a StVO begangen; es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Entgegen den weitwendigen Ausführungen des Beschwerdeführers vermag der Verwaltungsgerichtshof zunächst die Sachverhaltsannahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe "im Verlauf der frühen Morgenstunden des 27.2.2003 die angegebenen 20 Bacardi-Lemon konsumiert", im Rahmen der dem Gerichtshof zustehenden Kontrolle der Beweiswürdigung (vgl. dazu näher das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht als rechtswidrig zu erkennen. Gerade der vom Beschwerdeführer u.a. ins Treffen geführte Umstand, dass er bei seiner diesbezüglichen Einvernahme am 4. März 2003 auf dem Gendarmerieposten (wo er einen solchen Konsum - mit 2 cl Bacardi pro Getränk - zugegeben hatte) dem deshalb keine Bedeutung beigemessen habe, weil seine Einvernahme im Zusammenhang mit einer "verschwundenen Geldbörse" erfolgt sei, spricht durchaus für die angeführte Feststellung der belangten Behörde. Der Beschwerde ist dennoch Erfolg beschieden:
Der von der belangten Behörde zur Frage des Ausmaßes der Alkoholisierung des Beschwerdeführers zur Tatzeit herangezogene medizinische Sachverständige hatte im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens zur Frage der Erstbehörde (bezogen auf die Tatzeit) "Alkoholkonsum: 20 Bacardi-Limon (mit je 2 cl Bacardi), getrunken in der Zeit vom 27.02.2003, ca. 02.00 bis ca. 05.30 Uhr, Gewicht:
68 kg" in seinem Gutachten vom 4. April 2003 wörtlich ausgeführt:
"Unter d. Annahme einer Trinkmenge v. 400 ml Bacardi (40 %) errechnet sich für die Tatzeit 710 (27.2.03) ein Atemluft(alkohol)gehalt v. rund 1,0 mg/l (Variantionsbreite 0,6 bis 1,13)".
In der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde am 8. November 2004 führte dieser Sachverständige u.a. aus:
"Bei der Erstellung des Gutachtens über den Alkoholisierungsgrad wurde der Zeitraum von 02.00 Uhr bis 07.10 Uhr berücksichtigt. Weiters wurde berücksichtigt, dass allenfalls Schankgetränke auch einen geringeren Alkoholgehalt aufweisen können, als bei den handelsüblichen Marken. Dadurch wurde die Bandbreite von 0,6 mg Atemluftalkoholgehalt bis 1,13 mg Atemluftalkoholgehalt angeführt. Unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Abbaurate und des durchschnittlichen Alkoholwertes des Bacardi wurde der Atemluftalkoholgehalt mit 1 mg/l berechnet. ... Als gesichert kann auch nicht der Wert von 0,6 mg/l Atemluftalkoholgehalt angegeben werden. Auch dies ist nur ein Berechnungswert, der auf den obigen Angaben beruht."
Weshalb die belangte Behörde - sieht man diese beiden gutächtlichen Äußerungen im Zusammenhang - zunächst davon ableiten konnte, dass vom Sachverständigen ein Alkoholgehalt des einzelnen Getränkes von 40 % angenommen wurde, ist nicht erkennbar (vgl. die Ausführungen des Sachverständigen über die - allerdings durch kein Beweisergebnis gestützte - Berücksichtigung, dass allenfalls Schankgetränke auch einen geringeren Alkoholgehalt aufweisen können).
Auch ist das Ergebnis dieser gutächtlichen Äußerungen - der Beschwerdeführer habe zum Tatzeitpunkt einen Atemalkoholgehalt der Atemluft von ca. 1,0 mg/l aufgewiesen - nicht ohne Weiteres nachvollziehbar. Es war daher auch nicht zulässig, den entsprechenden Tatvorwurf ohne entsprechende gutächtliche Ergänzung einer Entscheidung zu Grunde zu legen.
Da der Sachverhalt somit in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 14. Juni 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005020026.X00Im RIS seit
07.07.2005