TE OGH 1985/3/28 12Os51/85

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Veröffentlicht am 28.03.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.März 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger (Berichterstatter) und Dr. Lachner als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Loidl als Schriftführer in der Strafsache gegen Georg A wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und 2, 2. Fall StGB und Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z. 1

und 2 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 14.Juli 1983, GZ. 5 c Vr 9335/81-26, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Gehart, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluß des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 14.Juli 1983, GZ. 5 c Vr 9335/81-26, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 495 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 13 Abs. 3 StPO

Dieser Beschluß und alle darauf beruhenden Entscheidungen, Anordnungen und Verfügungen werden aufgehoben und dem Erstgericht aufgetragen, dem Gesetz gemäß vorzugehen.

Text

Gründe:

Der am 13.Juni 1951 geborene Georg A wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 1.Juli 1982, GZ. 5 c Vr 9335/81-13, des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1

und Abs. 2, 2. Fall StGB (begangen in der Zeit zwischen dem 13.März 1980 und dem 2.Dezember 1980 in Wien durch die mit Bereicherungsvorsatz getätigte Zueignung von insgesamt 5 unter fremdem Vorbehaltseigentum stehenden und ihm bloß anvertrauten PKWs im Gesamtwert von 248.639 S, von denen er drei zur Besicherung für einen ihm gewährten Kredit hingab und zwei weitere zur teilweisen Tilgung einer bestehenden Schuld übereignete) sowie des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z. 1 und 2 StGB (Tatzeit: ab Jahresbeginn 1980 bis zum 28.Feber 1981) schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer eines Jahres verurteilt. Diese Freiheitsstrafe wurde ihm gemäß § 43 Abs. 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Dieses Urteil ist infolge Rechtsmittelverzichtes des Angeklagten A und des öffentlichen Anklägers sogleich in Rechtskraft erwachsen.

Mit rechtskräftigem Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 16.Feber 1983, AZ. 5 c E Vr 10.053/82, wurde Georg A neuerlich wegen Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und Abs. 2 (1. Strafsatz) StGB zu einer 10-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt, die gleichfalls gemäß § 43 Abs. 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Dieser neuerlichen Verurteilung liegen Veruntreuungshandlungen zugrunde, die Georg A teils knapp vor dem eingangs angeführten Urteil vom 1. Juli 1982 und teils neun Tage darnach begangen hatte (vgl. S. 187 d. A. 5 c Vr 9335/81 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien). Außerdem ist Georg A schon vorher mit Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien vom 13.Jänner 1983 (rechtskräftig seit dem 7.Feber 1983), AZ. 1 U 77/83, des Vergehens der versuchten Entwendung nach §§ 15, 141 Abs. 1 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer Geldstrafe verurteilt worden (vgl. ON. 18 des Aktes 5 c Vr 9335/81 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien).

über Antrag der Staatsanwaltschaft und nach Anhörung des Verurteilten Georg A wurde daraufhin mit dem allein vom Vorsitzenden des Schöffengerichtes gefaßten Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 14.Juli 1983, GZ. 5 c Vr 9335/81-26, die Georg A gewährte bedingte Nachsicht der über ihn verhängten einjährigen Freiheitsstrafe widerrufen und der Vollzug dieser Strafe angeordnet. In diesem Widerrufsbeschluß wird nur auf die neuerliche einschlägige Verurteilung vom 16.Feber 1983 durch den Einzelrichter des Landesgerichtes für Strafsachen Wien in dem Verfahren 5 c E Vr 10.053/82 Bezug genommen und auf den äußerst raschen Rückfall verwiesen. Georg A befindet sich seit dem 7.Dezember 1984 zur Verbüßung dieser vom Widerrufsbeschluß betroffenen einjährigen Freiheitsstrafe in Strafhaft (ON. 55 d.A. 5 c Vr 9335/81 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien).

Rechtliche Beurteilung

Der vorerwähnte Widerrufsbeschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 14.Juli 1983, GZ. 5 c Vr 9335/81-26, steht mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Gemäß § 495 Abs. 1 StPO entscheidet über den Widerruf der bedingten Nachsicht einer Strafe das Gericht in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß.

Wurde die bedingte Strafnachsicht, so wie dies im vorliegenden Fall zutrifft, von einem Schöffengericht gewährt, ist nach der Vorschrift des § 13 Abs. 3 StPO zur Entscheidung über den Widerruf der Dreirichtersenat berufen;

obliegt doch nach der vorerwähnten Bestimmung (§ 13 Abs. 3 StPO) in den Fällen, in denen vom Gerichtshof erster Instanz außerhalb der Hauptverhandlung ein Beschluß zu fassen ist, die Entscheidung einem Senat von drei Richtern, soferne sie nicht ausdrücklich dem Vorsitzenden allein vorbehalten ist. Da die Entscheidung über den Widerruf der von einem Schöffengericht ausgesprochenen bedingten Strafnachsicht durch den Vorsitzenden allein im Gesetz (§ 495 Abs. 1 StPO) nicht vorgesehen ist, wäre im vorliegenden Fall der im § 13 Abs. 3 StPO genannte Dreirichtersenat des Landesgerichtes für Strafsachen Wien zur Entscheidung über den Widerruf der dem Georg A gewährten bedingten Strafnachsicht zuständig gewesen. Es kann nun nicht ausgeschlossen werden, daß der allein vom Vorsitzenden des Schöffengerichtes mit Beschluß vom 14.Juli 1983 ausgesprochene Widerruf der dem Georg A mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 1.Juli 1982, GZ. 5 c Vr 9335/81-13, gewährten bedingten Strafnachsicht dem Verurteilten zum Nachteil gereicht, zumal die bei seiner neuerlichen Verurteilung durch den Einzelrichter des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 16.Feber 1983 (auf die allein der Widerrufsbeschluß gestützt wird) verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 Monaten ebenfalls bedingt nachgesehen wurde. Zufolge der den Widerruf einer bedingten Strafnachsicht betreffenden Regelung des § 53 Abs. 1 und Abs. 2 StGB ist der Widerruf nicht zwingend vorgesehen, sodaß bei einer - derzeit im Hinblick auf die noch nicht abgelaufene dreijährige Probezeit noch möglichen - Beschlußfassung über den Widerrufsantrag des öffentlichen Anklägers durch den zuständigen Dreirichtersenat im Rahmen des ihm vom Gesetz eingeräumten Ermessens eine für den Verurteilten Georg A günstigere Entscheidung (durch Absehen vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht, allenfalls unter Verlängerung der Probezeit) denkbar wäre (vgl. EvBl. 1980/197). Es war somit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes über die Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes über die Feststellung der unterlaufenen Gesetzesverletzung hinaus auch konkrete Wirkung zuzuerkennen.

Anmerkung

E05385

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0120OS00051.85.0328.000

Dokumentnummer

JJT_19850328_OGH0002_0120OS00051_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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