TE OGH 1985/3/27 3Ob12/85

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.03.1985
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Rudolf A und 2) Theresia A, beide Landwirte, 2115 Ernstbrunn, Ziegelofengasse 2, beide vertreten durch Dr. Richard Schwach, Rechtsanwalt in Korneuburg, wider die beklagte Partei Elisabeth B, Pensionistin, 1050 Wien, Wiedner Hauptstraße 85/2/10, vertreten durch Dr. Robert Mack, Rechtsanwalt in Korneuburg, wegen Einwendungen gegen einen Räumungsanspruch infolge 'Revisionsrekurs', richtig Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Berufungsgerichtes vom 2. Oktober 1984, GZ 5 R 295/84-12, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Korneuburg vom 23. Juli 1984, GZ 2 C 85/84-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Soweit in der Revision die Kostenentscheidung der Vorinstanzen bekämpft wird, wird die Revision zurückgewiesen.

Im übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben. Das Urteil des Berufungsgerichtes wird mit der Maßgabe bestätigt, daß es hinsichtlich der Hauptsachenentscheidung zu lauten hat:

'Die mit Beschluß des Bezirksgerichtes Korneuburg vom 3. 1. 1984, C 276/78-12, auf Grund des gerichtlichen Vergleiches des Bezirksgerichtes Korneuburg vom 28. 9. 1978, C 276/78-9, bewilligte Exekution auf zwangsweise Räumung des Grundstückes Nr. 2340 der KG Ernstbrunn ist unzulässig.' Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien binnen 14 Tagen die mit 2.404,45 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 196,77 S Umsatzsteuer und 240 S Barauslagen) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Zu C 276/78 des Erstgerichtes hatte die jetzige beklagte Partei als Klägerin vom jetzigen Erstkläger als Beklagten die Räumung des Grundstückes Nr. 2340 Acker im Böhmfeld, KG Ernstbrunn, mit der Begründung begehrt, der hinsichtlich dieses Grundstückes abgeschlossene Pachtvertrag sei zum 30. November 1976 aufgelöst worden und der Pächter weigere sich zu räumen. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 28. September 1978

schlossen die Parteien dieses Rechtsstreites sowie die dem Vergleich beitretende jetzige Zweitklägerin einen gerichtlichen Vergleich, wonach die jetzige Beklagte als Verpächterin und die jetzigen Kläger als Pächter hinsichtlich des Grundstückes Nr. 2340 einen mit dem 30. November 1983

befristeten (neuen) Pachtvertrag abschließen (Punkt 1), wobei dieser Pachtvertrag unter der aufschiebenden Bedingung geschlossen werde, daß der jetzige Erstkläger der jetzigen Beklagten bis zum 31. Oktober 1978 33.000 S an verglichenem rückständigen und vereinbarten neuen Bestandzins bis 30. November 1983 überweise (Punkt 2) und wonach sich die jetzigen Kläger für den Fall der Nichtüberweisung dieses Betrages zur Räumung der Liegenschaft bis 10. November 1978 verpflichten (Punkt 3 des Vergleiches).

Am 3. Jänner 1984 gab die jetzige Beklagte als betreibende Partei beim Erstgericht einen Antrag auf Bewilligung der zwangsweisen Räumung zu Protokoll, in dem sie nicht darauf hinwies, ob sie die Räumung wegen Nichtzahlung des Betrages von 33.000 S oder wegen Ablaufes der vereinbarten Pachtdauer begehre. Ohne diese Unklarheit zu beseitigen, bewilligte das Erstgericht die zwangsweise Räumung. Ein von den verpflichteten Parteien gegen diesen Beschluß erhobener Rekurs wurde zurückgezogen (Amtsvermerk S 35 des Titelaktes). Mit der vorliegenden Klage begehrten die Kläger das Urteil, der Anspruch der beklagten Partei aus dem gerichtlichen Vergleich vom 28. September 1978

auf Räumung des Grundstückes Nr. 2340 sei erloschen. Die Kläger machten geltend, daß die zwangsweise Räumung offenbar gemäß Punkt 3 des Vergleiches bewilligt worden sei. Die Kläger hätten aber den im Vergleich vereinbarten Betrag von 33.000 S fristgerecht bezahlt, so daß der Räumungsanspruch gemäß Punkt 3 des Vergleiches erloschen sei.

Daß die Kläger die Verpflichtung gemäß Punkt 2 des Vergleiches (Zahlung des Betrages von 33.000 S) fristgerecht erfüllt haben, ist außer Streit.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage und wendete ein, sie habe die gegenständliche Exekution gemäß Punkt 1 des Vergleiches beantragt. Eine Exekutionsführung gemäß Punkt 3 des Vergleiches sei nie beantragt worden, zumal hier der Räumungsanspruch längst verfristet gewesen wäre. Punkt 1 habe zwar möglicherweise keinen Exekutionstitel dargestellt, diesen Umstand könnten die Kläger aber nicht mit Klage nach § 35 EO geltend machen. Das Erstgericht wies die Klage ab.

Es war der Auffassung, daß Punkt 1 des Vergleiches keinen Exekutionstitel darstelle. Gemäß Punkt 3 des Vergleiches habe nicht mehr Exekution geführt werden können, weil der Exekutionstitel diesbezüglich gemäß § 575 ZPO außer Kraft getreten sei. Dieser Umstand könne aber nicht mit Oppositionsklage geltend gemacht werden, sondern höchstens Gegenstand eines Einstellungsantrages nach § 39 EO sein.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß der Klage stattgegeben wurde.

Das Berufungsgericht billigte die Ansicht, daß Punkt 1 des Vergleiches keinen tauglichen Exekutionstitel beinhalte. Daraus ergebe sich aber, daß sich der Exekutionsantrag vernünftigerweise nur auf Punkt 3 des Vergleiches gestützt haben konnte, denn es könne keinesfalls unterstellt werden, daß das Exekutionsgericht die zwangsweise Räumung gesetzwidrig, ohne Vorhandensein eines Exekutionstitels, bewilligt habe. Die Behauptung der beklagten Partei, sie habe die Exekution gemäß Punkt 1 des Vergleiches beantragt, sei nicht aktenkundig und könne daher nicht zu Grunde gelegt werden. Das Klagebegehren habe sich daher richtigerweise gegen den im Punkt 3 des Vergleiches vereinbarten Exekutionstitel zu richten. Nun sei zwar richtig, daß die Oppositionsklage nicht dazu bestimmt sei, die Gültigkeit des Exekutionstitels anzufechten. Die Kläger machten aber das Erlöschen des Räumungsanspruches wegen Bezahlung des im Punkt 2 des Vergleiches vereinbarten Betrages geltend, was jedenfalls zulässig sei. Daß der Exekutionstitel nur mehr formell gültig gewesen sei, die materielle Gültigkeit aber gemäß § 575 ZPO gefehlt habe, stehe der Klageführung nach § 35 EO nicht entgegen. Daß das Unwirksamwerden eines Exekutionstitels allenfalls auch mit einer Klage gemäß § 36 EO durchgesetzt werden könne, schade gleichfalls nicht, weil die Klage nach § 35 EO ein anderes Rechtsschutzziel habe als die Klage nach § 36 EO. Gleiches gelte für die allenfalls mögliche Klage nach § 39 EO. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteige und die Revision deshalb zulässig sei, weil zum strittigen Problem keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die als Revisionsrekurs bezeichnete Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne einer Wiederherstellung des Urteiles des Erstgerichtes abzuändern. Hilfsweise bekämpft die beklagte Partei auch die Kostenentscheidung der Vorinstanzen.

Die klagenden Parteien beantragten, der Revision keine Folge zu geben.

Soweit die Revision die Kostenentscheidung der Vorinstanzen bekämpft, ist sie gemäß § 528 Abs 1 Z 2 ZPO unzulässig. Im übrigen ist die Zulässigkeit der Revision gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zu bejahen, weil es zur Frage, welche Klage nach Unterlassung des Rekurses gegen eine Räumungsexekution möglich ist, die sich auf einen Exekutionstitel stützt, der entweder keine Räumungsverpflichtung enthält (wenn man Punkt 1 des Vergleiches heranzieht), oder der allenfalls gemäß § 575 Abs 2 ZPO außer Kraft getreten ist, keine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gibt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aber nicht begründet.

Zutreffend haben beide Vorinstanzen erkannt, daß Punkt 1 des strittigen Vergleiches keine Räumungsverpflichtung enthält und daher auch keinen Exekutionstitel darstellte. Daß sich die Parteien und der Richter bei der Protokollierung dies vielleicht anders vorgestellt haben mögen und daß sich die beklagte Partei bei Stellung ihres Exekutionsantrages eigentlich auf Punkt 1 des Vergleiches stützen wollte und vielleicht auch das Erstgericht bei Bewilligung der Exekution davon ausging, ist nicht maßgebend, sondern entscheidend ist nur der wirkliche Inhalt des Vergleiches und des Exekutionsantrages.

Damit konnte sich die Exekution nur auf Punkt 3 des Vergleiches beziehen, welche Bestimmung eine Räumungsverpflichtung enthielt. Diese war allerdings nur für einen ganz bestimmten Fall vereinbart, nämlich für den Fall, als nicht ein bestimmter Betrag in einer bestimmten Frist bezahlt wurde. Die Räumungsverpflichtung war damit von einer verneinenden aufschiebenden Bedingung abhängig. Der Eintritt einer solchen Bedingung mußte gemäß § 7 Abs 2 EO mittels öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde bewiesen werden. Ohne solchen Beweis hätte die Exekution nicht bewilligt werden dürfen und die Kläger hätten daher an sich mit einem Rekurs gegen die ohne einen solchen Beweis erteilte Exekutionsbewilligung durchdringen können. Den Klägern stand aber hier (trotz Unterlassung bzw. Zurückziehung des Rekurses) auch die Klage nach § 36 Abs 1 Z 1 EO zu (vgl. SZ 7/337, SZ 11/217, EvBl 1957/209).

Gegenstand einer solchen Klage ist unter anderem, daß der Verpflichtete bestreitet, es seien die für die Fälligkeit oder Vollstreckbarkeit des Anspruches maßgebenden Tatsachen im Sinne des § 7 Abs 2 EO eingetreten.

Gerade bei einer verneinenden aufschiebenden Bedingung ist aber der von der betreibenden Partei geforderte Beweis ihres Eintrittes sehr problematisch (vgl. dazu Heller-Berger-Stix 200, 201). Der verpflichteten Partei ist daher in einem solchen Fall, auch wenn ein Rekurs möglich wäre, das genannte Klagerecht zuzubilligen. Verfehlt ist freilich die Auffassung, wie sie in der Klage und auch in der Entscheidung des Berufungsgerichtes anklingt, es sei eine Klage nach § 35 EO möglich. Diese Klage kommt nur in Frage, wenn der Bestand der vollstreckbaren Forderung an den Nichteintritt einer auflösenden Bedingung geknüpft wurde (SZ 51/125 ua.). Hier aber geht es nicht darum, daß der Anspruch, zu dessen Gunsten Exekution bewilligt wurde, durch nach Entstehung des Exekutionstitels eingetretene Umstände aufgehoben wurde, sondern der Anspruch sollte überhaupt erst entstehen, wenn die im Punkt 2 des Vergleiches vereinbarte Zahlung nicht rechtzeitig vorgenommen würde. Eine Umdeutung der verneinenden aufschiebenden Bedingung in eine auflösende Bedingung kommt nach der Sachlage im vorliegenden Fall nicht in Betracht (vgl. die Beispiele bei Heller-Berger-Stix 200, 201).

Wenn nun auch die Kläger ihr Begehren an sich im Sinne einer Klage nach § 35 EO formuliert haben, so läßt sich doch nicht sagen, daß sie sich geradezu auf eine Oppositionsklage festgelegt hätten. Vielmehr ist in Würdigung des gesamten Inhaltes ihrer Klage davon auszugehen, daß sie gegen die anhängige Räumungsexekution die Einwendung erhoben, sie sei unzulässig, weil sie die in Punkt 2 des Vergleiches genannte Bedingung erfüllt hätten, weshalb der 'Räumungsanspruch der beklagten Partei aus dem genannten Vergleich', also der Vollstreckungsanspruch, nicht etwa der materielle Anspruch an sich, nach Ablauf der Bestandzeit zur Räumung verpflichtet zu sein, erloschen sei. Die Klage ist daher zwanglos als Impugnationsklage aufzufassen.

Die beiden Vorinstanzen haben zwar gleichfalls zum Ausdruck gebracht, daß sie von einer Oppositionsklage ausgehen, leiten dies aber jeweils immer davon ab, daß es eben einen Oppositionsgrund darstelle, wenn die in Punkt 3 des Vergleiches enthaltene Räumungsverpflichtung wegen Erfüllung der in Punkt 2 des Vergleiches genannten Bedingung nicht wirksam sei, was nach richtiger Auffassung (siehe oben) ein Impugnationstatbestand ist. Der Unterschied in den Ansichten der ersten und zweiten Instanz liegt ja nur darin, daß das Erstgericht diesen vermeintlichen Oppositionstatbestand (der aber richtig ein Impugnationstatbestand ist) wegen der Bestimmung des § 575 ZPO nicht für gegeben erachtete, während das Berufungsgericht darin kein Hindernis erblickte. Trotz des von den Klägern und beiden Instanzen benützten Klagebegehrens nach § 35 EO war dieses daher auf Grund des wirklich geltendgemachten Klagsgrundes in ein Klagebegehren nach § 36 EO umzudeuten und richtigzustellen.

Zu prüfen bleibt in diesem Sinne, ob die Klage nach § 36 EO deshalb unzulässig war, weil den Klägern gegen die von ihnen bekämpfte Exekutionsbewilligung außer dem Rekurs auch ein Einstellungsantrag wegen Außerkrafttreten des Exekutionstitels gemäß § 575 Abs 2 ZPO offengestanden hätte. Hier ist aber festzuhalten, daß die Anwendung dieser Bestimmung im Fall einer titellosen Benützung nicht Platz greift (MietSlg 18.706 ua.) und man nach den Klagsbehauptungen zu C 276/78 durchaus von einer solchen titellosen Benützung ausgehen konnte, zumal ja auch im Vergleich erst ein neues Pachtverhältnis begründet werden sollte (Punkt 1 des Vergleiches). Den klagenden Parteien kann daher ein Rechtsschutzinteresse an der Einbringung der ansonsten jedenfalls zulässigen Impugnationsklage nicht abgesprochen werden.

Der Revision war daher keine Folge zu geben und im Sinne des oben Gesagten das Urteil des Berufungsgerichtes mit der Maßgabe zu bestätigen, daß es auf Unzulässigerklärung der bekämpften Exekution zu lauten hat.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 50, 41 ZPO.

Anmerkung

E05460

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0030OB00012.85.0327.000

Dokumentnummer

JJT_19850327_OGH0002_0030OB00012_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten