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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §245 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2002/13/0220Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Keidel LL.M., über die Beschwerde des AJ, vertreten durch Mag. Rudolf Siart, Wirtschaftsprüfer in 1160 Wien, Enenkelstraße 26, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 19. September 2002, Zl. RV/184 - 10/02, betreffend 1. Aufhebung einer Berufungsvorentscheidung betreffend Stattgebung der Berufung gegen die Zurückweisung eines Vorlageantrages gemäß § 299 BAO (hg. Zl. 2002/13/0209), und 2. Zurückweisung eines Vorlageantrages (hg. Zl. 2002/13/0220), zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 10. September 2001 wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 9 und 80 BAO zur Haftung für Körperschaftsteuer und Nebengebühren einer GesmbH in Höhe von rund 68.000 EUR herangezogen. Die dagegen erhobene Berufung wies das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung vom 19. Oktober 2001, welche dem Beschwerdeführer am 24. Oktober 2001 zugestellt wurde, als unbegründet ab.
Der Beschwerdeführer beantragte mit Schriftsatz vom 8. November 2001 die Verlängerung der Frist zur Einbringung eines Antrages auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz bis 15. Dezember 2001. Mit einem weiteren Schriftsatz vom 10. Dezember 2001 beantragte er die Verlängerung der Frist zur Einbringung des Vorlageantrages bis 31. Jänner 2002 und mit Schriftsatz vom 31. Jänner 2002 schließlich eine Fristverlängerung bis 31. März 2002.
Das Finanzamt wies mit Bescheid vom 7. Februar 2002, welcher dem Beschwerdeführer am 12. Februar 2002 zugestellt wurde, das Ansuchen vom 10. Dezember 2001 mit der Begründung ab, "der beantragte Termin (31.1.2002)" sei bereits überschritten.
Mit Schriftsatz vom 21. Februar 2002 beantragte der Beschwerdeführer schließlich die Entscheidung über die Berufung gegen die Inanspruchnahme zur Haftung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Das Finanzamt wies diesen Vorlageantrag mit Bescheid vom 15. März 2002 zurück, wogegen der Beschwerdeführer mit der Begründung berief, er habe am 8. November 2001, daher noch innerhalb der Monatsfrist, einen bisher unberücksichtigt gebliebenen Antrag auf Verlängerung der Frist zur Einbringung des Vorlageantrages bis 15. Dezember 2001 eingebracht und mit einem weiteren Ansuchen eine Fristverlängerung bis 31. März 2002 beantragt.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 5. Juni 2002 gab das Finanzamt dieser Berufung statt und hob seinen Bescheid vom 15. März 2002 über die Zurückweisung des am 21. Februar 2002 eingebrachten Vorlageantrages auf.
Die belangte Behörde hob mit dem erstangefochtenen Bescheid die Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes vom 5. Juni 2002 gemäß § 299 Abs. 2 BAO auf. Der Antrag vom 8. November 2001 habe zwar eine Hemmung der Frist zur Einbringung des Vorlageantrages bewirkt. Mit dem am 12. Februar 2002 zugestellten Bescheid vom 7. Februar 2002 sei das Ansuchen vom 10. Dezember 2001 um Fristverlängerung bis 31. Jänner 2002 abgewiesen worden, weshalb die Hemmung des Fristenlaufes am 31. Jänner 2002 geendet habe. Gemäß § 245 Abs. 4 BAO habe die Hemmung nicht dazu führen können, dass die Berufungsfrist erst nach dem Zeitpunkt, bis zu dem letztmals ihre Verlängerung beantragt worden sei, ablaufe. Daran könne auch das am 31. Jänner 2002 eingebrachte weitere Fristverlängerungsansuchen nichts ändern, weil die Hemmung des Fristenlaufes auch dann mit der Zustellung des abweisenden Bescheides ende, wenn vor der Zustellung der die Verlängerung der Berufungs(Vorlage)frist ablehnenden Entscheidung ein weiteres Ansuchen um Fristverlängerung eingebracht wurde, weil nach der Erlassung einer eine Fristverlängerung abweisenden Entscheidung eine neuerliche Entscheidung in dieser Sache unzulässig sei. Der am 21. Februar 2002 nach "Ablauf der Vorlagefrist (31. Jänner 2002)" eingebrachte Vorlageantrag sei deshalb verspätet gewesen. Der Bescheid des Finanzamtes vom 15. März 2002 habe den Vorlageantrag zu Recht zurückgewiesen, weshalb sich dessen Aufhebung durch die Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes vom 5. Juni 2002 als rechtswidrig erwiesen habe.
Mit dem zweitangefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde über die nach Aufhebung der stattgebenden Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes betreffend die Zurückweisung des Vorlageantrages über die damit wieder unerledigte Berufung gegen die Zurückweisung des Vorlageantrages und wies diese Berufung ab. Da der Vorlageantrag nach dem oben Ausgeführten verspätet eingebracht worden sei, sei die Berufung gegen dessen Zurückweisung als unbegründet abzuweisen gewesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Berufungsfrist einen Monat. Die Berufungsfrist kann nach § 245 Abs. 3 leg. cit. aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, verlängert werden. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf der Berufungsfrist gehemmt. Die Hemmung des Fristenlaufes beginnt nach § 245 Abs. 4 leg. cit. mit dem Tag der Einbringung des Antrages auf Fristverlängerung und endet mit dem Tag, an dem die Entscheidung über den Antrag dem Antragsteller zugestellt wird. Die Hemmung kann jedoch nicht dazu führen, dass die Berufungsfrist erst nach dem Zeitpunkt abläuft, bis zu dem letztmals ihre Verlängerung beantragt wurde.
Gemäß § 276 Abs. 1 BAO in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Änderung durch das AbgRmRefG, BGBl. I Nr. 97/2002, kann gegen eine Berufungsvorentscheidung innerhalb eines Monats der Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt werden, wobei § 245 Abs. 3 und 4 sinngemäß anzuwenden ist.
Durch den Antrag des Beschwerdeführers vom 8. November 2001 wurde die Frist für einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz (Vorlageantrag) unstrittig gehemmt.
Mit der Zustellung des Bescheides des Finanzamtes vom 7. Februar 2002 am 12. Februar 2002, womit das Finanzamt ein weiteres Fristverlängerungsansuchen des Beschwerdeführers abgewiesen hatte, hat die Hemmung geendet.
Strittig ist im Beschwerdefall, wann die Frist für den Vorlageantrag geendet hat, ob diese Frist nämlich nach dem Ende der Hemmung mit 12. Februar 2002 weiter gelaufen ist oder ob sie nicht nach dem Zeitpunkt (31. Jänner 2002) hat ablaufen können, bis zu dem ihre Verlängerung mit dem abgewiesenen Antrag beantragt worden war.
Dass das Finanzamt mit Bescheid vom 7. Februar 2002 das Fristverlängerungsansuchen abgewiesen hat, bedeutete das Ende der Hemmung des Fristenlaufes, woran das Fristverlängerungsansuchen vom 31. Jänner 2002 nichts ändern konnte (vgl. das von der belangten Behörde zutreffend herangezogene hg. Erkenntnis vom 4. September 1992, 92/13/0062).
§ 245 Abs. 4 letzter Satz BAO bezieht sich seinem klaren Wortlaut zufolge auf den Zeitpunkt, bis zu dem letztmals die Verlängerung der Frist für eine Berufung oder einen Vorlageantrag beantragt wurde. "Letztmals" war im Beschwerdefall im Zeitpunkt der Abweisung der Fristverlängerung auf Grund des Ansuchens vom 31. Jänner 2002 eine Fristverlängerung bis 31. März 2002 beantragt. Damit lag der in § 245 Abs. 4 letzter Satz BAO angesprochene Zeitpunkt jedoch nach dem 12. Februar 2002, weshalb sich diese Bestimmung im Beschwerdefall nicht auswirkte.
Die Frist für den Vorlageantrag begann sohin im Beschwerdefall mit der Zustellung der Berufungsvorentscheidung am 24. Oktober 2001 zu laufen, wurde mit der Einbringung des Fristverlängerungsansuchens vom 8. November 2001 gehemmt, lief mit dem Ende der Hemmung durch die Zustellung des die Fristverlängerung abweisenden Bescheides am 12. Februar 2002 ab diesem Tage weiter und war zum Zeitpunkt des Vorlageantrages vom 21. Februar 2002 (welcher nach der Aktenlage am nächsten Tag zur Post gegeben worden war) noch offen.
Da somit der Vorlageantrag rechtzeitig war und eine Rechtswidrigkeit der die Zurückweisung des Vorlageantrages aufhebenden Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes vom 5. Juni 2002 nicht erkennbar ist, erweist sich die Aufhebung dieser Berufungsvorentscheidung durch den erstangefochtenen Bescheid als rechtswidrig. Der erstangefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Damit erweist sich auch der zweitangefochtene Bescheid als rechtswidrig, weshalb auch dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 15. Juni 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2002130209.X00Im RIS seit
20.07.2005