TE OGH 1985/3/28 7Ob532/85

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Veröffentlicht am 28.03.1985
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf.Dr. Petrasch, sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Aloisia A, Hausfrau, Kroisbach 24, vertreten durch Dr. Franz Wiesner, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Dr. Edgar B, Facharzt für Zahnheilkunde, Graz, Naglergasse 65, vertreten durch Dr. Lothar Troll, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 1,000.000 und Feststellung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 20. Dezember 1984, GZ 3 R 225/84-57, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 26. September 1984, GZ 13 Cg 276/83-50, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 10.318,80

bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 960 Barauslagen und S 850,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit einer selbst verfaßten und am 23.11.1981 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrt die Klägerin den Ersatz eines nicht näher bezifferten Schadens. Sie behauptet, der Beklagte habe ihren beiden außerehelichen Kindern Inge, geboren am 1.11.1964 und Walter, geboren am 25.9.1965 ohne Einwilligung des gesetzlichen Vertreters je drei Schneidezähne gezogen, obwohl die Zähne noch sanierungsfähig gewesen seien. Ihre Kinder hätten dadurch einen unersetzlichen Schaden erlitten. Nach Durchführung eines Verbesserungsverfahrens durch Beibringung der Unterschrift eines Rechtsanwaltes stellte die Klägerin das Begehren auf Zahlung von S 1 Mio.s.A.

und auf Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für alle künftigen Schäden aus der Zahnbehandlung ihrer Kinder. Der Beklagte wendete unter anderem mangelnde Aktivlegitimation der Klägerin ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, daß die Klageführung wegen der Minderjährigkeit der beiden Kinder im Zeitpunkt der Klagseinbringung der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung bedurft hätte. Die Prozeßführungsermächtigung des gesetzlichen Vertreters sei eine Prozeßvoraussetzung und so zu behandeln, wie die Prozeßfähigkeit. Daraus ergebe sich, daß es der Klägerin an der Sachlegitimation mangle. Die mangelnde aktive Klagslegitimation resultiere aus der fehlenden materiellen Berechtigung, die in Ansehung der beiden Kinder der Klägerin gegeben sei.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, zusammen mit dem in einem Geldbetrag bestehenden Teil S 300.000 übersteige. Das Berufungsgericht verneinte das Vorliegen eines Verfahrensmangels durch Verletzung der richterlichen Anleitungspflicht zur Vorlage der pflegschaftsbehördlichen Prozeßführungsermächtigung, weil eine solche hier nicht erforderlich sei. Die Klägerin mache die erhobenen Ansprüche nämlich im eigenen Namen geltend. Die Ansprüche aus einer unfachmännischen Zahnbehandlung der Kinder der Klägerin stünden nur den Kindern zu. Der Klägerin, die eine Forderungsabtretung nicht einmal behauptet habe, fehle daher die Sachlegitimation. Auch in dieser Richtung liege keine Verletzung der richterlichen Anleitungspflicht vor. Schon in der Rekursentscheidung (ON 35) sei der Mangel der Sachlegitimation erwähnt und darauf hingewiesen worden, daß dieser Mangel als inhaltlicher Mangel zur Klagsabweisung führe. Der Beklagte habe die Einrede der mangelnden Sachlegitimation der Klägerin schon in der Klagebeantwortung erhoben.

Gegenüber der anwaltlich vertretenen Partei gelte die Anleitungspflicht nur mit der Einschränkung, daß die Sorge um ein ausreichendes und zweckmäßiges Vorbringen zur Stützung ihres Prozeßstandpunkts der Partei zu überlassen sei.

Die anwaltlich vertretene Klägerin sei daher vom Erstgericht nicht dahin anzuleiten gewesen, Behauptungen über eine Zession der Ansprüche aufzustellen.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Klägerin aus den Anfechtungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur 'weiteren Verhandlung' zurückzuverweisen. Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Unter dem Anfechtungsgrund der Aktenwidrigkeit wiederholt die Revision nur den Verfahrensmangel der Nichterörterung der Forderungsabtretung. Der Vorwurf der Verletzung der materiellen Prozeßleitungspflicht des Erstgerichtes im Sinne des § 182 ZPO durch Nichterörterung einer allfälligen Forderungsabtretung ist aber schon deshalb unbeachtlich, weil dieser Verfahrensmangel in der Berufung nicht geltend gemacht wurde (7 Ob 572,573/84; 7 Ob 33/80 u.a.). Die Außerachtlassung der materiellen Prozeßleitung gehörte nur dann zum Revisionsgrund nach § 503 Abs 1 Z 4 ZPO und könnte im Rahmen der Rechtsrüge wahrgenommen werden, wenn sie sich als Folge der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache durch die Untergerichte darstellte und zum Mangel der für die richtige Rechtsanwendung erforderlichen Tatsachenfeststellungen geführt hätte (GesRZ 1983/221; 5 Ob 322/74 u.a.). Eine unrichtige rechtliche Beurteilung des vorgetragenen Sachverhaltes durch die Vorinstanzen liegt jedoch nicht vor. Die Klägerin behauptete, daß ihre Kinder durch eine unfachgemäße ärztliche Zahnbehandlung einen Schaden erlitten hätten, dessen Ersatz sie begehre. Mit ihrem Leistungsbegehren verband sie das Begehren auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden. Nach der zutreffenden Rechtsansicht der Vorinstanzen sind aber Träger dieser Ansprüche die geschädigten Kinder der Klägerin. Die Klägerin konnte, entgegen ihrem auch noch im Berufungsverfahren vertretenen Standpunkt, diese Ansprüche nicht im eigenen Namen geltend machen. Der Mangel der sich schon aus dem Klagsvorbringen ergebenden Sachlegitimation der Klägerin hätte auch durch eine pflegschaftsbehördliche Prozeßführungsermächtigung, die mit Rücksicht auf die Geltendmachung der Ansprüche im eigenen Namen nicht erforderlich und auch nicht zu erteilen gewesen wäre, nicht saniert werden können. Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E05306

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB00532.85.0328.000

Dokumentnummer

JJT_19850328_OGH0002_0070OB00532_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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