Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** Gesellschaft mbH in *****, vertreten durch Dr. Werner Mäntler, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) B***** und 2.) S***** M*****, beide ***** und vertreten durch Dr. Harry Neubauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 500.000 S samt Nebengebühren, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 20. Oktober 1983, GZ 1 R 160/83-18, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 14. April 1983, GZ 11 Cg 52/81-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil und das Ersturteil werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur weiteren Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen, das auf die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gleich Verfahrenskosten erster Instanz Bedacht zu nehmen haben wird.
Text
Begründung:
Die klagende Partei begehrt von der erstbeklagten Bank und deren zweitbeklagten Komplementär den Ersatz des Verdienstentgangs aus einem Importgeschäft, das von der Vieh- und Fleischkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft (VFK) genehmigt worden wäre, wenn die erstbeklagte Partei eine von der A***** & Co KG zugunsten der klagenden Partei beauftragte Banksicherstellung nicht aus ihrem Verschulden erst nach Ablauf der Frist übermittelt hätte.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Nach seinen Feststellungen hatte die VFK am 4. September 1980 zur Einreichung von Anboten für die Einfuhr von Fleischschweinen in Hälften in zwei Qualitätsklassen bis 15. September 1980, 12 Uhr aufgefordert. Die klagende Partei, die wegen ihres Sitzes bei Linz mit der Wiener A***** & Co KG (im Folgenden kurz: Firma A*****) zusammenarbeitet, kaufte aufgrund dieser Ausschreibung in Finnland 200 Tonnen Schweinefleischhälften zum Preis von 20 S bzw 19,50 S pro Kilogramm. Den finnischen Verkäufern war bekannt, dass die Ware nur für den Weiterverkauf in Österreich bestimmt war und hier erst eine Kommission den Zuschlag erteilen musste. die klagende Partei hatte die Ware gleichzeitig an die B*****gesellschaft mbH & Co KG für 33 S pro Kilogramm weiterverkauft. Sie hätte so einen Gewinn von 2,50 S pro Kilogramm erzielen können.
Die für die VFK notwendige Bankgarantie über 15 % des Gesamtwerts wurde zugunsten der klagenden Partei von der Firma A***** im Zuge einer ständigen Geschäftsverbindung bei der erstbeklagten Partei in Auftrag gegeben, nachdem die Firma A***** am selben Vormittag bereits zwei andere Bankgarantien für sich selbst beauftragt hatte. In der Branche ist es notorisch und allen damit Befassten bekannt, dass die Anbote immer erst am letzten Tage und die Bankgarantien erst eine Stunde vor Anbotsschluss überreicht werden. So ging jenes Telex, mit dem die Firma A***** den Auftrag an die erstbeklagte Partei betreffend die Bankgarantie zugunsten der klagenden Partei gab, erst am gleichen Tag vor 11 Uhr hinaus, wobei als Termin des Einlangens der Bankgarantie bei der VFK 11 Uhr desselben Tages genannt wurde. Bevor der Sachbearbeiter der Firma A*****, A***** T*****, zwischen 11:15 Uhr und 11:30 Uhr zwecks Abgabe aller Offerte zur VFK in Wien 1. fuhr, telefonierte er noch mit der Angestellten K***** der erstbeklagten Partei. Diese erklärte über seine Frage, ob „die Banksicherstellungen“ in Ordnung gehen, dass es in Ordnung gehe. Bei dem Telefonat erwähnte A***** T*****, dass die Banksicherstellungen bis 12 Uhr bei der Kommission eingelangt sein müssen. Tatsächlich kam das Telex betreffend die klagende Partei (ebenfalls) erst zwischen 11:15 Uhr und 11:30 Uhr zu F***** K*****. Sie gab es ihrer Mitarbeiterin T***** W***** mit dem Auftrag zur sofortigen Erledigung weiter. Die Mitarbeiterin bereitete sodann das Telex vor, wofür sie gewöhnlich 20 bis 25 Minuten braucht. Das Telex über die Bankgarantie langte bei der VFK erst um 12:30 Uhr ein, obwohl deren Fernschreiber vor 12 Uhr jedenfalls nicht dauernd besetzt war. Nach einem Fernschreiben um 11:20 Uhr war dort nämlich das nächste und letzte Fernschreiben vor Mittag um 11:46 Uhr eingelangt, dazwischen könnten (nur noch) drei kurze Fernschreiben gewesen sein. Ein telefonisches Aviso der Bank hätte ausgereicht, besonders falls die Telexleitung bei der VFK besetzt war. Die rechtzeitig eingelangten Anträge der klagenden Partei wurden von der VFK wegen der Verspäteten Vorlage der Sicherstellung abgelehnt. Dies war der einzige Grund der Abweisung. Nach Verhandlungen ist es der klagenden Partei gelungen, aus dem Vertrag mit den finnischen Verkäufern herauszukommen. Ein anderweitiger Verkauf in Österreich oder in einem anderen Land war aufgrund der gegebenen Preislage nicht möglich.
Nach der Rechtsansicht des Erstgerichts habe die erstbeklagte Partei die Bankgarantie schuldhaft verspätet erstellt, weil der Auftrag schon zu spät auf den Tisch der Sachbearbeiterin F***** K***** gekommen sei, dennoch aber hinreichend Zeit für die Verfassung eines einfachen Telex gewesen wäre, für das man höchstens 10 Minuten zubilligen könne, die Telexleitung nicht dauernd besetzt gewesen sei und letztlich auch die Möglichkeit eines zulässigen Telefonavisos nicht genützt wurde. Der Schaden sei für die erstbeklagte Partei auch voraussehbar gewesen, sodass Punkt 16 ihrer AGB nicht zum Tragen komme.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Parteien nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichts als unbedenkliches Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und trat der rechtlichen Beurteilung der ersten Instanz mit der Ergänzung bei, dass die klagende Partei aus einem zu ihren Gunsten geschlossenen Vertrag im Sinne des § 881 ABGB zur Klage legitimiert sei.
Die Revision der beklagten Parteien ist berechtigt.
Die behaupteten (primären) Mängel des Berufungsverfahrens liegen allerdings nicht vor. Wohl bedurfte die Nichtzulassung einer Frage an den Zeugen A***** T***** entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keiner Rüge im Sinne des § 196 Abs 1 ZPO, weil es sich dabei um einen sogenannten materiellen Mangel handeln würde, der die Sammlung des Prozessstoffs betraf und die erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache im Sinne des § 496 ZPO verhindert hätte (Fasching II 950, 1 Ob 30/76 ua). Nach der zutreffenden weiteren Ansicht des Berufungsgerichts war aber die nicht zugelassene Frage – ob die Gefahr bestehe, dass eingereichte Anbote dem Konkurrenten bekannt werden können und deshalb erst in letzter Minute eingereicht werden – für die Entscheidung der Rechtssache ohne Bedeutung. Das strittige Verschulden der erstbeklagten Partei würde durch ein solches Motiv für die ohnehin unbestrittene späte Einreichung der Anbote an die VFK in keiner Weise berührt. Die Unterlassung der Vernehmung des Zeugen T***** betrifft hingegen einen Verfahrensmangel erster Instanz, den das Berufungsgericht geprüft und verneint hat und der deshalb im Revisionsverfahren nicht mehr gerügt werden kann. Zu dem erst im Rechtsmittelverfahren hervorgehobenen Beweisthema, dass die klagende Partei das in Finnland gekaufte Fleisch abgenommen und außerhalb von Österreich weiterverkauft habe, wurde dieser Zeuge überdies nach der zutreffenden Darstellung des Berufungsgerichts nicht geführt (S 54).
In ihrer Rechtsrüge verweisen die Revisionswerber zunächst wieder darauf, dass es der klagenden Partei möglich gewesen wäre, ihr Anbot und den Auftrag zur Garantieerstellung einen Tag früher zu erteilen, und meinen, das Risiko der Zeitversäumnis durch eine unzulässige Anbotstellung in letzter Minute könne nicht zu ihren Lasten gehen. Diese Ausführungen treffen nicht den Kern der Sache, weil die Revisionswerber den strittigen Auftrag angenommen haben und deshalb ein eigenes Verschulden unabhängig davon vertreten müssten, ob sich die klagende Partei bis zur letzten Minute Zeit gelassen hat.
Die Annahme des Berufungsgerichts, dass das Telex der Firma A***** spätestens um 11:15 Uhr bei der Sachbearbeiterin der erstbeklagten Partei, F***** K*****, eingelangt sei, weicht allerdings von der Tatsachenfeststellung des Erstgerichts insoweit ab, als danach das Telex erst zwischen 11:15 Uhr und 11:30 Uhr auf den Tisch der Angestellten gekommen ist. Die von den Revisionswerbern vermisste gleichartige Feststellung fehlt aber demnach nicht; für die rechtliche Beurteilung ist die Tatsachenfeststellung des Erstgerichts maßgebend.
Entgegen der Ansicht der Revisionswerber waren die mit den AGBKr übereinstimmenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen der erstbeklagten Bank nur insoweit zu berücksichtigen, als sich die Parteien darauf berufen haben. Das war seitens der Revisionswerber nur zum Punkt 16 der Fall. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nicht Gesetze, auf die der Grundsatz „jura novit curia“ gilt. Sie werden vielmehr durch Unterwerfung zum Vertragsrecht, auf das nicht von Amts wegen Bedacht zu nehmen ist (vgl Bydlinski in Rummel, ABGB, Rdz 1 zu § 6 und SZ 50/136). Die erst im Rechtsmittelverfahren behaupteten weiteren Haftungsausschlüsse sind deshalb als unzulässige Neuerungen unbeachtlich.
Die weitere Rechtsrüge der Revisionswerber ist überwiegend nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weil die beklagten Parteien von anderen Annahmen ausgehen als vom festgestellten Sachverhalt.
Bei der allseitigen rechtlichen Überprüfung des angefochtenen Urteils zeigen sich aber Feststellungsmängel, die einer abschließenden Beurteilung der Rechtssache im Wege stehen.
Rechtliche Beurteilung
Auszugehen ist davon, dass die beklagten Parteien für die ordnungsgemäße Abwicklung des Auftrags zur Erstellung der Bankgarantie mit der Sorgfalt des ordentlichen Kaufmanns haften (§ 347 Abs 1 HGB, ebenso Abs 1 der Einleitung der AGBKr). Demnach haftet die erstbeklagte Bank und mit ihr gemäß §§ 128 und 161 Abs 2 HGB der Zweitbeklagte für eine einwandfreie allgemeine Betriebsorganisation und für die erforderlichen Anordnungen und Aufsichtsmaßnahmen zur störungsfreien Abwicklung des konkreten Falls (Schinnerer-Avancini, Bankverträge³ I 26). Hiezu gehörte die Erledigung des Auftrags innerhalb eines angemessenen Zeitraums. Das ergibt sich sowohl nach den Grundsätzen des ABGB, wonach die Erfüllung des Vertrags ohne unnötigen Aufschub gefordert werden kann (§ 904 Abs 1) und im besonderen der Gewalthaber verpflichtet ist, das übernommene Geschäft emsig zu besorgen (§ 1009 Satz 1), wie auch aus Punkt 16 Abs 1 AGBKr, wonach der Kreditunternehmung ein nach Lage des Falls angemessener Zeitraum für die Bearbeitung bzw Ausführung von Aufträgen zur Verfügung steht. Die Länge des angemessenen Zeitraums im Einzelfall ist questio facti und hängt einerseits von dem im Einzelfall notwendigen Arbeitsaufwand, andererseits aber auch von der im Einzelfall notwendigen Beschleunigung ab. Dem bankgeschäftlichen Verkehr ist eine Abwicklung ohne unangemessene, in der Sache nicht begründete Verzögerung eigentümlich (Schinnerer-Avancini 212). Den Revisionswerbern fiele demnach die nicht zeitgerechte Erledigung des Auftrags zur Last, wenn der zur Verfügung stehende Zeitraum nach den objektiven Umständen angemessen und ausreichend war; in diesem Fall könnten sie gemäß § 1298 ABGB nur den Beweis führen, dass ihr Verschulden wegen Dazwischenkommens besonderer Umstände fehle. Bei der Beurteilung der Angemessenheit der zur Verfügung stehenden Zeit ist nicht die technisch nur im optimalen Fall gerade noch mögliche Zeitspanne zu berücksichtigen, sondern jener Zeitraum, der im Bankverkehr einerseits bei Berücksichtigung der erkennbaren Dringlichkeit des Auftrags und andererseits bei Zugrundelegung einer ordnungsgemäßen Organisation, normaler Arbeitsbedingungen und Mitberücksichtigung des sonstigen Geschäftsanfalls und der nicht außergewöhnlichen Störungen allgemein erforderlich ist. Das entspricht auch wieder der allgemeinen Regel des bürgerlichen Rechts, wonach zu prüfen ist, in welcher Zeit eine solche Leistung im rechtsgeschäftlichen Verkehr üblicherweise erbracht werden kann (Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 5 zu § 904).
In diesem Zusammenhang kann nicht unbeachtet bleiben, dass die klagende Partei den Auftrag zur Erstellung der strittigen Bankgarantie erst sozusagen im letzten Moment erteilt hat. Das Risiko eines verspäteten Einlangens traf daher grundsätzlich sie selbst. Die Verantwortung der Bank darf nicht derart überspannt werden, dass dieses Risiko schon bei Verzögerungen auf sie überginge, die in einem ordentlichen Bankbetrieb nicht mit Sicherheit vermeidbar sind. Die von der Bank besorgten Geschäfte bleiben immer solche des Kunden selbst (Schinnerer-Avancini 23).
Im vorliegenden Fall ist – zumal ein Eingangsvermerk der Kreditunternehmung im Sinne des § 16 Abs 2 AGBKr nicht vorliegt – von der Feststellung des Erstgerichts auszugehen, dass der strittige Auftrag von der Firma A***** per Telex kurz von 11 Uhr an die erstbeklagte Partei hinausging. Da die Übermittlung eines Telex unmittelbar ohne Zeitverlust erfolgt, muss es demnach bei der erstbeklagten Partei zur gleichen Zeit eingelangt sein. Es stand ihr insgesamt ein Zeitraum von rund einer Stunde zur Verfügung. Ob dieser Zeitraum für die Bearbeitung und Ausführung des Auftrags objektiv angemessen war, kann mangels Durchführung eines Sachverständigenbeweises nur allgemein danach beurteilt werden, dass die Erledigung des Auftrags bei der beklagten Partei dessen Übermittlung von der Telex-Annahmestelle zum zuständigen Sachbearbeiter, die Prüfung und die Entschlussfassung sowie die Ausarbeitung und Versendung (hier wieder per Telex) umfasste. Dass ein Zeitraum von einer Stunde für diese Erledigungen ausreichen musste und nach der Übung des bankgeschäftlichen Verkehrs angemessen war, liegt nicht genügend klar auf der Hand. Im konkreten Fall dauerte die Übermittlung von der Telex-Stelle zur Sachbearbeiterin F***** K***** rund eine viertel- bis eine halbe Stunde. Der kürzeste Zeitraum mag angemessen sein, der ganze eher nicht mehr. F***** K***** hat nach den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen die Erledigung sofort in Angriff genommen und ihrer Mitarbeiterin T***** W***** rascheste Durchführung und Absendung des Telex aufgetragen. bis hierher könnte einschließlich der Prüfung des Auftrags durch F***** K***** und ihrer Anweisung an T***** W***** ein Zeitraum von rund einer halben Stunde angemessen gewesen sein. Die Vorinstanzen billigten nun für die Verfassung des Telex anstelle der von der Zeugin W***** genannten 20 bis 25 Minuten nur eine Zeitspanne von 10 Minuten zu. Soweit diese Beurteilung im Sinne des technischen Mindesterfordernisses eine Tatfrage ist, kann ihr der Oberste Gerichtshof nicht entgegentreten. Als angemessen im Sinne von durchschnittlich ist aber wohl auch hier ein etwas längerer Zeitraum anzunehmen, selbst wenn ein Muster verwendet werden konnte. Im Allgemeinen wird ein von einer Mitarbeiterin vorbereitetes Telex auch noch vom Sachbearbeiter geprüft werden müssen. Für die Durchgabe des Telex blieben der erstbeklagten Partei in dieser Situation demnach kaum noch 15 Minuten bis zu dem ihr allerdings bekannten Annahmeschluss für Bankgarantien bei der VFK. Für diese Zeitspanne steht bloß fest, dass der dortige Fernschreiber nicht dauernd besetzt war. Ein Fernschreiben langte allerdings um 11:46 Uhr bei der VFK ein und es könnten weitere drei kurze Fernschreiben in der kritischen Zeit dazwischengekommen sein. Bei dieser Sachlage ist nicht auszuschließen, dass selbst ständige Versuche der Angestellten der erstbeklagten Partei, das Telex an die VFK durchzugeben, scheiterten, weil dort gerade immer andere Fernschreiben einlangten.
Bei dieser Sach- und Rechtslage vermag der Oberste Gerichtshof der Ansicht der Vorinstanzen nicht zu folgen, dass schon aus der nicht rechtzeitigen Erledigung des Auftrags innerhalb der verfügbaren runden Stunde ein Verschulden der erstbeklagten Partei zwingend folge. Da es andererseits immer noch um die Frage der Angemessenheit der der erstbeklagten Partei zur Verfügung stehenden Zeit geht, kommt der klagenden Partei die grundsätzliche Beweislast des Auftragnehmers für fehlendes Verschulden gemäß § 1298 ABGB noch nicht zugute. Immer noch hat die klagende Partei nachzuweisen, dass nicht ihr eigener Auftrag im Sinne einer für den Auftragnehmer zu kurz verbleibenden Zeit zu spät erfolgte oder konkrete Fehler auf Seiten der beklagten Parteien vorlagen.
Somit kommt weiteren, bisher nicht ausreichend geprüften Fragen allenfalls entscheidende Bedeutung zu. Zunächst fällt auf, dass die Vorinstanzen zwar die Frage „der Telefonate“ zwischen dem Angestellten A***** T***** der Firma A***** und der Bankangestellten F***** K***** im Sinne der Aussage des ersteren beantwortet haben, sodass das von F***** K***** behauptete zweite Gespräch (nach dem Einlangen des strittigen Auftrags) nicht als erwiesen anzunehmen sei. Aber abgesehen davon, dass vor allem die zweite Instanz in diesem Zusammenhang von den damals geführten Telefonaten in der Mehrzahl spricht (sodass der Inhalt eines zweiten Telefonats offen bliebe), decken sich die festgestellten Zeiträume über das Einlangen des strittigen Telex bei der Sachbearbeiterin F***** K***** und deren (möglicherweise einziges) Telefongespräch mit A***** T***** auf die Minute (in beiden Fällen zwischen 11:15 und 11:30 Uhr). Damit steht ein zeitliches Verhältnis zwischen einem (allenfalls einzigen) Telefonat und dem Einlangen des strittigen Telex nicht fest. Es kommt aber darauf an, ob dieser Telex im Zeitpunkt des Telefonats bereits in den Händen der Sachbearbeiterin war oder ob es erst nachher einlangte. Im ersten Fall könnte die Erklärung der Zeugin K*****, die Erstellung „der Bankgarantien“ gehe in Ordnung, als verbindliche Zusage einer Erledigung bis 12 Uhr angesehen werden. Im anderen Fall müsste hingegen berücksichtigt werden, dass die erstbeklagte Partei am gleichen Vormittag für die Firma A***** bereits zwei Bankgarantien abgefertigt hatte, sodass die beruhigende Antwort auf diese erledigte Angelegenheit bezogen gewesen wäre. Auch A***** T***** hätte bei dieser Vorgeschichte nicht darauf vertrauen dürfen, dass sich die Auskunft der Zeugin K***** auf das letzte Telex bezog, sondern ausdrücklich danach fragen müssen, ob dieses, eben erst abgesendete Telex schon bei F***** K***** eingelangt sei und ob die darin gewünschte dritte Bankgarantie in Ordnung gehe. Da ein solcher Inhalt des Telefonats nicht einmal behauptet wurde (s auch Zeugenaussage T***** S 28), müsste die klagende Partei wenigstens beweisen, dass sich die Zusage der Bankangestellten ihrem Inhalt nach auf dieses letzte Telex bezog.
Aber auch die Tatsache, dass telefonische Vorankündigungen von Bankgarantien von der VFK angenommen werden und dass die erstbeklagte Partei eine solche Vorankündigung unterließ, kann das Klagebegehren ohne eine weitere Feststellung, dass ihr und im besonderen der Angestellten K***** eine solche Übung allgemein und nicht bloß aufgrund eines einzelnen konkreten Auftrags bekannt war oder bekannt sein musste, nicht rechtfertigen, zumal diese Übung nach der Aussage des Zeugen Dipl. Ing. R***** K***** (des Vorsitzenden der VFK) ein vom Gesetz nicht gedecktes Entgegenkommen darstellt (S 22) und ein entsprechender Auftrag im vorliegenden Fall nicht einmal behauptet wurde.
Die aufgezeigten, noch nicht hinreichend geklärten Fragen werden mit den Parteien zu erörtern und die hiezu angebotenen Beweise durchzuführen sein, bevor eine endgültige Entscheidung möglich ist. Die Einholung eines Gutachtens eines Banksachverständigen könnte am Platze sein.
Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf § 52 ZPO.
Textnummer
E117492European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB00510.840.0328.000Im RIS seit
23.03.2017Zuletzt aktualisiert am
23.03.2017