TE OGH 1985/3/27 3Ob503/85

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Veröffentlicht am 27.03.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A B AG, Filiale Bregenz, 6900 Bregenz, Kornmarktplatz, vertreten durch Dr. Walter Derganz, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die beklagten Parteien 1) Michael C, Lehrer, 6911 Lochau, Grünegger 5 und 2) Alfred D, Metzger, 6850 Dornbirn, Kehlerstraße 32, dieser vertreten durch Dr. Hein Klocker, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen S 1,560.000,-- samt Anhang, infolge Revision der klagenden und zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 25. September 1985, GZ. 2 R 118/84-39, womit infolge Berufung der zweitbeklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 29. Februar 1984, GZ. 5 Cg 2993/83-32, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Den beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, dem Zweitbeklagten binnen 14 Tagen die mit S 7.385,40 bestimmten Kosten seiner Revisionsbeantwortung (darin S 641,40 Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Der Zweitbeklagte ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 17.790,87 bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung (darin S 1.399,17 Umsatzsteuer und S 2.400,-- Barauslagen) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei gewährte dem Erstbeklagten mit Kreditvertrag vom 24. Juni 1980 einen Kredit von S 1,3 Millionen. Der Zweitbeklagte verpfändete zur Sicherstellung dieses Kredites bis zum Höchstbetrag von S 1,560.000,-- mit Pfandbestellungsurkunde vom 16./22. Juli 1980 seine Liegenschaft EZ 1350

Katastralgemeinde Dornbirn. Um die Zuhaltung dieses Verpfändungsvertrages zu vereiteln, schenkte er die Liegenschaft mit Notariatsakt vom 1. Juni 1981

seiner Ehefrau. Die klagende Partei hatte dem Erstbeklagten den Kreditbetrag von S 1,3 Millionen zugezählt und schuldet der Erstbeklagte der klagenden Partei aus diesem Kreditverhältnis derzeit mehr als S 1,560.000,--. Beim Erstbeklagten ist dieser Betrag wegen seiner Zahlungsunfähigkeit uneinbringlich. Der Erstbeklagte ist bisher am Verfahren nicht beteiligt. Vom Zweitbeklagten begehrte die klagende Partei aus dem Titel des Schadenersatzes S 1,560.000,-- samt 13,25 % Zinsen vom 3. Februar 1982 bis 31. März 1982, 12,5 % Zinsen vom 1. April 1982 bis 14. September 1982, 12 %

Zinsen vom 15. September 1982 bis 31. Dezember 1982, 11,25 % Zinsen vom 1. Jänner 1983 bis 31. März 1983, 10,75 % Zinsen vom 1. April 1983 bis 31. Mai 1983 und 10,25 % Zinsen seit 1. Juni 1983 (endgültiges Klagebegehren S 207 f).

Daß der Zweitbeklagte dem Grunde nach schadenersatzpflichtig ist, wurde schon im ersten Rechtsgang klargestellt. Das der Klage stattgebende Urteil des Erstgerichtes im ersten Rechtsgang wurde nämlich gemäß der Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofes nur mehr zum Zwecke der Klärung 1.) des Wertes der Liegenschaft EZ 1350 Katastralgemeinde Dornbirn, weil dieser Wert die Obergrenze der Haftung des Zweitbeklagten darstelle, und 2.) der Berechtigung des Zinsenbegehrens aufgehoben (siehe den Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 25. Mai 1983, 3 Ob 526/83).

Im zweiten Rechtsgang brachte die klagende Partei zu diesen zwei Problemkreisen vor, der Wert der Liegenschaft betrage S 2,1 Millionen, zumindest ein Erlös von S 1,560.000,-- hätte sich aber bei einer Versteigerung schon deshalb ergeben, weil die klagende Partei notfalls die Liegenschaft um diesen Betrag selbst erstanden hätte.

Der Zweitbeklagte hielt an seinem Antrag auf Klagsabweisung fest und wendete ein, die Liegenschaft sei nur als landwirtschaftlicher Grund zu bewerten und erreiche daher bei weitem nicht den Wert des Klagsbetrages. Durch einen Ankauf der Liegenschaft durch die klagende Partei würde dieser Wert nicht erhöht. Zum Grunde des Anspruchs brachte der Zweitbeklagte noch vor, daß er sich nunmehr ausdrücklich auch auf die Bestimmungen des KonsumentenschutzG stütze, wonach für die klagende Partei eine besondere Sorgfaltspflicht bestehe, die entgegen den Ergebnissen im ersten Rechtsgang doch den Schluß rechtfertige, daß die klagende Partei für ihren Schaden selbst aufkommen müsse, da sie ihre Aufklärungspflicht gegenüber dem Zweitbeklagten bezüglich der ihm drohenden Gefahren verletzt habe.

Das Erstgericht gab der Klage im zweiten Rechtsgang mit dem Betrag von S 1,380.000,-- samt der von der klagenden Partei im geänderten Klagebegehren verlangten Staffelzinsen statt und wies das Mehrbegehren von S 180.000,-- samt Anhang ab.

Zum Wert der Liegenschaft traf das Erstgericht im wesentlichen folgende Tatsachenfeststellungen:

Unter Berücksichtigung von Lasten, die dem vorgesehenen Pfandrecht der klagenden Partei vorausgegangen wären, betrug der Wert der Liegenschaft S 1,380.000,--.

Bei diesem Gesamtwert wurde davon ausgegangen, daß die zum Gutsbestand der EZ 1350 gehörenden Grundstücke Gp 15.217/2 und Bp 1549 im Flächenwidmungsplan als Bauland ausgewiesen sind und daher einen Wert von S 400,-- pro Quadratmeter haben, was bei einer Fläche von zusammen 1.184 m 2 den Betrag von S 473.600,-- ergibt (diesen Wert nennt das Erstgericht in seinen Feststellungen nicht ausdrücklich, er ergibt sich aber als festgestellt deshalb, weil sich das Erstgericht diesbezüglich auf die Berechnungen des Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten ON 24 S 163 d.A. beziehungsweise seine mündlichen Erläuterungen ON 30 S 194 bis 198 d. A. beruft).

Würde man davon ausgehen, daß diese beiden Grundstücke als landwirtschaftlicher Grund zu bewerten seien, würde sich insgesamt ein um S 400.000,-- niedrigerer Wert ergeben.

Ein Landwirt kann auf diesen beiden Grundstücken ohne weiteres bauen und erhält hiezu auch die Baubewilligung. Die Fläche der beiden Grundstücke ist zwar zu klein, um für einen Landwirt eine Existenz sichern zu können, wohl aber würde sie für einen Nebenerwerbslandwirt ausreichen. Der einmal vorgesehene Erwerb der Bauparzelle 1549 durch Käufer, die dort ein Ferien- und Wochenendhaus errichten wollten, wurde seitens der Grundverkehrsbehörde mit der Begründung nicht genehmigt, das Grundstück würde dadurch der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen. Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß der Klage nur mit S 1,143.200 samt Anhang stattgegeben wurde und ein Mehrbegehren von insgesamt S 416.800,-- samt Anhang abgewiesen wurde.

Das Berufungsgericht führte eine teilweise Beweiswiederholung zur Frage durch, ob und inwieweit der Wert der genannten Grundstücke dadurch beeinträchtigt wird, daß eine Baugenehmigung und eine eingeschränkte Bauführung nur für einen Landwirt in Betracht kommt. Auf Grund der Ausführungen des im Berufungsverfahren ergänzend vernommenen Sachverständigen gelangte das Berufungsgericht zu der abweichenden Tatsachenfeststellung, daß der Wert der beiden Grundstücke Gp 15.217/2 und Bp 1.549 nur S 200,-- pro Quadratmeter betrage, also insgesamt S 236.800,--, was einen Gesamtwert der Liegenschaft von nur S 1,143.200,-- ergibt. Diese Feststellung werde auf das ergänzende Gutachten des Sachverständigen gestützt, welches frei von Widersprüchen sei, keinen Verstoß gegen Denkgesetze erkennen lasse und den gesamten Verhandlungsstoff berücksichtige, weshalb es ohne Bedenken den Feststellungen zu Grunde gelegt werden könne.

Hinsichtlich des Zinsenbegehrens, über deren Höhe kein Streit mehr herrscht, trat das Berufungsgericht der Auffassung des Erstgerichtes bei, daß der Zweitbeklagte seit Klagszustellung (3. Februar 1982, nicht 1983, wie es im Berufungsurteil S 12 auf Grund eines offenbaren Schreibfehlers heißt) im Verzuge sei und daß ihn ein grobes Verschulden am Verzug treffe, weil er den eingangs erwähnten Notariatsakt nur abgeschlossen habe, um zu verhindern, daß die klagende Partei auf die Liegenschaft auf Grund der Pfandbestellungsurkunde greifen könne, so daß der klagenden Partei auch der Ersatz des entgangenen Gewinnes zustehe.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wenden sich die Revisionen der klagenden Partei und des Zweitbeklagten.

Die klagende Partei macht als Revisionsgrund Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und stellt den Antrag, das Urteil der zweiten Instanz im Sinne einer Wiederherstellung des Urteiles des Erstgerichtes abzuändern oder es aufzuheben.

Der Zweitbeklagte bekämpft das Urteil der zweiten Instanz nur wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und beantragt, es im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung abzuändern.

Beide Teile beantragen in ihren Revisionsbeantwortungen wechselseitig, der Revision der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Den beiden Revisionen kommt keine Berechtigung zu.

1.) Revision der klagenden Partei:

a) Zum Revisionsgrund nach § 503 Abs 1 Z 3 ZPO:

Eine Aktenwidrigkeit erblickt die klagende Partei darin, daß das Berufungsgericht davon ausgeht, auf den strittigen Grundstücken könne nur ein Landwirt bauen, was von den Feststellungen des Erstgerichtes abweiche und aus dem ergänzenden Sachverständigengutachten nicht ableitbar sei.

Wenn man vom reinen Wortlaut der Feststellungen des Erstgerichtes ausgeht, dann hat dieses tatsächlich nur festgestellt, daß ein Landwirt bauen könne, ohne auszuführen, daß dies nur durch einen Landwirt möglich sei (S 6 des Ersturteils). Berücksichtigt man aber auch die Ausführungen des Erstgerichtes zur Beweiswürdigung, so zeigt sich, daß schon das Erstgericht feststellen wollte, es könne nur ein Landwirt (gemeint eigentlich, siehe dazu noch später, jemand, der die Grundstücke einer landwirtschaftlichen Nutzung zuführe) bauen (gemeint eigentlich, siehe ebenfalls später, sie erwerben), weil einer anderen Person die zum Erwerb erforderliche Genehmigung der Grundverkehrsbehörde versagt würde. Und das Berufungsgericht wollte offenbar diese so zu verstehende Tatsachenfeststellung des Erstgerichtes übernehmen; denn ändern wollte das Berufungsgericht ja nur den Wertansatz, nicht aber die Feststellung des Erstgerichtes, daß die Grundstücke (entgegen dem Standpunkt des Zweitbeklagten) grundsätzlich Bauland darstellen, daß aber nur eine Bebauung in Betracht komme, durch welche die landwirtschaftliche Nutzung sichergestellt werde. Der Satz, die abweichenden Feststellungen stützten sich auf das vom Sachverständigen in der Berufungsverhandlung ergänzte Gutachten, kann sich daher nur auf den Wertansatz selbst, nicht auf die Art der Verbauungsfähigkeit beziehen.

Es ist daher an sich zwar richtig, daß aus den ergänzenden Angaben des Sachverständigen im Berufungsverfahren nicht unmittelbar ableiten läßt, daß nur ein Landwirt bauen könne, aber diese Tatsachenfeststellung sollte nicht auf die ergänzenden Angaben des Sachverständigen gestützt werden, sondern hier sollte die Feststellung des Erstgerichtes übernommen werden, die sich aber immerhin auch auf das in erster Instanz erstattete Gutachten des Sachverständigen stützen konnte, wonach dem Sachverständigen von den maßgeblichen Herren des Stadtbauamtes Dornbirn die Auskunft erteilt worden war, daß ein Landwirt bauen könne, was in Verbindung mit der Begründung des in Sache Edith E ergangenen (ablehenden) Bescheides der Grundverkehrs-Landeskommission für Vorarlberg (Beilage 3) den Schluß ergab, daß zwar ein Landwirt bauen könne, nicht aber jemand, der die Grundstücke der landwirtschaftlichen Nutzung entziehen würde.

Die geltend gemachte Aktenwidrigkeit liegt damit nicht vor.

b) Zum Revisionsgrund nach § 503 Abs 1 Z 2 ZPO:

Als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens beanständet die klagende Partei einerseits, daß keine Feststellungen zu der Frage getroffen worden seien, daß die klagende Partei die Liegenschaft im Falle einer Versteigerung um den Klagsbetrag erstanden hätte, worauf aber erst bei Behandlung der Rechtsrüge zurückzukommen ist, weil die Frage, ob diese Feststellung erheblich ist oder nicht, eine Frage der rechtlichen Beurteilung ist (EFSlg. 34.501 u. v.a.).

Weiters rügt die klagende Partei, daß das Berufungsgericht zum Wert der beiden Grundstücke nur den Sachverständigen ergänzend vernahm, nicht aber die übrigen in erster Instanz dazu aufgenommenen Beweise wiederholte.

Dieser Vorwurf trifft auf den ersten Blick an sich zu, denn das Erstgericht hat zur Frage des Wertes der strittigen Grundstücke auch den Zeugen Ing. Ulrich F vernommen (S. 192 ff. d.A.) und dessen Privatgutachten verlesen (Beilage L), während sich das Berufungsgericht mit der ergänzenden Vernehmung des Sachverständigen begnügte. Und zutreffend verweist die Revision der klagenden Partei darauf, daß das Berufungsgericht dann, wenn es in einem bestimmten Punkt von den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes abgehen will, alle dazu vom Erstgericht aufgenommenen Beweise wiederholen muß (Fasching, Kommentar IV 308, Handbuch RZ 679 und 1808, Entscheidungen wie EvBl 1952/378, EvBl 1974/72).

In Wahrheit hat aber das Berufungsgericht auch bei der Bewertung der beiden strittigen Grundstücke keine abweichenden, sondern nur ergänzende Feststellungen getroffen. Der vom Sachverständigen und vom Zeugen F praktisch gleich hoch angesetzte Verkehrswert für Bauland (generell im gegenständlichen Bereich), nämlich etwa S 400,-

- pro Quadratmeter, sollte unangetastet bleiben. Es sollte, was das Berufungsgericht schon durch seinen Beweisbeschluß mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht hat, nur die vom Erstgericht, vom Sachverständigen und vom Zeugen F in erster Instanz unbeanwortet gebliebene Frage gelöst werden, inwieweit eine 'Beeinträchtigung' des 'normalen' Baulandwertes eintritt, wenn feststeht, daß bei einem Verkauf nur ein 'beschränkter Personenkreis' als Käufer in Frage kommt.

Damit ist aber das Berufungsgericht nicht von einer ganz bestimmten Tatsachenfeststellung des Erstgerichtes abgewichen, sondern es hat nur die Tatsachenfeststellungen vervollständigt. Ob sich aber das Berufungsgericht bei der somit in Wirklichkeit vorliegenden Feststellung eines ergänzenden Tatumstandes nur eines Sachverständigen bediente oder ob es dazu weitere Beweise aufnahm, stellt dann eine im Revisionsverfahren nicht überprüfbare Frage der Beweiswürdigung dar, sofern nicht ein Verstoß gegen Denkgesetze oder die Außerachtlassung erheblichen Verfahrensstoffes erkennbar sind (EFSlg. 41.788 u.a.). Ein Verstoß gegen die Denkgesetze ist nicht ersichtlich;

denn an sich leuchtet es sehr ein, daß der Verkehrswert eines Grundstückes, das bei einem Verkauf nur von einem beschränkten Käuferkreis beziehungsweise nur zu einem bestimmten Verwendungszweck erworben werden kann, niedriger ist als der Verkehrswert eines Grundstückes, das jedermann zu jedem Zweck erwerben kann. Und von einer völligen Umgehung des Privatgutachtens Beilage L und der Zeugenaussage F in ON 30 kann letztlich auch nicht gesprochen werden, weil das Berufungsgericht diese Beweismittel immerhin dadurch in seine Beweiswürdigung einbezogen hat, daß es dem ergänzenden Gutachten des Sachverständigen unter anderem mit der Begründung folgte, der Sachverständige habe 'den gesamten Verhandlungsstoff' berücksichtigt (S 10 des Berufungsurteiles). Dazu kommt aber, daß ein Zeuge nur die Wahrnehmung von Tatsachen zu bekunden hat, aber nicht zu Bewertungsproblemen befragt werden darf, während der Sachverständige auf Grund seiner Sachkunde Erfahrungssätze liefert, daraus Schlüsse zieht oder mit deren Hilfe Tatsachen feststellt. Auch der sachverständige Zeuge unterscheidet sich vom gewÄhnlichen Zeugen nur durch seine besondere Sachkunde, die seine Bestellung zum Sachverständigen erlauben würde, aber nicht durch das Beweisthema. Er gibt an, was er ohne gerichtliche Bestellung zum Sachverständigen zufällig an streiterheblichen Tatsachen wahrnehmen konnte (Fasching, Handbuch, RZ 967 bis 969). Die Nichtwiederholung des vom Erstgericht daher ohnedies zu Unrecht auch zum Wert der Liegenschaft befragten Zeugen Ing. F kann daher auch aus diesem Grund keinen Verfahrensmangel darstellen.

c) Zum Revisionsgrund nach § 503 Abs 1 Z 4 ZPO:

Der von der klagenden Partei im Rahmen der Mängelrüge (siehe oben) geltend gemachte Feststellungsmangel liegt nicht vor. Es ist nämlich völlig unerheblich, ob die klagende Partei im Falle einer Versteigerung bereit wäre, mehr als den Verkehrswert zu bieten. Dadurch würde zwar ein höheres Meistbot erzielt, das Vermögen der klagenden Partei würde dadurch aber in keiner Weise vermehrt. Statt des von einem Dritten in Höhe des wirklichen Verkehrswertes erlegten Meistbotes, das einen Teil der Forderung der klagenden Partei unbefriedigt ließe, käme der klagenden Partei nämlich lediglich eine Liegenschaft zu, die ihrem Wert nach wiederum nur diesem niedrigeren wirklichen Verkehrswert entspräche, was keinen Gewinn darstellen könnte. Das Angebot der klagenden Partei ist daher nur insofern von Bedeutung, als dadurch sichergestellt ist, daß bei einer Versteigerung überhaupt der Verkehrswert erzielt wird; denn wenn die klagende Partei diesen bietet, steht ihr eben an Stelle des von einem Dritten bezahlten Meistbot dann die gleich wertvolle Liegenschaft zur Verfügung. Höher als der Verkehrswert kann aber der durch die vertragswidrigen Handlungen des Zweitbeklagten entstandene Schaden jedenfalls nicht sein.

Im weiteren führt die klagende Partei in der Rechtsrüge aus, es stelle eine Rechtsfrage dar, ob und wie auf Grund der in Vorarlberg bestehenden Verwaltungsvorschriften auf den strittigen Grundstücken gebaut werden könne oder nicht. Aus den einschlägigen Bestimmungen ergebe sich aber, daß die Feststellung, nur ein Landwirt könne bauen, unrichtig sei.

Dies trifft indes nicht zu. Gemäß § 1 Abs 1 lit. a des Vorarlberger Grundverkehrsgesetzes (LGBl. 1973/36 idF LGBl. 1974/34, 1975/26, 1977/18) unterliegen den Bestimmungen dieses Gesetzes Grundstücke, die dem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb gewidmet sind (Z 1) oder waren (Z 2) und land- oder forstwirtschaftlich nutzbar sind, worunter ohne weiteres auch verbauungsfähige Grundstücke fallen können. Umgekehrt wird im Vorarlberger Raumordnungsgesetz (LGBl. 1973/15) nur geklärt, wo gebaut werden darf und wo nicht, was wiederum mit der Genehmigungspflicht nach dem Vorarlberger Grundverkehrsgesetz nichts zu tun hat. Daher (es wurde oben schon in Klammern darauf hingewiesen) ist die wahre Sachlage die, daß der bisherige Eigentümer jede Art von Gebäuden errichten kann, ebenso zum Beispiel seine Kinder (worauf der Zeuge Ing. F S 193 d.A. richtig hinwies, weil diese gemäß § 4 lit. b Vorarlberger GVG von der Genehmigungspflicht ausgenommen sind), daß aber andererseits ein Erwerb der Grundstücke durch andere Personen nur möglich ist, wenn die weitere landwirtschaftliche Nutzung sichergestellt ist. Genau dies, mag dies auch rein sprachlich nicht immer mit der nötigen Präzession ausgedrückt worden sein, haben aber die beiden Vorinstanzen zu Grunde gelegt.

Und auch der Sachverständige ging in seinen ergänzenden Ausführungen in der Berufungsverhandlung offenbar von dieser Gesetzeslage aus. Die Frage aber, welcher Durchschnittswert einer bestimmten Liegenschaft bei einem Verkauf im Verkehr erzielt werden kann, stellt eine nicht revisible Tatfrage dar (ZVR 1976/259, NZ 1984, 132).

2.) Zur Revision des Zweitbeklagten:

Die Ausführungen des Zweitbeklagten zum Grund des Anspruches sind unbeachtlich.

Durch die Aufhebung des erstgerichtlichen Urteiles gemäß § 496 ZPO tritt zwar das Verfahren an sich in den Stand vor Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz zurück, so daß es den Parteien grundsätzlich nicht verwehrt ist, neue Tatsachen und Beweismittel vorzubringen. Eine Beschränkung besteht aber insoweit, als durch die aufhebende Instanz eine bestimmte Frage auf Grund des gegebenen Sachverhaltes bereits abschließend entschieden wurde. In diesem Fall kann die Beantwortung dieser Frage auch auf Grund neuer Tatsachen nicht mehr in Zweifel gezogen werden. In diesem Sinn abschließend erledigte Streitpunkte können daher nicht wieder neu aufgerollt werden (JBl 1983, 441 mit Anführung weiterer Judikatur, ebenso kürzlich 3 Ob 589/84). Zum Grund des Anspruches selbst und dem fehlenden Verschulden oder Mitverschulden der klagenden Partei konnte daher der Zweitbeklagte im zweiten Rechtsgang nichts mehr vorbringen, so daß auf seine diesbezüglichen Argumente in der Revision nicht einzugehen ist. Soweit sich der Zweitbeklagte auf eine Bemerkung des Sachverständigen beruft, unter gewissen Umständen sei ein Abzug von S 400.000,--

gerechtfertigt, geht die Rechtsrüge unzulässigerweise nicht von den getroffenen Feststellungen aus. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichtes ist es weder zutreffend, wegen des beschränkten Käuferkreises überhaupt nichts abzuziehen, noch kommt in Frage, die beschränkte Bebaubarkeit zur Gänze zu negieren und die beiden im Flächenwidmungsplan als Bauland ausgewiesenen Parzellen nur wie einen landwirtschaftlichen Grund zu bewerten. Ein weiterer Abzug am Verkehrswert hat daher nicht stattzufinden.

Schließlich macht der Zweitbeklagte geltend, es seien der klagenden Partei zu Unrecht mehr als 4 % Verzugszinsen zugesprochen worden. Ein entgangener Gewinn sei nicht zu ersetzen, weil es an der groben Fahrlässigkeit des Zweitbeklagten mangle. Daß er, von der klagenden Partei nicht entsprechend gewarnt, in letzter Minute versucht habe, seinen Besitz zu retten, müsse als eine verständliche Reaktion gewertet werden.

Ob der der klagenden Partei entstandene Entgang an Zinsen überhaupt einen entgangenen Gewinn darstellt oder richtigerweise als wirklicher Schaden anzusehen ist (vgl. dazu Reischauer in Rummel RZ 8 und 9 zu § 1293 ABGB und die dort zitierte Rechtsprechung) und ob im Sinne neuerer Auffassung noch an den Rechtssätzen des Gutachtens SZ 5/53 festzuhalten ist, daß nach bürgerlichem Recht mehr als 4 %- ige Verzugszinsen nur im Falle böser Absicht oder auffallender Sorglosigkeit des Schuldners gebühren (vgl. dazu Apathy, Aufwendungen zur Schadensbeseitigung, 65 ff, Ertl, Inflation, Privatrecht und Wertsicherung, 151 ff oder kürzlich Gitschthaler in ÖJZ 1984, 233 ff, jeweils mit Anführung neuer Rechtsprechung, die zumindest im Ergebnis vom Gutachten SZ 5/53 teilweise abweicht), kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, weil dem Zweitbeklagten grobe Fahrlässigkeit anzulasten ist. Zwar muß das Verschulden des Schuldners gerade in der Nichterfüllung der Verbindlichkeit liegen, das heißt gerade im Verzug und nicht im Zustandekommen der Forderung, mit deren Erfüllung der Schuldner in Verzug ist (Ertl, a.a.O. 160, Gitschthaler a.a.O. 237). Wenn aber wie im vorliegenden Fall davon auszugehen ist, daß der Zweitbeklagte absichtlich den mit der klagenden Partei abgeschlossenen Verpfändungsvertrag vereitelt hat, dann stellt es eine grobe Fahrlässigkeit dar, wenn der dadurch verursachte Schaden nicht sofort bei Fälligkeit ersetzt wird. Infolge seiner vorsätzlich begangenen schweren Vertragsverletzung hat sich nämlich der Zweitbeklagte von vorneherein grob fahrlässig in den vorliegenden Prozeß eingelassen, denn der Zweitbeklagte konnte nicht annehmen, daß er nicht für die widrigen Folgen seiner Vertragsverletzung einzustehen habe. Den Einwand, es stünden ihm jetzt keine Mittel mehr zu einer sofortigen Schadensgutmachung zur Verfügung, hat der Zweitbeklagte gar nicht erhoben, er ginge aber auch fehl, weil es ein grobes Verschulden darstellen würde, wenn ein Schuldner sich der Haftung für eine fremde Schuld dadurch zu entziehen suchen wollte, daß er sein gesamtes Vermögen an Dritte verschenkt (Ertl und Gitschthaler sprechen hier von einleitender Fahrlässigkeit; vgl. in etwas anderem Zusammenhang dazu auch SZ 55/185 mit Hinweis auf ein sogenanntes übernahmeverschulden). Stünden aber dem Zweitbeklagten auch jetzt noch ausreichende Mittel zur Tilgung der Klagsforderung zu, dann hätte er ohnedies sofort zahlen können. Die Voraussetzungen für einen Zuspruch der über 4 % hinausgehenden, der Höhe nach nicht strittigen Zinsenverluste der klagenden Partei sind damit gegeben. Beiden Revisionen war daher ein Erfolg zu versagen. Gemäß §§ 50, 41 ZPO hat jeder Teil der Gegenseite die Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Anmerkung

E05448

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0030OB00503.85.0327.000

Dokumentnummer

JJT_19850327_OGH0002_0030OB00503_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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